<78> bereits, daß Feldmarschall Daun Befehl hatte, zum Entsatz des Prinzen das Äußerste zu wagen. So blieb dem König eigentlich nur die Wahl zwischen zwei Entschlüssen. Entweder er überließ es dem Feinde, die preußischen Truppen in ihren Stellungen anzugreifen, oder er kam dem Feinde selbst mit einem Angriff zuvor. Bedenkt man ferner, daß die Einnahme Prags jetzt nach der Verstärkung des Feldmarschalls Daun ohne einen zweiten Sieg unmöglich war, daß es aber die Waffenehre preisgeben hieß, wenn man die Belagerung beim Anrücken des Feindes aufhob, so war das Schlimmste, was im Fall eines feindlichen Sieges geschehen konnte, der Verzicht auf diese Belagerung.
Aber ein noch viel triftigerer Grund zwang den König zu einem entscheidenden Schlage. Gewann er nämlich noch eine Schlacht, so war seine völlige Überlegenheit über die Kaiserlichen besiegelt. Dann hätten die ohnedies schwankenden und unentschiedenen Reichsfürsten ihn um Bewilligung der Neutralität angefleht. Die Operationen der Franzosen in Deutschland wären gestört worden und vielleicht ganz zum Stillstand gekommen. Schweden wäre friedfertiger und vorsichtiger geworden. Ja selbst der Petersburger Hof hätte sich seine Schritte noch überlegt. Denn der König hätte dann seine Armee in Ostpreußen und sogar die des Herzogs von Cumberland unbedenklich verstärken können. Alle diese gewichtigen Gründe bewogen den König, Feldmarschall Daun am nächsten Tage in seiner Stellung anzugreifen.
Am 18. Juni frühmorgens brach die Armee auf. Sofort vertrieb Tresckow mit der Avantgarde das feindliche Korps, das sich am Tage vorher auf den Anhöhen hinter Planjan gelagert hatte. Damit mußte begonnen werden, um die Straße nach Kolin frei zu machen, auf der die Armee in zwei Kolonnen vorrücken sollte. In zwei Treffen marschierte sie der feindlichen Front gegenüber links ab. Sobald Feldmarschall Daun den Anmarsch bemerkte, änderte er seine Stellung, brach rechts ab und zog auf den Höhenkämmen nach Kolin zu. Vor der preußischen Armee hatte sich Nadasdy mit 4 000 bis 5 000 Husaren aufgestellt. Eine Kavallerieabteilung drängte ihn Schritt für Schritt zurück, aber der Marsch der Kolonnen wurde dadurch sehr aufgehalten. Indes trieb man die leichten Truppen immer weiter vor sich her, bis eine Anhöhe erreicht war, die man notwendig besetzen mußte, um den Feind anzugreifen.
Da die Truppen nicht so schnell anlangten, wie es zum Gelingen wünschenswert gewesen wäre, benutzte der König die Frist, um die Generale zu versammeln und mit ihnen den Schlachtplan zu verabreden. An der Straße nach Kolin, auf der die Preußen vorrückten, lag ein Wirtshaus1, von dem man einen deutlichen Einblick in die Aufstellung Dauns hatte und alle Teile des Schlachtfeldes überblicken konnte. Dort traf der König seinen Entschluß und befahl den Angriff auf den rechten feindlichen Flügel, der keine gute Anlehnung hatte. Zudem bot das Gelände dort keine großen Schwierigkeiten. Die österreichische Front zog sich über steile, abschüssige Felsen, an deren
1 Zur Goldnen Sonne.