<41> galt für einen guten Schüler Machiavells. Die Politik Sardiniens bestand darin, zwischen dem Hause Österreich und den beiden Zweigen des bourbonischen Hauses die Wage zu halten, um sich so die Mittel zur Vergrößerung und Vermehrung seiner Besitzungen zu verschaffen. Viktor Amadeus1 hatte oft gesagt: „Mein Sohn, die Lombardei ist wie eine Artischocke; man muß sie Blatt für Blatt verspeisen.“ Damals grollte der König von Sardinien den Bourbonen, weil Kardinal Fleury den Frieden von 17372 ohne sein Wissen geschlossen hatte, und neigte deshalb mehr auf die Seite des Hauses Österreich.

Der Rest der Lombardei war, wie gesagt, verzettelt. Der Kaiser besaß die Herzogtümer Mailand, Mantua, Pavia und Piacenza; seinen Schwiegersohn, den Herzog von Lothringen, hatte man in Toskana eingesetzt. Die Republik Genua, im Westen von Savoyen, war noch berühmt durch ihre Bank, einen Rest des alten Handels und ihre schönen Marmorpaläste. Korsika hatte sich gegen sie empört. Der erste Aufstand wurde von den kaiserlichen Truppen im Jahre 1732 niedergeschlagen, der zweite von den Franzosen unter dem Befehl des Grafen Maillebois. Diese fremde Hilfe konnte das Feuer wohl auf eine Weile dämpfen, es aber nicht gänzlich ersticken.

Venedig, im Osten gelegen, ist bedeutender als Genua. Die stolze Stadt erhebt sich auf zweiundsiebzig Inseln, die 200 000 Einwohner fassen. Regiert wird Venedig durch einen Rat, an dessen Spitze ein Doge steht, der die lächerliche Zeremonie begehen muß, sich alljährlich mit der Adria zu vermählen. Im 17. Jahrhundert verlor die Republik die Insel Kandia, und im 18. Jahrhundert, als Bundesgenossin Österreichs, da der große Eugen Belgrad und Temesvar eroberte, verlor sie Morea. Venedig hat wohl Schiffe, aber sie genügen nicht zur Bildung einer Flotte. An Landtruppen hält es 15 000 Mann. Ihr Führer ist derselbe Schulenburg, der im Nordischen Kriege, in der Schlacht bei Fraustadt, der Geschicklichkeit Karls XII. entging und der den schönen Rückzug in Schlesien über die Bartsch bewerkstelligte3.

Vor Erfindung des Kompasses lieferten Venedig und Genua an Deutschland alle die Waren, welche der Luxus aus den fernsten Gegenden Asiens herbeischaffen läßt. Zu unserer Zeit haben die Engländer und Holländer diesen Handel an sich gerissen und genießen seine Vorteile.

Der Krieg von 1733 hatte den Infanten Don Carlos aus Toskana auf den Thron von Neapel gebracht4. Dieses Königreich hatte Ferdinand der Katholische durch Gonsalvo di Cordova, genannt der Große Kapitän, Ludwig XII. entreißen lassen5. Nach dem Tode König Karls II. von Spanien (1700) kam es während des Spanischen Erbfolgekrieges an Österreich, aber während des Krieges von 1733 brachte das


1 Viktor Amadeus II. (1666—1732).

2 Gemeint ist der Wiener Friede von 1738.

3 Im November 1704 führte Graf Mathias Johann von der Schulenburg die sächsischen Truppen aus Polen durch Schlesien glücklich nach Sachsen zurück, verlor 1706 die Schlacht bei Fraustadt, er trat 1715 in venezianische Dienste und erwarb sich 1716 besonderen Ruhm durch die Verteidigung von Korfu gegen die Türken.

4 Vgl. S. 26.

5 In den Jahren 1501—1503.