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56. An Prinzessin Amalie
Anläßlich einer Friedensunterhandlung, die scheiterte1
(Mai 1760)

Zu meiner Schwester flieg behende,
Nach Magdeburg, mein Lied, und sag',
Nun gehe bald der letzte Tag
Von ihrer dritten Flucht2 zu Ende.
Die stolze Trias, die mich einst verfemt,
Scheint zu verröcheln und wird zahm; das Heer
Des Allerchristlichsten, besiegt,3 gelähmt,
Vom Rausch ernüchtert, sucht das Weite;
Nie werden seine Lilien mehr
Des Reiches Adlern wehn zur Seite.
Zwar nach dem Abfall dieser Horden
Will unversöhnlich Ungarns Königin
Aus Hochmut, Ehrsucht, Eigensinn,
Vereinend mit der Herrscherin im Norden
Die Eisenrüstung und den Eisenwillen,
Die Walstatt abermals mit Blut
Rot färben, um voll Tigerwut
Des Todes nie gelöschten Durst zu stillen.
Doch unser Flehn wird das Geschick erweichen;
Ein Spiel der Wogen und der Sturmgewalt,
Wird unser schwankes Fahrzeug bald
Auf glatter Bahn den sichern Port erreichen.


1 Die Kaiserhöfe und Frankreich hatten am 3. April 1760, den preußisch-englischen Antrag vom 25. November 1759, einen Friedenskongreß zu berufen, ablehnend beantwortet. Auch die Hoffnung auf Abschluß eines Sonderfriedens zwischen Frankreich und England, in den die deutschen Bundesgenossen Englands einbegriffen werden sollten, erfüllte sich nicht. Vgl. Bd. IV, S.31—33.

2 Nachdem die königliche Familie von Oktober 1757 bis Januar 1758 und von August bis November 1759 in Magdeburg geweilt hatte, war sie im März 1760 auf Befehl des Königs von neuem dorthin über, gesiedelt.

3 Am 1. August 1759 hatte Prinz Ferdinand von Braunschweig die Franzosen bei Minden geschlagen.