<167> Gattin nach Brabant, wo er zum Statthalter ernannt war, und kehrte dann nach Wien zurück, um Befehle für den bevorstehenden Feldzug zu empfangen.

Die Absicht der Österreicher war, Lothringen zurückzuerobern und den Kaiser zur Abdankung zu zwingen; für dieses Opfer sollte er seine Erblande wiederbekommen. Das österreichische Heer zog sich bei Heilbronn zusammen und rückte von dort gegen Philippsburg vor, wohin Seckendorff sich mit den Trümmern der bayerischen Truppen geflüchtet hatte. Bei der Kunde vom Anrücken des Prinzen von Lothringen verstärkte Coigny die Kaiserlichen mit allen deutschen Regimentern, die in seinem Heere dienten. Alle Vorkehrungen des Prinzen von Lothringen verrieten die Absicht, über den Rhein zu setzen. Der Übergang war ihm erleichtert durch einen Vertrag, den der König von England soeben mit dem Kurfürsten von Mainz geschlossen hatte. Die offenkundige Parteilichkeit des Kurfürsten für den Wiener Hof1 und die Subsidien, die er von England erhielt, setzten es außer Zweifel, daß er trotz seiner Neutralität den Truppen der Königin den Übergang bei Mainz gestatten würde, falls dies verlangt werden sollte.

Die Österreicher, die ihr Glück schon im Geiste genossen, konnten es sich nicht versagen, hin und wieder einige Funken ihres Stolzes und ihrer Anmaßung sprühen zu lassen. Sie schlugen bei Mannheim eine Brücke über den Rhein und schalteten despotisch in der Pfalz. Der Kurfürst2 fühlte sich dadurch natürlich beleidigt. Das gab Anlaß zu scharfen Worten und endigte mit einer Botschaft des Prinzen von Lothringen an den Kurfürsten, worin er ihm bedeutete, wenn er seine Brücke bei Mannheim nicht augenblicklich zur Verfügung stellte, so würde man sie ihm mit Gewalt entreißen. Feldmarschall Traun entschuldigte sich beim Kurfürsten damit, ein langes Bankett, wo man wenig Enthaltsamkeit geübt hätte, wäre die Veranlassung gewesen, daß der Prinz von Lothringen sich in so wenig maßvoller Weise ausgedrückt hätte.

Unterdessen hatte Marschall Coigny sich in der Absicht, die Rheinufer von Mainz bis Fort Louis zu verteidigen, mit seiner Hauptmacht an den Ufern der Queich aufgestellt. Von da rückte er gegen Speyer an und schob seine Detachements bis Worms, ja bis Oppenheim vor. Dieser Vormarsch geschah, weil er erfahren hatte, daß Bernklau mit einer Abteilung des österreichischen Heeres nach Germersheim bei Freiburg gerückt sei. Bernklau ließ eine Brücke über einen Rheinarm bei Stockstadt schlagen, um die Franzosen irrezuführen und sie nach dieser Seite abzulenken. Zugleich machte der Prinz von Lothringen mit seinem Heere eine Bewegung, als wollte er mit seinem rechten Flügel über den Neckar gehen, um sich mit Bernklau zu vereinigen. Der allzu leichtgläubige Marschall Coigny ließ sich durch diese Demonstrationen täuschen und beging zwei Fehler auf einmal. Erstens ließ er Seckendorff über den Rhein gehen und trug ihm die Verteidigung des Flußabschnittes zwischen Speyer und Lauterburg auf, und zweitens marschierte er mit seinem Heere nach


1 Vgl. S. 145.

2 Karl Theodor von der Pfalz.