<43> leichter zu schreiben als zu kämpfen. Mehrfach machte er Vorschläge, die aber mangels greifbaren Inhalts alle abgelehnt werden mußten. Sein Trachten ging nach vollkommener Neutralität, aber dazu konnte der König von Preußen nicht die Hand reichen. Waren ihm doch die Verbindungen des Königs von Polen mit den Höfen von Österreich, Rußland und Frankreich nur zu gut bekannt.

Nun erfüllte das Geschrei der Sachsen ganz Europa. Sie verbreiteten die beleidigendsten Nachrichten über den Einbruch der Preußen in ihr Land. Eine Aufklärung der Öffentlichkeit über alle ihre Verleumdungen war daher notwendig. Denn widerlegte man sie nicht, so erschienen sie am Ende glaubhaft und hätten die ganze Welt mit Vorurteilen gegen das Vorgehen des Königs von Preußen erfüllt. Schon längst besaß der König eine Abschrift der Verträge des Königs von Polen und der Berichte seiner Gesandten an den auswärtigen Höfen. Aber wenn diese Schriftstücke das Vorgehen der Preußen auch voll rechtfertigten, so konnte man doch keinen Gebrauch davon machen; denn veröffentlichte man sie, so hätten die Sachsen sie für untergeschobene und frei erfundene Dokumente erklärt, deren einziger Zweck die Rechtfertigung eines verwegenen Unternehmens war, das sich nur mit Lügen verteidigen ließe. Daher mußte man auf die Originaldokumente zurückgehen, die sich noch im Dresdener Archiv befanden. Der König gab Befehl zu ihrer Beschlagnahme; sie waren bereits verpackt und sollten gerade nach Polen geschickt werden.

Die Königin erfuhr von dem geplanten Vorhaben der Preußen und wollte es hintertreiben. Nur mit Mühe konnte man ihr begreiflich machen, daß sie besser täte, dem König von Preußen zu willfahren und sich nicht gegen seine Anordnungen zu sträuben, die zwar härter als beabsichtigt, aber trotzdem ein Gebot der Notwendigkeit seien. Man fertigte aus den sächsischen Archivalien zunächst einen Auszug an, der unter dem Titel „Beweisschriften und Urkunden“ veröffentlicht wurde1.

Während dieser Beschlagnahme im Dresdener Schlosse standen die preußischen und sächsischen Truppen sich untätig gegenüber. Der König von Polen wiegte sich in der Hoffnung auf Entsatz durch die österreichischen Hilfstruppen, und der König von Preußen konnte nichts gegen eine Stellung unternehmen, gegen die weder die Zahl noch die Tapferkeit seiner Truppen etwas vermochten. Zum Verständnis der nachfolgenden Ereignisse dürfte es angebracht sein, das berühmte Lager von Pirna und die Stellung der sächsischen Truppen etwas eingehender zu beschreiben. Es hatte der Natur gefallen, in diesem eigenartigen Gelände eine Art Festung zu schaffen, der die Kunst wenig oder garnichts hinzuzufügen brauchte. Im Osten der sächsischen Stellung fließt die Elbe zwischen Felsen, die ihren Lauf hemmen und sie um so reißender machen. Der rechte Flügel der Sachsen lehnte sich an die kleine Festung


1 Als Anhang zu der Schrift: „Gegründete Anzeige des unrechtmäßigen Betragens und der gefährlichen Anschläge und Absichten des Wienerischen und Sächsischen Hofes gegen Se. Königliche Majestät von Preußen, mit schriftlichen Urkunden erwiesen“ (Berlin 1756). Ein gedrucktes Exemplar dieses Anhangs legte der König auch der „Geschichte des Siebenjährigen Krieges“ bei. (vgl. S. 38 Anm. 1).