Geschichte des Siebenjährigen Krieges
<2><3>10. Kapitel
Feldzug des Jahres 1759.
Die Armeen des Prinzen Ferdinand von Braunschweig und des Prinzen Heinrich von Preußen eröffneten den Feldzug. Wegen der Nähe der in Polen stehenden Russen mußte der König mit seiner Armee an der schlesischen und märkischen Grenze bleiben und durfte sich nicht in Unternehmungen einlassen, durch die er sich von seiner Verteidigungslinie entfernte. Er hätte sie nicht ohne Gefahr verlassen können. Auch die Österreicher verschoben den Beginn ihrer Operationen, damit die Russen Zeit hätten, ins Feld zu rücken. Dadurch wurden die Bewegungen der Truppen zumeist bis Ende Juli verzögert.
Die Franzosen gingen ohne Bundesgenossen vor, und so hatte die Armee des Prinzen Ferdinand lediglich mit einem Gegner zu kämpfen. Sie begannen ihre Unternehmungen, sobald ihre Vorbereitungen beendet waren und sie den Augenblick für gekommen hielten. Den Oberbefehl über das französische Heer führte in diesem Jahre Marschall Contades. Unter ihm befehligte der Herzog von Broglie in Frankfurt, wo er bis zur Ankunft des Marschalls die feindlichen Truppen im Auge behielt. Ein gemischtes Korps von Österreichern und Reichstruppen unter Arberg rückte nach Thüringen vor, wo es Prinz Heinrich und Prinz Ferdinand beunruhigte. Beide Prinzen verabredeten daher, den durch seine Nähe so lästigen Gegner gemeinsam zu vertreiben. Zur Ausführung des Planes wurde preußischerseits Knobloch, auf seiten der Alliierten Urff bestimmt. Knobloch nahm Erfurt und machte in der Gegend einige hundert Gefangene. Urff trieb den Feind bis über Vacha hinaus und setzte sich wieder in den Besitz von Hersfeld. Aber kaum hatten sich die Preußen mit ihren Alliierten zurückgezogen, als ihnen die Österreicher und Reichstruppen folgten und ihre erste Stellung wieder einnahmen. Das verdroß den Prinzen Ferdinand. Um die feindlichen Truppen aus der Nähe von Hessen zu vertreiben, warf er den gesamten linken Flügel seiner Armee nach Kassel und rückte von da über Melsungen<4> bis nach Hersfeld vor. Der Erbprinz4-1 drang ins Bistum Fulda und von dort in Franken ein, nahm Meiningen, Wasungen und vernichtete in der Gegend drei österreichische Regimenter. Arberg rückte ihm entgegen und griff ihn im Lager von Wasungen an4-2. Nach sechsstündigem Kampfe wurden die Österreicher und Reichstruppen zurückgeworfen und zur Flucht bis nach Thüringen gezwungen. Nun zog Prinz Ferdinand alle seine Detachements bei Fulda zusammen. Sein Plan ging dahin, die französischen Magazine in Fritzlar, Hanau und Umgegend zu zerstören, um die vom Feinde geplanten Unternehmungen in Hessen zu verzögern oder gar zu vereiteln. Der Prinz rückte auf Frankfurt und überrumpelte unterwegs mehrere französische Detachements, die sich nicht zu retten wußten und sich gefangen gaben. In Bergen vermutete er nur wenige Bataillone, die, zu schwach zum Widerstande, sich bei seiner Annäherung zurückziehen würden, oder falls sie so keck waren, sein Erscheinen abzuwarten, die Waffen strecken mußten. In diesem Glauben ließ er die Besatzung von Bergen angreifen4-3. Inzwischen aber erschien Broglie mit mehreren, aus den nächsten Quartieren zusammengerafften Brigaden auf der Anhöhe hinter dem Dorfe, und der Angriff der Alliierten wurde zurückgeschlagen. Dabei fiel Prinz Isenburg, der ihn befehligte. Prinz Ferdinand sah sich gezwungen, das einmal begonnene Gefecht fortzusetzen, und eroberte auch wirklich die Unterstadt von Bergen, aber die stark befestigte Oberstadt bereitete ihm unüberwindliche Hindernisse. Zugleich griffen die französischen Truppen die Verbündeten im richtigen Augenblick an und zwangen sie zur Aufgabe des schon Gewonnenen. Die Sachsen, die bei Broglies Armee waren, wollten die zurückgehenden Truppen verfolgen. Als Prinz Ferdinand das merkte, ließ er die Sachsen durch Kavallerie angreifen, die einen Teil niederhieb und ein paar hundert Gefangene machte. Der Rest des Tages ging mit gegenseitiger Kanonade hin. Da Prinz Ferdinand seinen Streich gescheitert sah, zog er sich noch in der Nacht nach Hessen zurück, ohne von Broglie beunruhigt zu werden. Blaisel folgte ihm und griff die Nachhut einer seiner Marschkolonnen auf ihrem Rückzuge mit solchem Geschick an, daß er 200 preußische Dragoner vom Regiment Finckenstein gefangen nahm.
Erfolgreicher hatte inzwischen Prinz Heinrich einen ähnlichen, gegen Böhmen gerichteten Anschlag ausgeführt. Am 15. April war er bei Peterswald in Böhmen eingerückt, ohne großen Widerstand zu finden. Dagegen stieß Hülsen, der mit der zweiten Kolonne über Sebastiansberg eindrang, auf einen verschanzten Feind. Seine Kavallerie umging die Österreicher auf dem Weg über Preßnitz und fiel ihnen in den Rücken, während die preußische Infanterie die feindlichen Verschanzungen in der Front angriff. Das ganze Reinhardtsche Korps, das aus den Regimentern Andlau, Königsegg und tausend Kroaten bestand, im ganzen 2 500 Mann, wurde gefangen genommen, ohne daß ein einziger Mann entkam. Nach dieser kühnen Tat rückte Hülsen auf Saaz vor und zerstörte dort eins der bedeutendsten feindlichen Magazine.<5> Gleichzeitig marschierte Prinz Heinrich gegen Budin, vernichtete dort alle von den Österreichern in der Gegend zusammengebrachten Vorräte und ging, nachdem er seinen Zweck erreicht hatte, wieder nach Sachsen zurück.
Bald darauf beschloß der Prinz, einen ähnlichen Streich gegen die Reichsarmee zu führen, um zu verhindern, daß sie sich versammelte und näher an die sächsische Grenze rückte. Das Unternehmen wurde in Gemeinschaft mit der Armee der Alliierten ausgeführt. Der Prinz zog sein Korps bei Zwickau zusammen, detachierte Finck nach Adorf, um den Feind wegen Eger besorgt zu machen, marschierte dann selbst nach Hof und schob von dort Knobloch über Saalburg gegen Kronach vor. Durch diese Bewegungen erschreckt, verließen die Reichstruppen ihr vorteilhaftes Lager bei Münchberg. Die Preußen besetzten es und machten in verschiedenen Gefechten eine Menge Gefangene. Dann rückte Finck gegen Weißenstadt vor, um Macquires Verbindung mit der Reichsarmee abzuschneiden. Infolgedessen wich der österreichische General bis nach der Oberpfalz zurück und vereinigte sich später bei Nürnberg mit den Reichstruppen. Finck folgte ihm und nahm ihm bei verschiedenen Gelegenheiten 400 Gefangene ab. Die Preußen bezogen ein Lager in der Nähe von Bayreuth. Bei Himmelkron zwang Meinicke den General Riedesel, sich mit 900 Mann zu ergeben (11. Mai). Dies Mißgeschick beschleunigte den Rückzug der Reichsarmee. Der Prinz von Zweibrücken führte sie nach Nürnberg zurück. Da nun Prinz Heinrich keinen Feind mehr vor sich hatte, schickte er Knobloch ins Bistum Bamberg, wo er alle für die Reichsarmee errichteten Magazine zerstörte.
Nachdem Prinz Heinrich sein Ziel erreicht hatte, kehrte er Anfang Juni mit den Truppen wieder nach Sachsen zurück. Die Österreicher hatten die Abwesenheit der Preußen zu einem Einfall benutzt. General Gemmingen, der bei Wolkenstein sich festgesetzt hatte, wurde von Schenckendorff5-1 angegriffen und geschlagen5-2. Brentano kam den Österreichern zwar zu Hilfe, wurde aber ebenso übel empfangen wie Gemmingen und zog sich schleunigst nach Böhmen zurück.
Der Zug des Prinzen Heinrich hatte der Reichsarmee in einem Monat alle Magazine, 60 Offiziere und 3 000 Mann gekostet. Von seiten der Verbündeten war der Erbprinz von Braunschweig mit 12 000 Mann ins Bistum Würzburg vorgedrungen, hatte dabei 300 Österreicher gefangen genommen und war dann wieder in Hessen zum Prinzen, seinem Oheim, gestoßen.
Erst Ende Mai nahmen die Franzosen ihre Operationen wieder auf. Contades ging bei Köln über den Rhein, vereinigte sich am 2. Juni bei Gießen mit Broglie und ließ Armentières mit einem Detachement von 20 000 Mann bei Wesel zurück. Bei der Annäherung der Franzosen hatte sich Prinz Ferdinand erst nach Lippstadt, dann nach Hamm zurückgezogen und dort alle Regimenter vereinigt, die im Bistum Münster überwintert hatten, mit Ausnahme der Besatzung von Hamm selbst. Imhoff<6> war bisher in Fritzlar geblieben. Sobald er aber erfuhr, daß Broglie, Contades und die Sachsen von drei Seiten gegen ihn anrückten, zog er sich auf Lippstadt zurück. Da die Franzosen Hessen von Truppen entblößt fanden, nahmen sie Kassel, Münden und Beverungen ein und bemächtigten sich der meisten Magazine der Verbündeten. Contades machte einen Vorstoß bis Paderborn. Prinz Ferdinand rückte ihm entgegen und lagerte bei Rietberg. Der Verlust all seiner Magazine zwang ihn zur Anlegung von neuen. In Osnabrück errichtete er sein Hauptdepot. Indessen gingen die Franzosen damit um, die Deutschen von der Weser abzuschneiden. Contades lagerte sich an den Emsquellen, zog von dort nach Bielefeld und Herford und schickte Broglie nach Oerlinghausen. Der rückte von da gegen Minden vor, überfiel die Stadt am hellen lichten Tage und machte 1 500 Gefangene (9. Juli). Infolge dieses Schlages mußte Prinz Ferdinand, der bei Ravensberg stand, sich auf Osnabrück zurückziehen6-1. Dort vereinigte er sich am 8. Juli mit dem Wangenheimschen Korps, das bisher Armentières gegenübergestanden hatte. Als nun der französische General den Weg frei fand, wollte er Münster mit Sturm nehmen. Der Anschlag mißglückte jedoch, und er begann eine regelrechte Belagerung. Die Laufgräben wurden eröffnet, und die Stadt ergab sich am 25. Juli.
Contades seinerseits lagerte mit seiner ganzen Armee bei Minden, besetzte das linke Weserufer und stellte Broglie auf das rechte. Nachdem Prinz Ferdinand die Weser erreicht hatte, zog er sofort flußaufwärts, um dem Feind entgegenzutreten. Am 29. rückte er in die Ebene von Minden vor und dehnte seine Armee zwischen Hille und Friedewalde aus. Dort stieß General Dreves zu ihm, der inzwischen Bremen den Franzosen wieder abgenommen hatte. Der Prinz ließ das Dorf Todtenhausen, eine Viertelmeile vom linken Flügel der Armee, befestigen, um Contades eine Art Falle zu stellen. Denn die Stellung der Franzosen war für einen direkten Angriff auf ihr Lager zu stark, und der Prinz konnte seinen Gegner nur vor die Klinge bekommen, wenn er ihn zu einem falschen Schritt verleitete. Um die Franzosen zu beunruhigen, schickte er ihnen außerdem den Erbprinzen in den Rücken. Der marschierte nach Gohfeld und stieß dort auf den Herzog von Brissac mit einem Detachement von 6 000 Mann.
Contades beeilte sich, den Wünschen des Prinzen Ferdinand entgegenzukommen. Ja, er benahm sich ganz so, als befolgte er nur die Instruktionen seines Gegners. Broglie ging mit seinem Detachement über die Weser und vereinigte sich mit der Hauptarmee. Prinz Ferdinand ließ Wege nach dem Sumpfe bahnen, der die französische Armee deckte, und griff sie schließlich am 1. August an. Zwölf Bataillone hielten das befestigte Dorf Todtenhausen besetzt. Sie wurden durch zwei starke Batterien unterstützt und von 20 Schwadronen verstärkt, die dicht hinter der Infanterie kampierten. Das Gros der Alliierten lagerte, wie schon gesagt, eine halbe Meile weiter,<7> hinter dem Hiller Walde. Mit weiser Vorsicht hatte Prinz Ferdinand seine Wege und Verbindungen derart angelegt, daß er bei der ersten Bewegung der Franzosen ohne Hindernisse auf sie losmarschieren konnte. Er beabsichtigte sie bei ihrem Angriff auf das Dorf zu überfallen. Bei Tagesanbruch rückte Contades in die Ebene vor. Broglie führte die zum Angriff des Dorfes bestimmte Avantgarde. Zu ihrer wirksamen Unterstützung stand die französische Hauptarmee jedoch allzu entfernt. Ihr rechter Flügel lehnte sich an die Weser, der linke bog sich hakenförmig zurück, mit dem Knick gerade gegenüber dem eben überschrittenen Sumpfe. Beim Anmarsch auf Todtenhausen erblickte Broglie die 12 Wangenheimschen Bataillone in Schlachtordnung. Er hielt sie für die ganze Armee des Prinzen Ferdinand. Er schwankte, blieb eine Zeitlang unentschlossen, schließlich aber ließ er Contades um neue Verhaltungsmaßregeln ersuchen. So ging die Gelegenheit und die Zeit vorüber; denn inzwischen langte Prinz Ferdinand mit seiner Armee an, und statt nun Wangenheim zu Hilfe zu kommen, stellte er seine Truppen dem von der französischen Armee gebildeten Winkel gegenüber auf. Contades warf ihm ein Kavalleriekorps entgegen, aber die Kampflust und das Ungestüm der englischen Infanterie trug den Sieg davon. Sie griff die französische Reiterei an, warf sie zurück und ging dann sofort gegen die feindliche Infanterie vor. Prinz Ferdinand hatte knapp Zeit, sie mit frischen Brigaden zu unterstützen. Schließlich ergriffen die Franzosen die Flucht, und die Verbündeten besetzten das vom Feinde verlassene Schlachtfeld. Während das Glück so dem Prinzen Ferdinand zuneigte, versuchte Broglie einen schwachen Angriff auf Todtenhausen. Auch hier kam es zu zwei Kavallerieattacken, die beide zugunsten der Verbündeten ausfielen. Die Flucht des linken französischen Flügels, das Zurückfluten der Kavallerie und schließlich der erfolglose Angriff auf Todtenhausen bestimmten den Feind zur Räumung des Schlachtfelds. In großer Verwirrung und Unordnung trat er den Rückzug an.
Am selben Tage schlug der Erbprinz den Herzog von Brissac bei Gohfeld, verfolgte ihn und besetzte ein Defilee in der Nähe der Weser, wodurch den Franzosen der Weg nach Waldeck und Paderborn verlegt wurde. Dieser Streich war ebenso entscheidend wie die Schlacht selbst; denn die französische Armee war damit auf dem linken Weserufer bei Minden von den Verbündeten umstellt. Sie mußte wieder über den Fluß zurückgehen, um den allein noch offenen Weg nach Kassel einzuschlagen. Armentières, der bisher Lippstadt blockiert hatte, hob die Belagerung auf, sandte 10 Bataillone nach Wesel und eilte mit den 12 anderen nach Kassel, wo er sich mit der geschlagenen Hauptarmee vereinigte. Am Tage nach der Schlacht ergab sich Minden dem Sieger. Die Franzosen verloren bei Minden über 6 000 Mann, darunter 3 000 Gefangene. Zur Ausnutzung des glücklichen Erfolges rückte Prinz Ferdinand gegen Münden vor, während der Erbprinz mit 20 000 Mann bei Rinteln über die Weser ging. Bei Münden kam es zu einem ernsten Nachhutgefecht. Nur durch das tapfere Verhalten des Generals St. Germain wurde das Gepäck der Franzosen<8> gerettet. Prinz Ferdinand wandte sich hierauf nach Paderborn, und Urff nahm in Detmold das französische Feldlazarett mitsamt seiner Bedeckung von 800 Mann weg8-1.
Beim Anmarsch der Verbündeten auf Stadtberge wichen der Herzog von Chevreuse sowie Armentières auf Kassel zurück. Da die Alliierten sich von dort ins Fürstentum Waldeck wandten, glaubte Contades, Prinz Ferdinand wolle die Franzosen vom Main abschneiden. In dieser Annahme verließ er plötzlich Kassel, wo er eine schwache Besatzung zurückließ, und bezog ein Lager bei Marburg. Ein Freikorpsführer der Alliierten, namens Freytag, rückte gleichfalls auf Marburg und zwang die Stadt zur Kapitulation8-2. Prinz Ferdinand stand zu dieser Zeit in Corbach. Er schob den Erbprinzen nach Wolfhagen vor und detachierte den Prinzen von Holstein8-3 nach Fritzlar. All diese Bewegungen brachten Contades vollends außer Fassung. Er hielt sich für verloren und räumte ganz Hessen. Prinz Ferdinand folgte ihm nach Ernsthausen. Noch am selben Tage nahm eins seiner Detachements 300 Franzosen in der Festung Ziegenhain gefangen. Der Feind hatte sich bei Amöneburg an der Ohm festgesetzt. Das Freikorps Fischer, das hinter der Lahn stand, wurde vom Erbprinzen geschlagen (28. August). Als dann der Prinz, sein Oheim, mit der Hauptarmee auf Wetter vorrückte, kam der junge Held bei Niederweimar dem Feind in den Rücken. Nun verlor Broglie ganz den Kopf, zog sich nach Gießen zurück und gab Marburg preis. Der Prinz von Bevern8-4 nahm die Stadt samt ihrer Besatzung von 900 Mann8-5. Infolge all dieser glücklichen Ereignisse konnte Prinz Ferdinand bis Krofdorf vorrücken. Nur die Lahn trennte die Alliierten noch von den Franzosen. Die letzteren verschanzten sich in ihrem Lager und warfen Broglie nach Wetzlar. Prinz Ferdinand ließ ihn von Wangenheim beobachten. Infolge seines Unglücks fiel Contades beim Hof in Ungnade und wurde abberufen. Broglie wurde zum Marschall von Frankreich ernannt und übernahm an seiner Stelle den Oberbefehl über die Armee.
