<174> General Bonin wurde mit einigen Truppen detachiert. Er griff den Feind an und nahm einen ungarischen Hauptmann mit 70 Mann gefangen. Der Strom wurde schleunigst wieder schiffbar gemacht. Der kleine Zwischenfall verzögerte den Marsch um zwei Tage. Die Zietenhusaren überrumpelten feindliche Truppen bei dem Flecken Muncifay. 300 Mann wurden niedergehauen und 50 gefangen genommen. Durch ihre Aussagen erfuhr man, daß Batthyany mit 12 000 Mann aus Bayern gegen die Beraun anrückte, ferner, daß er 3 000 Mann nach Prag geworfen hätte, zu denen ein Korps von 12 000 Mann Miliz gestoßen sei.
Der König langte am 2. September mit seinem ganzen Heere vor Prag an und bezog sein Lager beim Kloster St. Maria de Victoria. Feldmarschall Schwerin und Erbprinz Leopold berannten die Neustadt. Es dauerte acht Tage, bis das schwere Geschütz und die Lebensmittel aus Leitmeritz anlangten. In diesen Ort wurde ein Bataillon zur Deckung der Magazine gelegt, die man aus Mangel an Pferden nicht weiterschaffen konnte. Die Moldau, die sich bei Melnik in die Elbe ergießt, ist nämlich nicht schiffbar. Mittlerweile wurden alle Vorbereitungen zur Belagerung getroffen.
Inzwischen erfuhr man durch Spione, daß Batthyany ein großes Magazin in Beraun anlegte. Husaren, die man zur Erkundung der nach Beraun führenden Wege abschickte, bestätigten die Meldung. Es verlockte den König, das Magazin fortzunehmen. Zu dem Zweck schickte er General Hacke mit fünf Bataillonen und 600 Husaren nach Beraun. Aber trotz aller Sorgfalt, die Unternehmung geheimzuhalten, bekam Batthyany Wind davon und sandte Verstärkungen ab. Als Hacke über die Berauner Brücke gegangen war und das Stadttor gesprengt hatte, sah er zwei starke Kavallerieabteilungen rechts und links durch den Fluß setzen und seine Flanken bedrohen. Sofort gab er den Angriff auf und zog sich auf die Höhen zurück, wo er mit seiner Infanterie ein Karree formierte. Er wurde von der feindlichen Reiterei und einer starken ungarischen Infanterieabteilung heftig angegriffen, doch gelang es ihm, eine Meldung über seine schlimme Lage ins preußische Lager vor Prag zu senden. Auf die Nachricht hin eilte der König ihm mit 80 Schwadronen und 16 Bataillonen zu Hilfe. Aber Hacke hatte den Feind schon tapfer zurückgeschlagen und sich aus der Bedrängnis befreit. So mißlang der Handstreich gegen Beraun, und Batthyany ließ sein Magazin schleunigst nach Pilsen schaffen. Zweifellos hätte der König den Angriff auf Beraun wiederholen, Batthyany aus Pilsen vertreiben und ihm sein Magazin wegnehmen müssen. Dadurch hätte das österreichische Heer die Lebensmittel verloren, die Batthyany inzwischen zusammengebracht hatte. Der Prinz von Lothringen wäre nach Oberösterreich zurückgetrieben und der Feldzug siegreich beschlossen worden, indem man im Besitz von Böhmen blieb. Aber das Proviantwesen war beim preußischen Heere schlecht verwaltet. Es fehlten Männer wie Séchelles1.
1 Vgl. S. 105.