<41>Für straflosen Frevel und Mord allein.
Verschwörung riefe zu den Waffen
Alle Roheit verwilderter Seelen;
An hundert Mitteln sollt' es nicht fehlen,
Die ihnen trotzen, beiseite zu schaffen.
Erliegend der Faust, erliegend dem Grimme
Des mächtigen Nachbarn, erhübe der Schwache
Vergebens seine stehende Stimme,
Ein Herz, ein fühlendes Herz zu rühren.
Die Wollust der Rache —
Wie gerne stillte sie ihre Wut
Mit zügellosem Übermut
In der Unschuld Blut!
Haß! Haß, der keine Versöhnung kennt,
Allerenden wie eine Kriegsfackel brennt,
In allen Herzen gärt es von Gift.
Und wie eine unverlöschbare Schrift
Auf Marmelstein,
So bliebe die kleinste Beleidigung schon,
Vererbt vom Vater auf den Sohn,
Und müßte gerochen sein.
Wer hätte da noch der Gerechtigkeit acht?
In Staub getreten von der Gewalt,
Ihr zürnender Einspruch kraftlos verhallt
Zu Füßen des Räubers der Macht;
Vorm Frevel, den das Glück gekrönt,
Sänke sie nieder, von Frechheit verhöhnt!
Allein das Glück, eh' man's gedacht,
Hat sich's gewandt: dem Tyrannen, dem dreisten,
Mag es nicht länger Gefolgschaft leisten,
Und schon ist er selber in Not gebracht!
Ein anderer Schurke,1 gewandter, gewitzter,
Ein Meisterschelm, hat schnell den Sejan
Im Rausch seiner Schandtaten abgetan
Der erntet, was jener gesät; schon sitzt er
Im Reichtum, den jener so schändlich gewann,
Und tritt seiner Lasier Erbe an!
1 Kaiser Tiberius.