<79> war erzürnt und erbittert ob seiner Verluste. In der Hoffnung auf Vergeltung wurden Truppen aus Ungarn und eine Menge Milizen zur Verstärkung Neippergs herangezogen. Der König von England und der König von Polen fingen an, das preußische Heer unter dem Oberbefehl des Fürsten von Anhalt1, das sie bisher gering geschätzt hatten, zu achten. Das Deutsche Reich war wie betäubt bei der Nachricht, daß die alten österreichischen Truppen durch ein Heer von so geringer Kriegserfahrung in die Flucht geschlagen waren. In Frankreich freute man sich über den Sieg. Der Versailler Hof hoffte durch seine Beteiligung am Kriege gerade noch zur rechten Zeit zu kommen, um dem Hause Österreich den Gnadenstoß zu versetzen.

Infolge dieser günstigen Stimmung kam der Marschall Belle-Isle, französischer Botschafter für den Wahltag in Frankfurt, zum König ins Mollwitzer Lager, um ihm im Namen seines Herrn einen Allianztraktat vorzuschlagen. Die Hauptartikel des Vertrages betrafen: die Erwählung des Kurfürsten von Bayern zum Kaiser, die Teilung und Zerstückelung der Länder der Königin von Ungarn und die Garantie Frankreichs für Niederschlesien, wogegen der König auf die Erbfolge in Jülich und Berg verzichten und dem Kurfürsten von Bayern seine Stimme versprechen sollte. Dieser Vertrag ward entworfen, und zugleich ward verabredet, daß Frankreich zwei Armeen nach Deutschland schicken sollte. Die eine sollte dem Kurfürsten von Bayern zu Hilfe kommen, die andere in Westfalen einrücken, um Hannover und Sachsen in Schach zu halten. Endlich und vor allen Dingen sollte Schweden an Rußland den Krieg erklären, um dieses Reich an seinen eigenen Grenzen zu beschäftigen.

So vorteilhaft der Vertrag auch erschien, so ward er doch nicht unterzeichnet. Der König wollte bei einem Schritte von so großer Tragweite nichts übereilen und behielt sich dies Bündnis für den äußersten Notfall vor. Der Marschall Belle-Isle überließ sich oft allzu sehr seiner Einbildungskraft. Wenn man ihn reden hörte, so konnte man glauben, daß alle Länder der Königin von Ungarn zur Versteigerung ständen. Eines Tages, als er beim Könige war, sah er nachdenklicher und besorgter aus als sonst. Der König fragte ihn, ob er schlechte Nachrichten erhalten hätte. „Keineswegs,“ antwortete der Marschall, „ich bin nur verlegen, Sire, was wir mit Mähren anfangen wollen.“ Der König schlug ihm vor, es an Sachsen zu geben, um durch diese Lockspeise den König von Polen in das große Bündnis zu ziehen. Der Marschall fand die Idee vortrefflich und führte sie in der Folge aus.

Aber die Verhandlungen Preußens beschränkten sich nicht auf Frankreich allein; sie erstreckten sich auf Holland, England und über ganz Europa. Auf einige verstecke Vorschläge, die der König in einem Briefe an den König von England gemacht hatte, antwortete dieser2, daß seine Verpflichtungen ihn zwar zwängen, für die Unteilbarkeit des Erbes von Karl VI. einzutreten, und daß er mit Bedauern das gute Einvernehmen zwischen Preußen und Österreich gestört sähe, daß er aber sehr gern seine


1 Vgl. S. 68.

2 Am 19. Dezember 1740.