<232> auf vielen über die Elbe geschlagenen Brücken dem Feind in den Rücken fallen und ihn von Königgrätz abschneiden. Er hatte nur einige Sorge wegen der Lebensmittel, weil nämlich Franquini sich in einem Walde eingenistet hatte, der im Volksmunde das Königreich Silva hieß und der zwischen den Straßen nach Braunau, Starkstadt und Trautenau lag. Aus diesem Schlupfwinkel überfiel Franquini alle Zufuhren, die aus Schlesien kamen. Jeder Transport mußte eine kleine Schlacht liefern, und oft mußte Hilfe gesandt werden. Das ermüdete die Truppen, und man kriegte sein Brot nur mit dem Säbel in der Faust.
Inzwischen begann auch die Kaiserin-Königin des ergebnislosen Krieges müde zu werden. Der König von England drängte sie zum Frieden. Aber bevor sie den Kampf aufgab, wollte sie noch einmal ihr Glück versuchen. Sie gab dem Prinzen von Lothringen strikten Befehl, die Offensive zu ergreifen und den Preußen bei guter Gelegenheit eine Schlacht zu liefern. Zur Unterstützung bei diesem wichtigen Unternehmen gab sie dem Prinzen eine Art von Kriegsrat bei: den Herzog von Aremberg und den Fürsten Lobkowitz. Damit glaubte sie für alles gesorgt zu haben. Sie hoffte nun, das Glück, das ihr zu Frankfurt bei der Kaiserwahl gelächelt hatte, würde sie auch in Böhmen auf dem Schlachtfelde nicht verlassen. Im preußischen Lager erfuhr man bald, daß Aremberg und Lobkowitz ins österreichische Lager gekommen waren, und erriet ungefähr die Absichten der Kaiserin. Fürst Lobkowitz war von heftigem und ungestümem Charakter. Er wollte beständig angreifen und raufen. Täglich schickte er Husaren zu Scharmützeln aus, oft sehr zur Unzeit, und war empört, wenn Nadasdy oder Franquini eine Schlappe erlitten. Der Prinz von Lo-thringen kannte die Preußen von den drei Feldzügen, die er gegen sie geführt hatte. Er hätte den Kleinkrieg dem großen Schlage vorgezogen, den man jetzt von ihm verlangte. Er hätte sich damit begnügt, dem Feinde die Lebensmittel abzuschneiden, ihn langsam auszuhungern und eine Menge kleiner Erfolge davonzutragen, die alle zusammen so viel wert sind wie die größten Siege. Was den Herzog von Aremberg betrifft, so war er altersschwach und verlebt und stimmte stets dem zu, der das letzte Wort hatte.
Die beiden Heere standen sich nur auf halbe Kanonenschußweite gegenüber. Täglich sah der König von seinem hochgelegenen Zelte aus, wie die feindlichen Generale seine Stellung rekognoszierten. Man hätte sie für Astronomen halten können, denn sie beobachteten die Preußen mit großen Fernrohren. Dann beratschlagten sie miteinander. Aber sie vermochten nichts gegen das Lager, das zu vorteilhaft lag und zum Erstürmen zu stark war.
Bald beunruhigten die Feinde den General Lehwaldt. 1 500 Panduren gingen bei Nacht über die Mettau und verschanzten sich auf einer Anhöhe in der Nähe der preußischen Stellung. Ein Schwarm leichter Truppen sollte ihnen folgen. Lehwaldt ließ ihnen keine Zeit dazu. Er rückte ihnen mit zwei Bataillonen entgegen, vertrieb sie mit gefälltem Bajonett aus ihrer Schanze, nahm 40 Mann gefangen und ließ