Während so Deutsche und Franzosen an den Ufern der Lahn einander hartnäckig gegenüberstanden, suchte Prinz Ferdinand das Bistum Münster in seinem Rücken vom Feinde zu säubern. Er hatte Imhoff nach Westfalen geschickt, um Münster zu belagern. Der hatte aber kaum die Laufgräben vor der Stadt eröffnet, als er die Belagerung wieder aufgeben mußte (6. September). Armentières war schleunigst von der französischen Armee abmarschiert, bei Wesel über den Rhein gegangen und Münster zu Hilfe geeilt. Aber Imhoff erhielt Verstärkungen von den Alliierten, und da er sich dem Gegner nun gewachsen fühlte, so begann er die Belagerung aufs neue. Wieder näherte sich Armentières der Stadt, um die Deutschen anzugreifen. Aber<9> entweder hielt er die Sache für zu schwierig, oder die Schlappe eines seiner Detachements entmutigte ihn. Kurz, er zog sich hinter die Lippe zurück, und Imhoff zwang Münster zur Kapitulation (20. November).
Bei ihrer großen Eigenliebe sahen die Franzosen die Gründe für ihre Mißerfolge in Deutschland in der geringen Übermacht ihrer Armee über die der Verbündeten. Der Hof war ungefähr der gleichen Meinung und schloß daher, um dem Übel abzuhelfen, ein Abkommen mit dem Herzog von Württemberg9-1 zur Stellung von 12 000 Mann gegen Subsidiengelder. Der Herzog stellte sich selbst an die Spitze seiner Truppen. Er hatte sich das Kommando vorbehalten und sich ausbedungen, daß er und seine Leute nur zu Detachements verwandt werden dürften. Denn er wollte nicht unter den zahlreichen Generalen einer so großen Armee verschwinden und hielt es mit seiner Würde und Hoheit für unvereinbar, unter einem französischen Marschall zu dienen. Im Oktober traf der Herzog mit seinem Korps in Franken ein. Da ihn Broglie nicht nach Gutdünken verwenden konnte, so sandte er ihn ins Bistum Fulda, aus dem die Alliierten einen Teil ihrer Lebensmittel bezogen. Der Anmarsch der Württemberger brachte die Lieferungen des Landes ins Stocken, bot aber einen anderen Vorteil. Das vereinzelte Detachement war für die Alliierten ein willkommener Bissen. Der Erbprinz verließ die Armee in Eilmärschen und erschien, ehe man sich's versah, vor den Toren von Fulda. Gerade für diesen Tag hatte der Herzog einen Ball anberaumt, der nun gestört wurde. Voller Bestürzung über das Auftauchen eines so wachsamen Feindes, der ihm nicht einmal Zeit ließ, seine Truppen zu sammeln, flüchtete der Württemberger mit seiner Kavallerie nach dem Main. Als sich aber die Nachhut der Infanterie zum Rückzug wandte, drang der Erbprinz lebhaft auf sie ein und machte 1 200 Gefangene (30. November). Das war nicht die letzte Tat des jungen Helden. Wir werden noch beim Feldzug in Sachsen auf ihn zurückkommen.
Die Franzosen hatten in diesem Jahre länger als gewöhnlich im Felde gestanden. Nun aber nötigte sie die für Kriegsunternehmungen gar zu ungünstige Jahreszeit zum Aufbruch aus ihrem Lager. Sie gingen nach Frankfurt zurück. Prinz Ferdinand ließ Gießen blockieren und bezog Winterquartiere. Durch Tapferkeit und Geschick hatte er alles, was ihm das Unglück zu Beginn des Feldzugs entrissen hatte, wiedergewonnen, und die Alliierten waren am Jahresende im Besitz aller Städte und Länder, die sie vor der Kriegserklärung innegehabt hatten.
Der Feldzug des Königs dagegen hatte keinen so glücklichen Verlauf genommen. Vielleicht war er der unglücklichste von allen. Ja, es wäre ganz um die Preußen geschehen gewesen, hätten ihre Feinde das gleiche Geschick, mit dem sie zu siegen wußten, auch bei der Ausnutzung ihrer Siege gezeigt. Wir haben die Gründe angegeben, die<10> den König zur Defensive zwangen. Da ihn Dauns Armee festhielt, die in Böhmen an der schlesischen Grenze stand, so plante er einen Anschlag auf die Magazine, die die Russen bei Posen anlegten. Wäre das Unternehmen geglückt, so hätte es die feindlichen Operationen verzögert. Und Zeit gewinnen hieß alles gewinnen. Mitte März rückte die Armee des Königs auf das Schweidnitzer Gebirge zu und kantonnierte in den langgestreckten Dörfern zwischen Landeshut und Friedland. Fouqué blieb mit seinem Korps bei Neustadt in Oberschlesien. General Wobersnow10-1 war mit einem Detachement in die Woywodschaft Posen geschickt worden und vernichtete dort einige russische Magazine im Entstehen. Da sein Zug aber zu früh stattfand, so störte er die Feinde in ihren beabsichtigten Maßnahmen nur wenig oder garnicht.
An der böhmischen Grenze geschah nichts von Bedeutung. Laudon, der bei Trautenau stand, war fortwährend in Bewegung. Er hielt die vorgeschobenen Posten unaufhörlich, aber erfolglos in Unruhe. Nur ein einziges Unternehmen glückte den Österreichern: Beck überfiel bei Greiffenberg das Grenadier-Bataillon Diringshofen und schnitt ihm mit seiner Kavallerie den Rückzug ab. Nach tapferer Gegenwehr mußte das Bataillon die Waffen strecken (26. März). Gegen Ende des Monats drang de Ville, der in Mähren befehligte, mit starken Kräften in Oberschlesien ein. Da Fouqué mit seinem Korps zu schwach war, überließ er Neustadt dem Feind und bezog eine vorteilhaftere Stellung bei Oppersdorf. Der König hoffte, de Villes Vorstoß würde ihm Gelegenheit geben, das feindliche Korps getrennt zu schlagen und völlig aufzureiben. Zu diesem Zweck ließ er heimlich Truppen nach Neiße rücken und begab sich selbst dorthin. Aber alle Vorsicht, das Manöver vor den Feinden zu verbergen, war umsonst! Die katholische Geistlichkeit und die Mönche, die den Preußen als Ketzern insgeheim feindlich gesinnt waren, fanden Mittel und Wege, de Ville vom Anmarsch der Truppen zu benachrichtigen. An dem Tage, wo der König in Oppersdorf eintraf, zog sich der österreichische General nach Ziegenhals zurück (1. Mai). Nun blieb nichts weiter übrig, als die noch auf dem Marsche befindlichen Panduren in ein Nachhutgefecht zu verwickeln. Die Kavallerie umringte 800 Mann auf abschüssigem, für Reitergefechte wenig geeignetem Felsengelände und ließ sie über die Klinge springen oder nahm sie gefangen. Statt sich in Ziegenhals aufzuhalten, setzten die Österreicher ihren Rückzug bis nach Mähren fort. Da der König nun in jener Gegend seine Gegenwart nicht mehr für erforderlich hielt, kehrte er zu seiner Armee nach Landeshut zurück.
Feldmarschall Daun traf gerade in Böhmen ein und nahm sein Hauptquartier in Münchengrätz. Bis zum 28. Juni verblieben beide Heere ruhig in ihren Stellungen. Hierauf bezogen die Österreicher das Lager von Jaromircz, rückten dann nach der Lausitz und stellten sich bei Marklissa auf (6. Juli). Nun schickte der König aus seinem Lager bei Landeshut einige Bataillone ab, die über Schatzlar in Böhmen eindrangen.<11> Sie näherten sich Trautenau, und Major Quintus11-1 vernichtete ein Korps Panduren in der Gegend von Deutsch-Prausnitz. Seydlitz wurde nach Lähn detachiert, um Feldmarschall Daun im Auge zu behalten. Fouqué erhielt Befehl, Oberschlesien zu verlassen, um die Armee des Königs bei Landeshut abzulösen, da es gefährlich gewesen wäre, diese Stellung nicht zu besetzen. Sobald er eingetroffen war, brach der König auf und erreichte in zwei Märschen das Lager bei Schmottseiffen11-2, eins der stärksten in Schlesien (10. Juli). Tags zuvor11-3 hatte Laudon Seydlitz angegriffen, war jedoch geschlagen worden und hatte 150 Mann verloren. Ja er wäre beinahe selbst gefangen worden. Trotzdem vertraute der Hof diesem Freischarenführer ein Korps von 20 000 Mann an, das bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu den Russen stoßen sollte. Feldmarschall Daun wies ihm eine Stellung auf den Höhen von Lauban an, gerade wo Laudon im vergangenen Jahre von der preußischen Arrieregarde so übel empfangen worden war11-4. Daun wählte die Stellung, um Laudon einen Vorsprung vor den Preußen zu geben, sobald er den Befehl zur Vereinigung mit den Russen erhielte. Es war nicht schwer, diese Absicht der Österreicher zu durchschauen. Um Laudon im Auge zu behalten, postierte der König zwei Kavalleriekorps, das eine unter Lentulus in Löwenberg, das andere unter dem Prinzen von Württemberg in Bunzlau.
Während dieser Maßnahmen gegen die Österreicher hatte der König die Russen nicht außer acht gelassen. Schlabrendorff und Graf Hordt11-5 hatten sie im Winter durch Detachements längs der polnischen Grenze beobachten lassen. Bei Frühlingsanfang räumte Graf Dohna Mecklenburg und Pommern, ließ Manteuffel11-6 mit einem kleinen Korps gegen die Schweden zurück und marschierte mit seinen Truppen nach Stargard und weiter nach Landsberg. Hier erreichten ihn Verstärkungen unter Itzenplitz und Hülsen, die Prinz Heinrich ihm aus Sachsen gesandt hatte. Da man bemerkte, daß die Russen in einzelnen Korps durch Polen zogen, kam man auf den Gedanken, ihnen entgegenzurücken und sie einzeln zu schlagen. Das war nicht unmöglich, falls es gelang, eine ihrer Abteilungen auf dem Marsche zu überfallen, bevor die anderen herankamen. Die Ausführung des Plans erforderte Tatkraft und Entschlossenheit. Jedoch war gerade das Gegenteil der Fall. Die preußischen Truppen wurden schlecht geführt, die Generale ließen es an Wachsamkeit fehlen, alles geschah zu spät. Man häufte Fehler auf Fehler, und so wurde der unglückliche Zug gleichsam zur Quelle all des Mißgeschicks, das die Preußen in diesem Feldzuge traf. Am 23. Juni verließ Graf Dohna Landsberg und ging am 5. Juli bei Obornik über die Warthe. Seine Langsamkeit gab den Russen Zeit, sich bei Posen zusammenzuziehen.<12> Die beiden Armeen hielten sich mit Rekognoszierungen auf, die zu nichts führten. Am 14. rückten die Russen vor. Sie zogen ganz nahe an der preußischen Armee hin, aber in einer Unordnung, die Graf Dohna bei einiger Entschlossenheit wohl hätte ausnützen können. Indes traf er durchgehends so schlechte Maßnahmen, daß er durch seine eigene Nachlässigkeit einen Teil seiner Bäckerei und seines Proviants verlor, was ihn zum Rückzug auf Züllichau zwang. Der König erfuhr von der bei Dohnas Armee herrschenden Verwirrung und von der Uneinigkeit unter den Generalen. Er schickte deshalb Wedell dorthin, der das Kommando als Diktator übernahm12-1, obgleich er nicht der Rangälteste war.
An dem Abend, wo Wedell in Züllichau eintraf12-2, lagerte Ssaltykow12-3 bei Bomst und umging in der Nacht die Stellung der Preußen so geschickt, daß ein Teil der Russen bereits im Rücken der Preußen stand und das Defilee von Kay zwischen ihrem Lager und dem Wege nach Krossen besetzt hielt. Niemand hatte es bemerkt: solche Nachlässigkeit im Dienst herrschte bei der Armee, deren Kommando Wedell soeben übernommen hatte. Mit eigenen Augen überzeugte sich dieser nun von der feindlichen Umgehung, rekognoszierte darauf das Lager von Bomst und bemerkte dort nur noch das Ende der Kolonnen und die Nachhut auf ihrem Weg nach Krossen. Sofort ließ er die Zelte abbrechen, setzte sich in Marsch und griff die feindlichen Truppen in ihrer Stellung bei Kay an, in der Hoffnung, sie vor Eintreffen ihrer Hauptarmee zu schlagen. Allein die Sache ging anders aus. Die Stellung der Russen war gut. Man konnte sie nur in einer Frontbreite von 7 Bataillonen, rechts und links von Sümpfen eingeengt, angreifen. Die Russen standen halbmondförmig in drei Treffen auf fichtenbewachsenen Hügeln. Es gelang Wedell, das erste Treffen zu durchbrechen. Als er aber das zweite angreifen wollte, geriet seine Infanterie in ein so heftiges Kreuzfeuer von Kartätschen aus verschiedenen Batterien, daß sie sich nicht zu halten vermochte. Dreimal wurde der Ansturm erneuert, aber umsonst! Das Schlimmste aber war, daß Wedell der feindlichen Artillerie kein hinreichendes Geschütz gegenüberstellen konnte. Er hatte viel Leute verloren, und bei der geringen Aussicht auf Erfolg wollte er nicht noch den Rest unnütz opfern. So entschloß er sich zum Rückzug (23. Juli). Am folgenden Tage gingen die Truppen bei Tschicherzig über die Oder und lagerten bei Sawade. Ssaltykow rückte mit den Russen nach Krossen. In der Schlacht bei Kay verlor Wedell 4 000 bis 5 000 Mann. Der Feind dagegen hatte bei dem für ihn vorteilhaften Gelände augenscheinlich geringe Verluste.
Wedells Niederlage warf alle bisherigen Maßregeln des Königs völlig über den Haufen. Jetzt konnte Wedell dem weiteren Vordringen Ssaltykows ohne beträchtliche Verstärkungen nicht entgegentreten. Durch dessen Stellung bei Krossen waren Frankfurt und Küstrin gefährdet. Falls nicht binnen kurzem eine preußische Armee zur Verteidigung der Oder gegen Frankfurt vorrückte, war Berlin den schlimmsten Zufällen<13> ausgesetzt. Die schlesische Armee war nicht stark genug, daß man sie durch neue Detachements hätte schwächen können. Fouqué verteidigte mit 10 000 Mann die Pässe von Landeshut gegen 20 000 Österreicher unter de Ville. Die Armee des Königs im Lager von Schmottseiffen betrug 40 000 Mann gegen 60 000 unter Feldmarschall Daun. Mochten jedoch die Umstände sein, wie sie wollten, die Lage duldete keinen Aufschub. Man mußte eine Armee zur Deckung der Kurmark aufbringen. Denn es stand durchaus zu vermuten, daß die Schläge hier oder gar in Schlesien fallen würden. Da andrerseits die Österreicher Dresden gewissermaßen schonten, weil sich die königliche Familie dort aufhielt, so durfte man annehmen, daß ein entschlossener Mann die Stadt während der Abwesenheit des Heeres so lange zu halten vermochte, bis die Truppen wieder zum Entsatz heranrücken konnten, falls sie angegriffen wurde.
Nach reiflicher Überlegung beschloß der König, Prinz Heinrich mit 16 Bataillonen und 25 Schwadronen nach Sagan kommen zu lassen, wo die 15 Schwadronen und 6 Bataillone des Prinzen von Württemberg zu ihm stießen. Prinz Heinrich sollte das Kommando über die Armee des Königs übernehmen13-1, da er der einzige war, dem man sie anvertrauen konnte. Dann wollte der König sich an die Spitze der bei Sagan zusammenzuziehenden Truppen stellen und mit ihnen sofort zur Verteidigung der bedrohten Provinzen abrücken. Das Wedellsche Korps sollte dort zu ihm stoßen.
