<221> Bergen, dazu 3 000 Verwundete und ein großes Magazin in Leitmeritz. Die Stadt wird von den umliegenden Höhen beherrscht. Sie konnte nur von einem Korps verteidigt werden, das ihre Zugänge besetzte. Ich stellte dort 13 Bataillone und 20 Schwadronen unter meinem Bruder Heinrich auf, der sich der Aufgabe vorzüglich entledigte.

Die Armee meines Bruders1 rückte nach Böhmisch-Leipa, um sich Zittau zu nähern, wo sich ihr Magazin sowie eine Verstärkung von 6 000 Mann befand, die General Brandes ihr aus Schlesien zuführte. Alles verlief leidlich bis zum 14. Juli, wo Daun auf der linken Flanke meines Bruders das Lager von Niemes bezog. In Gabel, das zur Verbindung unserer Armee mit Zittau diente, stand eine Besatzung. Mein Bruder duldete es, daß sich der Feind in seiner Flanke lagerte, und bezog keine andere Stellung. Er wußte, daß Gabel angegriffen wurde. Aber anstatt mit seiner ganzen Armee dorthin aufzubrechen, ließ er es geschehen, daß die Österreicher den Ort eroberten. Dadurch war ihm der beste Weg zum Rückzug nach der Lausitz abgeschnitten. Erst am 17. marschierte er ab und rückte durch Defileen und auf höchst schwierigen Straßen nach Zittau. Er ließ dem Feinde Zeit, alle diese Defileen mit leichten Truppen zu besetzen, und so verlor er auf dem Rückzuge fast sein ganzes Gepäck. Er kam später in Zittau an als Daun. Die Österreicher hatten bereits die Höhen besetzt, und er konnte sie nun nicht mehr einnehmen. Der Feind bombardierte die Stadt, schoß sie in Brand und legte sie in Asche. Nun blieb weiter nichts übrig, als die Besatzung, so gut es ging, herauszuziehen. Darauf zog sich mein Bruder ohne Verluste nach Löbau und von da nach Bautzen zurück (27. Juli).

Alle diese falschen Operationen zwangen mich zur Änderung meiner Maßnahmen. Ich räumte Böhmen ohne Verlust an Bagage, Magazinen und Verwundeten und bot alles auf, um möglichst bald Pirna zu erreichen. Dort ging ich mit 16 Bataillonen und 28 Schwadronen über die Elbe und traf bei der Armee meines Bruders am 29. Juli ein. Feldmarschall Keith folgte mir. Prinz Moritz wurde mit 14 Bataillonen und 20 Schwadronen bei Cotta postiert, um die Elbe zu decken, und Feldmarschall Keith marschierte auf Bautzen.

In dieser kritischen Lage mußte ich meine Zuflucht zu Gewaltmaßregeln nehmen. Um die Situation richtig zu beurteilen, muß man sich die allgemeine Lage Europas vergegenwärtigen. 60 000 Russen marschieren gegen die Provinz Preußen. Ein russisches Korps hat bereits Memel genommen, während sich die Hauptarmes zehn Meilen von der Grenze bei Kowno verschanzt hat. Eine russische Kriegsflotte bedroht die Küsten mit einer Landung. Lehwaldt sieht sich darauf beschränkt, die Hauptstadt der Provinz zu schützen, und muß abwarten, ob sich eins der feindlichen Korps ihm nähern wird, um es zu schlagen2. Ich selbst erhalte die Nachricht, daß der Herzog von Cumberland geschlagen ist3 und daß 40 000 Franzosen von Westfalen her gegen das Halberstädtische vordringen. Alles, was ich tun kann, besteht darin, die 6 Bataillone


1 August Wilhelm.

2 Vgl. S. 112.

3 Bei Hastenbeck (vgl. S. 87).