<163> So gering auch die Fortschritte der Preußen bisher gewesen waren, so hatten sie den Wiener Hof doch schon gereizt. Man war dort über die Einfälle in Böhmen äußerst aufgebracht und schob alle Schuld auf die Generale. Besonders erzürnt war die Kaiserin auf Serbelloni, weil er mit seiner großen Armee nichts unternahm. Ihm wurde Mangel an Geschicklichkeit und Wachsamkeit bei der Deckung Böhmens vorgeworfen. Aus Unzufriedenheit über sein Verhalten wurde er also abberufen und vom Hofe auf Dauns Empfehlung durch Hadik abgelöst.
Prinz Stolberg setzte unterdes seinen Marsch fort, ging über Teplitz und Berggießhübel und vereinigte sich bei Dresden mit der kaiserlichen Armee, ungefähr zur selben Zeit, als Hadik deren Oberbefehl übernahm. Der neue Heerführer wollte sein Eintreffen durch einen glänzenden Schlag kundtun und befahl für den 27. September einen allgemeinen Angriff auf alle Vorposten des Lagers bei Pretzschendorf. Wirklich gelang Buttler die Einnahme einiger von Freibataillonen verteidigten Schanzen im Tharandter Walde. Ebenso zwang Löwenstein, der eben mit seinem Korps aus Böhmen eintraf, Kleist zum Rückzug auf Sayda. Doch am folgenden Tage ließ Prinz Heinrich Buttler wieder aus der eben eroberten Stellung vertreiben, und Seydlitz zwang 3 000 Österreicher zum Verlassen des tags zuvor eingenommenen Frauensteiner Grundes.
Ungeachtet der hier errungenen Vorteile trieb Löwenstein Kleist noch weiter zurück und setzte sich bei Sayda fest. Dadurch war die preußische Bäckerei in Freiberg gefährdet, und Prinz Heinrich hatte zugleich ein feindliches Korps im Rücken. Außerdem hatte der Prinz ein so ausgedehntes Gelände zu verteidigen, daß ein kräftiger feindlicher Angriff an jeder beliebigen Stelle erfolgreich gewesen wäre. Daher verließ er die Gegend von Pretzschendorf und wählte am 30. September sein Lager bei Freiberg hinter der Mulde. Am gleichen Tage bezogen Forcade und Hülsen wieder die Lager bei Meißen und den Katzenhäusern. Belling, der aus der Lausitz herbeigerufen war, wurde mit Mist nach Groß-Hartmannsdorf detachiert. Von dort drangen beide bis Groß-Schirma vor, um die Furt gegen Löwenstein zu verteidigen, der hinter der Mulde und Dorf Chemnitz stand.
Aber das Lager bei Freiberg erwies sich als zu ausgedehnt, oder, besser gesagt, die Armee des Prinzen Heinrich war zu seiner Besetzung nicht stark genug. Ferner mußten auch alle Muldefurten und besonders die rechte, gegen Brand und den Ratswald gerichtete Flanke verteidigt werden. Schließlich war nicht nur die lange Verteidigungslinie, sondern auch die Verbindung mit den Lagern bei Meißen und den Katzenhäusern durch Besetzung der Stellung bei Vossen zu sichern. Zur Behauptung der Triebischufer hatten Hülsen und Forcade zusammen nur 14 Bataillone. Sie durften also nicht einen einzigen Mann detachieren, ohne sich völlig zu schwächen. Der Prinz entschloß sich zur Verschanzung seines Lagers. Aber er konnte weder Arbeiter noch Werkzeuge genug zur Ausführung einer so ausgedehnten Arbeit auftreiben. So waren denn die geplanten Werke kaum erst angefangen.