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14. Kapitel

Feldzug des Jahres 1761.

Trotz der friedlichen Gesinnung, die die beiden kaiserlichen Höfe so geflissentlich zur Schau trugen, beschleunigten sie die Rüstungen zum neuen Feldzuge mit glühendem Eifer. Sie hatten sich vorgenommen, die größten Anstrengungen zu machen und alles aufzubieten, um den König von Preußen zugrunde zu richten. Den Oberbefehl über die Kaiserliche Armee in Sachsen übernahm Daun, während Laudon zum Führer der schlesischen Armee bestimmt wurde. Er lagerte sich bei Seitendorf, gegenüber von Goltz, dessen Truppen bei Kunzendorf standen1.

Im letzten Feldzuge hatte der König allerdings Siege über die Österreicher errungen, sie waren aber nicht bedeutend genug, damit die Wagschale sich ganz auf seine Seite neigte. Während des Winters hatte die Kaiserin ihre Truppen neu rekrutiert. Außerdem stand ihr die russische Armee zur Verfügung und sicherte ihr stets das numerische Übergewicht. Auch konnte sie durch die Russen bequem wirksame Diversionen machen lassen, so oft es ihr gutdünkte. Neben der russischen Hilfe standen ihr noch die Reichsarmee und die schwedischen Truppen zu Gebote. Mit geringerer Zahl von Soldaten und Bundesgenossen warf Alexander der Große das ganze Perserreich über den Haufen.

Die verschiedenen Feldzugspläne der Kriegführenden waren folgende. Frankreich beschloß die Aufstellung zweier Armeen gegen Prinz Ferdinand. Die eine am Niederrhein unter Soubise sollte sich Münsters bemächtigen, die andere am Main unter Broglie war zum Einfall ins Kurfürstentum Hannover über Göttingen bestimmt. Laudon war vom Wiener Hofe beauftragt worden, in Schlesien einen Belagerungskrieg zu führen. Dabei sollten die Russen ihn unterstützen, ihre Hauptmacht aber an der Warthe aufstellen, mit Posen als Mittelpunkt. Von dort aus sollte Buturlin2 nach Vereinbarung mit den österreichischen Generalen gegen Schlesien vorgehen, während Rumänzow mit einem großen Detachement, von der russischen und schwedischen Flotte unterstützt, zur Belagerung Kolbergs schreiten sollte. Daun behielt sich selbst


1 Vgl. S. 75.

2 Der Führer der russischen Hauptarmee.