Am 29. Juli traf Prinz Heinrich in Schmottseiffen ein, und der König begab sich noch am 29. nach Sagan. In jener Gegend war Laudon bereits längs der schlesischen Grenze vorgerückt. Obwohl der König ihn beobachten ließ, wurden die preußischen Offiziere auf folgende Weise getäuscht. Hadik war dem Prinzen Heinrich gefolgt und hatte sich bei Sorau mit Laudon vereinigt. Der setzte seinen Weg fort, aber ein Husarenregiment, das sonst immer beim Laudonschen Korps war, blieb bei Hadik. Infolgedessen wähnten die zur Rekognoszierung ausgesandten Offiziere, daß Laudons gesamtes Korps dort stände. Daraufhin marschierte der König nach Christianstadt, wurde jedoch erst hier sich über die Täuschung klar; denn Laudon kam am gleichen Tage in Guben an. So sah sich der König zur Fortsetzung seines Marsches gezwungen. Er erreichte noch am selben Tage Sommerfeld (1. August). Die preußische Kavallerie griff die von Hadik an, der Laudon folgte. Diese wurde bis Guben zurückgeworfen. Noch am selben Abend brach Laudon auf, um Frankfurt zu erreichen. Der König lagerte bei Niemitsch an der Neiße. Bei Tagesanbruch sah man zwei Kolonnen auf der Straße von Guben nach Kottbus marschieren. Sogleich überschritt die preußische Kavallerie den Fluß. Schnell wurde die feindliche Arrieregarde in ein Gefecht verwickelt, bei dem das ganze Kaiserliche Regiment Blau-Würzburg, 1 300 Mann stark, gefangen genommen wurde. Die Husaren verfolgten den Feind und nahmen ihm 600 Proviantwagen ab, da die ganze Bedeckung sich zerstreut hatte13-2. In anderer Kriegslage hätten solche Erfolge bedeutungsvoll werden können. Hier aber war es verlorene Mühe;<14> denn der Zweck des Unternehmens war ja doch verfehlt und die Vereinigung der Österreicher und Russen bei Frankfurt nicht mehr zu verhindern.
Am folgenden Tage (3. August) brach der König auf. Wedell erhielt Befehl, bei Müllrose zur Armee zu stoßen. Das fiel ihm nicht schwer; denn da die Russen Krossen geräumt hatten, stand ihm nichts mehr im Wege. Die Armee des Königs schlug die Straße über Beeskow ein. Von dort marschierte die Infanterie direkt auf Müllrose. Der König selbst rückte mit der Kavallerie durch Neubrück nach dem Verbindungskanal der Oder und Spree14-1. Dort fand er die Brücken abgebrochen, und am jenseitigen Ufer standen die Löwenstein-Dragoner, die ihm den Übergang streitig machen wollten. Das Hindernis sah indes schwieriger aus, als es war. Der Kanal hatte viele Furten. Die preußische Kavallerie ging hindurch, fiel sofort über die hinter Büschen gedeckt stehenden österreichischen Dragoner her, schlug sie und trieb sie bis in die Vorstädte von Frankfurt. Von dort begab sich der König wieder zur Infanterie nach Müllrose und brachte 300 Gefangene vom Regiment Löwenstein mit. Am 4. traf Wedell dort ein. Finck, der nach dem Fortgang des Prinzen Heinrich in der Gegend von Torgau geblieben war, wurde jetzt in seiner Stellung überflüssig, zumal er allein mit 10 000 Mann Sachsen nicht decken konnte. So erhielt er denn gleichfalls Befehl, zur Hauptarmee zu stoßen.
Der König zog so viel Truppen zusammen, als er irgend konnte, weil er zur Eile gezwungen war. Er mußte die Russen schlagen, sobald er ihrer habhaft werden konnte, um dann noch rechtzeitig zur Verteidigung Sachsens herbeizueilen. Denn das Land war bis auf die festen Plätze von Truppen entblößt, und der Reichsarmee standen alle Wege offen, bis Berlin vorzudringen. Um den Russen auf den Leib zu rücken, verließ die Armee die Gegend von Müllrose und bezog ein Lager zwischen Lebus und Wulkow (7. August). Sie verproviantierte sich aus Küstrin und wartete Fincks Ankunft ab. Am 9. traf er im Lager ein. Nun wurden die nötigen Anstalten zum Übergang über die Oder zwischen Lebus und Küstrin getroffen. Die Ausführung des Planes wurde um so mehr beschleunigt, als Hadik sofort das von den Preußen verlassene Lager bei Müllrose besetzt hatte. Von hier aus konnte er sich mit Ssaltykow vereinigen und einen Handstreich gegen Berlin ausführen, wenn ihm niemand entgegentrat.
Alle diese Umstände zwangen den König zur Elle. Am 11. überschritt die Armee die Oder und stellte sich den Russen gegenüber in Schlachtordnung. Sie dehnte sich mit dem rechten Flügel bis Trettin aus. Ihr linker Flügel lehnte sich an Bischofsee. Die Fincksche Reserve lagerte vor den Treffen auf Anhöhen14-2, die den Russen die Bewegungen der Preußen verdeckten. Ein morastiger Bach14-3 trennte beide Armeen. Ssaltykows Lager befand sich bei Kunersdorf. Sein linker14-4 Fügel stützte sich auf eine kleine Anhöhe14-5, auf der die Russen eine sternförmige Schanze angelegt hatten. Zwei Ver<15>schanzungslinien zogen sich von dort über einen Höhenrücken und endigten auf der beträchtlichen Anhöhe der Judenberge bei Frankfurt. Die linke Seite des Lagers bei der Sternschanze wurde von einer von Finck besetzten Anhöhe beherrscht und jenseits des Baches15-1 von einer Erhöhung, im Volksmund die Pechstange genannt15-2. Die Armee des Königs konnte den Feind von ihrer Stellung aus unmöglich angreifen. Sie hätte über zwei schmale Dämme gemußt, die durch Verhaue gesperrt und im Besitz der Russen waren. Auch hätten sich die Brigaden unter feindlichem Gewehrfeuer entwickeln und eine Verschanzung unter dem Kreuzfeuer der feindlichen Batterien angreifen müssen. So schien es dem König zweckmäßiger, den Bach hinauf zu ziehen. Nach einem Umweg von einer halben Meile kam man auf der Straße nach Reppen an eine Brücke15-3. Hier führt eine zweite Straße durch den Forst15-4 nach der Pechstangenhöhe. Diese Geländebeschaffenheit bildete die Grundlage zu den Anordnungen für die Schlacht, die am nächsten Tage geliefert wurde. Das Fincksche Korps erhielt Befehl, auf den von ihm besetzten Anhöhen eine in der Nacht errichtete Batterie zu decken, die die russische Sternschanze direkt unter Feuer hielt.
Am folgenden Tage (12. August) schlug die preußische Armee die Straße nach Reppen ein und marschierte in dem Forst bei der Pechstange in fünf Treffen auf. Die drei ersten Treffen bestanden aus Infanterie, die beiden letzten aus Kavallerie. Indessen eröffnete Finck mit seinen Batterien ein heftiges Feuer und stellte sich, als wollte er die vor ihm befindlichen Dämme überschreiten. Dadurch wurde Ssaltykows Aufmerksamkeit abgelenkt, und die Armee des Königs erreichte unbemerkt den Waldrand. Sogleich wurde auf zwei Höhen15-5, die den linken Flügel der Russen beherrschten, schweres Geschütz aufgefahren. Die preußischen Batterien umschlossen und umringten die russische Sternschanze also fast wie ein Polygon bei einer förmlichen Belagerung. Nach all diesen Vorbereitungen griff Schenckendorff15-6 unter dem Schutze von 60 Feuerschlünden die Sternschanze an und eroberte sie fast beim ersten Ansturm. Die Armee folgte ihm. Die beiden an der Sternschanze beginnenden Verschanzungslinien wurden in der Flanke angegriffen, und nun entstand ein fürchterliches Gemetzel unter dem russischen Fußvolk bis an den Kunersdorfer Friedhof. Mit Mühe gelang es dem linken preußischen Flügel, ihn zu nehmen. Nun kam Finck, der von den Angreifern schon überholt war, über die Dämme und stieß zu den übrigen Truppen. Schon hatte man sieben Feldschanzen, den Friedhof und 180 Kanonen genommen. Der Feind befand sich in großer Unordnung und hatte ungeheure Verluste. Da attakkierte der Prinz von Württemberg, den die Untätigkeit der Kavallerie verdroß, sehr zur Unzeit die russische Infanterie in ihren Verschanzungen auf den Judenbergen15-7<16> und wurde von ihr abgewiesen. Zugleich aber verließen die Feinde eine große Batterie auf den Judenbergen16-1. Die preußische Infanterie, die nur 800 Schritt entfernt stand, stürmte gegen sie an. Jedoch — man sieht, wovon Siege oft abhängen, — als sie kaum noch 150 Schritt entfemt war, bemerkte Laudon den Fehler der Russen, rückte mit seiner Reserve in die verlassene Batterie ein und kam so den Preußen um einige Minuten zuvor. Sogleich ließ er das Geschütz mit Kartätschen laden und auf die Preußen feuern. Das brachte sie in Unordnung. Mehrfache Angriffe auf die das ganze Gelände bestreichende Batterie scheiterten. Als Laudon bemerkte, daß der Mut der Stürmenden allmählich erlahmte, ließ er sie rechts und links von Kavallerie angreifen. Nun wurde die Verwirrung der Preußen allgemein und sie fluteten aufgelöst zurück.
Der König deckte den Rückzug durch eine vom Regiment Lestwitz verteidigte Batterie. Dabei bekam er einen Prellschuß. Hinter ihm wurde das Pionierregiment16-2 gefangen genommen. Auch die Infanterie war bereits über die Dämme zurückgegangen und bezog wieder das tags zuvor verlassene Lager. Zuletzt kehrte auch der König zurück. Er wäre den Feinden in die Hände gefallen, hätte sich nicht der<17> Rittmeister Prittwitz17-1 mit 100 Husaren ihnen entgegengeworfen, um dem König Zeit zum Rückzug durch das Defilee zu schaffen. Die Hauptmacht der Kavallerie zog sich auf dem gleichen Wege zurück, auf dem sie am Morgen gekommen war. Im ersten Augenblick war die Bestürzung der Truppen so groß, daß die in dem früheren Lager neu formierte Infanterie auf den bloßen Ruf: „Die Kosaken kommen!“ über 1 000 Schritt weit floh, ehe man sie wieder zum Stehen bringen konnte.
Tatsächlich gewannen die Russen die Schlacht, allein sie kam ihnen teuer zu stehen. Sie verloren nach eigenem Geständnis 24 000 Mann. Sie eroberten alle ihre Kanonen wieder und überdies noch 80 preußische und machten 3 000 Gefangene. Die Armee des Königs verlor bei Kunersdorf insgesamt 10 000 Mann an Toten, Gefangenen und Verwundeten.
Da der König auf den Sieg gerechnet hatte, so hatte er während der Schlacht General Wunsch17-2 zur Eroberung von Frankfurt abgeschickt, um dem Feinde den Rückzug abzuschneiden. Der tapfere Offizier hatte sich der Stadt auch bemächtigt und dabei 400 Gefangene gemacht. Infolge der unglücklichen Schlacht aber mußte er den Platz wieder räumen und nach Reitwein zurückgehen. Dort bezog die Armee ein Lager, nachdem sie die Oder überschritten hatte. Am Abend der Schlacht hatte man kaum 10 000 Mann zusammengebracht. Hätten die Russen ihren Sieg ausgenutzt, so hätten sie die entmutigten Truppen verfolgt, und es wäre um die Preußen geschehen gewesen. Nun aber ließen sie dem König Zeit, sich von seinen Verlusten zu erholen. Am folgenden Tage war die Armee schon wieder 18 000 Mann stark, und wenige Tage später belief sich ihre Zahl bereits auf 28 000 Mann. Der König ließ Geschütz aus den Festungen kommen und das Korps zu sich stoßen, das bisher die Schweden an der Peene in Schach gehalten hatte. Fast alle Generale waren schwer oder leicht verwundet. Kurz, es lag nur an den Feinden, dem Krieg ein Ende zu machen. Nur der letzte Gnadenstoß fehlte noch. Allein sie rührten sich nicht, und statt, wie die Umstände es forderten, herzhaft vorzudringen, frohlockten sie über ihren Sieg und priesen ihr Glück. Mit einem Wort, der König konnte wieder Luft schöpfen und gewann Zeit, seine Armee mit den dringendsten Bedürfnissen zu versorgen17-3.
Gerechterweise müssen wir aber doch die Gründe nennen, die Ssaltykow zur Beschönigung seiner Untätigkeit anführte. Als Feldmarschall Daun auf lebhafte Fortsetzung der Operationen drang, antwortete er ihm: „Für dies Jahr, mein Herr, habe ich genug getan. Ich habe zwei Schlachten gewonnen, die Rußland 27 000 Mann kosten. Bevor ich wieder in Tätigkeit trete, warte ich, bis Sie Ihrerseits zwei Siege davongetragen haben. Es ist nicht billig, daß die Truppen meiner Herrscherin alles<18> allein tun sollen.“ Nur mit Mühe setzten die Österreicher bei ihm durch, daß er bei Frankfurt über die Oder ging. Auch das tat er nur unter der Bedingung, daß Hadik bei Müllrose stehen bliebe.
Infolge dieser Bewegung der Russen änderte der König seine Stellung. Er marschierte sofort nach Alt-Madlitz, dann nach Fürstenwalde, da er dort den Übergang über die Spree beherrschte. Denn das war bei den damaligen Umständen sehr wichtig. Die Reichstruppen hatten soeben Torgau und Wittenberg genommen18-1. Man mußte daher einen Handstreich von ihnen gegen Berlin befürchten. Ein Gleiches besorgte man von Hadik. Er brauchte nur an der Spree entlang zu rücken und sie zur Deckung seines Marsches zu benutzen, während Ssaltykow die Armee des Königs durch näheres Heranrücken in Schach hielt. Die Lage der Preußen war so schlecht, ja verzweifelt, daß es sehr schwer gewesen wäre, einen weisen Entschluß nach allen Regeln der Kunst zu fassen. Da man aber auf alles gefaßt sein mußte, so beschloß der König, lieber den letzten Mann zu opfern, als dem Gegner die Einnahme Berlins ungestraft zu gestatten. Er nahm sich also vor, über den ersten Feind herzufallen, der sich der Hauptstadt näherte. Wollte er doch lieber mit den Waffen in der Hand zugrunde gehen, als langsam verbluten. Die Annäherung Dauns vermehrte die Bedrängnis des Königs noch. Der Feldmarschall hatte sich bei Triebel gelagert und in Guben eine Zusammenkunft mit Ssaltykow gehabt. Prinz Heinrich konnte die Vereinigung der Österreicher und Russen nicht hindern und noch weniger die Detachements aufhalten, die sie etwa gegen den König sandten. Aber welchen von beiden Entschlüssen Daun auch fassen mochte, jeder war gleich verderblich. Indessen nahmen die Dinge eine unerwartet günstige Wendung. Trifft doch weder alles Schlimme noch alles Gute genau nach Voraussicht ein.
Seit der König Schlesien verlassen, hatten dort die Dinge ein anderes Antlitz bekommen. De Ville hatte sich eingebildet, Fouqué könne sein Einrücken in Schlesien nicht hindern. Zwar machte er keinen Versuch, die Landeshuter Pässe zu forcieren, schlug aber den Weg über Friedland ein. Dort hatte man ihm jedoch aus gleich zu erörternden Gründen keine Hindernisse entgegengesetzt, und so zog er denn ruhig in die Ebene von Schweidnitz hinab. Nun warf Fouqué einige Truppen nach Friedland und Konradswaldau, von wo sich die Österreicher verproviantieren mußten. De Ville litt bald Mangel und sah sich zum Rückzug nach Böhmen gezwungen. Dabei griff er die Stellung von Konradswaldau an, wurde aber mit Verlust von 1 300 Mann und seiner gesamten Bagage zurückgeschlagen. Er schätzte sich glücklich, als er auf Umwegen Braunau wieder erreicht hatte.
Feldmarschall Daun hatte seinerseits Marklissa verlassen und war nach Priebus gezogen. Prinz Heinrich wollte ihn nicht aus den Augen lassen, marschierte nach Sagan und schickte von dort Zieten zur näheren Beobachtung des Feindes nach Sorau.<19> Von den Russen zum Handeln gedrängt, beabsichtigte Daun, das Zietensche Korps aufzuheben. Er ließ also zwei Kolonnen, durch dichte Wälder gedeckt, rechts und links an den Preußen vorbeimarschieren. Sie sollten sich in einem Defilee zwischen Sorau und Sagan vereinigen, um Zieten den Rückzug abzuschneiden. Der aber kam dem Feldmarschall zuvor und zog sich rechtzeitig und ohne Verlust zur Armee des Prinzen Heinrich zurück (2. September).
Der Prinz konnte in seiner Stellung nichts gegen die Österreicher unternehmen. Weniger denn je durfte nach dem Verlust zweier Schlachten eine dritte gewagt werden. So beschränkte er sich denn darauf, Daun von den Russen und der Kurmark fernzuhalten. Als bestes Mittel dazu erschien ihm die Zerstörung der Magazine im Rücken des Feindes. Mit aller erdenklichen Schnelligkeit und Geschicklichkeit führte er seine Absicht aus. Er verließ Sagan und marschierte über Lauban nach Görlitz. De Ville war schleunigst herbeigeeilt. Als aber Prinz Heinrich Miene machte, ihn anzugreifen, zog er sich, durch die Schlappe bei Konradswaldau eingeschüchtert, auf Reichenbach zurück. Gerade das wünschte der Prinz. Sogleich sandte er ein Korps nach Böhmen, das ein feindliches Magazin in Böhmisch-Friedland zerstörte. Ein anderes Detachement rückte über Zittau nach Gabel, nahm die dortige Besatzung von 600 Mann gefangen und vernichtete die angehäuften bedeutenden Vorräte der Österreicher. Der glückliche Erfolg dieses Unternehmens veranlaßte Feldmarschall Daun zum Rückzug. Hätte sich damals nicht Dresden auf die schimpflichste Weise ergeben, so hätten die Kaiserlichen nach Böhmen zurückkehren müssen. Durch den Fall von Dresden aber gelangten sie in den Besitz der bedeutenden, von den Preußen dort angelegten Magazine und konnten sich nun in Bautzen festsetzen.
