<246>deburg und Halberstadt nebst Halle und dessen Gebiet erhalten, die Kaiserin aber Schlesien sich wiedernehmen. Schließlich entdeckte Rudenschöld dem König auch, weshalb Brühl solchen Haß gegen ihn hegte. Er war erbittert über ein vom König veröffentlichtes Manifest1, insbesondere über folgende Stelle:

„Während so viele Greuel in Schlesien verübt wurden und es dem Himmel, dem gerechten Vergelter aller Verbrechen, gefiel, sie so auffällig, augenscheinlich und streng zu strafen, behauptete man in Dresden kaltblütig, Sachsen stände nicht im Kriege mit Preußen und der Herzog von Weißenfels hätte mit seinen Truppen nicht die Erbländer des Königs angegriffen, sondern nur seine neuen Erwerbungen. Das Dresdener Ministerium gefiel sich in solchen Sophistereien, gleich als wären kleine scholastische Spitzfindigkeiten und kindische Wortklaubereien von Haarspaltern hinreichende Gründe zur Rechtfertigung seines illegitimen Vorgehens. Nichts ist leichter als die Widerlegung usw.“

Ebenso hatte sich Brühl über die folgende Stelle erbost: „Es scheint, daß die Geduld und Mäßigung des Königs nun ein Ende hatten. Aber Seine Majestät hatte Mitleid mit einem benachbarten Volke, das an den ihm zugefügten Kränkungen unschuldig war; und da er das Elend und die unvermeidlichen Verheerungen des Krieges kannte, so schob er die gerechte Vollstreckung seiner Vergeltung noch hinaus, um mit dem Dresdener Hofe neue Wege zum gütlichen Vergleich anzubahnen. Da er jedoch abermals eine völlige Zurückweisung erfuhr, so ist zu vermuten, daß das Vertrauen des Königs von Polen durch die schändliche Treulosigkeit seiner Minister gemißbraucht worden ist. Die beweglichsten Vorstellungen und die vorteilhaftesten Anerbietungen sind ganz umsonst verschwendet worden.“

Man muß zugeben, daß Brühl in diesen Stellen heftig angegriffen wurde. Ein Irrtum war ausgeschlossen; denn die Minister, die man im Plural nannte, waren mehr seine Untergebenen als Gleichgestellte.

Rudenschölds Bericht klang um so wahrscheinlicher, als der König den Charakter des Grafen Brühl und den hochfahrenden Sinn der Kaiserin-Königin kannte. War das sächsische Projekt aber gefahrvoll für Preußen, so war es für Sachsen nicht minder gewagt. Doch die Leidenschaften, und besonders die Rachsucht, machen die Menschen so blind, daß sie in der Hoffnung, sich Befriedigung zu verschaffen, alles aufs Spiel setzen.

Die heftige Krisis verlangte ein schleuniges Gegenmittel. Das Heer des Fürsten von Anhalt erhielt Befehl, sich unverzüglich bei Halle zusammenzuziehen. Da ein entscheidender Entschluß gefaßt werden mußte, so glaubte der König, seinem Ansehen nichts zu vergeben, wenn er Männer von Erfahrung zu Rate zog und das Klügste, was ihm vorgeschlagen wurde, befolgte. Wer für das Wohl eines Volkes zu sorgen hat, darf nichts verabsäumen, was dazu beitragen kann.


1 Das „Manifest Sr. Königl. Majestät in Preußen gegen den Chur-Sächsischen Hof“ war am 25. August 1745 in Berlin publiziert worden.