<15> ist gleichsam der Puls eines Staates und hat auf politische und militärische Geschäfte mehr Einfluß, als man glaubt und weiß. Das Publikum, das solche Einzelheiten nicht kennt, urteilt nur nach dem äußeren Schein und muß sich deshalb in seinen Entscheidungen irren. Die Klugheit verbietet, ihm die Augen zu öffnen. Denn es wäre der Gipfel der Unvernunft, aus eitler Ruhmsucht die Schwäche des Staates selbst zu verraten. Die Feinde würden sich über eine solche Entdeckung sehr freuen und sie ungesäumt ausnutzen. Die Überlegung verlangt also, dem Publikum die Freiheit seines dreisten Urteilens zu lassen; und da man sich bei Lebzeiten nicht verteidigen kann, ohne das Staatsinteresse in Gefahr zu bringen, so muß man sich mit einer Rechtfertigung vor der unparteiischen Nachwelt begnügen.
Vielleicht interessiert es, wenn ich nun noch einige allgemeine Betrachtungen über die Begebenheiten meiner Zeit hinzufüge. Ich sehe zunächst, daß kleine Staaten den größten gewachsen sind, wenn sie sich keine Mühe verdrießen lassen und ihre Geschäfte in Ordnung halten. Ich finde, daß in den großen Reichen Mißbräuche und Schlendrian die Regel sind, daß sie sich nur durch ihre gewaltigen Hilfsmittel und durch ihre innere Schwerkraft erhalten. Die Kabalen ihrer Höfe würden minder mächtige Staaten zugrunde richten; so aber richten sie wohl einigen Schaden an, heben jedoch das Gewicht zahlreicher Heere nicht auf. Ich bemerke, daß Kriege, die man fern von seinen Grenzen unternimmt, nicht den gleichen Erfolg haben wie die in der Nähe des Vaterlandes geführten. Sollte dies nicht an einem uns natürlichen Gefühl liegen, nach dem es uns rechtmäßiger dünkt, sich zu verteidigen, als seine Nachbarn anzufallen? Aber am Ende ist der physische Grund doch stärker als der moralische: die Schwierigkeit nämlich, weitab von der Landesgrenze für Lebensmittel zu sorgen, rechtzeitig Ersatz der Mannschaft, der Pferde, der Kleidungsstücke und des Kriegsbedarfs herbeizuschaffen. Dazu kommt, daß die Truppen, je weiter sie sich in fremde Länder hineinwagen, desto mehr fürchten, daß ihnen der Rückweg abgeschnitten oder doch äußerst erschwert wird.
Ich sehe, welch ausgesprochene Übermacht die englische Flotte über die vereinigte französische und spanische Flotte hat, und erstaune, daß die Seemacht Philipps II., die der englischen und holländischen einst überlegen war, ihr großes Übergewicht nicht hat behaupten können. Auch bemerke ich mit Verwunderung, daß alle diese Rüstungen zur See mehr zum Prunk als zum wirklichen Nutzen dienen und daß sie weder den Handel schützen, noch seine Zerstörung hindern. Auf der einen Seite steht der König von Spanien, Herr von Peru, aber in Europa verschuldet an seine Staats- und Hofbedienten in Madrid; auf der andern Seite der König von England, der die Guineen, die dreißigjähriger Gewerbfleiß ihm eingebracht hat, mit vollen Händen vergeudet, nur um die Königin von Ungarn und die Pragmatische Sanktion aufrechtzuerhalten. Trotzdem muß diese Königin doch einige Provinzen opfern, um das übrige zu retten. Die Hauptstadt der Christenheit steht dem ersten besten offen, und der Papst wagt nicht, gegen die, welche ihm Kriegssteuern aufbürden, seinen Bannstrahl zu schleudern;