<248> sein, schickte der König den General Winterfeldt mit einem gemischten Korps, Kavallerie, Infanterie und Husaren, gegen Friedland an der böhmischen und Lausitzer Grenze, mit dem Auftrage, falls der Prinz von Lothringen in die Lausitz einrückte, ihn zu begleiten und am Queis entlang zu ziehen, der an der schlesischen Grenze fließt. Der König beabsichtigte, die Sachsen von zwei Seiten zugleich zu überfallen. Und zwar sollte der Fürst von Anhalt seinen Angriff auf Leipzig, Wurzen und Torgau richten; das Heer in Schlesien aber sollte gegen den Prinzen von Lothringen vorgehen, ihn wenn möglich in seinen Kantonnements in der Lausitz überraschen oder ihm eine Schlacht liefern und ihn nach Böhmen zurücktreiben.
Während ganz Berlin in Bestürzung war, trug der König den größtmöglichen Gleichmut zur Schau, um das Publikum zu beruhigen. Sein Entschluß stand fest. Die Erklärung der Russen beunruhigte ihn nicht, denn Rußland konnte erst in sechs Monaten ins Feld rücken, und das war mehr Zeit als nötig, um das Schicksal Preußens und Sachsens zu entscheiden. Die Lage war so verzweifelt, daß man siegen oder untergehen mußte. Der König fürchtete die Ungläubigkeil und die Langsamkeit des Fürsten von Anhalt. Auch besorgte er, das 7 000 Mann starke Grünnesche Korps möchte geradenwegs auf Berlin marschieren. Um nach Möglichkeit für die Sicherung der Hauptstadt zu sorgen, ließ der König General Hacke mit einer Besatzung von 5 000 Mann zurück. Da aber Berlin einen Umfang von zwei Meilen hat, so war eine Verteidigung unmöglich. Deshalb sollte Hacke dem Feinde entgegengehen und ihm eine Schlacht liefern, bevor er sich der Stadt näherte. Die Maßregel war allerdings unzureichend, doch es fehlten die Mittel zu etwas Besserem. Man traf für den Notfall Vorkehrungen, um die königliche Familie, die Archive, die Kanzleien und die obersten Behörden nach Stettin zu bringen. Dort konnten sie Zuflucht finden, wenn das Waffenglück die Preußen verließ. Der König schrieb noch einen eindringlichen Brief an den König von Frankreich, schilderte ihm seine Lage mit lebhaften Farben und bat ihn dringend um die vertragsmäßig ausbedungene Hilfe. Allerdings erwartete er von diesem Briefe nichts, er hatte ihn nur der Form halber geschrieben.
Es ist schwer zu erraten, warum der Fürst von Anhalt dem König abzuraten suchte, den Oberbefehl des schlesischen Heeres selbst zu übernehmen. Der Fürst trieb seine lästigen Vorstellungen so weit, daß der König ihm schließlich erklärte, er sei entschlossen, sich an die Spitze seiner Truppen zu stellen. Wenn der Fürst von Anhalt selbst eine Armee hielte, so möchte er den Oberbefehl geben, wem er wollte. Hierauf nötigte er ihn, nach Halle zu gehen. Der König reiste am 16. November nach Schlesien ab und hinterließ Berlin in Bestürzung, die Sachsen in Hoffnung und ganz Europa in Spannung über den Ausgang des Winterfeldzuges.
Am 17. traf der König in Liegnitz ein. Dort fand er den Erbprinzen Leopold und den General Goltz, der die Aufsicht über das Proviantwesen hatte. Aus Briefen von Winterfeldt, die zugleich eintrafen, ging hervor, daß 6 000 Sachsen als Avantgarde des Prinzen von Lothringen über Zittau in die Lausitz eingerückt waren und daß die