<140> der chimärischen Hoffnung, Lothringen zurückzuerobern. Glück ist im Kriege oft gefährlicher als Unglück. Bald verursacht es zu große Sorglosigkeit, bald übertriebenen Wagemut. Der wäre der größte Feldherr auf Erden, der bei jedem Glückswechsel gleichmütig und bei aller Tatenlust vorsichtig bliebe.
Während der Prinz von Lothringen gegen den Rhein vorrückte, wurde Deutschland von einem neuen fremden Heer überschwemmt, das unter dem Vorwand des Schutzes neues Verderben brachte. Der König von England hatte seine hannöverschen und englischen Truppen unter Lord Stairs Kommando nach dem Niederrhein gesandt. Georg ging selbst über das Meer und kam nach Hannover, um alsbald an die Spitze seiner Armee zu treten. Lord Stair, der bei Höchst stand, wagte es, den Main zu überschreiten. Die wachsamen Franzosen nötigten ihn sogleich, in seine erste Stellung zurückzugehen. Nach diesem Schülerstreich fürchtete der König von England von dem allzu hitzigen Temperament seines Generals noch größere Unvorsichtigkeiten und beeilte sich, den Oberbefehl seiner Truppen selbst zu übernehmen. Das Heer bestand aus 17 000 Engländern, 16 000 Hannoveranern und 10 000 Österreichern, insgesamt also aus 43 000 Streitern; 6 000 Hessen und einige hannöversche Regimenter waren noch im Anmarsche. Lord Stair war so leichtsinnig vorgegangen, daß es seinen Leuten an Brot und seinen Pferden an Futter mangelte. Um dem Notstand abzuhelfen, verlegte der König das Lager nach Aschaffenburg. Das genügte aber nicht, um die Nachlässigkeit in der Verproviantierung gutzumachen. Am Rhein konnte der König Proviant finden; da er sich aber von ihm entfernte, so kam er mehr als zuvor in Verlegenheit. Vor sich hatte er den Main und auf dem jenseitigen Ufer die Franzosen, im Rücken die unfruchtbaren Berghöhen des Spessart. Nur zu bald erkannte er seinen Fehler. Marschall Noailles hungerte den König von England in seinem Lager aus, und da er voraussah, daß der König sich nur wenige Tage würde halten können, so begann er eine Operation, die des größten Feldherrn würdig gewesen wäre. Er nahm Dettingen ein, ließ zwei Brücken über den Main schlagen und daneben Furten für die Kavallerie herrichten. Das alles geschah, ohne daß der König von England davon Wind bekam. Es war das Vorspiel zu der kommenden Schlacht (27. Juni 1743).
Um die Lage ganz zu verstehen, muß man wissen, daß die englische Armee, die ausgehungert an den Mainufern stand, nur dann zu Lebensmitteln kommen konnte, wenn sie den Weg über Hanau einschlug. Ihr linker Flügel mußte nach Verlassen des Berglandes am Main entlang ziehen und die kleine Ebene bei Dettingen passieren. Noailles, der das alles wußte, hielt ein Detachement bereit, um Aschaffenburg in dem Augenblick, wo die Engländer es räumten, zu besetzen. Den ganzen Main entlang hatte er versteckte Batterien anlegen lassen, die auf die Marschkolonnen der Verbündeten aus nächster Nähe feuern konnten. Das Gros seines Heeres sollte über den Main gehen und hinter einem Bache Stellung nehmen, der vom Spessart her vor der Front der Stellung entlang in den Main fließt. Die Franzosen schnitten gerade