<128> Contades nicht noch einen Handstreich auf Münster versucht. Armentières war mit 15 000 Mann gegen Münster vorgegangen, hatte sich in der Nähe gelagert und schickte sich an, die Laufgräben zu eröffnen. Aber Imhoff kam am 28. Oktober in Warendorf an. Der Prinz von Holstein folgte ihm, und zugleich besetzte Wangenheim mit einem starken Detachement das Lager von Rheda. Alle diese Bewegungen drohten Armentières von seiner Verbindung mit Wesel abzuschneiden. Nach einem kleinen Gefecht, das Major Bülow1 begann, gab Armentières seinen Plan auf und ging am 2. November über die Lippe zurück. Bald darauf marschierte die französische Armee nach Wesel ab und bezog jenseits des Rheins ihre Winterquartiere. So hatten die Franzosen in Hessen nur noch Marburg in Händen. Der Erbprinz unternahm einen Vorstoß dagegen und beendete seinen Zug schon nach wenigen Tagen mit der Einnahme Marburgs. Darauf bezogen die Verbündeten als Herren von ganz Westfalen und Niedersachsen ihre Winterquartiere.
Während dieses ruhmvollen Feldzuges des Prinzen Ferdinand gegen die Franzosen war der König gegen die Österreicher nicht müßig geblieben. Zunächst suchte er aus der Schlacht bei Leuthen und ihren Folgen alle erdenklichen Vorteile zu ziehen. Bereits im Januar war Werner nach Oberschlesien detachiert worden und hatte den Feind trotz seiner Übermacht nach Mähren zurückgedrängt, sodaß die Preußen nun Troppau und Jägerndorf besetzen konnten. Das erschien dem König als notwendige Vorbedingung zur Ausführung der für den nächsten Feldzug gefaßten Pläne. Der Feind hingegen sah darin nur eine Folge der Schlacht bei Leuthen, die der König zur Säuberung ganz Schlesiens von den Österreichern benutzte.
So blieben die Dinge bis zum 14. März. Dann setzte die Armee sich in Marsch, um die Operationen im Felde zu beginnen. Da man bestimmt wußte, daß der Feind seine Vorbereitungen noch nicht so weit beendet hatte, um den Plänen des Königs entgegentreten zu können, so hielt man den Zeitpunkt für höchst geeignet, die Blockade von Schweidnitz2 in eine regelrechte Belagerung zu verwandeln. Der König übernahm selbst den Befehl über das Beobachtungskorps und kantonnierte zwischen Landeshut und Friedland. Prinz Moritz kommandierte den linken Flügel und unterhielt Verbindung mit Braunau über Wüstegiersdorf. Diesen schlesischen Gebirgspaß deckte Fouqué mit einem andern Korps. Der König legte sein Hauptquartier nach Kloster Grüssau im Zentrum seiner Aufstellung. Das Gros der feindlichen Armee kantonnierte noch bei Königgrätz und Jaromircz unter Feldmarschall Daun. Nur das Laudonsche Korps war bis Trautenau und das Becksche bis Nachod vorgeschoben.
So standen die Armeen, als Tresckow Schweidnitz enger einschloß. Die Laufgräben konnten erst in der Nacht vom 1. zum 2. April eröffnet werden. Der Angriff richtete sich gegen die schwächste Stelle der Festung, das Galgenfort, wohin auch der
1 Freiherr August Christian von Bülow, Flügeladjutant Prinz Ferdinands.
2 Vgl. S. 111.