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7. Epistel an meine Schwester in Bayreuth
Zu ihrer Thronbesteigung1
(1735)

Du die ich trauter Freundschaft würdig achte,
O Schwester, deren rein Gemüte
Zum Abgott Dich dem Bruder machte,
Du, die seit unsrer Jugendblüte
Das harte Schicksal stets mit Leid bedachte,
Doch deren tiefe Herzensgüte
Ein Heer von Plagen nicht zu Falle brachte: —

Dich stach der scheele Neid mit Natterzungen;
Im ersten Lenz entlud vom Throne sich
Ein Wetter über Deinem Haupt, dem jungen:
Der Arglist war's mit falschem Rat gelungen,
Den eignen Vater gegen Dich,
Unschuldig Kind, zu reizen;2 da verblich
Des Lebens erster Sonnenschein.
Du trugst des Unglücks Joch gezwungen,
Und Wolken hüllten Dich in Dunkel ein.

Es schien, als hätten Schicksal nun und Neid
Längst ihre Pfeile gegen Dich verschossen;
Doch Krankheit kommt, und neues Leid
Ist Dir daraus entsprossen.

Ihr Götter, scheucht das grause Bild
Aus meinem Geist, daß Michs nicht länger quäle!
Von Gram bedrückt ist meine Seele;
Mein banges Herz von Trübsal schwillt.
Es bebt, daß mich der Tod mit seiner Schneide


1 Am 17. Mai 1735 hatte Erbprinz Friedrich von Bayreuth (vgl. S. 7) die Regierung angetreten.

2 Anspielung auf die Jugendschicksale Wilhelminens, auf das gescheiterte Projekt ihrer Vermählung mit dem Prinzen von Wales und auf den dem Könige eingeflößten Verdacht, daß sie zu Leutnant von Katte in unerlaubten Beziehungen gestanden habe.