<47> richtete er seine Märsche und Bewegungen so geschickt nach denen des Königs, daß die beiden Armeen fast immer nebeneinander herzogen. Die Österreicher schlugen die Hauptstraße nach Görlitz ein, die Preußen blieben ihnen zur Seite. Bei Koitzsch gingen diese über die Röder (3. August), bei Radibor über die Spree1. Da ihnen der Feind beim Marsch auf Reichenbach zuvorgekommen war, so zogen sie, um den Weg abzuschneiden, am Stromberg und an Nothkretscham vorbei. Hätte ein Fremder die Bewegung beider Heere beobachtet, so hätte er sich leicht täuschen können und wahrscheinlich geglaubt, daß beide unter einem Oberbefehl ständen. Die Daunsche Armee hätte er für die Avantgarde gehalten, die Preußen für das Gros und die Lacyschen Truppen für die Arrieregarde. Immerhin hielt Lacy, der aus Furcht vor unliebsamen Abenteuern vorsichtiger geworden war, drei Meilen Abstand von den Preußen.
Der Zug hatte indes sein Gutes; denn da die Preußen unmittelbar zwischen Daun und Lacy marschierten, so wurde ein Adjutant des Feldmarschalls mit Briefen an Lacy abgefangen2. In dem Paket fand man die jüngsten Nachrichten über die Ereignisse in Schlesien. Auch ersah man daraus die Feldzugspläne des Feldmarschalls, die er deutlich auseinandersetzte und über die er Lacy um Rat fragte. Aus den schlesischen Nachrichten ging hervor, daß Laudon Breslau angegriffen hatte, aber vom Prinzen Heinrich zur Aufhebung der Belagerung gezwungen worden war. Das war folgendermaßen geschehen.
Prinz Heinrich war nach Landsberg marschiert, und ihm war dort aufgefallen, daß sämtliche Bewegungen der Russen auf Schlesien gerichtet waren. Daher verließ er die Neumark und rückte über Züllichau in die Gegend von Glogau (1. August). Er hatte nämlich Nachricht erhalten, daß die Russen und Österreicher an einem verabredeten Tage vor Breslau zusammentreffen wollten, um die Stadt von beiden Oberseiten zugleich zu berennen. Die Ausführung des Planes fiel allerdings anders aus, und zwar aus zwei Gründen: erstens infolge der Langsamkeit der Russen, die noch kaum bis Posen gekommen waren, und zweitens wegen Laudons Sieg über Fouqué und der Eroberung von Glatz. Laudon hatte nun keinen Feind mehr vor sich und hielt sich infolgedessen für stark genug, um seinen Anschlag auf Breslau ohne Hilfe der Russen mit seinen eigenen Truppen auszuführen. Er marschierte auf die Stadt los, ließ sie gleich bombardieren und legte einen Teil in Asche (1. August). Als Prinz Heinrich davon erfuhr, rückte er in Eilmärschen aus beiden Oderufern heran. Werner, der Führer der Avantgarde einer seiner Kolonnen, schlug ein feindliches Beobachtungskorps, das bis Parchwitz vorgerückt war, und vernichtete das ganze Dragonerregiment Erzherzog Josef (5. August). Diese Schlappe und der gleichzeitige Anmarsch des Prinzen Heinrich bewogen Laudon zur Aufhebung der Belagerung von Breslau.
1 Die Preußen überschritten den Röderfluß bei Nieder-Rödern und lagerten bei Koitzsch; ebenso liegt Radibor, wo sie am 4. August 1760 das Lager aufschlugen, noch eine Meile von der Spree entfernt.
2 Es handelt sich um ein Schreiben Dauns vom 5. August 1760.