Der Abzug der Österreicher und der fühlbare Mangel an Futter veranlaßt die Russen zur Aufgabe ihrer Stellung bei Frankfurt. Sie marschierten nach der Lausitz und lagerten bei Lieberose (30. August). Die Armee des Königs folgte ihnen über Beeskow und rückte von da nach Waldow vor. Hadik, der sich auf dem Marsche nach Waldow befand, zog sich bei Annäherung der Preußen zurück. Infolgedessen konnte der König eine vorteilhafte Stellung hinter Sümpfen einnehmen, die den Russen ihre Verproviantierung aus Lübben und der Umgegend abschnitt.
Dresden wurde damals schon belagert, doch waren die Laufgräben noch nicht eröffnet. Der König schickte ein Detachement unter Wunsch nach Dresden. Unterwegs überrumpelte der geschickte Offizier Torgau (31. August)19-1 und langte gerade an dem Tage vor Dresden an, als Schmettau die Kapitulation unterzeichnete (4. September). Es erübrigt sich meines Erachtens, über die Haltung eines Mannes ein Wort zu verlieren, der eine Festung vor Eröffnung der Laufgräben und bevor Bresche geschossen ist, übergibt. Wer sähe nicht, daß eine so schwache und lässige Verteidigung<20> ihren Grund in Bestechung hat20-1? Da Wunsch vor Dresden nun nichts mehr zu tun fand, zog er sich nach Torgau zurück. Die Reichstruppen waren herangerückt, um die Festung wiederzunehmen. Wunsch geht mit einer Handvoll Leute über die Elbe, schleicht sich in die Weinberge, stürzt sich von dort auf den Feind, schlägt ihn, erobert sein ganzes Lager und jagt ihn in die Flucht (8. September). Auf die Kunde hin schickte der König Finck mit einer Verstärkung von 10 Bataillonen und 20 Schwadronen ab, und die zwei vereinigten Korps rückten bis Meißen vor. Infolge dieser kleinen Unfälle wurde Hadik von der russischen Armee abberufen. Er marschierte durch die Lausitz, ging bei Dresden über die Elbe und rückte nach seiner Vereinigung mit den Reichstruppen stracks auf Finck los. Wunsch stand bei Siebeneichen in der Nähe von Meißen. Ein Teil der Österreicher griff ihn an, während das Hauptkorps bei Munzig über die Triebisch ging und in Fincks rechter Flanke erschien. Der General bedachte sich nicht lange. Er griff den Feind bei Korbitz an, schlug ihn, erbeutete einige Kanonen und nahm ihm 600 Gefangene ab (21. September). Wunsch blieb hinter ihm nicht zurück. Er trieb seine Angreifer gleichfalls mit Verlust zurück, und Hadik mußte nach Dresden flüchten.
Während Finck in Sachsen solche Fortschritte machte, rückte Ssaltykow über Sommerfeld und Christianstadt nach Schlesien. Kam man ihm nicht zuvor, so drohte dem flachen Lande Verwüstung und den festen Plätzen Belagerung. Deshalb marschierte der König nach Sagan, wo er vier österreichische Regimenter anzutreffen hoffte, die Campitelli zur Unterstützung der Russen heranführte. In Sagan vereinigte sich der König wieder mit dem Prinzen Heinrich, teilte ihm die von Finck errungenen Erfolge mit und ließ sich von ihm einige Verstärkungen zum teilweisen Ersatz der nach Sachsen und gegen die Schweden gesandten Detachements geben. Gleichzeitig trug er ihm auf, die Elbe zu erreichen, um sich mit Finck zu vereinigen und alles aufzubieten, um sich wieder in den Besitz von Dresden zu setzen. Der König selbst marschierte nach Neustädtel und kam dort den Russen zuvor. Ssaltykow hatte es auf Glogau abgesehen und wollte die Höhen von Baunau besetzen. Auch hier kam der König eher an (24. September). Als die feindlichen Kolonnen den Ort besetzt sahen, machten sie bei Beuthen halt, ohne jedoch ihre Zelte aufzuschlagen. Das schien zu besagen, daß sie die Preußen am nächsten Tage angreifen wollten. Sie brachten die Nacht im Biwak zu. Bei Tagesanbruch sah man die feindlichen Generale zur Rekognoszierung erscheinen. Der König hatte kaum 20 000 Mann im Lager. Die Stellung war freilich gut, aber die doppelte Niederlage durch die Russen war noch in frischem Gedächtnis. Daran dachten die feindlichen Generale jedoch nicht. Sie<21> kehrten zur Armee zurück, und alsbald wurden die Zelte aufgeschlagen. Prinz Heinrich und Fouqué hatten dem König gemeinsam Verstärkungen geschickt. Am Tage nach der Rekognoszierung langten diese an und wurden bei Nenkersdorf am Oderufer aufgestellt, wo sie sich verschanzten. In dieser Stellung blieben die beiden Armeen ziemlich ruhig stehen.
Das österreichische Korps lagerte indes eine halbe Meile von der russischen Armee. Ehe Ssaltykow ihm Hilfe zu bringen vermochte, konnte man es um so leichter schlagen, als es nirgends einen Stützpunkt hatte. Das reizte den König zu einem Angriff. In der Nacht vom 1. Oktober marschierte er auf das österreichische Lager los. Allein er fand es leer und griff nur einige Nachzügler aus. Von ihnen erfuhr er, daß die ganze Armee in der Nacht bei Carolath über die Oder gegangen sei. Die Preußen näherten sich dem Fluß und hörten eine lebhafte Kanonade. Zum größten Erstaunen sah man, daß dies Feuer von der russischen Arrieregarde herrührte, die die eben passierte Brücke über den Fluß mit starkem Geschützfeuer zerstörte. So dumm und täppisch waren die Russen. Dadurch war zwar das linke Oderufer sichergestellt, aber der König rückte nun zur Deckung des rechten Ufers mit der Armee nach Glogau. Dort gingen 10 Bataillone und 30 Schwadronen über den Fluß und postierten sich zur Deckung der Festung auf einer Anhöhe. Das Gros der Truppen lagerte dicht bei den Festungswerken. Ssaltykow nahm Stellung bei Kuttlau. Täglich fanden Scharmützel zwischen Husaren und Kosaken statt, die jedesmal zum Vorteil der Preußen ausfielen. Durch seinen schnellen Marsch hatte der König den geplanten Streich der Russen vereitelt. Sie verließen die Gegend von Glogau und schlugen die Straße nach Guhrau und Freystadt ein. Eine ihrer Kolonnen zog so dicht an den preußischen Verschanzungen vorbei, daß sie von der Artillerie beschossen wurde. Selbst ihre Nachhut wurde beunruhigt.
Währenddessen brach die Hauptarmee des Königs ihr Lager ab und rückte nach Köben. Aus Mangel an Pontons mußte sie den Übergang über die Oder auf einer Bockbrücke bewerkstelligen (8. Oktober). Nachdem die Truppen das andere Ufer erreicht hatten, nahmen sie Stellung hinter den sumpfigen Ufern der Bartsch und deckten so ganz Niederschlesien. Diericke, der den linken Flügel kommandierte, besetzte einen der Oderdämme und die Mühle, die einst durch Schulenburgs Rückzug vor Karl XII.21-1 berühmt geworden war. Die Hauptmacht der Preußen breitete sich in den Wäldern von Sophienthal aus. Rechts hatte ein Detachement eine feste Stellung an der Bartsch eingenommen. Falls der Feind auf Herrnstadt rückte, konnte es ihm von dort aus leicht zuvorkommen. Die Stellung war sehr gut und sehr sicher, nur etwas zu ausgedehnt. Zwei Dämme, die einzigen Übergänge über die Bartsch, waren von den Preußen besetzt und verschanzt. Aus Ärger über die Durchkreuzung all ihrer Pläne steckten die Russen recht barbarisch die Stadt Guhrau und die umliegenden<22> Dörfer in Brand und marschierten nach Verwüstung des ganzen Landes auf Herrnstadt, wo man ihnen aber zuvorkam. In ihrer angeborenen Brutalität beschossen sie die Stadt aus Rache mit Bomben und legten sie in Asche (23. Oktober). Trotzdem mußten sie bei dem engen Gelände, das sie besetzt hielten, aus Wassermangel schließlich wieder abziehen und Schlesien räumen.
Der König bekam damals einen starken Gichtanfall und ließ sich nach Beendigung der Operationen gegen die Russen nach Glogau bringen.
Die Russen war man für dies Jahr also los. Doch blieben noch Handstreiche Laudons gegen Schlesien zu befürchten. Zu seiner Beobachtung befahl der König Fouqué, seine Stellung bei Landeshut zu verlassen und den Österreichern von Trachenberg bis Ratibor zur Seite zu marschieren. Infolgedessen mußte Laudon, um Olmütz wieder zu erreichen, über Krakau und quer durch das Fürstentum Teschen ziehen.
In Schlesien war die Armee des Königs nun nicht mehr erforderlich. Sie rückte also unter Hülsens22-1 Führung nach Sachsen. Um uns bei der Aufzählung so vieler verschiedener Ereignisse nicht zu zersplittern, wollen wir jetzt die Operationen des Prinzen Heinrich in der Lausitz der Reihe nach aufzählen. Wir hatten ihn zuletzt bei Görlitz verlassen. Daun hatte sich seinem Lager genähert, um ihn anzugreifen. Aber der Prinz brach in der Nacht auf, marschierte über Rothenburg und griff am folgenden Tage bei Hoyerswerda das Korps Velas an. Der General wähnte sich vor jedem Überfall sicher. Plötzlich umringte ihn die preußische Kavallerie, durchbrach seine Infanterie und nahm Vela mit 1 500 Kroaten, der Hauptmacht seines Detachements, gefangen (25. September). Am Tage vor seiner Niederlage hatte Vela einen Brief von Daun mit der Versicherung erhalten, er könne ganz ruhig sein und sich auf den Schutz des Feldmarschalls vor etwaigen Angriffen des Prinzen Heinrich verlassen.
Nach diesem Zuge richtete der Prinz seinen Marsch auf Elsterwerda. Nach Lage der Dinge hätten die Preußen sich jetzt sofort bei Meißen vereinigen müssen, aber die Elbbrücke war zerstört, und die Mittel zu ihrer raschen Wiederherstellung fehlten. So mußte der Prinz denn bei Torgau über die Elbe gehen. Zugleich überschritt Feldmarschall Daun den Fluß bei Dresden und rückte dann auf Meißen. Zu schwach zum Widerstand, zog sich Finck auf Torgau zurück und vereinigte sich mit dem Prinzen Heinrich. Am 4. Oktober bezogen die Preußen eine Stellung bei Strehla. Die Österreicher rückten gegen sie vor und lagerten sich zwischen Riesa und Oschatz. Ihre Detachements dehnten sich bis Dahlen, Hubertusburg und Grimma aus. Der Prinz hatte ein Korps auf den Berg bei Schildau gestellt, das sich nun zum Rückzug in die Torgauer Wälder genötigt sah. Dadurch wurde der Prinz um seine rückwärtigen Verbindungen besorgt und marschierte zur Deckung seines Proviants wieder nach<23> Torgau (16. Oktober). Daun folgte ihm unmittelbar bis Belgern. Wenn der Prinz auch für seine gute Stellung nichts zu fürchten hatte, so mußte er doch nach seiner rechten Flanke hin acht geben. Er schickte daher Rebentisch nach Düben zur Beobachtung der feindlichen Unternehmungen. In der Tat beabsichtigte Daun, das preußische Lager zu umgehen. Zu diesem Zweck sandte er den Herzog von Aremberg mit 26 Bataillonen und 6 Kavallerieregimentern nach Dommitzsch. Der Prinz ließ das neue feindliche Lager erkunden, und da es sich als schwer angreifbar erwies, sandte er ein Detachement unter Wunsch zur Verstärkung von Rebentisch ab. Wunsch ging bei Torgau über die Elbe, bei Wittenberg wieder auf das andere Ufer und vereinigte sich mit Rebentisch, der sich inzwischen nach Bitterfeld zurückgezogen hatte. Da Aremberg ihm bei der großen Nähe in seiner Flanke lästig war, so verließ der Prinz sein Lager mit 15 Bataillonen und ebensoviel Schwadronen und erreichte Pretzsch, gerade als der Feind den Marsch nach Düben angetreten hatte. Nun griffen Prinz Heinrich und Rebentisch den Herzog von Aremberg zugleich an. Die feindliche Arrieregarde unter Gemmingen, 1 500 Mann stark, wurde gefangen genommen (29. Oktober). Dieser Schlag brach die Standhaftigkeit der Österreicher. Am 4. November zog sich Daun hinter den Ketzerbach zurück und nahm Stellung zwischen Zehren und Lommatzsch. Prinz Heinrich rückte bis Hirschstein vor und vereinigte sich dort mit Hülsen.
Durch seine Erkrankung längere Zeit an Glogau gefesselt, konnte der König das Lager nicht vor dem 13. November erreichen. Mit einer Bedeckung von 800 Mann war er durch die Lausitz marschiert, aber sein immer noch sehr schlechter Zustand hinderte ihn an jedem Unternehmen. Zur Umgehung des Feindes hatte Prinz Heinrich Finck nach Nossen detachiert. Daun hielt nicht stand, verließ den Ketzerbach und lagerte bei Dresden am Windberg im Plauenschen Grunde. Sogleich rückte Wedell vor, bemächtigte sich Meißens und tat der kaiserlichen Arrieregarde auf ihrem Rückzug viel Abbruch. Die Armee des Königs lagerte am selben Tage bei Schlettau, und General Diericke23-1, dessen Detachement das andere Elbufer besetzt hielt, marschierte nach Zscheila. Am nächsten Tage rückten die Preußen nach Wilsdruff, und Zieten stieß zur näheren Beobachtung des Feindes bis Kesselsdorf vor.
Durch die Wiedereroberung Dresdens wäre das Mißgeschick des Königs in diesem Feldzuge großenteils wettgemacht worden. Sie lag ihm um so mehr am Herzen, als Dresden die Winterquartiere sicherte und die Österreicher ständig in Sorge um Böhmen hielt. Aber Dauns Stellung war unangreifbar durch die steilen Felsen auf seinem linken Flügel und durch die Überschwemmung, die seinen rechten Flügel deckte. Zur Erreichung des Ziels blieb also nichts übrig, als die Stellung des Feindes mit Detachements zu umgehen. Auf diese Weise konnte man die Zufuhr seiner Lebensmittel erschweren und Daun durch einige Einfälle in Böhmen zur Aufgabe von<24> Dresden zwingen. Infolgedessen wurde Finck nach Freiberg detachiert. Er rückte von dort nach Dippoldiswalde, setzte sich bei Maxen fest und schob Wunsch bis zum Defilee von Dohna vor. In augenscheinlicher Unkenntnis vom Anmarsch der Preußen rückte eine Kolonne Reichstruppen unvorsichtig heran, wurde geschlagen und verlor dabei 400 Mann24-1. Zugleich drang Oberst Kleist24-2 mit seinen Husaren in Böhmen ein, verheerte die Gegend von Teplitz, Dux und Aussig und brachte eine Menge Gefangene zurück.
Feldmarschall Daun war über diese Beutezüge und besonders über Fincks Stellung erbost und sandte Brentano nach Dippoldiswalde. Daraufhin hätte Finck zurückgehen müssen; denn seine Order lautete, alle schwachen Detachements, auf die er stieß, anzugreifen, sich aber bei der Annäherung überlegener Streitkräfte zurückzuziehen. Er verließ sich sehr zur Unzeit auf seine Stellung, die an sich nicht schlecht war. Hätte er nur Mannschaft genug zu ihrer Besetzung gehabt! Seine Vertrauensseligkeit stürzte ihn ins Verderben. Er hatte nur einige Anhöhen mit Infanterie besetzt und eine der wichtigsten den Gersdorff-Husaren anvertraut, als ob Kavallerie zur Verteidigung von Stellungen geeignet wäre! Daun, der in seinem Lager durch den Felsenwall des Windbergs und die Überschwemmung der Friedrichstadt24-3 gesichert war, detachierte 40 000 Mann zum Angriff auf die bei Maxen so übel postierten Preußen. Der König erfuhr nichts von diesem Vorhaben. Da er aber von dem Marsche des Brentanoschen Korps nach Dippoldiswalde Meldung erhielt, entsandte er Hülsen mit 8 000 Mann zur Vertreibung des Feindes und zur Sicherung der Verbindung zwischen der Armee und dem bei Maxen stehenden Korps. Kaum aber war Hülsen in Dippoldiswalde angelangt, als er erfuhr, welche Katastrophe sich soeben ereignet hatte.
Am Morgen des 20. November hatten die Österreicher Finck angegriffen. Einige Kanonenschüsse vertrieben Gersdorff aus der Stellung, die er verteidigen sollte. Die feindliche Infanterie besetzte die Anhöhe, pflanzte Geschütz auf und beschoß nun von dort aus Fincks Flanke, während die Hauptarmee ihn in der Front angriff. Einige preußische Infanterieregiments taten ihre Schuldigkeit nicht. Der Feind eroberte eine Anhöhe, die sie besetzt hielten. Die preußische Kavallerie unternahm zur Unzeit einige schlecht geführte Angriffe und wurde mehrfach zurückgeworfen. Schließlich steckten die Österreicher das Dorf Maxen, das Fincks Linie in zwei Teile zerriß, in Brand. Nun gerieten die Truppen in Unordnung, die Verwirrung ergriff auch den Rest des Korps, und die Preußen räumten übereilt das Schlachtfeld. Im ersten Schreck liefen sie bis Dohna. Dort hatte Wunsch gerade die Reichsarmee trotz ihres nachdrücklichen Angriffs zurückgeschlagen. Hätten die preußischen Generale nach dem Unglück, das sie betroffen, noch einen Schatten von Besinnung bewahrt, so hätten<25> sie sich jetzt noch mit Ehren aus ihrer üblen Lage retten können. Sie brauchten bloß den Weg nach Glashütte einzuschlagen, der über Frauenstein und Freiberg führt. Schien ihnen aber dieser Weg, der ihnen bekannt war, dem Feinde zu nahe, so brauchten sie nur über Berggießhübel in Böhmen einzudringen. Von dort konnten sie leicht wieder nach Sachsen gelangen, sei es über Einsiedel, über Asch oder Sebastiansberg. Aber mit Ausnahme von Wunsch waren alle durch die Niederlage derart betäubt, daß sie völlig den Kopf verloren. Am folgenden Tage wurden sie von Daun umzingelt. Wunsch wollte mit der Kavallerie durchbrechen, aber Finck und die anderen hingen mehr an ihrer Bagage als an ihrer Ehre und untersagten ihm jede Feindseligkeit. Des preußischen Namens unwürdig, waren die Generale feig genug, sich dem Feinde zu ergeben und die Waffen zu strecken. Das Korps, das sich so schimpflich unterwarf, war 16 Bataillone und 35 Schwadronen stark.
