<76> Amöneburg vor. Links von ihnen wurde Gilsa detachiert, der sich bei Hersfeld festsetzte. Bald darauf mußte der Erbprinz1 ins Bistum Fulda einrücken, um die von dort kommenden Fouragelieferungen zu decken.

Die französische Armee sammelte sich erst am 10. Juni bei Friedberg. Broglie ließ den Grafen von der Lausitz2 sofort zur Beobachtung der Bewegungen des Erbprinzen ins Bistum Fulda einrücken. Aus diesen ersten Schritten waren die Feldzugspläne der Franzosen indes noch nicht klar ersichtlich, und so konnte man noch keine bestimmten Gegenmaßregeln treffen. Außerdem war Prinz Ferdinand überzeugt, daß Frankreich in diesem Jahre seine Kräfte vornehmlich am Niederrhein entfalten werde. Diese Annahme wurde für den Verlauf des Feldzuges verhängnisvoll. Er wäre vielleicht anders ausgefallen, wenn der Prinz den Franzosen an der Eder zuvorgekommen wäre. Broglie wollte nämlich in Hessen einfallen und von da, wenn irgend möglich, nach Hannover vordringen. Darauf waren alle seine Operationen angelegt. Prinz Ferdinand suchte sie zu durchkreuzen, teils durch Besetzung einiger wichtiger Punkte, teils durch Vernichtung von Detachements. Außerdem sollte der Erbprinz durch eine Diversion gegen Wesel einen Teil der feindlichen Truppen von Hessen abziehen. Denn ein Angriff auf die französischen Stellungen verbot sich angesichts ihrer Stärke und der geschickten Benutzung des für sie günstigen Geländes.

Broglies erste Bewegung war gegen Grünberg gerichtet, die zweite gegen die Ohm. Prinz Ferdinand wandte sich nach Ziegenhain und von da auf Dittershausen. Schon durch diese ersten Manöver erlangten die Franzosen den Vorteil, daß sie Marburg einnahmen. St. Germain, der am Niederrhein stand, hatte Order, sich zur Vertreibung des ihm gegenüberstehenden Spörcken mit Broglie zu vereinigen. Er rückte zunächst nach Unna vor und wandte sich dann plötzlich gegen die Ruhr und weiter gegen die Diemel. Allein der hannöversche General ging nicht in die Falle, sondern langte gleichzeitig an der Diemel an. Zur Erleichterung seiner Vereinigung mit St. Germain marschierte Broglie nach Neustadt und von da nach Corbach. Prinz Ferdinand stand noch in Ziegenhain. Er sandte den Erbprinzen ins Fürstentum Waldeck und folgte ihm unmittelbar. Der Erbprinz näherte sich Corbach, um den Marsch der Alliierten zu decken; denn sie gingen eine Meile hinter ihm durch das Defilee von Sachsenhausen. Die französische Armee war seinem Detachement sehr überlegen und griff ihn an3. Er verlor Leute und Geschütz und zog sich auf Sachsenhausen zurück, wo er wieder zum Prinzen, seinem Oheim, stieß. Da die ganze französische Armee bei Corbach stand, wollte Prinz Ferdinand wenigstens das Bistum Paderborn decken und sandte Spörcken dorthin ab. Der aber sah sich gleich bei seiner Ankunft St. Germain gegenüber, den Broglie ihm entgegengestellt hatte.


1 Karl Wilhelm Ferdinand.

2 Prinz Xaver, der zweite Sohn König Augusts III. Vgl. Bd. III, S. 126.

3 Gefecht bei Corbach, 10. Juli 1760.