<15>schanzungslinien zogen sich von dort über einen Höhenrücken und endigten auf der beträchtlichen Anhöhe der Judenberge bei Frankfurt. Die linke Seite des Lagers bei der Sternschanze wurde von einer von Finck besetzten Anhöhe beherrscht und jenseits des Baches1 von einer Erhöhung, im Volksmund die Pechstange genannt2. Die Armee des Königs konnte den Feind von ihrer Stellung aus unmöglich angreifen. Sie hätte über zwei schmale Dämme gemußt, die durch Verhaue gesperrt und im Besitz der Russen waren. Auch hätten sich die Brigaden unter feindlichem Gewehrfeuer entwickeln und eine Verschanzung unter dem Kreuzfeuer der feindlichen Batterien angreifen müssen. So schien es dem König zweckmäßiger, den Bach hinauf zu ziehen. Nach einem Umweg von einer halben Meile kam man auf der Straße nach Reppen an eine Brücke3. Hier führt eine zweite Straße durch den Forst4 nach der Pechstangenhöhe. Diese Geländebeschaffenheit bildete die Grundlage zu den Anordnungen für die Schlacht, die am nächsten Tage geliefert wurde. Das Fincksche Korps erhielt Befehl, auf den von ihm besetzten Anhöhen eine in der Nacht errichtete Batterie zu decken, die die russische Sternschanze direkt unter Feuer hielt.

Am folgenden Tage (12. August) schlug die preußische Armee die Straße nach Reppen ein und marschierte in dem Forst bei der Pechstange in fünf Treffen auf. Die drei ersten Treffen bestanden aus Infanterie, die beiden letzten aus Kavallerie. Indessen eröffnete Finck mit seinen Batterien ein heftiges Feuer und stellte sich, als wollte er die vor ihm befindlichen Dämme überschreiten. Dadurch wurde Ssaltykows Aufmerksamkeit abgelenkt, und die Armee des Königs erreichte unbemerkt den Waldrand. Sogleich wurde auf zwei Höhen5, die den linken Flügel der Russen beherrschten, schweres Geschütz aufgefahren. Die preußischen Batterien umschlossen und umringten die russische Sternschanze also fast wie ein Polygon bei einer förmlichen Belagerung. Nach all diesen Vorbereitungen griff Schenckendorff6 unter dem Schutze von 60 Feuerschlünden die Sternschanze an und eroberte sie fast beim ersten Ansturm. Die Armee folgte ihm. Die beiden an der Sternschanze beginnenden Verschanzungslinien wurden in der Flanke angegriffen, und nun entstand ein fürchterliches Gemetzel unter dem russischen Fußvolk bis an den Kunersdorfer Friedhof. Mit Mühe gelang es dem linken preußischen Flügel, ihn zu nehmen. Nun kam Finck, der von den Angreifern schon überholt war, über die Dämme und stieß zu den übrigen Truppen. Schon hatte man sieben Feldschanzen, den Friedhof und 180 Kanonen genommen. Der Feind befand sich in großer Unordnung und hatte ungeheure Verluste. Da attakkierte der Prinz von Württemberg, den die Untätigkeit der Kavallerie verdroß, sehr zur Unzeit die russische Infanterie in ihren Verschanzungen auf den Judenbergen7


1 Jenseits der preußischen Stellung.

2 Die Walkberge, heute Waldberg genannt.

3 Die Faule Brücke.

4 Der Frankfurter Stadtforst.

5 Die Walk- und die Klosterberge.

6 Vgl. S. 5.

7 Es liegt eine Verwechslung der Judenberge, die das letzte Bollwerk der Russen bildeten, mit dem Großen Spitzberg vor, an dem sich der Angriff der Preußen brach. Auch am Tage der Schlacht selber war der König in diesem Irrtum befangen, der ihn zur Fortsetzung des Kampfes bestimmte.