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61. Rede Catos von Utica
an seine Freunde und seinen Sohn, bevor er sich den Tod gab1
(8. Dezember 1761)

Des Unheils Maß ist voll! Sei, Tag, verflucht,
Der dich, o Rom, bestimmt zu sichrem Falle!
Ach, deine göttergleichen Taten alle,
Der Helden Blut, des zähen Ringens Frucht,
Die Weltmacht, die auf manch zerstörtem Thron
Begründet ward von deinen tapfren Söhnen,
Ja, deiner Mannheit, deiner Siege Lohn
Soll eines Räubers Glück und Frevel krönen!
Dein Sohn, entartet, aller Treue bar,
Stößt dir ins Herz das Vatermörderschwert,
Trifft mit dem Stahl, womit du ihn bewehrt,
Die Feinde nicht — das Land, das ihn gebar!
Zum Frevel nützt er seine hohen Gaben;
Der Held in Gallien wird in Rom Despot.
Die Freiheit hat er ruchlos untergraben;
Aufsässig wider des Senats Gebot,
Stürzt er den Staat und will ihn ganz verderben;
Und alles wankt und fällt und geht in Scherben!

Wir aber leben noch und sehn in Ruh,
Ohnmächtig, diesem Greul zu steuern, zu.
Roms Sache wollte Bürgersinn verfechten;
Das Recht war unser, sein der Siegespreis:
Dem Räuberschwert erlag der Erdenkreis.
Mag er denn Catilinas Sippe knechten,
Seines Triumphes würdige Genossen!


1 Marcus Porcius Cato Uticensis wählte nach der Niederlage der Pompejanischen Partei beiThapsus (46 v. Chr.) den freiwilligen Tod, um sich nicht Cäsar ergeben zu müssen (vgl. S. 50. 129. 141. 159).