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75. An den Küchenchef Noël
(1772)

Fürwahr, ich sag' es, Noël, ohne Lachen:
Dein groß Talent wird dich unsterblich machen.
Man wird es ja durch mannigfache Mittel;
Wer seinesgleichen in den Schatten stellt,
Als Künstler auftut eine neue Welt,
Verdient in seinem Fach den Meistertitel:
Du bist der Küche nie bezwungner Held.

Dein eigen ist die ganz genaue Kenntnis
Von allen Kräutern, und mit Sachverständnis
Zusammenrührend sorgsam ihren Saft,
Vereinst du sie zu jener Art von Saucen,
Die lieblich duftend nach Jasmin und Rosen,
Den Königen und Fürsten Wonne schafft.
Sollt' eines Tags dich eine Laune lenken,
Ein Mumienragout dir auszudenken
Und kunstreich durch ein chemisch Elixir
Die Würze der Bereitung noch zu bessern,
Macht Illusion, Vertraun und Eßbegier
Am End uns alle noch zu Menschenfressern.

Doch nein, verschmähn wir solch ein Mahl für Wilde,
Und auch mit Fleisch von Tieren sei gespart;
Tisch' lieber auf, was grünt im Fruchtgefilde;
Gesünder ist's, gemäßer unsrer Art.

Wieviel Pasteten hast du schon gemeistert,
Wieviele Braten kunstgerecht gespickt!
Mit wieviel leckren Füllseln uns erquickt,
Wovon mein Hof, gar oft nur zu begeistert,
Wird angenehm gekitzelt und bestrickt!