<31> Frieden in Deutschland ruhen zu lassen. Frankreich, das den Vermittler spielte, versprach, alsdann jedermanns Ansprüche zufriedenzustellen.

Aufmerksam verfolgte der König die Veränderungen in Italien. Nichts wäre ihm erwünschter gewesen als eine Diversion in der Lombardei, sei es gegen den König von Frankreich, sei es gegen die Königin von Ungarn. Um zu wissen, woran er war, schickte er seinen Adjutanten Cocceji an den Turiner Hof, um dem König von Sardinien den Puls zu fühlen1. Doch der war alt und abergläubisch geworden und hatte den kriegerischen Geist verloren, durch den er sich in seinen jungen Tagen ausgezeichnet hatte. Ihm selber fehlte jeder Wunsch und Wille einzugreifen, aber noch mehr als Alter und Frömmelei hielt ihn seine politische Lage in Schranken. Zwischen den Savoyarden und Neapolitanern herrschte mehr Feindschaft als dereinst zwischen Römern und Karthagern. Infolgedessen war der König von Sardinien, besonders seit der Verbindung zwischen Frankreich und Österreich, ohne Bundesgenossen und hätte im Fall eines Krieges Österreich, Frankreich, Spanien, Neapel und Parma auf dem Halse gehabt. Das aber fürchtete er. Infolge des Zwiespalts zwischen jenen beiden Völkern und der geringen Wahrscheinlichkeit, sie zu einigen, mußte also der König von Preußen alle auf Sardinien gesetzten Hoffnungen aufgeben. Doch ließ er sich durch den fehlgeschlagenen Versuch nicht von vielen anderen abschrecken.

Von Tag zu Tage wurde die Last des Krieges drückender und die Gefahr größer. Soviel Glück die Preußen auch haben mochten, es mußte sie doch zuweilen im Stich lassen, da sie zu oft darauf angewiesen waren. Von Italien war also nichts zu erwarten. Auch die Pforte schien bisher nicht geneigt, mit Österreich zu brechen2. So blieb denn als einziges Mittel, die Mächte der großen Allianz zu veruneinigen oder zu trennen. Das führte zu Verhandlungen mit Frankreich und Rußland und zum Versuch, eines beider Länder von Österreich loszulösen. Die Könige von Preußen und von England kamen überein, allen Mächten erklären zu lassen, daß ihnen an der Wiederherstellung des allgemeinen Friedens viel gelegen wäre. Prinz Ludwig von Braunschweig wurde beauftragt, den Gesandten der kriegführenden Mächte im Haag diese Eröffnung zu machen3. Gleichzeitig versicherte England den Franzosen, es sei zu Verhandlungen geneigt, um dieses heilsame Ziel zu erreichen.

Bei Frankreich durfte man eine gewisse Friedensneigung voraussetzen, da es durch all die schweren, eben erlittenen Verluste entmutigt sein mußte. Die Engländer hatten ihnen in diesem Jahre Guadeloupe, Quebec und das Fort Niagara in Kanada ab-


1 Die Entsendung des Hauptmanns Freiherr Johann Friedrich von Cocceji an König Karl Emanuel III. erfolgte schon im März 1759.

2 Vgl. Bd. III, S. 122 und 157.

3 Um einem Sonderfrieden Englands mit Frankreich vorzubeugen, hatte König Friedrich, einer Anregung seines Gesandten in London, Baron Knyphausen, folgend, am 20. Juni 1759 dem König von England den Vorschlag zur Berufung eines Friedenskongresses gemacht. Nach Übereinkunft erfolgte am 25. November die Eröffnung durch Prinz Ludwig an die Vertreter der Kaiserhöfe und Frankreichs. Vgl. dazu auch im Anhang (Nr. 4 und 5) das Schreiben Friedrichs an Knyphausen vom 12. Oktober 1759 über den künftigen Friedensschluß und die „Gedanken über den Frieden“ vom Januar 1760.