<148> den Sturz der russischen Kaiserin herbeiführte. Der Marchese Botta d'Adorno, Gesandter der Königin von Ungarn in Petersburg, erhielt geheime Instruktionen zur Anzettelung eines Komplotts. Er war an diesem Hofe gleichsam der Sauerteig, der die Gemüter Derer, mit denen er umging, in Gärung versetzte. Er wiegelte die Frauen auf, er verband sich mit Personen von jedem Stand und Charakter. Er fügte zur Verleumdung den Verrat; denn er versprach den Schutz des Königs von Preußen allen, die für dessen Schwager und seinen Neffen, den jungen entthronten Zaren, arbeiten würden. Der Marchese Botta bediente sich bei dem Komplott des Namens des Königs in der Absicht, ihn mit Rußland zu entzweien, falls der Anschlag entdeckt würde. Das geschah auch wirklich. Aber mit Hilfe der Knute erfuhr die Kaiserin Elisabeth, daß Botta dessen Anstifter war. Durch einen unbesonnenen, betrunkenen Russen, der in einem Petersburger Kaffeehause aufrührerische Reden hielt, kam die Verschwörung heraus1. Er wurde von der Polizei festgenommen, desgleichen einige seiner Mitschuldigen. Sie bekannten alles aus Furcht vor der Folter. Weitere vierzig Personen wurden in Moskau verhaftet. Ihre Aussagen deckten sich mit denen der ersten. Der Gräfin Jagushinski ward die Zunge ausgerissen, die Frau eines andern Bestushew, eines Bruders des Ministers, ward nach Sibirien verbannt2, und eine große Anzahl von Menschen verdankten die Vernichtung ihres ganzen Daseins der Verführung des Marchese Botta. Der war so schlau gewesen, sich vor dem Ausbruch der Verschwörung auf seinem Posten ablösen zu lassen, um seine Person und das von ihm bekleidete Amt für den Fall des Mißlingens vor Kränkung zu schützen. Als das Komplott entdeckt wurde, war er Gesandter am Berliner Hofe. Sobald der König die Ereignisse in Rußland erfuhr, ließ er ihm den Hof verbieten und verlangte in Gemeinschaft mit der russischen Kaiserin Genugtuung von der Königin von Ungarn, denn Botta hatte sowohl den König wie die Kaiserin beleidigt. Auf den Wiener Hof fiel ein großer Teil des Odiums von Bottas Benehmen zurück. Wenn auch die Franzosen das Beispiel zu solchen Anschlägen gaben, so durften die Österreicher es doch nicht nachahmen. Was würde aus der öffentlichen Sicherheit, was aus der Sicherheit der Könige, wenn man Empörungen, Vergiftungen und Meuchelmorden Tür und Tor öffnete? Welcher Rechtslehrer kann solche Unternehmungen gutheißen? Hat die Staatskunst keine ehrlichen Mittel mehr zu ihrer Verfügung, und muß man alle Gefühle der Rechtschaffenheit und der Ehre zugunsten eigennütziger und oft trüglicher Absichten ausrotten? Es ist traurig, daß im 18. Jahrhundert, das menschlicher und aufgeklärter ist als die vorangehenden, Frankreich und Österreich sich derartiges vorzuwerfen haben.
Die Königin von Ungarn bekannte sich weder zum Vorgehen ihres Ministers noch desavouierte sie ihn. Dies falsche Betragen des Wiener Hofes konnte dem König
1 Anfang August 1743.
2 Gräfin Anna Bestushew, Gemahlin des Oberhofmarschalls Grafen Michael und Mutter der Gräfin Jagushinski.