<161>Aber die Stunde war noch nicht gekommen. Die Antwort des Königs bestand in den folgenden Punkten: 1. Ehe Seine Majestät sich mit dem Kaiser und Frankreich einläßt, muß zuvor das Bündnis des Königs mit Rußland und Schweden perfekt sein. 2. Schweden muß versprechen, eine Diversion in das Herzogtum Bremen zu machen, während eine französische Armee Hannover angreift. 3. Frankreich muß versprechen, am Rhein offensiv vorzugehen und die Österreicher lebhaft zu verfolgen, wenn die vom König geplante Diversion sie zum Marsche nach Böhmen veranlaßt. 4. Böhmen soll von den Staaten der Königin von Ungarn abgetrennt werden, und der König soll die drei Schlesien zunächstliegenden Kreise erhalten. 5. Keine der verbündeten Mächte darf einen Separatfrieden schließen, sondern sie müssen standhaft zusammenhalten, um das neue Haus Österreich mit vereinten Kräften niederzuwerfen. Der Artikel über die Eroberungen wurde in dieses Projekt nur für den Fall aufgenommen, daß das Unternehmen vom Glück begünstigt sein sollte. Die Klugheit gebot, sich im voraus über eine Teilung zu verständigen, die späterhin die Verbündeten hätte entzweien können.
Das alles griff man jedoch mit großer Vorsicht an. Der König kannte die Schlaffheit der Franzosen bei ihren Kriegsoperationen und ihre geringe Rücksicht auf die Interessen ihrer Verbündeten. Nur die Not konnte die neue Verbindung knüpfen. Man mußte sich gegen den von England zu erwartenden Widerstand rüsten, dessen König rachsüchtig und dessen Minister hitzköpfig war. Das Parlament hatte dem König alle verlangten Summen bewilligt. Mit Hilfe dieser Reichtümer konnte er Armeen aus dem Boden stampfen und den Krieg bis ans Ende der Welt tragen. Indes wurden die ersten Bündnisvorschläge in Versailles nicht so aufgenommen, wie man es hätte erwarten sollen. Nichtsdestoweniger setzte man die Unterhandlungen fort, um die politische Krisis zu einer glücklichen Lösung zu bringen. Zwei Pedanten, ein Deutscher und ein Franzose, Bünau und Chavigny1, waren auf den Plan eines Bundes der Reichskreise verfallen. Sie verfaßten ihren Entwurf auf Grund der Reichsgesetze und der Goldnen Bulle mit allen Einschränkungen und Förmlichkeiten. Ihr schwerfälliges Machwerk ward, kaum gelesen, vergessen. Statt an ein solches Bündnis zu denken, nahm der Versailler Hof die hessischen Truppen durch Subsidien in des Kaisers Dienst. Das durchkreuzte die Absichten des Königs von England, der darauf gerechnet hatte, sie zu seinem Heere schlagen zu können. Man versuchte noch, den Herzog von Gotha2 davon abzubringen, seine Truppen den Seemächten zu überlassen. Das mißlang aber, da der Herzog schon Subsidien erhalten hatte.
Das Ministerium in Versailles war neu und besaß noch wenig Geschäftskenntnis. So nahm es z. B. an, der König von Preußen habe seinen Separatfrieden mit der Königin von Ungarn nur aus Leichtsinn geschlossen. Wollte der König sich mit Frank-
1 Graf Heinrich Bünau, Reichshofrat und Kaiserlicher Geheimer Rat; Theodor von Chavigny, französischer Gesandter am kaiserlichen Hofe.
2 Friedrich III.