<159>Das lebend uns zu seinem Spielball macht.
Der stolze Siegeslauf von hundert Fürsten,
Er hält vor den entseelten Leibern ein.
Und stillte auch im Leben unser Dürsten
Der Schmerz allein mit seiner bittern Pein,
Doch einen Leichnam kann er nicht mehr kränken;
Der Grimm des Himmels tut ihm nichts zuleid,
Die Ruhestatt der Toten ist gefeit,
Hier kann das Elend endlich Anker senken.
O, es ist schön, aus dieser Welt zu scheiden,
Ein Augenblick löst uns von allen Leiden,
Und wenn an Lethes Quellen wir genesen,
Ist alles aus, als wär' es nie gewesen.
Manch edler Römer wählte frei den Tod,
Ward er vom Schicksal gar zu hart bedroht.
Sind Cato, Brutus, Otho denn nicht Namen
Von edlem Klang, die uns ein Beispiel geben?1
Ihm folgt der Brite: fest und ohne Beben,
Zersprengt er selbst des Lebens engen Rahmen.
Ein Sklave nur, den seine Fessel schändet,
Mag mehr den Tod als alle Kränkung scheun.
Er weiß nur, wie ein Feigling lebt und endet,
Und fühlt in Schmach sich unwert und gemein.
Er birgt sich scheu, wo Dunkel ihn umnachtet,
Sein Beispiel wird von jedermann verachtet.
Doch Helden folgen anderen Gesetzen,
Des Ruhmes Stimme ist ihr hehr Gebot.
Es lehrt sie, nie der Ehre Pflicht verletzen
Und zähmen alle Furcht vor Not und Tod;
Denn wie das Schicksal uns auch immer führt:
Ein Schächer ist, wer Furcht und Angst verspürt.
Die Götter wollten unsern Wunsch erfüllen
Und unsern Tag in Glück und Sonne hüllen.
Erkennt man, daß dies Glück kein Glück mehr sei,
Entsagt man ihm, es sieht ja jedem frei.
Verlaß dies öde Dasein ohne Glück
Und gib den Göttern ihr Geschenk zurück!
1 Vgl. S. 141. 190 und 194.