Polen wimmelte damals von Mißvergnügten, wie die meisten Republiken. Die Freiheit wird ja nur durch die verschiedenen Parteien aufrechterhalten, die sich gegenseitig die Wage halten. Die mißvergnügten Polen boten dem König von Preußen an, eine Konföderation gegen die Czartoryski und Potocki oder eigentlich gegen August III. zustande zu bringen. Das wäre ein gutes Mittel gewesen, den König von Polen in die Enge zu treiben. Aber der König von Preußen war völlig abgeneigt, das Feuer des Krieges zu schüren. Er wollte es im Gegenteil löschen und besaß Mäßigung genug, jenen Woiwoden zu raten, die Ruhe ihres Vaterlandes nicht zu stören. Ja, er ließ dem König von Polen, der ihn so schwer beleidigt hatte, für seine Durchreise durch Schlesien alle Sicherheiten anbieten. August III. schlug dies Angebot aus, in einer Form, die die an seinem Hofe sonst üblichen guten Manieren sehr vermissen ließ, und trat den Heimweg nach Sachsen durch Mähren an, das er 1742 hatte erobern wollen! In Olmütz hatte er eine Zusammenkunft mit dem Großherzog von Toskana. Von da reiste er über Prag nach Dresden. Brühl und seine Gattin begaben sich nach Wien, wo sie die Früchte ihrer Parteilichkeit einheimsten.
Sobald Brühl nach Dresden zurückgekehrt war, schickte er seinen ersten Sekretär und Vertrauten, namens Saul, an den Wiener Hof, um mit dem österreichischen Minister Bartenstein die Teilung Schlesiens zu vereinbaren. Ein diesbezüglicher geheimer Artikel wurde dem Warschauer Vertrag angefügt1. Darin wurden dem König von Polen die Herzogtümer Glogau und Sagan versprochen. Dafür verpflichtete er sich zum Angriff gegen Schlesien, entsagte allen Ansprüchen auf die Kaiserkrone und versprach dem Großherzog von Toskana seine Stimme bei der Kaiserwahl. Außerdem erbot er sich, seine Hilfstruppen auf 30 000 Mann zu bringen. Über das, was die Königin von Ungarn dem König von Polen zusagte, ist man sich nicht einig. Einige behaupten, der Wiener Hof habe sich nur verpflichtet, des Königs Interessen bei einem allgemeinen Friedensschluß zu vertreten und dem Grafen Brühl das Fürstentum Teschen nebst der Würde eines Reichsfürsten zu versprechen. Doch dem sei, wie ihm wolle. Es ist nicht anzunehmen, daß die letztgenannten Bedingungen bei König August den Ausschlag gegeben haben. Aller Wahrscheinlichkeit nach lag das Schwergewicht des Bündnisses in der Teilung Schlesiens. Diese Wahrscheinlichkeit erhöht sich noch dadurch, daß der damalige französische Gesandte in Polen, Graf Saint-Séverin, sich für den Entdecker jener Abmachung hielt, und daß sie gerüchtweise schon ziemlich allgemein bekannt war.
Alle diese Verträge zwischen dem Wiener und Dresdener Hofe vermehrten den Verdacht der Preußen. Die Zeit zur Eröffnung des Feldzuges rückte heran. Cagnony, der preußische Geschäftsträger zu Dresden, verlangte vom Grafen Brühl Erklärungen, wozu er die in Böhmen stehenden sächsischen Truppen zu gebrauchen gedächte.
1 Abgeschlossen zu Leipzig am 18. Mal 1745. In der zu Warschau am 8. Januar 1745 gezeichneten Quadrupelallianz versprachen England und Holland den Österreichern und Sachsen neue Subsidien, und Österreich und Sachsen sagten sich gegenseitige Unterstützung zu.