<121> Absicht, England zu hintergehen, kein Glück hatte, wollte aber nichts verlieren und einen vorteilhafteren Frieden schließen, als es nach der ganzen Kriegslage hoffen durfte. Da es nun durch diplomatische Kunststücke nicht zum gewünschten Ziele kam, lenkte es den Blick auf Spanien, und Choiseuls Geschicklichkeit wußte auch dies Land seinen Interessen dienstbar zu machen. Ein Bündnis mit Spanien konnte auf die Engländer Eindruck machen, oder falls das nicht geschah, könnte der Beistand der spanischen Krone immer noch dazu dienen, den Krieg lebhafter und mit größerem Erfolge zu betreiben.
Um den König von Spanien in das französische Interesse zu ziehen, bediente sich Choiseul eines Mittels, das nicht überall gleichen Erfolg haben würde. Es war der berühmte bourbonische Familienpakt1, der, statt beide Kronen zu vereinigen, die Spanier im Gegenteil eher jedem Vertrag mit Frankreich hätte entfremden müssen. Wir wollen uns mit der Aufzählung der Hauptpunkte begnügen. Es heißt darin: „Die beiden Zweige des Hauses Bourbon sollen künftig als ein einziger angesehen werden. Die Untertanen beider Kronen sollen gegenseitig die gleichen Vorteile genießen. Stets sollen beide Staaten gemeinschaftliche Sache machen. Infolgedessen wird der König von Spanien an England den Krieg erklären, falls ihm jene Macht Genugtuung für gewisse Beschwerden versagt, wie z. B. für das Fällen des Kampescheholzes und einige Seeräubereien englischer Freibeuter. Gleichzeitig soll Spanien den König von Portugal2 angreifen.“ Das Seltsamste aber war die Bestimmung: „Da jetzt die beiden Zweige des Hauses Bourbon ein einziges Haus bilden, sollen ihre Eroberungen und Verluste gemeinsam sein, sodaß Vorteile des einen und Nachteile des anderen sich gegenseitig aufwiegen.“
Was war der eigentliche Sinn des Vertrages? Frankreich hätte ebensogut zu den Spaniern sagen können: „Ihr sollt Krieg führen, weil das meinen Interessen entspricht. Ich habe den Engländern gegenüber große Verluste erlitten. Da ihr aber allem Anschein nach englischen Besitz erobern und Portugal einnehmen werdet, so werdet ihr all das eroberte Land seinen alten Besitzern zurückerstatten, um England zur Herausgabe der uns entrissenen Provinzen zu zwingen, die wir selbst nicht wiedererobern können.“ Warum sollte ferner Portugal angegriffen werden, das keinem Menschen etwas zuleide getan hatte und auf das weder Spanien noch Frankreich Ansprüche hatten? In Wahrheit wollte Frankreich nur den gewinnreichen Handel Englands mit Portugal vernichten. Ferner war Frankreich überzeugt, daß England für eine Wiederherstellung Portugals den größten Teil der gemachten Eroberungen herausgeben werde. Ist das aber Grund genug zum Angriff auf einen Fürsten, der gar keinen berechtigten Anlaß dazu gegeben hat? O Völkerrecht, wie unnütz und eitel
1 Abgeschlossen am 15. August 1761. Gleichzeitig trafen Frankreich und Spanien ein Abkommen, in dem sich Spanien verpflichtete, am 1. Mai 1762 den Krieg zu erklären, falls der Friede nicht zustande käme, und Frankreich versprach, vor Befriedigung der Beschwerden Spaniens gegen England nicht den Frieden zu unterzeichnen.
2 König Joseph I. war der Verbündete Englands.