<154> Haupt der Herzog von Aveiro war. Bei einer Spazierfahrt des Königs legte Aveiro auf dem Wege, den die Karosse nehmen mußte, Verschworene in einen Hinterhalt. Durch den ersten Schuß wurde der Kutscher getötet. Der zweite traf den Arm des Königs1. Erst viel später kam die Verschwörung durch Briefe heraus, die die Rädelsführer nach Brasilien schrieben, um dort eine Empörung hervorzurufen. Nun wurde der Herzog von Aveiro nebst seinen Mitverschworenen verhaftet. Sie sagten übereinstimmend aus, die Jesuiten seien die Urheber von allem und hätten sie zu dem Attentat verleitet. Der König wollte die Anstifter des schändlichen Komplotts exemplarisch bestrafen. Seine gerechte Rache, auf die Gesetze gestützt, von den Richtern gebilligt, sollte sich gegen die Jesuiten entladen. Da übernahm der Papst ihre Verteidigung und trat offen gegen den König auf. Trotzdem wurden die Jesuiten aus dem Königreiche verbannt. Sie gingen nach Rom, wo sie nicht wie Rebellen und Verräter, sondern wie Märtyrer aufgenommen wurden, die heldenhaft für den Glauben gelitten hatten. Nur Belohnungen hätten noch gefehlt, um das Andenken dieses Papstes und seines Pontifikats bei der Nachwelt noch verhaßter zu machen. Nie zuvor hatte der römische Hof ein solches Ärgernis gegeben. Denn so lasterhaft auch die Päpste waren, die den Abscheu vergangener Jahrhunderte gebildet hatten, so war doch keiner von ihnen offen als Beschützer von Mord und Verbrechen aufgetreten.
Das unvernünftige Benehmen des Papstes schien den ganzen Klerus zu beeinflussen. Der dem Feldmarschall Daun übersandte geweihte Hut rief bei den geistlichen Fürsten Deutschlands die wunderlichsten Aufwallungen des Glaubenseifers hervor. Unter anderm erließ der Kurfürst von Köln2 in seinen Staaten ein Edikt, worin er seinen protestantischen Untertanen bei schwerer Strafe verbot, sich über die Siege der Preußen oder ihrer Verbündeten zu freuen. Der an sich belanglose Vorfall verdient doch Erwähnung; denn er kennzeichnet die abgeschmackten Sitten, die in einem Jahrhundert noch herrschten, in dem die Vernunft sonst so große Fortschritte gemacht hat. Aber diese Farcen an den kleinen Höfen zogen sich doch nur das Lachen oder Zischen der Öffentlichkeit zu, während die Leidenschaften, die die großen europäischen Höfe aufwühlten, verhängnisvollere und tragischere Szenen hervorriefen.
Wir sahen bereits, daß der Abbé Bernis vor kurzem Minister des Auswärtigen in Versailles und bald daraus Kardinal geworden war, weil er den Vertrag mit Wien unterzeichnet hatte3. So lange es galt, sein Glück zu machen, war ihm jeder Weg recht. Sobald er aber seine Stellung gefestigt sah, suchte er sich durch weniger wandelbare Vorsätze zu behaupten und dem dauernden Staatsinteresse mehr Rechnung zu tragen. Jetzt neigte er zum Frieden, teils um einen Krieg zu beendigen, von dem er
1 Der in der Nacht zum 4. September 1758 auf König Josef I. ausgeführte Anschlag Malagridas war ein Racheakt des Herzogs von Aveiro und der Jesuiten für die Berufung des Marquis Pombal zum leitenden Minister, durch den sie sich in ihrem Einfluß und in ihren Vorrechten geschmälert sahen. Erst im Dezember wurde Aveiro mit seiner Familie verhaftet und dann am 13. Januar 1759 hingerichtet. Die weitere Folge bildete die Ausweisung der Jesuiten, die trotz päpstlichen Protestes stattfand.
2 Clemens August, Herzog in Bayern.
3 Vgl. S. 34.