<230> ihrer Hoheit etwas zu vergeben, wenn sie mit einem Fürsten, den sie der Rebellion beschuldigte, wie mit ihresgleichen unterhandelte. Zu dem Motiv der Eitelkeit traten noch die triftigeren Gründe der Staatsräson. Seit Ferdinand I. galt es als Grundsatz des Hauses Österreich, den Despotismus in Deutschland einzuführen. Nichts stand also dieser Absicht mehr im Wege, als wenn man zugab, daß ein Kurfürst zu mächtig wurde, daß ein König von Preußen, durch Teile vom Erbe Kaiser Karls VI. bereichert, seine Macht dem österreichischen Ehrgeiz entgegensetzte und die Freiheit des Deutschen Reiches zu nachdrücklich gegen Österreich verfocht. Das war es, was den Wiener Hof in Wirklichkeit abhielt, dem Vertrag von Hannover beizutreten.
Der König von Polen hatte andre Gründe. Ihm lag vor allem daran, seinem Hause die polnische Krone zu erhalten, und um sie sich desto besser zu sichern, wollte er den Krieg benutzen, um durch Eroberungen in Schlesien eine Verbindung zwischen Sachsen und Polen herzustellen. Sein Ehrgeiz ging darauf aus, das Herzogtum Glogau und, wenn möglich, noch mehr zu erlangen. Brühl hielt den König von Preußen schon für verloren und wollte deshalb von keinem Vergleich hören.
An den mehr oder minder begründeten Hoffnungen des Wiener und Dresdener Hofes lag es also, daß die Konvention zu Hannover damals keinen Frieden zwischen den drei kriegführenden Mächten zur Folge hatte. Indes wiegte sich der König von England in der Hoffnung, die Kaiserin und den König von Polen durch Beharrlichkeit umzustimmen. Er machte dem König von Preußen in dieser Hinsicht die verlockendsten Versprechungen, und so wurde die Unternehmung gegen Sachsen einstweilen aufgeschoben. Außerdem wäre es unter solchen Umständen nicht ratsam gewesen, die Lage noch mehr zu verwirren und noch einen neuen Krieg anzufangen. Die Mäßigung des Königs von Preußen mußte seine Feinde beschämen, die ihn durch Verleumdung bei allen Fürsten Europas verhaßt zu machen suchten.
Der König ließ die Sachsen also in Ruhe, führte aber den Krieg gegen die Kaiserin-Königin mit allem Nachdruck fort. Denn man soll nicht wähnen, einen Feind nachgiebig zu stimmen, indem man ihn mit den Waffen in der Hand glimpflich behandelt. Nur Siege führen zum Frieden. Deshalb wurde Nassau auch zur Beschleunigung seiner Operationen gedrängt. Kosel leistete ihm nur schwachen Widerstand. Er eröffnete die Laufgräben auf der unteren Oderseite. Zufällig gerieten ein paar Häuser in Brand, und der Kommandant wurde dadurch gezwungen, sich am 6. September zu ergeben. Nassau nahm in Kosel 3 000 Kroaten gefangen und verlor bei der Belagerung selbst nur 45 Mann. Nachdem er die Stadt verproviantiert und 1 200 Mann zur Besatzung zurückgelassen hatte, rückte er mit seinem kleinen Heere nach Troppau. Von dort aus setzten seine Streifkorps einige mährische Kreise in Kontribution, auch hatte er Scharmützel mit den Ungarn, die er sämtlich zu seinem Vorteil und Ruhm bestand.
Doch es ist Zelt, nach Böhmen zurückzukehren. Die preußische Armee stand bei Chlum und die österreichische bei Königgrätz. Zweimal machten die Feinde den Ver-