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Der König verließ Berlin nach einem großen Maskenball und kam am 14. Dezember in Krossen an. Ein Zufall wollte, daß gerade an diesem Tage ein mürbes Seil, woran die Glocke der Domkirche hing, zerriß. Die Glocke stürzte herab, und man sah darin eine schlechte Vorbedeutung; denn im Herzen des Volkes herrschten noch abergläubische Vorstellungen. Um den üblen Eindruck auszulöschen, legte der König dieses Vorzeichen in günstigem Sinne aus. Er sagte, der Sturz der Glocke bedeute, daß das Hohe erniedrigt werden solle; und da das Haus Österreich unvergleichlich viel höher stände als das brandenburgische, so sähe man aus diesem Zeichen deutlich, daß Preußen den Sieg davontragen würde. Wer das Volk kennt, weiß, daß solche Begründungen hinreichen, um es zu überzeugen.

Am 16. Dezember rückte das Heer in Schlesien ein. Die Truppen bezogen Kantonnementsquartiere, teils, weil gar kein Feind da war, teils, weil die Jahreszeit nicht erlaubte, zu kampieren. Auf ihrem Wege verteilten sie eine Darstellung der Rechtsansprüche des Hauses Brandenburg auf Schlesien. Zugleich wurde ein Manifest veröffentlicht, das im wesentlichen besagte, Preußen nähme die Provinz in Besitz, um sie vor den Einfällen eines Dritten zu sichern, woraus deutlich hervorging, daß man sie nicht gütlich verlassen würde. Das bewirkte, daß Volk und Adel Schlesiens den Einmarsch der Preußen nicht für einen feindlichen Überfall hielten, sondern für eine Hilfeleistung, wie sie ein Nachbar seinem Bundesgenossen erweist. Auch trug die Religion, dieses geheiligte Vorurteil des Volkes, dazu bei, die Gemüter preußisch zu machen; denn zwei Drittel der Einwohner Schlesiens sind Protestanten, die nach der langjährigen Bedrückung durch den österreichischen Fanatismus den König als einen vom Himmel gesandten Erlöser begrüßten.

Wenn man längs der Oder vorrückt, so ist die erste Festung, die man antrifft, Glogau. Die Stadt liegt am linken Flußufer. Sie ist von mäßigem Umfang und