Auf die niederschmetternde Nachricht von diesem traurigen Ereignis hin zog sich Hülsen von Dippoldiswalde nach Freiberg zurück. Dort stießen zu ihm die Kleistschen Husaren, die von ihrem Zug nach Böhmen zurückkehrten. Stolz auf seine Erfolge, rückte Daun ein paar Tage danach mit seiner Avantgarde bis an die Vorposten der Armee des Königs. Er wollte die Entschlossenheit der Preußen auf die Probe stellen, sah aber die Armee in Schlachtordnung, in guter Stellung und bereit, ihn zu empfangen, wenn ihn nach einem Kampfe gelüstete. Die Folge dieser Erkundung war eine ziemlich lebhafte Kanonade. Darauf kehrten die Österreicher in ihr Lager zurück. Einige Zeit später25-1 rückte der König nach Freiberg, führte Hülsen Verstärkungen zu und sorgte für die Sicherheit der Truppen. Auch fand er eine gute Stellung für das Korps, das dort stehen bleiben sollte. Die Front war durch die zwischen steilen Felsen fließende Mulde gedeckt, die nur an drei Stellen überschreitbar war, und zwar auf steinernen Brücken. Hinter diesen wurden starke Infanteriestellungen angelegt. Zur Vermehrung der Schwierigkeiten wurden die Brücken mit Reisig bedeckt und nur so viel Raum freigelassen, daß ein Reiter zur Erkundung hindurchkonnte. Auch waren die Reisigbündel mit Brennstoff vermischt, sodaß sie beim Auftauchen des Feindes sofort angezündet werden konnten, wodurch der Übergang unmöglich wurde.
Durch die errungenen Vorteile aufgeblasen, begannen die Österreicher sich für unüberwindlich zu halten. Macquire, der in Dippoldiswalde kommandierte, rückte mit 16 000 Mann, Bagage und allem Zubehör einer Truppe, wie beim Garnisonswechsel in Friedenszeiten, nach Freiberg, um sich dort festzusetzen. Er glaubte, die Preußen würden seine Ankunft garnicht abwarten, sondern sich sofort zurückziehen. Seine Annahme stützte sich auf einige Demonstrationen, die Beck gegen Torgau zu machen beauftragt war. Doch hatte der König schon Vorsorge getroffen und Truppen zur Verteidigung der Stadt abgesandt. Außerdem hatten Becks Demonstrationen garnichts Gefährliches, da er auf dem rechten Elbufer vorging und Torgau auf dem linken<26> Ufer liegt, also nur durch Belagerung von dieser Seite genommen werden konnte. Macquire kam um seinen Marsch; denn er fand die Preußen in Schlachtordnung am Muldeufer, bekam einige Geschützsalven und kehrte nach Dippoldiswalde zurück, wo er seine Winterquartiere bezog.
Trotz der rauhen Jahreszeit standen beide Armeen noch immer im Feldlager. Sie hatten Baracken errichtet und suchten sich so gut wie möglich gegen die Unbilden der Witterung zu schützen. So groß war auf beiden Seiten die Erbitterung und die Hartnäckigkeit, daß keiner einen Zoll breit weichen wollte! Bei Zscheila stand, wie gesagt, ein preußisches Detachement in fester Stellung, durch eine Verbindungsbrücke über die Elbe gesichert. Infolge plötzlich eintretender Kälte mußte die Brücke abgebrochen werden. Der Fluß ging mit Eis, war aber noch nicht ganz zugefroren. Diesen Augenblick benutzte Beck zu einem Angriff mit starken Kräften (3. Dezember). Diericke ließ seine Kavallerie und die Hälfte seiner Infanterie nach Meißen zurückgehen, hatte aber keine Zeit mehr, den Rest zu retten. Beck warf sich mit allen Kräften auf ihn, und nach blutigem Kampfe mußte der tapfere General mit drei Bataillonen die Waffen strecken und sich in österreichische Gefangenschaft geben (4. Dezember). Damit hatte das Mißgeschick der Preußen in diesem Jahr sein Ende.
Soviel Unglück und Mißerfolge hinderten den König indes nicht, neue Pläne zur Vertreibung der Österreicher aus Sachsen zu entwerfen. Zunächst ging er den Prinzen von Braunschweig um Hilfe an. Ende Dezember traf der Erbprinz mit 12 000 Mann in Freiberg ein. Diese Truppen ließ der König zur Verteidigung seines Rückens hinter der Mulde und marschierte selbst mit den Preußen stracks auf Dippoldiswalde, vertrieb alle feindlichen Abteilungen von den Ufern der Wilden Weißeritz, aus Pretzschendorf und Frauenstein und ließ seine Truppen dort Kantonnementsquartiere beziehen. Auf sein Vorgehen hin sandte Daun Verstärkungen an Macquire nach Dippoldiswalde, und Macquire selbst errichtete Verschanzungen und Batterien. Ein Frontalangriff auf seine Stellung war nur auf einem schmalen, in den Fels gehauenen Weg möglich, der außerdem von zwei feindlichen Batterien bestrichen wurde. Das war also unausführbar, und so dachte man denn auch garnicht daran. Zur Umgehung der Stellung boten sich nur zwei Wege. Den einen über Rabenau nach Possendorf hätte man zweifellos gewählt, hätte der Feind dort nicht vorsichtigerweise 8 Bataillone zur Verteidigung des Defilees aufgestellt, das zur Eroberung der Anhöhe passiert werden mußte. Der andere Weg führte über Glashütte. Er zieht eine Meile lang durch Bergschluchten und endigt am Fuß eines Felsens, wo Macquires linker Flügel stand. Der Weg war voller Schneemassen, die von den Bergen herabgerollt waren. Artillerie konnte hier also nicht durchkommen. Auch der Infanterie wäre es kaum gelungen, selbst wenn kein Feind das Defilee verteidigt hätte. Nach gründlicher Überlegung und genauer Erkundung des Geländes überzeugte man sich von der Unmöglichkeit, in dieser rauhen Jahreszeit noch etwas gegen die Österreicher zu unternehmen. Indes wurde alles ausfouragiert und alle Lebensmittel wurden<27> aufgezehrt, um dem Feinde in jener Gegend die Erhaltung großer Truppenmassen während des Winters unmöglich zu machen. Darauf ging der König nach Freiberg zurück. Die Armee bei Wilsdruff bezog enggelegte Kantonnementsquartiere in den Dörfern rings um das Lager, aber die Zelte blieben aufgeschlagen, und sechs Bataillone zogen unter täglicher Ablösung auf Wache. Ebenso verfuhren die Österreicher in ihrem Lager in Planen. Vielleicht ist dies das erste moderne Beispiel, daß zwei sich so nahestehende Heere während eines so strengen Winters im Felde blieben. Der Erbprinz kehrte, da es in Sachsen keine Lorbeeren mehr zu pflücken gab, Ende Januar 1760 wieder zur Armee der Verbündeten nach Westfalen zurück.
Nachdem wir die Hauptereignisse dieses Unglücksjahres berichtet haben, bleiben uns noch ein paar Worte über die Unternehmungen der Schweden in Pommern und in der Uckermark zu sagen. Solange man ihnen noch Truppen entgegenstellen konnte, waren sie leicht in Schach zu halten; denn 1 000 Mann Infanterie und 500 Husaren flößten ihnen schon großen Respekt ein. Auch waren ihre Verpflegungseinrichtungen völlig unzulänglich. Sie hatten weder eine Feldbäckerei noch Brot- oder Mehlwagen und ernährten sich, wo sie in der Übermacht waren, lediglich durch die vom Lande erpreßten Lieferungen. Aus dieser Vernachlässigung der notwendigsten Heereseinrichtungen erwuchsen den Schweden die größten Unzuträglichkeiten bei ihren Operationen. Die preußischen Generale, die gegen sie fochten, brauchten nur ihre Lieferungen zu stören. Dann mußten die von der Hand in den Mund lebenden Feinde aus Mangel an Lebensmitteln sofort bis an ihre Grenzen zurückweichen.
Zu Anfang des Jahres, gleich nach dem Abmarsch des Grafen Dohna, erhielt Manteuffel27-1 den Oberbefehl gegen die Schweden. Trotz seiner geringen Truppenzahl<28> vermochte er sich bis September zu halten. Dann aber zwang die unglückliche Schlacht von Kunersdorf den König, ihn zur Hauptarmee zu berufen. Mit dem Abzug seines Detachements begannen die Erfolge der Schweden. Sogleich besetzten sie Anklam, Demmin und Ückermünde28-1. Ihr diesjähriger Führer, Graf Fersen, schiffte sich mit 3 000 Mann in Stralsund ein, setzte nach der Insel Usedom über und griff das von der Landmiliz verteidigte Swinemünde an. Die Besatzung zog sich nach der Insel Wollin zurück, aber die Stadt wurde genommen, und kurz darauf ergab sich auch die Swinemünder Schanze den Schweden. In Stettin befand sich eine Handvoll Provinzialhusaren. Der Herzog von Bevern sandte sie nach Pasewalk, wo die Schweden eine befestigte Stellung hatten. Der Führer der Husaren, Major Stülpnagel, überrumpelte den Feind28-2 und machte 200 Gefangene — mehr Leute, als er selbst hatte. Fersen setzte sogleich nach der Insel Wollin über, bemächtigte sich der gleichnamigen Stadt und nahm 600 Mann Landmiliz gefangen28-3. Auch Prenzlau fiel wieder in die Hände der Schweden. Der König war damals gerade in der Lausitz und detachierte sofort Manteuffel mit den Rekonvaleszenten von Kunersdorf, die das Lazarett in Stettin verlassen hatten. Dazu fügte er das Freiregiment Hordt, die Meinicke-Dragoner und die Belling-Husaren. Dies gewaltige Korps gab den Dingen in Pommern sofort ein anderes Gesicht. Einige hundert Mann, die Manteuffel sogleich dem Feind in den Rücken schickte, nahmen die schwedische Garnison von Demmin gefangen und bemächtigten sich der Kriegskasse (22. Oktober). Die schwedische Armee zog sich umgehend zurück, ging bei Anklam wieder über die Peene und nahm ihr Winterquartier in Schwedisch-Pommern. Dort beunruhigte Manteuffel sie mehrfach durch die Belling-Husaren, die auf diesem kleinen Kriegstheater eine große Rolle spielten. Der häufigen preußischen Überfälle müde, versuchten die Schweden Anklam zu überrumpeln. In der Nacht griffen sie die Vorstadt an und brachten das mit ihrer Verteidigung beauftragte Freibataillon in Verwirrung. Manteuffel eilte aus der Stadt herbei, stieß jedoch bei der tiefen Dunkelheit statt auf das Freibataillon auf die Schweden und wurde gefangen genommen (28. Januar 1760). Aber die preußische Besatzung vertrieb die Schweden nicht nur, sondern machte noch 150 Gefangene. Hiermit endeten für dies Jahr die Kriegsereignisse in Pommern.
Nach einem für Preußen so unglücklichen Feldzuge war der König doch noch im Besitz des ganzen Gebietes, das er im vergangenen Winter innegehabt hatte, mit Ausnahme von Dresden und des Forts Peenemünde. Fouqué hatte Laudon bis Mähren begleitet und war dann nach Landeshut zurückgekehrt. Die preußische Armee in Sachsen dehnte sich von Wilsdruff bis Zwickau aus. Ein Kavalleriekorps stand in Koßdorf zur Deckung von Torgau und der Kurmark. So lagen die Dinge nach einer Kette von Mißgeschicken noch über Erwarten gut. Allerdings verlor das Leibregiment<29> Karabiniers in Zeitz bei einem Überfall noch 150 Mann (17. Februar 1760), doch fand man im Winter noch Zeit genug, den Verlust wettzumachen. In der oben beschriebenen Stellung erwarteten die Armeen beider Gegner das Nahen des Frühlings. Dann sollte das Kriegsglück von neuem zwischen ihnen entscheiden.
<30>11. Kapitel
Der Winter von 1759 auf 1760.
Ein Ereignis, das in diesem Jahre eintrat, hätte in Europa große Veränderungen hervorrufen können, tat es jedoch nicht. Der König von Spanien starb ohne Hinterlassung von Leibeserben30-1. Sein Reich fiel von Rechts wegen an seinen Bruder Don Carlos, König von Neapel. Darüber hatte es bisher weder Streit noch Widerspruch gegeben, wohl aber über die Thronfolge in Neapel. Ohne die Könige von Spanien und Neapel zu fragen, hatten die Franzosen, Österreicher und Engländer im Aachener Frieden vereinbart, falls Don Carlos seinem Bruder auf den spanischen Thron folgte, sollte dessen jüngerer Bruder Don Philipp, Herzog von Parma, König beider Sizilien werden. Parma jedoch sollte nach dem Heimfallsrecht in österreichischen Besitz zurückkehren30-2. Der König von Neapel nahm keinerlei Rücksicht auf diesen Vertrag, gegen den er feierlich protestiert hatte, und regelte die Nachfolge nach eigenem Ermessen. Sein ältester Sohn30-3 war irrsinnig und wurde deshalb für regierungsunfähig erklärt. Der zweite30-4 wurde zum Prinzen von Asturien ernannt und der dritte30-5 zum König beider Sizilien. Durch diese Anordnung blieb Don Philipp Herzog von Parma, und die Kaiserin-Königin erhielt das Herzogtum nicht. Hundert Kriege entstanden in Europa aus geringfügigeren Ursachen. Wenn es hier beim Frieden blieb, so lag das nicht an der Mäßigung der Kaiserin-Königin; denn das ist nicht die gewöhnliche Tugend der Herrscher. Der Grund lag in den Zeitumständen, d.h. in dem in Deutschland bereits entbrannten Kriege, in dem wilden Haß und dem noch glühenderen Wunsche, Schlesien wiederzugewinnen. War doch diese Provinz weit wichtiger als die Herzogtümer Parma und Piacenza. So verbargen denn die Kaiserin-Königin und der ebenfalls etwas geschädigte König von Sardinien ihre Unzufriedenheit. Frankreich betrieb die Vermählung des Erzherzogs Josef mit der Tochter des Herzogs von Parma30-6, und man einigte sich, die italienischen Angelegenheiten bis zum<31> Frieden in Deutschland ruhen zu lassen. Frankreich, das den Vermittler spielte, versprach, alsdann jedermanns Ansprüche zufriedenzustellen.
Aufmerksam verfolgte der König die Veränderungen in Italien. Nichts wäre ihm erwünschter gewesen als eine Diversion in der Lombardei, sei es gegen den König von Frankreich, sei es gegen die Königin von Ungarn. Um zu wissen, woran er war, schickte er seinen Adjutanten Cocceji an den Turiner Hof, um dem König von Sardinien den Puls zu fühlen31-1. Doch der war alt und abergläubisch geworden und hatte den kriegerischen Geist verloren, durch den er sich in seinen jungen Tagen ausgezeichnet hatte. Ihm selber fehlte jeder Wunsch und Wille einzugreifen, aber noch mehr als Alter und Frömmelei hielt ihn seine politische Lage in Schranken. Zwischen den Savoyarden und Neapolitanern herrschte mehr Feindschaft als dereinst zwischen Römern und Karthagern. Infolgedessen war der König von Sardinien, besonders seit der Verbindung zwischen Frankreich und Österreich, ohne Bundesgenossen und hätte im Fall eines Krieges Österreich, Frankreich, Spanien, Neapel und Parma auf dem Halse gehabt. Das aber fürchtete er. Infolge des Zwiespalts zwischen jenen beiden Völkern und der geringen Wahrscheinlichkeit, sie zu einigen, mußte also der König von Preußen alle auf Sardinien gesetzten Hoffnungen aufgeben. Doch ließ er sich durch den fehlgeschlagenen Versuch nicht von vielen anderen abschrecken.
Von Tag zu Tage wurde die Last des Krieges drückender und die Gefahr größer. Soviel Glück die Preußen auch haben mochten, es mußte sie doch zuweilen im Stich lassen, da sie zu oft darauf angewiesen waren. Von Italien war also nichts zu erwarten. Auch die Pforte schien bisher nicht geneigt, mit Österreich zu brechen31-2. So blieb denn als einziges Mittel, die Mächte der großen Allianz zu veruneinigen oder zu trennen. Das führte zu Verhandlungen mit Frankreich und Rußland und zum Versuch, eines beider Länder von Österreich loszulösen. Die Könige von Preußen und von England kamen überein, allen Mächten erklären zu lassen, daß ihnen an der Wiederherstellung des allgemeinen Friedens viel gelegen wäre. Prinz Ludwig von Braunschweig wurde beauftragt, den Gesandten der kriegführenden Mächte im Haag diese Eröffnung zu machen31-3. Gleichzeitig versicherte England den Franzosen, es sei zu Verhandlungen geneigt, um dieses heilsame Ziel zu erreichen.
