<42> glückliche Treffen bei Bitonto1 Neapel abermals unter die Herrschaft des Don Carlos. Das Hauptvergnügen dieses Fürsten war das Kühemelken, und die Anekdotenjäger behaupten, es sei bei seiner Heirat mit der Tochter König Augusts III. von Polen2 (1738) im Ehekontrakt ausgemacht worden, der König solle keine weiße Kuh mehr melken. Da Don Carlos noch zu jung war, um selbst zu regieren, so wurde er vom Grafen von Saint-Estevan geleitet, der in seinem Reiche bloß die Befehle der Königin von Spanien3 vollstreckte. Das Königreich Neapel mit Einschluß Siziliens brachte seinem Herrscher etwa vier Millionen ein; der Staat unterhielt nur 12 000 Soldaten.
Wir beschäftigen uns hier weder mit dem Herzog von Modena4 noch mit den Republiken Lucca und Ragusa: das sind Miniaturen, die in eine große Gemäldegalerie nicht passen.
Der Heilige Stuhl war durch den Tod von Klemens XII.5 aus dem Hause Corsini erledigt. Das Konklave währte ein Jahr lang. Der Heilige Geist blieb unschlüssig bis auf den Tag, da die Parteien der verschiedenen Staaten zu einer Einigung kamen. Kardinal Lambertini, über dieses Hinzögern ungeduldig, sagte zu den andern Kardinälen: „Entschließt euch doch endlich zur Papstwahl! Wollt ihr einen Frommen, nehmt Aldrovandi. Wollt ihr einen Gelehrten, nehmt Coscia. Oder wenn ihr einen Spaßmacher wollt, nehmt mich.“ Der Heilige Geist wählte den Mann des Frohsinns: Lambertini wurde zum Papst erwählt und nannte sich Benedikt XIV.
Als er den päpstlichen Thron bestieg, waren Rom und die Päpste nicht mehr die Herrscher der Welt wie ehedem. Die Kaiser dienten den Oberpriestern nicht mehr als Fußschemel und kamen nicht mehr nach Rom, um sich wie Friedrich Barbarossa zu demütigen. Karl V. hatte sie seine Macht fühlen lassen, und Kaiser Joseph I. behandelte sie nicht sanfter, als er im Erbfolgekriege Comacchio einnahm. Im Jahre 1740 war der Papst nur noch der erste Bischof der Christenheit. Er hatte das Departement des Glaubens, das man ihm ließ, aber er hatte nicht mehr wie früher Einfluß auf die Staatsgeschäfte. Die Wiedergeburt der Wissenschaften und die Reformation hatten dem Aberglauben einen tödlichen Streich versetzt. Man kanonisierte hin und wieder zwar noch Heilige, um nicht aus der Übung zu kommen; hätte aber ein Papst im 18. Jahrhundert Kreuzzüge predigen wollen, so hätte er nicht zwanzig Gassenjungen zusammengebracht. Er war auf das demütigende Geschäft beschränkt, die Amtshandlungen seines Priestertums zu verrichten und in aller Eile seine Nepoten zu bereichern. Alles, was der Papst im Türkenkriege von 1737 für den Kaiser tun konnte, war, daß er ihn durch seine Breven ermächtigte, von den geistlichen Gütern den Zehnten zu erheben und in allen Städten seiner Lande Missionskreuze aufzurichten, zu denen das Volk herbeiströmte, um fromme Verwünschungen gegen die
1 Am 25. Mai 1734.
2 Maria Amalia.
3 Elisabeth Farnese, die Mutter des Infanten Don Carlos.
4 Franz III.
5 Gestorben 6. Februar 1740.