<165>Daß ihr den Gegner jemals ganz vernichtet.
Was aber ließ Euch zu Verfolgern werden?
Warum auf jene weisen Geister richtet
Ihr Eure Wut mit krampfigen Gebärden —
Sie, die im tiefsten Denken uns enthüllen
Den rätselvollen, letzten Sinn der Erden?

O Zeit! O Sitten! Meer von Frevelwillen!
Ich rühre nicht an jenen Höllenschlund,
Den Eures Irrwahns Fabelbilder füllen;
Nichtswürdige, Euer Frevel macht Euch kund,
Begünstigt doch selbst Gottes Stellvertreter
Und Peters Erbe den Verschwörerbund:
Scheusale portugiesischer Verräter,
Auf deren feigen Anschlag ihren Stahl
Zum Königsmord gezückt die Missetäter.1
Die Tat bezeugt es! Und der Erdenball
Erbebte unter ihr, indes der Weise,
Der sie vernimmt, nur seufzt in stiller Qual.
Wie? Rom zieht schützend seiner Freistatt Kreise
In diesem unterwürfigen Jahrhundert
Um das Verbrechen? Gibt ihm Trank und Speise?
Zu Aufruhr und zu Bürgermord ermuntert
Ein Orden noch, des Stifter Ignaz war?
Wagt Ihr's noch immer, ftagt man sich verwundert,
Entmenschte Christen, die mit Gift sogar
Die Hostien zu tränken sich nicht scheuten,2
Und lügt, der Heide sei der Tugend bar?
Belud er sich wie Ihr mit Grausamkeiten,
Daß Ihr ihn jetzt verklagt der Barbarei?
Wie viele mußten nicht zum Holzstoß schreiten,
Bedenkt es wohl, durch Glaubenstyrannei!
Nur Tugend fordert Gottes gütiges Walten,
Nicht Menschenblut und Opferangsigeschrei.
Säh' Plato Euch die Siegesfeste halten,
Erblickte er der Scheiterhaufen Pracht,
Die schuldlos hingemordeten Gestalten —


1 Für den Mordanschlag des Jesuitenpaters Malagrida auf König Joseph I. von Portugal im September 1758 vgl. Bd. III, S. 153 f.

2 Anmerkung des Königs: „Die vergiftete Hostie gaben sie einem Kaiser, wie ich glaube, Heinrich VII.“