Bei Frankreich durfte man eine gewisse Friedensneigung voraussetzen, da es durch all die schweren, eben erlittenen Verluste entmutigt sein mußte. Die Engländer hatten ihnen in diesem Jahre Guadeloupe, Quebec und das Fort Niagara in Kanada ab<32>genommen. Ferner war La Clues Geschwader auf der Höhe von Lagos vernichtet worden, und Admiral Hawke hatte Conflans´ Flotte geschlagen32-1 und eine beträchtliche Anzahl französischer Schiffe, die vor der Vilaine-Mündung gestrandet waren, verbrannt. Le Forts Geschwader hatte die Franzosen bei Masulipatam völlig besiegt. Sie verloren das Fort St. David und wurden auch in Ostindien geschlagen. Dort bemächtigten sich die Engländer der ausgedehnten französischen Niederlassungen in Pondichery.
Soviel Mißgeschick mußte also Frankreich einen Krieg verleiden, in dem es nur verlor und nichts zu hoffen hatte. Dennoch waren beide Nationen von einer Einigung über die Grundlagen des Friedens weit entfernt. Der König fühlte die Notwendigkeit, beide Mächte einander zu nähern. Denn im Fall einer Einigung hätte sich Frankreich infolge seines Separatfriedens von Österreich getrennt. Preußen betrieb die Angelegenheit um so eifriger, als die Feinde nach langem Hin und Her erklärt hatten, die zur Wiederherstellung des Friedens gemachten Vorschläge anzunehmen, falls ein Kongreß nach Augsburg berufen würde, auf dem alle Mächte sich über ihre verschiedenen Interessen einigen könnten32-2. Einen langwierigeren Weg hätten Preußens Feinde nicht ersinnen können, um den Frieden je nach ihrem Vorteil hinauszuzögern. Denn die widerstreitenden Interessen so vieler Fürsten hätten naturgemäß die lebhaftesten Erörterungen hervorgerufen. Auch hätte es nie an Vorwänden gefehlt, die Verhandlungen ganz nach Belieben in die Länge zu ziehen. Ein schlagender Beweis dafür ist der Kongreß zu Münster: es dauerte acht Jahre, bis der Westfälische Friede zustande kam. Daran lag dem König also nichts. Bei der Übermacht seiner Feinde kam es ihm ebenso sehr auf rasche Beendigung der Kriegswirren an, als dem Wiener Hof eine Verzögerung erwünscht war. Denn Österreich hoffte, mit Hilfe seiner vielen Bundesgenossen Eroberungen zu machen.
Bei dieser Lage der Dinge sandte der König einen Unterhändler nach Frankreich, der die Absichten des Versailler Hofes sondieren und ihm, sowie dem König von England Bericht erstatten sollte. Die Wahl fiel auf den jungen Edelsheim, dessen Vater Güter in der Nähe von Frankfurt a. M. hatte. Der junge Mann war unabhängig und vom Gothaer Hof warm empfohlen, eignete sich zu diesem Geschäft auch besonders, da niemand ihn kannte und sein Erscheinen in Versailles keinen Argwohn erregen konnte. Ohne besonderen Titel reiste der junge Mann ab, mit einer Empfehlung an den Bailli de Froullay, den Gesandten des Maltheserordens in Frankreich, versehen32-3. Edelsheim wurde in Paris leidlich aufgenommen. Man bedeutete ihm in<33> unbestimmten Ausdrücken, daß die Erledigung seines Auftrages von der mehr oder minder schnellen Beilegung der Streitpunkte zwischen England und Frankreich abhängen würde. Man habe jedoch gehört, der König von Preußen gedenke den König von Polen auf Kosten zahlreicher deutscher Kirchenfürsten zu entschädigen, die er säkularisieren wolle. Das aber könne der Allerchristlichste König nie und nimmer zugeben. Edelsheim brachte dem König den Bescheid nach Freiberg und reiste dann nach London, um ihn den großbritannischen Ministern zu übermitteln.
Zugleich mit Edelsheim tauchte in London ein anderer Politiker auf, eine rätselhafte Erscheinung, über deren Wesen man nie ins klare gekommen ist. Er nannte sich Graf St. Germain33-1, hatte in französischen Diensten gestanden und sich bei Ludwig XV. so in Gunst gesetzt, daß der König ihm das Schloß Chambord schenken wollte. Nun spielte er die Rolle eines Gesandten, befaßte sich ohne Vollmacht mit Unterhandlungen und äußerte sich zugleich in beleidigender Weise über Frau von Pompadour und den Herzog von Choiseul. Die Engländer behandelten ihn als Abenteurer und wiesen ihn ab. Ob nun aber das englische Ministerium St. Germain nicht traute oder infolge seiner Eroberungen die Hoffnungen höher schraubte, oder ob es gar mit der Erklärung des Versailler Ministeriums über den Kongreß33-2 unzufrieden war, kurz, das Ministerium beauftragte den englischen Vertreter im Haag, Yorke, mit der Mitteilung an den französischen Gesandten Affry, der König von Großbritannien wäre zum Frieden geneigt und böte seine Hand zur Abhaltung eines Sonderkongresses, falls Frankreich die ungeschmälerte Erhaltung Preußens zur Grundlage der Präliminarien mache. Frankreich antwortete, es wünsche zwar nichts sehnlicher als die Beilegung seiner Differenzen mit England. Da es aber mit Preußen garnicht im Kriege läge, so könne es über die Interessen des Königs von Preußen nicht zugleich mit denen Seiner Britischen Majestät verhandeln. Mit dieser Antwort schwand die ohnedies schwache Hoffnung, die man auf die ganze Verhandlung gesetzt hatte.
Edelsheim hatte einige Koffer in Paris gelassen und reiste von London über Holland wieder nach Frankreich. Er verheimlichte seine Ankunft nicht, sondern begab sich gleich zum Bailli de Froullay. Der war von der Aufrichtigkeit der Friedenswünsche des Königs von Frankreich überzeugt und bewog Edelsheim, seine Abreise um einige Tage zu verschieben, um Zeit zur Wiederaufnahme der abgebrochenen Verhandlungen zu gewinnen. Wie groß aber war Edelsheims Erstaunen, als er am nächsten Tage (3. Juni) durch eine Lettre de cachet verhaftet und in die Bastille gebracht ward! Noch am selben Tage begab sich der Herzog von Choiseul dorthin und<34> versicherte dem Gefangenen, er habe kein anderes Mittel zu einer ungestörten Besprechung gewußt, ohne bei dem österreichischen Gesandten, der alle seine Schritte überwachte, Verdacht zu erregen. Er fügte hinzu, der Ort sei für eine geheime Verhandlung sehr geeignet; er wünsche Edelsheim zu öfterer Unterredung dort zu behalten und verspreche, ihm die Mittel zur raschesten und sichersten Beförderung seiner Depeschen an den König von Preußen zu verschaffen. Dann erging er sich in Klagen über die Österreicher, die all seine Schritte beobachteten. „Denn Herr von Starhemberg“, fügte er hinzu, „ist über alle Personen unterrichtet, die der König von Preußen bei diesen Verhandlungen verwandt hat. Eben erst hat er einen Kurier aus Wien empfangen, von wo man ihn über alle Vorgänge unterrichtet.“ Der unwürdige Auftritt hatte nur den Zweck, sich der Edelsheimschen Briefschaften zu bemächtigen. Choiseul hoffte darunter Instruktionen des Königs zu finden und damit Klarheit über dessen Absichten zu gewinnen. Indes fand er nur ein Beglaubigungsschreiben, das der Unterhändler aus Mangel an Gelegenheit nicht benutzt hatte. Choiseul war beschämt über die magere Entdeckung und verlor die Lust an der Fortsetzung seiner schlimmen Praktiken. Er ließ Edelsheim am folgenden Tage in Freiheit setzen, mit dem Befehl, Frankreich auf dem Wege über Turin zu verlassen. Vielleicht scheint der ganze Vorfall hier zu weitläufig ausgeführt. Doch geschah das teils wegen seiner Sonderbarkeit, besonders aber zur Kennzeichnung der damaligen Denkweise am Versailler Hofe. Denn wenn man die Vorsicht bedenkt, die man dort anwandte, um beim Wiener Hofe keinen Verdacht zu erregen, so wird man sich leicht von der Unterwürfigkeit des französischen Ministeriums gegenüber den Österreichern überzeugen.
Auch die Schritte des Königs in Petersburg hatten keinen größern Erfolg. Dort wurde ein Holsteinscher Edelmann benutzt34-1, der aber nicht einmal Gelegenheit fand, seine Aufträge anzubringen. Immerhin schickten ihn die Russen wenigstens glimpflicher fort als die Franzosen den Freiherrn von Edelsheim. Die Kaiserin Elisabeth war nun einmal gegen den König von Preußen allzu voreingenommen und erbittert, als daß sie sich leicht eines Besseren hätte belehren lassen. Sie wurde von ihrem Günstling34-2 und dieser wieder vom Wiener Hofe regiert. Ihre ganze Umgebung war Frankreich und Österreich blind ergeben. Da sie außerdem die Provinz Preußen schon für einen Teil Rußlands ansah34-3, glaubte sie durch die geringste Unterhandlung mit dem König sich aller Vorteile zu begeben. So fand man denn alle Wege gesperrt, um ihr die geplanten Vorschläge zukommen zu lassen.
Während man so an alle Türen klopfte, sah man nur Dänemark ein wenig zur Unterstützung der Preußen geneigt. Der König von Dänemark fürchtete das Anwachsen der russischen Macht und noch mehr ihre Nachbarschaft. Er wußte, daß die Russen sich für dies Jahr zur Belagerung von Kolberg anschickten. Die Eroberung<35> der Festung hätte ihnen die Vorherrschaft in der ganzen Ostsee gesichert. Die gegenwärtigen Pläne Rußlands liefen also den dänischen Interessen strikt zuwider. Eine noch größere Gefahr aber drohte für die Zukunft. Hatte doch Großfürst Peter Ansprüche auf Schleswig35-1, die er nach der Thronbesteigung geltend machen konnte. Das wäre ihm von Pommern aus um so leichter gefallen. Liegt dagegen ein Reich wie Preußen zwischen Rußland und Dänemark, so wird es dem russischen Kaiser bei all seiner Macht unmöglich, Krieg in Holstein zu führen. Diese wohlbegründeten Erwägungen bestimmten das Ministerium in Kopenhagen, dem preußischen Gesandten einigermaßen entgegenzukommen. Anfänglich bot es Hilfstruppen zur Verteidigung Pommerns an35-2, bereute aber den Vorschlag bald wieder aus Furchtsamkeit und Unentschlossenheit. Erschrocken über sein eigenes Vorgehen, sann es nun bloß darauf, sich auf gute Weise herauszuziehen. Um also die Verhandlungen abzubrechen, ohne dem König Grund zu einem Vorwurf zu geben, spannte das dänische Ministerium die Forderungen für seine Hilfe so hoch, daß es ihrer Ablehnung so gut wie sicher war. Das Scheitern so vieler Versuche, Unterhandlungen anzuknüpfen, überzeugte den König immer mehr von der Unmöglichkeit, unter den gegenwärtigen Umständen etwas von den europäischen Höfen zu erlangen. Die Gewalt der Leidenschaften beherrschte die Geister, und die Erregung der Gemüter war noch zu heftig, als daß sie sich hätten beruhigen lassen. Um mit Ehren aus dem verhängnisvollen Kriege hervorzugehen, blieben dem König also nur zwei Bundesgenossen: Tapferkeit und Beharrlichkeit.
All diese Verhandlungen der Kabinette hatten auf die Tätigkeit der Armeen keinen Einfluß und hinderten die Feinde nicht an verschiedenen Unternehmungen noch während des Winters. Ein Teil der Russen lag bei Neustettin in Winterquartieren. Sie faßten den Plan, Schwedt zu überfallen. Dort befanden sich der Bruder des Königs, Prinz Ferdinand, ferner der Markgraf von Schwedt und der Prinz von Württemberg35-3. Einige Tage, nachdem Prinz Ferdinand abgereist war, vergaßen die wachehaltenden Bürger, die Oderbrücke aufzuziehen. Das benutzten die Kosaken, um in die Stadt zu dringen (22. Februar). Sie nahmen den Markgrafen und den Prinzen von Württemberg im Schloß gefangen und führten sie eine Meile weit fort. Dort stellten ihnen die Prinzen einen Revers aus, in dem sie sich für gefangen erklärten35-4. Die Kaiserin von Rußland mißbilligte dies Vorgehen jedoch und wollte nichts von Lösegeld hören.
In der Lausitz dauerte der Krieg im Winter wie im Sommer fort. Wie oben erwähnt, hatte der König zur Beobachtung Becks ein Kavalleriekorps unter Czettritz35-5<36> nach Koßdorf gelegt36-1. Alsbald versuchte der österreichische General einen Überfall auf die preußische Kavallerie. Czettritz erfuhr davon, begab sich zu den Vorposten und traf dort gerade in dem Augenblick ein, wo Beck sie angriff. Die Vorposten zogen sich, vom Feinde verfolgt, auf das Hauptkorps zurück. Dabei fiel Czettritz unglücklicherweise durch den Sturz seines Pferdes in die Hände der Österreicher. Indes griffen die Schmettau-Kürassiere die Beckschen Truppen an, schlugen sie und brachten 200 Gefangene ein (20. Februar).
Ich erspare dem Leser eine Unzahl kleiner Streifzüge und Vorfälle, die Folgen jener hartnäckigen Erbitterung, die den ganzen Krieg kennzeichnete, und des Wunsches nach Auszeichnung, der auch die niederen Offiziere beseelte. Diese kleinen Unternehmungen waren gleichsam das Vorspiel der großen Schläge, die die Kaiserlichen und die Preußen im nächsten Feldzug zu führen planten.
<37>12. Kapitel
Feldzug des Jahres 1760.
Im Frühjahr übernahm der König den Oberbefehl über die Armee in Sachsen. Infolge des Unglücks, das seine Truppen im letzten Feldzuge gehabt hatten, mußte er zur Verstärkung seiner Kavallerie die beiden Dragonerregimenter von der Armee der Verbündeten abberufen37-1. Prinz Heinrich wurde gegen die Russen geschickt. Fouqué sollte die Pässe bei Landeshut bewachen und der Prinz von Württemberg die Schweden in Schach halten. Da die Truppen sich in sehr schlechtem Zustand befanden, durften sie nur mit großer Vorsicht verwandt werden. Ein Absenden von Detachements war nicht ratsam. Man mußte den Krieg auf einem möglichst beschränkten Gebiet führen. Die bei Maxen und unter Generalmajor Diericke verloren gegangenen Truppen37-2 waren während des Winters neu formiert worden, aber es waren keine altgedienten, gebrauchsfähigen Soldaten. Sie kamen im Ernstfall garnicht in Betracht. Denn was sollte man mit einem Haufen von Leuten anfangen, die zur Hälfte aus sächsischen Bauern, zur Hälfte aus feindlichen Deserteuren bestanden und von Offizieren geführt wurden, die man nur aus Not und aus Mangel an besseren angestellt hatte? Auch hatten die Infanterieregimenter kaum mehr zwölf Offiziere, statt der vorschriftsmäßigen Zahl von zweiundfünfzig. Aber trotz solcher Mißstände erlahmte die Tatkraft nicht; denn die Notwendigkeit gebot zu handeln. Statt sich über den schlechten Zustand der Truppen zu beklagen, dachte der König nur daran, den Feinden stärker als je Widerstand zu leisten.
Auf österreichischer Seite hatte Laudon den Oberbefehl über die gegen Schlesien bestimmte Armee erhalten, die sich auf 40 000 Mann belief. Die Russen sollten seine Operationen unterstützen und zu dem Zweck an die Oder vorrücken, wie die beiden Kaiserinnen es verabredet hatten. Feldmarschall Daun behielt das Kommando über<38> die Hauptarmee, die in Sachsen zusammengezogen werden sollte. Von dort aus gedachte er sich nach Schlesien zu wenden, um es vollständig zu erobern, indes der Prinz von Zweibrücken mit den Reichstruppen bei Dresden bleiben, Sachsen vom Feinde säubern und die wenigen dort noch stehenden Preußen vertreiben sollte38-1.
Die Übermacht der Feinde, die den König von allen Seiten bedrängten, ihr Plan einer stärkeren Konzentrierung der Truppen in diesem Feldzug und schließlich die Schwäche der preußischen Armee nach so manchen, noch frischen Verlusten, all das ließ für den bevorstehenden Feldzug noch Schlimmeres befürchten als für den vergangenen. Indes bemühte sich der König, den Mut der Soldaten zu beleben und ihnen Selbstvertrauen einzuflößen. Das geschah durch die Vorspiegelung von bald zu erwartenden Diversionen, durch Verbreitung von günstigen Prophezeiungen und Anwendung aller Arten von Täuschung, die dem Volke gegenüber zu seinem eigenen Vorteil erlaubt sind.
Am 26. April bezog der König die Lager von Schlettau und bei den Katzenhäusern38-2. Die dorfreiche Gegend gestattete, den größten Teil der Armee in Kantonnementsquartiere zu legen. Dort genossen die Truppen die ersten ruhigen Augenblicke.
