<188>Kaum einen Augenblick gewiß zu leben,
Unstet nach Glück, und seine Wünsche streben
Durch eine lange Flucht von Jahren hin.
Welch wunderlich Gemisch von Lust und Trauer,
Von Wonne, Reue, Ekel und Begier!
Ein Widerspruch klafft fort und fort in dir:
Du fiuchsi dem Schicksal und verlangst nach Dauer.
Was hindert euch, des Lebens überdrüssig,
Es abzukürzen: werdet endlich schlüssig!
Verlaßt dies Jammertal: wie wenig stellt
Man vor in dieser eitlen, falschen Welt?
Ein Leichnam lebt, an dem die Seele hängt,
Durch dessen Not von sich stets abgelenkt,
Zu wirrem Pfianzendasein eingeschränkt.
Blickt auf den Tod mit unverzagtem Mut!
Er ist der einz'ge Hort, der letzte Hafen ...
Wenn unser Leib in tiefem Schlummer ruht
Und ausgelöscht so Geist und Sinne schlafen,
Dann ist die Seele, gegen Schmerz und Wonnen
Empfindungslos, schon diesem Sein entronnen.
Verliert sich unser Leib nicht Tag für Tag?
Stets strömen neue Stoffe auf ihn ein;
Die Nahrung muß ihm frische Kraft verleihn:
Der Leib, der an der Mutter Busen lag,
Ist längst dahin; unmerklich schuf die Zeit
Ein neues Wesen draus; so lebt er bloß
Durch ew'gen Wechsel, stets dem Tod geweiht.
Rasch trifft den einen, andre spät das Los,
Doch eines Tages deckt das Grab uns zu:
So suchen Bach und Strom in gleichem Lauf,
Ihr Bett sich grabend, fern im Meere Ruh;
Ihr Name geht und alles in ihm auf.
Hochmütiger Geist, rebellisch ist dein Trachten!
Du, der auf trümmerreichen Klippen sitzt,
Wo dir Zerstörung rings ins Auge blitzt,
Lern' dich bescheiden und dein Schicksal achten!
Des Todes Schule sei für dich das Leben:
Muß jener unbekannte Geisteshauch,
Der dich beseelt und in dir denkt, entschweben