<89> die entscheidenden Schläge vor. Seine Armee war gleichsam das Magazin, aus dem Verstärkungen nach allen Seiten, wo es irgend nötig war, abgehen sollten. In der Tat sandte er O'Donell mit 16 000 Mann nach Zittau ab; denn dort befand sich der General gleich weit von Sachsen und Schlesien.
Der König und seine Verbündeten vermochten keine hinlänglichen Maßnahmen zu treffen, um die Pläne und Anstrengungen so zahlreicher Feinde wirksam zu vereiteln. Im allgemeinen wurde indes folgendes ausgemacht. Prinz Ferdinand übertrug dem Erbprinzen von Braunschweig die Deckung des Münsterlandes gegen die Einfälle Soubises. Er selbst wählte zu seinem Stützpunkt Paderborn; denn von dort aus konnte er jederzeit dem Erbprinzen zu Hilfe kommen oder Broglie in den Rücken fallen, falls dieser über die Weser ging und einen Einbruch ins Kurfürstentum Hannover wagte. Die sächsische Armee vertraute der König seinem Bruder, Prinz Heinrich, an und empfahl ihm, Daun im Auge zu behalten. Schlug der Feldmarschall den Weg nach Schlesien ein, so sollte der Prinz ihm mit einem Teil seiner Truppen folgen, aber Hülsen mit einem Detachement in Meißen lassen, damit er sich in Sachsen so lange behauptete, als es die Umstände irgend erlaubten1. Sich selber behielt der König die Verteidigung Schlesiens vor. Er bestimmte Goltz mit 12 000 Mann zur Deckung Glogaus und den Prinzen von Württemberg, der in Mecklenburg überwintert hatte, mit all seinen Truppen zum Schutze Kolbergs. Eilig wurde dort an dem verschanzten Lager gearbeitet, das der Prinz rings um die Festung besetzen sollte. Es war vorauszusehen, daß sich die Russen bei einem Mißlingen der Belagerung nach der Kurmark oder nach Schlesien wenden würden. Im ersteren Fall sollte sich der Prinz von Württemberg mit Goltz zur Deckung Berlins in Frankfurt vereinigen. Von den zwei Hauptarmeen sollte ihnen dann die am wenigsten beschäftigte Hilfe schicken. Im zweiten Fall hatte Goltz Befehl, Glogau oder Breslau zu decken, je nachdem, welche von beiden Städten es am nötigsten hätte.
Zunächst wurden die Truppen an ihren Bestimmungsorten versammelt. Am 4. Mai setzte sich der König in Marsch, ging noch am selben Tage bei Hirschstein über die Elbe und traf am 10. ungehindert in Löwenberg ein. Beim Anmarsch der Preußen verließ Laudon sein Lager bei Seitendorf, zog sich nach Böhmen zurück und verschanzte sich bei Hauptmannsdorf in der Nähe von Braunau. Außerdem besetzte er die Stellungen von Silberberg und Martha mit hinreichenden Truppen zur Verteidigung der dortigen Gebirgspässe nach der Grafschaft Glatz. Der König wählte seine Stellung bei Kunzendorf. Sein rechter Flügel besetzte den Zeiskenberg und Fürstenstein, sein linker zog sich über die Hochebene von Bärsdorf. Außerdem mußte Bülow2 Nimptsch mit einem Kavalleriekorps besetzen, um die Verbindung mit Neiße zu sichern. Gleichzeitig brach Goltz3 mit einem Detachement von 10 000
1 Vgl. im Anhang (Nr. 9) die Instruktion für Prinz Heinrich vom 21. April 1761.
2 Generalleutnant Johann Albrecht von Bülow.
3 Generalleutnant Karl Christoph von der Goltz († 30. Juni 1761).