Wir hatten Laudon zuletzt in Olmütz verlassen. Jetzt drang er in Oberschlesien ein. Seine Kavallerie griff Goltz38-3 an und zwang ihn zum Rückzug auf Neustadt und später nach Neiße. Das Regiment Manteuffel wehrte sich während des ganzen Marsches gegen vier österreichische Kavallerieregimenter, die es umsonst auseinanderzusprengen versuchten (15. März). Nachdem Laudons Streich mißlungen war, ließ er Draskovich mit 6 000 Mann in Neustadt zurück und marschierte mit den übrigen Truppen nach Böhmen. Nun, wo Draskovich allein stand und seinen Ruhm mit niemandem zu teilen brauchte, wollte er etwas unternehmen. Als er erfuhr, daß ein Bataillon vom Regiment Mosel Landeshut verlassen hätte und nach Neiße marschierte, griff er es mit seiner ganzen Kavallerie an. Doch das Bataillon verteidigte sich trefflich, verlor nichts, tötete zahlreiche Feinde und rückte wie im Triumph in die Festung Neiße ein (31. Mai).
Gegen die Russen in Pommern war Forcade38-4 detachiert. Er hatte drei Korps zu ihrer Beobachtung vorgeschoben: Platen nach Schivelbein, Grabow nach Köslin und Gablentz38-5 nach Greifenberg. Prinz Heinrich, der den Oberbefehl führte, war gerade in Sagan und hatte dort die Detachements Goltz und Schmettau38-6 an sich gezogen. Doch fand er es nun zweckmäßiger, sich den Russen zur Vereitelung ihrer Pläne mehr zu nähern. Er marschierte daher nach Frankfurt und ließ Forcade nach Landsberg rücken, das zum Sammelpunkt der Armee bestimmt war.
<39>Während der Prinz seine Truppen zusammenzog, marschierte Laudon durch die Grafschaft Glatz und drang mit zwei Korps in Schlesien ein. Das eine rückte über Silberberg nach Reichenbach und vereinigte sich dort mit dem zweiten, das die Straße über Patschkau eingeschlagen hatte. Auf die Nachricht von diesem Einfall glaubte Fouqué, der Feind wolle Breslau angreifen. Sofort verließ er die Landeshuter Pässe und rückte nach Canth. Ungesäumt benutzten die Österreicher seine Abwesenheit und ließen die Stellungen von Grüssau und Landeshut durch Detachements besetzen. Laudon aber kehrte mit seiner Armee in die Grafschaft Glatz zurück und blockierte die Festung. Als sich Fouqué durch diese neue plötzliche Bewegung der österreichischen Truppen hintergangen sah, kehrte er nach Landeshut zurück und vertrieb den Feind von dort ohne Mühe. Er wollte die böhmischen Pässe besetzt halten und Verstärkungen abwarten, um dann über Braunau in die Grafschaft Glatz einzudringen und die Festung zu entsetzen. Er lagerte auf den Bergen. Sein rechter Flügel stand auf dem Blasdorfer Berge, der linke auf dem Doktorberg39-1. Die richtige Besetzung dieses Geländes hätte freilich die dreifache Truppenzahl erfordert. Aber Fouqué konnte den ganzen Raum jetzt weniger denn je ausfüllen, da er zur Sicherung seiner Verbindung mit Schweidnitz Zieten39-2 mit vier Bataillonen nach dem Zeiskenberg detachiert hatte.
Sobald Laudon von der Stellung der Preußen bei Landeshut erfuhr, ließ er 12 000 Mann vor Glatz zur Fortsetzung der Blockade, marschierte mit dem Gros seiner Truppen über Johannesberg und Wüstegiersdorf, bezog ein Lager bei Schwarzwaldau und vertrieb von dort die Malachowski-Husaren von ihrem Beobachtungsposten. Die Gelegenheit war günstig, sich mit geringen Kosten großen Ruhm zu erwerben. Laudon hatte sich gegenüber nur 8 000 Preußen und konnte sie mit 28 000 Mann angreifen. Doch wollte er sie der größeren Sicherheit halber auch noch überrumpeln. In der Nacht zum 23. Juni bemächtigte er sich zweier Anhöhen, auf denen Fouqués rechter Flügel stand. Im Besitz dieser wichtigen Stellung fiel ihm die Errichtung von Batterien nicht schwer, die die Preußen im Rücken und von der Seite beschossen. Den Rest der Stellung verteidigte Fouqué aufs tapferste. Nach großen Verlusten bemerkte er eine österreichische Kavalleriekolonne, die in vollem Anmarsch war, um ihm den Rückzug abzuschneiden. Daraufhin verließ er die Höhen, formierte mit seiner Infanterie ein Karree und trat so den Marsch an, um die Straße nach Wolkenhain zu erreichen. Die Truppen hatten fast all ihr Pulver verschossen. Die österreichische Kavallerie griff sie an, wurde verschiedentlich zurückgeworfen, drang aber trotz heldenmütiger Verteidigung schließlich in das Karree ein. Fouqué wurde zweimal verwundet und mit dem größten Teil der Mannschaft gefangen genommen39-3. Er hatte sich von 2 Uhr morgens bis 10 Uhr vormittags verteidigt. Die Niederlage<40> konnte dem seit so lange festgegründeten Rufe des tapfern Offiziers in keiner Weise schaden, nein, im Gegenteil dessen Glanz nur erhöhen. Haben wir doch hier ein leuchtendes Beispiel dafür, was Tapferkeit und Festigkeit gegen einen noch so zahlreichen Feind vermögen. Sein mannhafter Widerstand findet in der Geschichte nicht seinesgleichen, außer in der Verteidigung der Thermopylen durch Leonidas mit seinen Spartanern. Beider Schicksal war fast das gleiche. Indessen war nicht das ganze Korps verloren. Die Gersdorff-Husaren und die Platen-Dragoner hieben sich durch und retteten sich mit 1 500 Mann Infanterie, die sie nach Breslau zurückgeleiteten. Nach dieser Katastrophe verließ Zieten den Zeiskenberg und warf sich in die Festung Schweidnitz, um nicht Fouqués Schicksal zu teilen. Wie Barbaren nutzten die Österreicher den errungenen Vorteil aus. Auf Befehl der Generale, die die Grausamkeit und die Ausschreitungen der Truppen noch ermunterten, plünderten sie Landeshut und begingen allerlei Schandtaten und Räubereien. Die zügellose, wilde Soldateska verschonte nur das Elend und die Häßlichkeit.
Die erste Nachricht, die der König in Sachsen erhielt, war die von der Einschließung der Festung Glatz. Dadurch wurde seine Lage noch kritischer. Es war ebenso bitter, Glatz, den Schlüssel Schlesiens, preiszugeben, wie unmöglich, der Festung zu Hilfe zu kommen. Auch mußte man nach ihrem Verluste mit der Unhaltbarkeit der böhmischen und schlesischen Pässe rechnen; denn einmal im Besitz der Übergänge von Silberberg und Martha, konnten die Österreicher den auf den Bergen stehenden preußischen Truppen leicht in den Rücken fallen, und eine andere Stellung zur Deckung der Provinz war dann nicht mehr zu finden. Andrerseits war es ebenso gefährlich, Sachsen zu verlassen. Rückte der König mit einem Teil seiner Truppen nach Schlesien, so liefen die in Sachsen bleibenden Gefahr, von der großen Überzahl der Österreicher erdrückt zu werden. Als beste Lösung erschien ihm, es beim Marsche nach Schlesien so einzurichten, daß Feldmarschall Daun ihm nachzog, sozusagen in seinem Gefolge. Auch war dieser Ausweg nicht gefahrlos; denn dadurch kam der König unvermeidlich zwischen Laudon, der schon in Schlesien stand, und die Armee Dauns, falls dieser wirklich nachfolgte. Jedoch rechnete der König auf die Vereinigung mit Fouqué, dessen Niederlage ihm noch unbekannt war, und zog den Entschluß, nach Schlesien zu marschieren, allen anderen vor. Infolgedessen ließ er den für Schlesien bestimmten Teil des Heeres über die Elbe gehen. Die Brücke wurde bei Zehren geschlagen, und die Truppen überschritten sie am 14. Juni. Am andern Ufer stieß zu ihnen der Prinz von Holstein mit den zwei Dragonerregimentern von der Armee der Alliierten.
Beim Anmarsch der Preußen zogen sich alle Detachements Lacys auf Reichenberg zurück, und der König bezog sein Lager bei Zscheila gegenüber von Hülsen, dessen Korps bei Meißen stehen geblieben war. Zur Verbindung beider Korps wurden schleunigst Brücken über die Elbe geschlagen. Von Zscheila rückte der König nach Radeburg (18. Juni). Unterwegs kam er nach Lacys Lagerstätte, die von den vier dem Lacyschen Korps beigegebenen sächsischen Dragonerregimentern bewacht wurde. Die preußische<41> Avantgarde machte Jagd auf sie, nahm ihnen 400 Mann ab und zwang sie zu fluchtartigem Rückzuge auf das Lacysche Hauptkorps, das am Fuß der Höhen von Boxdorf und Reichenberg beim Dorfe Berbisdorf stand. Die preußische Armee schickte sich an, Lacy am nächsten Tag anzugreifen, wartete aber noch auf das Eintreffen Hülsens, dem der König Befehl hatte zukommen lassen, mit einem Teil seiner Truppen zu ihm zu stoßen. Aber Hülsen konnte erst in der Nacht das Lager bei Radeburg erreichen.
Am nächsten Tage hatte sich das Bild bereits verschoben. Daun war bei Dresden über die Elbe gegangen und hatte das Lager von Boxdorf und Reichenberg bezogen. Auch hatte Lacy Berbisdorf bei Nacht verlassen, um den rechten Flügel der Daunschen Stellung bei Lausa zu decken. Der König besetzte das vom Feinde geräumte Gelände und stellte Krockow41-1 mit 3 Husarenregimentern, 2 Dragonerregimentern und 2 Freibataillonen rings um Berbisdorf auf. In der nächsten Nacht griff Lacy das Krockowsche Korps erfolglos an. Auch die Preußen versuchten einen Angriff auf Lacy, aber das alles rief nur gegenseitige Beunruhigung hervor und führte zu nichts.
Nun erst hörte der König von der Niederlage Fouqués bei Landeshut. Durch diese Katastrophe wurde seine Lage in Schlesien verzweifelt. Da der preußischen Armee bei Radeburg die Fourage ausging, so bezog sie das Lager bei Großdobritz. Dort machte Krockow 300 Gefangene von einem Detachement, das über Moritzburg gekommen war und sich eingebildet hatte, über die preußische Bagage herfallen zu können. Doch was bedeutete die Gefangennahme von 300 Mann gegen den Verlust von so vielen ganzen Korps! Infolge der unerwarteten Niederlage bei Landeshut mußte der König alle in diesem kritischen Zeitpunkt geplanten Maßregeln ändern. Weniger denn je durfte er jetzt Sachsen verlassen, außer wenn es mit dem Feldmarschall Daun zugleich geschah. Verlor er doch sonst fortwährend in kleinen Trupps die wenigen ihm gebliebenen Mannschaften.
Die Kaiserlichen ihrerseits konnten sich nicht vor Eintreffen der Reichstruppen in Bewegung setzen, aber die Langsamkeit des Prinzen von Zweibrücken verzögerte deren Anmarsch. Endlich langten sie an. Daun ließ sie am Windberg Stellung nehmen. Hülsen blieb bei Meißen, und noch am selben Tage traten beide Armeen den Marsch nach Schlesien an41-2. Die Kaiserlichen zogen über Bischofswerda und detachierten von dort Lacy zur Deckung ihrer linken Flanke auf den Keulenberg. Der König marschierte über Krakau und beschloß einen unvermuteten Angriff auf Lacy. Die Preußen besetzten Königsbrück, und noch in derselben Nacht41-3 brach die Armee in vier Kolonnen auf, zwei diesseits und zwei jenseits des Pulsnitzbaches. Die Avantgarde griff die leichten feindlichen Truppen an und scheuchte damit Lacy auf. Seine Flucht war so überstürzt, daß man ihn nicht einholen konnte und kaum 200 Mann seiner Arrieregarde gefangen nahm. Die Nacht verbrachte die Armee auf dem<42> Keulenberg. Seite an Seite zogen am folgenden Tage Preußen und Österreicher weiter. Die letzteren rückten über Bautzen und lagerten sich bei Gurig, die Armee des Königs beim Kloster Marienstern. Am 6. Juli erreichte Daun Görlitz und die Preußen Nieder-Gurig. In der Nähe von Bautzen kam es beim Übergang über die Spree zu einem Arrieregardengefecht mit den Österreichern42-1. Übereilt ging der Husarenmajor Zedmar42-2 über die Brücke und wäre verloren gewesen, wäre ihm der König nicht noch rechtzeitig zu Hilfe gekommen. Die Armee ging regelrecht über den Fluß und nahm dem Feind einige Gefangene ab. Der Tag war so heiß, daß 80 Mann des Heeres mitten auf dem Marsche tot umsanken. Auch die Österreicher erlitten einen gleichen, vielleicht noch stärkeren Verlust, da ihr Marsch länger war.
Inzwischen hatte Lacy Zeit gehabt, sich vom Überfall am Keulenberg zu erholen. Er hatte seine Leute gesammelt und sich vorgenommen, den Marsch des Königs durch ständige Beunruhigung seiner Arrieregarde zu verzögern. Fälschlich vermuteten seine Patrouillen die Kaiserlichen im Lager bei Bautzen. Sie wurden daher von den preußischen Vedetten aufgehoben. So kam man auf den Gedanken, einmal tüchtig über die Ulanen herzufallen und sie derart einzuschüchtern, daß ihnen die Lust zu weiterer Belästigung der Preußen verging. Die Ulanen standen eine Meile vom Lager bei Salzenforst. Zwei Husarenregimenter und ebenso viele Dragoner sollten den Anschlag ausführen. Unglücklicherweise waren sie gerade beim Fouragieren, und statt ihrer vollen Stärke von 4 000 Pferden brachte man kaum 1 500 zusammen. Trotzdem wollte der König den Versuch wagen. Die Ulanen wurden angegriffen, verloren im Nu 400 Mann und wurden hitzig bis Göda verfolgt. Da Zedmar seine Tapferkeit nicht immer zu mäßigen verstand, ging er bis über Göda vor. Der König sah sich zu seiner Unterstützung genötigt, denn schon rückte Lacys ganze Kavallerie, die bei Rothnauslitz im Lager stand, truppweis heran. Indes glückte es, Zedmar aus seiner mißlichen Lage zu befreien. Die preußische Kavallerie begann sich auf Bautzen zurückzuziehen, aber sehr langsam. Da der König befürchtete, der Feind möchte seine Überlegenheit über die Preußen ausnutzen, ließ er ein Bataillon der Besatzung von Bautzen mit Geschütz vorrücken. Der Befehl wurde sehr zur gelegenen Zeit ausgeführt; denn schon trieb der Feind einige Schwadronen vor, die aber sofort in Verwirrung gerieten, als ein paar Kanonenschüsse ihnen Halt geboten. Darauf führte Lacy seine Truppe nach Rothnauslitz zurück, und die preußische Kavallerie ritt ruhig wieder in ihr Lager.
Nun galt es sich zu entscheiden, ob man lieber Daun nach Schlesien folgen oder sich mit aller Macht auf Lacy stürzen wollte, um ihn ein für allemal los zu werden. Wäre man doch auf dem geplanten Marsche nach Schlesien durch Lacys Nachhut mehr belästigt worden als durch den Feind, den man dort vorfand. Der letzte Plan schien<43> also mehr Sicherheit zu bieten und wurde deshalb gefaßt. Gelang er, so konnte er zu Größerem führen.
Am 8. Juli abends sammelte sich die Armee bei Nieder-Schmölln. Sie schlug aber nicht, wie ausgesprengt wurde, die Straße nach Görlitz ein, sondern wandte sich plötzlich auf Rothnauslitz und stieß unterwegs immerfort auf Nachzügler vom Lacyschen Korps. In der Nähe von Bischofswerda traf sie auf die feindliche Arrieregarde und trieb Lacy trotz aller Wachsamkeit und aller Schnelligkeit seiner Bewegungen bis über die Defileen von Harthau hinaus (9. Juli). Dort verbrachte die Armee des Königs die Nacht. Am nächsten Tage verfolgte sie den Feind weiter bis auf die Höhen von Weißig. Dort wurden Batterien errichtet, um Lacy vom Weißen Hirsch zu vertreiben. Noch ehe zwei Kanonenschüsse gefallen waren, hatte die Infanterie die Stellung schon erobert und sah das Lacysche Korps in voller Flucht bei Dresden über die Elbe gehen.
Der König mußte in seiner verzweifelten Lage alles unternehmen und alles dransetzen, um sich einige Überlegenheit über den Feind zu verschaffen. Sein erster Gedanke war, bei Kaditz über die Elbe zu gehen. Sollte das Unternehmen aber glücken, so waren verschiedene Vorbereitungen unumgänglich. In solchen Fällen gilt es, beim Feinde allerlei Befürchtungen zu erwecken. Zu dem Zweck dehnte der König seinen linken Flügel bis Pillnitz aus und machte Miene, dort eine Brücke zu schlagen. Unterdessen bemächtigte sich ein Detachement der Stellungen am Fischhaus und bei Reichenberg, und Hülsen rückte, wie ihm befohlen war, auf Briesnitz, unter Mitnahme der Pontons und Brückenteile der abgebrochenen Brücke bei Meißen. Um jedoch Daun nicht völlig aus dem Gesicht zu verlieren, wurden 500 Husaren zur Beobachtung seiner Bewegungen nach Weißenberg und gegen Reichenbach vorgeschoben, um rechtzeitig Meldung zu schicken. Die Ausführung all dieser verschiedenen Maßnahmen zog sich aber bis zum 13. hin. Hülsen hatte unterwegs 400 Gefangene gemacht. Der König ging über die Elbe, vereinigte sich mit ihm, ließ aber den Prinzen von Holstein mit ungefähr 10 000 Mann auf dem Trachenberge bei Kaditz zurück.
