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Da der König sich also am Vorabend eines Angriffs von seiten der Kaiserin-Königin sieht, hielt er es im Interesse seiner Würde und Sicherheit für geboten, einem Feinde zuvorzukommen, der ihm und dem ganzen Deutschen Reiche den Untergang geschworen hat. Der König hält sich für berechtigt zum Gebrauch der Macht, die ihm der Himmel gegeben hat, um Gewalt der Gewalt entgegenzusetzen, die Anschläge seiner Feinde zu vereiteln und die Sache des Protestantismus und der deutschen Freiheit vor den Unterdrückungsgelüsten des Wiener Hofes zu schirmen.

II
Entwurf des Manifestes gegen Sachsen1
(Juli 1756)

Bei der Handlungsweise des Königs von Preußen vor und nach dem Dresdner Frieden lag es nahe, daß der König von Polen und Kurfürst von Sachsen jede Gelegenheit wahrnehmen würde, um mit Seiner Majestät in gutem Einverständnis zu leben. Um Seiner Majestät von Polen Beweise seiner Freundschaft zu geben, bot der König seinen ganzen Einfluß auf, um Frankreich der Heirat der Prinzessin von Sachsen mit dem Dauphin geneigt zu machen2. Indes trat genau das Gegenteil von dem ein, was man erwarten mußte. Ein Minister, der zu allem fähig ist, hat nicht nur die inneren Verhältnisse in Sachsen heillos verwirrt, sondern auch seinen Herrn sehr zur Unzeit mit einem Nachbar verfeindet, der ihn nach der Schlacht bei Kesselsdorf mehr geschont hatte, als es Preußens Vorteil erheischte. Ohne uns in zwecklosen Deklamationen zu ergehen, wollen wir lediglich die Tatsachen sprechen lassen.


1 Das obige „Manifeste saxoniensis“, wie König Friedrich es nannte, entstand in denselben Tagen wie der „Entwurf eines Manifestes gegen Österreich“ (vgl. S. 165). Den im „Manifest“ enthaltenen Mitteilungen aus den sächsischen Dokumenten liegt eine Zusammenstellung zugrunde, die der Geheime Legationsrat Ewald Friedrich von Hertzberg auf Befehl des Königs vom 20. Juli 1756 aus den Abschriften des Kanzlisten Menzel (vgl. S. 22 und 36) anfertigte. Als sich im August nochmals die Aussicht auf Erhaltung des Friedens — sei es durch eine befriedigende Erklärung Maria Theresias, sei es durch einen Umschwung in Rußland — zu bieten schien, ließ Friedrich durch den Kabinettsminister Graf Finckenstein ein neues Manifest entwerfen, das die Besetzung Sachsens mit den üblen Erfahrungen der Jahre 1744 und 1745 begründete und die Versicherung enthielt, daß er Sachsen nur als Depositum behalten, im Frieden aber seinem rechtmäßigen Herrn ungeschmälert zurückgeben werde. Die Auszüge aus den Dokumenten blieben darin fort. Sie bildeten mit den Archivalien, die nach dem Einmarsch in Sachsen dem Dresdener Archiv entnommen wurden (vgl. S. 43), den Grundstock für die von Hertzberg verfaßte und im Oktober 1756 veröffentlichte Rechtfertigungsschrift der preußischen Schilderhebung (vgl. S. 43 Anm. 1).

2 Die Vermählung der Prinzessin Maria Josepha mit dem Dauphin Ludwig erfolgte am 9. Februar 1747.