<51>Geht nach Madrid zur „Glaubensfeier“, seht,
Wie man zur Ehre Gottes Menschen brät!
Hört in Paris das wütende Gezeter
Der Glaubenssireiter, die den Schwarm der Beter,
Die blöde Masse Hetzen auf den Denker!
Der Franken freier Geist, das kühne Wort
Verkommt im Joch der Mönche und der Zänker.
Seht Deutschland: blinde Pfaffen herrschen dort;
Loyola ist ihr Mann und Augustin!
Seht Deutschlands Kaiser vor den Türken fliehn!1
Dem Schlachtgott untreu, zu Maria fleht er,
Auf Heilige hofft er und auf Wundertäter.2
Jedoch der Diwan spottet sein;
Der Halbmond siegt trotz allem Beten,
Und über Christus stellt er den Propheten.
Doch gaben jene Pfaffen nicht allein
Den Völkern und den Herrschern ihr Gesetz:
Mit weniger Prunk und schönem Schein
Zieht sie der Calvinismus in sein Netz.
In falschen Hüllen, frommer Demut Kleid,
Verbirgt er Hochmut, Ehrsucht, Eitelkeit.
Es wankte Petri Thron, als bäurisch grob
Er einst im Sturm sich wider ihn erhob.
Sein Anhang wuchs; vom Joch der Klerisei
Rang allerorten sich die Menschheit frei.
Verfolgung kam; man trotzte jedem Zwang;
Der Unterdrückten Schrei zum Himmel drang.
Doch die Verfolgten, andren Sinnes bald,
Verfolgten selbst, mißbrauchten die Gewalt;
Von ihren Feinden liehen sie die Waffen,
Um sich in Bruderfehden hinzuraffen.
Zeloten, des Verstandes spottend, wandten
Zu ihrem Vorteil stets, was sie bekannten;
In schwülstigen Phrasen und im Wortgeklaube
Verwirrte sich der Streit, ward trüb der Glaube.
Von jedem Geist, der neue Bahnen bricht,
Befürchten sie nun selbst ein Strafgericht.
1 Anspielung auf die unglückliche Heerführung der Österreicher im Kriege gegen die Türken (1736 bis 1739). Vgl. Bd. I, S. 158 ff.
2 Vgl. Bd. II, S. 22.