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14. Die Gründe meines militärischen Verhaltens1
(Juli 1757)

Viele über die wirkliche Sachlage nur unzureichend Unterrichtete haben sich über die Führung meiner Armeen nach der Schlacht bei Prag aufgehalten. Ich will die Gründe meines Verhaltens hier schlicht und wahr darlegen. Die Kenner mögen dann beurteilen, wer recht hat: meine Kritiker oder ich.

Man sagt, die Belagerung von Prag2 wäre ein Wagnis gewesen. Anstatt das geschlagene feindliche Heer einzuschließen, hätte man es lieber entweichen lassen und dann verfolgen sollen. Darauf erwidere ich: die Blockade einer zwar geschlagenen, aber starken Armee war allerdings ein sehr schwieriges Unternehmen, wäre aber gelungen, hätte der Feind nicht, unseren anfänglichen Informationen entgegen, so große Proviantmagazine besessen, oder hätte Leopold Daun nicht so starke Streitkräfte zu sammeln vermocht. Das ist der Kernpunkt der Sache. Wir hatten den Feind in offener Feldschlacht geschlagen. Sein rechter Flügel war abgeschnitten und vom linken getrennt. Ich war mit aller Kavallerie und Infanterie, die ich zusammenraffen konnte, drauflosmarschiert, um die Flüchtlinge von der Sazawa abzuschneiden. Das gelang so gut, daß ich sie bis an den Wischehrad drängte und sie zwang, sich in wildem Durcheinander in die Stadt zu retten. Ferner sandte ich ein Detachement hinter den Flüchtlingen her, die bei Beneschau über die Sazawa gegangen waren. Ließ ich aber die entkommen, die sich nach Prag gerettet hatten, so setzte ich das einmal Errungene wieder aufs Spiel und verpaßte eine unvergleichliche Gelegenheit, 40 000 Mann zu Kriegsgefangenen zu machen. Wir hatten sie durch unsere Stellungen und Schanzen schon von zwei Seiten derart eng umzingelt, daß sie nicht mehr an ein Entkommen zu denken wagten. Durch Feuer und Bomben hoffte ich einige ihrer Magazine zu zerstören und sie durch Hunger zu bewältigen. Das war das einzig vernünftige Mittel, sie zur Übergabe zu zwingen. Sie wirklich zu belagem, wäre angesichts der starken Besatzung ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Die Erstürmung von Prag wäre ein Spiel mit Menschenleben gewesen, und man hätte dem Zufall mehr überlassen, als einem klugen Feldherrn erlaubt ist. Die Blockade hingegen im


1 Vgl. dafür S. 209 Anm. 1.

2 Vgl. S. 72 ff.