10. An Antoine Pesne1
(November 1737)
Welch Wunder trifft mein Auge! Pesne, dich hebt
Zum Rang der Götter deines Pinsels Stärke.
Alles in deinen Bildern lacht und lebt,
Dein Können übertrifft der Schöpfung Werke.
Aus deiner Hintergründe Schatten steigt
Dein Gegenstand, geklärt von deinen Händen.
Dies ist der Zauber, den die Kunst uns zeigt;
Du weißt durch Skizzen wie Porträts zu blenden.
Wenn einen Helden,2 den das Volk verehrt,
Du malst mit Augen, die lebendig glänzen,
Sieht man ihn feurig, wie mit Lorbeerkränzen
Er einst aus Schlachten siegreich heimgekehrt.
Wenn du der jungen Iris3 frische Pracht
Darstellst und ihrer Schönheit seltne Gaben,
Fühl' ich an deinen Farben, welche Macht
Bei meiner Jugend Reiz und Anmut haben.
1 Vgl. Bd. VIII, S. 222.
2 Fürst Leopold von Anhalt-Dessau (vgl. das Bild in Bd. II, S. 256).
3 Elisabeth Dorothea Juliane von Walmoden, Hofdame der Kronprinzessin, seit 1740 mit Major Hans Jobst Heinrich Wilhelm von Buddenbrock vermählt.