Sowohl die Reichsarmee wie Lacy wurden durch diese Demonstrationen beunruhigt. Sie fürchteten, ein preußisches Korps könnte bei Pillnitz über die Elbe gehen und ihnen in den Rücken fallen, während der König sie gleichzeitig in der Front angriffe. Daraufhin räumten sie noch in derselben Nacht schleunigst ihr Lager bei Planen und zogen sich zurück, Lacy nach Groß-Sedlitz und der Prinz von Zweibrücken nach Dohna (13. Juli).
Sogleich schloß der König Dresden ein und faßte ganz plötzlich den Plan, die Stadt zu belagern. Das hatte man vorher nicht für ausführbar gehalten, und daher war nichts zur Belagerung vorbereitet. Der König stellte seine Truppen von Gruna bis Räcknitz auf. Die Panduren wollten sich im Großen Garten behaupten, wurden aber daraus vertrieben, ja die ganze Pirnaer Vorstadt fiel bei der schwachen und lässigen Verteidigung in die Hände der Stürmenden. Alles, was man in der Eile an Geschütz und Munition zusammenbringen konnte, bestand aus einem Dutzend<44> Mörsern, 1 200 Bomben, 20 Zwölfpfündern und 4 000 Kugeln. In größter Hast wurden Faschinen, Bohlen und andres Belagerungsmaterial herbeigeschafft. Ein Erfolg der Belagerung ließ sich schon deshalb erhoffen, weil man die ersten Batterien am Hauptgraben der Stadt errichten konnte und weil dicht beim Moschinskyschen Garten44-1 eine alte Schanze war, die eigens zu einer Parallele und zur Errichtung einer Rikoschettbatterie angelegt schien. Der Prinz von Holstein mußte am andern Elbufer einen Scheinangriff auf die Neustadt machen, obgleich er nur Feldkanonen und einige Haubitzen besaß. Zwar verfügte der Gouverneur von Dresden, Macquire, über eine Besatzung von 6 000 Mann, aber man hoffte, er würde die Stadt lieber übergeben, als sie in Asche legen lassen. Er wurde zur Übergabe aufgefordert, lehnte sie jedoch ab. Nun erfolgte der Angriff beim Pirnaischen Tore. Hätte man die Anordnungen des Königs richtig befolgt, so war Dresden wieder sein. Aber die Offiziere, Ingenieure und Artilleristen überboten einander in Fehlern. Die Batterien wurden freilich errichtet. Auch wurden Jäger in die Vorstadthäuser gelegt, die den<45> Hauptwall beherrschten. Sie säuberten ihn rasch von allen sich dort zeigenden Verteidigern. Die Kanonen schossen bereits Bresche, und eine Bombe setzte das Dach der Kreuzkirche in Brand. Es stürzte ein, und das ganze Stadtviertel brannte nieder. Eine andere Bombe setzte die Pirnaische Straße in Flammen. Auch sie wurde durch die Feuersbrunst fast völlig vernichtet. Weitere Geschosse fielen in die Schloßstraße und verursachten dort großen Schaden. Tausend Bomben und tausend Zentner Pulver mehr, und die Belagerung wäre glorreich beendigt worden. Aber es stand wohl im Buch des Schicksals geschrieben, daß die Preußen Dresden nicht wieder erobern sollten.
Bald traf die Meldung ein, Daun habe plötzlich Schlesien verlassen und rücke in Eilmärschen zum Entsatz Dresdens heran. Bei seiner Annäherung wurde die Stellung auf dem Weißen Hirsch aufgegeben. Sehr zur Unzeit verzögerten sich die leichten Truppen beim Abzuge. Im Walde beim Fischhaus wurden sie angegriffen und verloren ungefähr 500 Mann (19. Juli). In derselben Nacht ließ der König den Prinzen von Holstein über die Elbe gehen und eine Stellung zwischen Löbtau und Unkersdorf einnehmen. Denn sobald sich Daun dem anderen Elbufer näherte, mußte man durchaus Streitkräfte bei Unkersdorf haben, um den Durchmarsch durch den Plauenschen Grund frei zu halten, ohne daß der Feind ihn streitig machen konnte. Gleichzeitig wies der König den Truppen andere Lagerplätze an. Ein Teil der Armee nahm gegenüber Lacy und dem Prinzen von Zweibrücken Stellung, der andere lagerte nach dem Großen Garten zu, errichtete dort Verhaue und dehnte sich über Räcknitz bis in die Nähe von Plauen aus. Nun tauchte Daun auf dem Weißen Hirsch auf und besetzte das andere Elbufer hinter Dresden und zu beiden Seiten der Stadt. In der Nacht vom 21. zum 22. Juli schickte er 16 Bataillone zu einem Angriff gegen die Preußen in der Pirnaer Vorstadt. Darauf war der König gefaßt. Er hatte seine Truppen so aufgestellt, daß sie den Feind gebührend empfangen konnten. Der Angriff fand statt, doch wurden die Österreicher zurückgeschlagen und verloren 300 Mann, darunter ihren Führer, General Nugent. Ein Bataillon vom Regiment Anhalt-Bernburg hatte bei der Belagerung seine Schuldigkeit nicht getan. Zur Strafe durfte es den Säbel nicht mehr tragen. Diese für jeden ehrliebenden Soldaten empfindliche Züchtigung machte guten Eindruck bei der Armee und feuerte das Bataillon an, seinen Fehler wieder gutzumachen. Dazu fand sich, wie wir später hören werden, Gelegenheit in der Schlacht bei Liegnitz45-1.
Ein seltsames Geschick schien in diesem Feldzuge zu wollen, daß kleine Vorteile der Preußen beständig durch bedeutende Verluste wieder aufgewogen wurden. Selbst der beim Angriff auf die Pirnaer Vorstadt gefangene General Nugent brachte dem König eine Hiobspost, die Eroberung von Glatz durch Feldzeugmeister Harsch45-2. Die Nachricht klang zwar unglaubhaft, wurde jedoch bald von Schlesien aus bestätigt. D'O, der<46> Kommandant von Glatz46-1, hatte eine Besatzung von 5 Bataillonen und alle Kriegsund Lebensbedürfnisse, um eine lange Belagerung zu überstehen. Der Feind hatte seine erste Parallele auf Schwedeldorf an der Neiße gestützt und sie von dort um die Unterstadt und das Schloß weitergeführt. Sie reichte links bis zum Hause des Barons Pilati. Feldzeugmeister Harsch plante einen doppelten Angriff, einmal auf die Unterstadt beim Böhmischen Tor und ferner auf das Schloß beim Feldtor. Kaum waren einige Batterien angelegt, als die Belagerer ihre Gegner bereits von einem Außenwerk vertreiben wollten, dem Fouqué wegen seiner langen Form und seiner schmalen Kehle den Namen „der Kranich“ gegeben hatte46-2. Das in den Felsen gesprengte Werk brauchte nur verteidigt zu werden, um den Feind wochenlang aufzuhalten. Kaum aber erschienen die Österreicher zum Angriff, so nahmen die Belagerten Reißaus und entflohen aufs schimpflichste. Sie retteten sich in das Festungstor. Der Feind drängte hitzig nach. Die Verteidiger des gedeckten Weges flüchteten, statt auf den Feind zu schießen, über die Brücke in das Ravelin, und im Handgemenge mit ihnen drangen die Österreicher ein. Feldzeugmeister Harsch bemerkte den Vorgang und schickte aus den Laufgräben einige Bataillone zur Unterstützung der Angreifer vor. Kurz, die Österreicher nahmen die Festung, ohne zu wissen wie, und fast ohne Widerstand. Der Kommandant befand sich gerade in der Unterstadt und eilte bei dem Lärm aufs Schloß. Aber es war schon genommen, und da es durch seine Lage die Werke auf dem Schäferberg und in der Unterstadt beherrscht, so blieb den Preußen kein Zufluchtsort zu weiterer Verteidigung. Dies schimpfliche und für die preußischen Waffen entehrende Ereignis war die Folge eines geheimen Einverständnisses, das Laudon von langer Hand mit Hilfe der Jesuiten, der Mönche und des ganzen katholischen Pfaffengelichters angeknüpft hatte. Durch ihre Vermittlung war ihm die Bestechung von Offizieren und vielen Soldaten geglückt. Unter ihnen befand sich auch die Wache an der Stelle, wo Harsch zum Angriff vorging.
Der unglückselige Zwischenfall machte die Lage noch kritischer und verwickelter. Dauns Anmarsch, seine Stellung bei der Dresdener Neustadt, der Mangel an Kriegsbedarf zur Belagerung, all das zwang den König zum Verzicht auf die Eroberung der sächsischen Hauptstadt. Unverzüglich traf er ernstliche Anstalten zum schleunigen Rückmarsch nach Schlesien, um noch schlimmeren Katastrophen als der eben erwähnten womöglich vorzubeugen. Ohne vom Feinde beunruhigt zu werden, verließ der König am 30. den Plauenschen Grund und geleitete Hülsen in sein Lager bei Meißen zurück. Am nächsten Tage (1. August) ging die Armee bei Zehren über die Elbe und nahm Stellung bei Dallwitz.
Nach dem bisher Geschehenen fürchtete Feldmarschall Daun, die Preußen könnten die Belagerung von Dresden wieder aufnehmen, sobald er von dort abrückte. Darum<47> richtete er seine Märsche und Bewegungen so geschickt nach denen des Königs, daß die beiden Armeen fast immer nebeneinander herzogen. Die Österreicher schlugen die Hauptstraße nach Görlitz ein, die Preußen blieben ihnen zur Seite. Bei Koitzsch gingen diese über die Röder (3. August), bei Radibor über die Spree47-1. Da ihnen der Feind beim Marsch auf Reichenbach zuvorgekommen war, so zogen sie, um den Weg abzuschneiden, am Stromberg und an Nothkretscham vorbei. Hätte ein Fremder die Bewegung beider Heere beobachtet, so hätte er sich leicht täuschen können und wahrscheinlich geglaubt, daß beide unter einem Oberbefehl ständen. Die Daunsche Armee hätte er für die Avantgarde gehalten, die Preußen für das Gros und die Lacyschen Truppen für die Arrieregarde. Immerhin hielt Lacy, der aus Furcht vor unliebsamen Abenteuern vorsichtiger geworden war, drei Meilen Abstand von den Preußen.
Der Zug hatte indes sein Gutes; denn da die Preußen unmittelbar zwischen Daun und Lacy marschierten, so wurde ein Adjutant des Feldmarschalls mit Briefen an Lacy abgefangen47-2. In dem Paket fand man die jüngsten Nachrichten über die Ereignisse in Schlesien. Auch ersah man daraus die Feldzugspläne des Feldmarschalls, die er deutlich auseinandersetzte und über die er Lacy um Rat fragte. Aus den schlesischen Nachrichten ging hervor, daß Laudon Breslau angegriffen hatte, aber vom Prinzen Heinrich zur Aufhebung der Belagerung gezwungen worden war. Das war folgendermaßen geschehen.
Prinz Heinrich war nach Landsberg marschiert, und ihm war dort aufgefallen, daß sämtliche Bewegungen der Russen auf Schlesien gerichtet waren. Daher verließ er die Neumark und rückte über Züllichau in die Gegend von Glogau (1. August). Er hatte nämlich Nachricht erhalten, daß die Russen und Österreicher an einem verabredeten Tage vor Breslau zusammentreffen wollten, um die Stadt von beiden Oberseiten zugleich zu berennen. Die Ausführung des Planes fiel allerdings anders aus, und zwar aus zwei Gründen: erstens infolge der Langsamkeit der Russen, die noch kaum bis Posen gekommen waren, und zweitens wegen Laudons Sieg über Fouqué und der Eroberung von Glatz. Laudon hatte nun keinen Feind mehr vor sich und hielt sich infolgedessen für stark genug, um seinen Anschlag auf Breslau ohne Hilfe der Russen mit seinen eigenen Truppen auszuführen. Er marschierte auf die Stadt los, ließ sie gleich bombardieren und legte einen Teil in Asche (1. August). Als Prinz Heinrich davon erfuhr, rückte er in Eilmärschen aus beiden Oderufern heran. Werner, der Führer der Avantgarde einer seiner Kolonnen, schlug ein feindliches Beobachtungskorps, das bis Parchwitz vorgerückt war, und vernichtete das ganze Dragonerregiment Erzherzog Josef (5. August). Diese Schlappe und der gleichzeitige Anmarsch des Prinzen Heinrich bewogen Laudon zur Aufhebung der Belagerung von Breslau.<48> Tauentzien48-1 hatte die Stadt klug und tapfer verteidigt. Allerdings hatte er einen Teil der Vorstädte in Brand setzen müssen. Prinz Heinrich langte am selben Tage (6. August) in Breslau an, wo Laudon sich nach Canth zurückgezogen hatte und die Russen nach Hundsfeld rückten. Der Prinz detachierte Platen48-2 und Thadden48-3 nach Friedewalde. Dort verschanzten sie sich in einer Stellung zur Deckung der Vorstadt Polnisch-Neudorf gegen die Schandtaten der Kosaken.
Im übrigen enthielt Dauns Brief seine Feldzugspläne. Er erörterte die Frage, ob es vorteilhafter wäre, Schweidnitz oder Neiße zu belagern, und endigte mit den Worten, Lacy brauchte sich nicht zu eilen und seine Truppen nicht zu übermüden. Es käme nicht darauf an, ob er einen Tag früher oder später einträfe.
Nachdem diese Briefe aufgefangen waren, setzte die Armee des Königs ihren Marsch nach Arnsdorf fort. Am nächsten Tage (6. August) kam sie in Rothwasser und am 7. in Bunzlau an, während Daun Löwenberg erreichte. In fünf Tagen hatten beide Armeen die Strecke von der Elbe bis zum Bober zurückgelegt und waren infolgedessen der Ruhe bedürftig. Am 9. setzten sie sich wieder in Marsch, jedoch mit ganz verschiedenen Absichten. Der König mußte notwendig für neuen Proviant sorgen und wollte zu dem Zweck nach Breslau oder Schweidnitz marschieren, wo sich die großen Armeemagazine befanden; denn seine mitgenommenen Vorräte reichten nur noch auf zehn Tage. Dauns Absicht war jedoch auf eine Stellung hinter der Katzbach gerichtet, durch die er den König zugleich von Breslau und Schweidnitz abzuschneiden hoffte. Dann wäre dieser entweder zu einem mißlichen Kampfe gegen überlegene Streitkräfte oder zum Rückzug auf Glogau genötigt worden. Dadurch aber hätte er es den Österreichern und Russen leicht gemacht, das Heer des Prinzen Heinrich zu vernichten und Breslau und Schweidnitz zu nehmen. So entgegengesetzte Absichten mußten, wie wir gleich sehen werden, zu seltsamen Gegensätzen in den Operationen der beiden Armeen führen. Unleugbar beging der König einen Schnitzer, als er mit seinen Truppen nach Goldberg rückte (9. August), wohin Daun mit seiner ganzen Armee marschieren wollte. Die Preußen hätten dort nur eine Spitze zeigen und mit ihren gesamten Kräften über Löwenberg nach Hirschberg rücken sollen, um die dortige Feldbäckerei und das bedeutende Lebensmitteldepot der Österreicher zu vernichten. Von hier brauchten sie sich nur nach Landeshut zu wenden, um Schweidnitz zu erreichen. Infolge dieses Manövers hätte der Feind ohne Kampf in die böhmischen Gebirge zurückgehen müssen, um Brot und Lebensmittel zu finden. Der wahre Grund zur Unterlassung des ganzen Zuges war der: man wußte nicht, daß die Kaiserlichen in Hirschberg Depots von Lebensmitteln angelegt hatten. Erst später erfuhr man davon.
So brach der König denn mit seiner Avantgarde nach Goldberg auf. Die Husaren und Freibataillone, die unterwegs zu ihm stoßen sollten, trafen aber nicht ein,<49> vielleicht infolge von Mißverständnissen, vielleicht aus Faulheit oder aus anderen Gründen. Bei der Annäherung an Goldberg bemerkte die preußische Avantgarde ein feindliches Korps in Stärke von ungefähr 10 000 Mann. Unvermerkt kam man beiderseits ins Geplänkel. Infolgedessen mußte die Avantgarde haltmachen; denn bei der Lage der Dinge wäre der Übergang über die Katzbach unklug gewesen, da Markgraf Karl mit der Hauptarmee noch weit zurück war und man auch nicht sicher wußte, wo Laudon stand. Außerdem befand sich Daun in vollem Anmarsche. Man sah seine Truppen von den Höhen von Löwenberg sich herabziehen, gerade als die Spitze des Markgrafen Karl die Avantgarde erreichte. Sogleich breiteten sich die Österreicher hinter der Katzbach von Seifenau über Prausnitz bis Laasnig aus, Dadurch wurden die Preußen genötigt, die Katzbach vor sich zu behalten. Sie bezogen ein Lager bei Hohendorf. Von dort aus erblickte man das Laudonsche Korps, das sich mit dem rechten Flügel der Daunschen Armee vereinigt hatte. Sofort wurden Patrouillen zur Aufklärung nach allen Seiten geschickt, um zu erfahren, ob die Übergänge über die Katzbach weiter abwärts ebenso besetzt wären. Die auf Rekognoszierung gesandten Offiziere meldeten, sie hätten ein feindliches Korps bei Hochkirch, ein anderes auf der Höhe von Wahlstatt und ein drittes hinter Parchwitz gesehen (9. August).
Tags darauf setzte sich Daun in Marsch und bedeckte mit seiner Armee das ganze Gelände, das durch die erwähnten Detachements nur bezeichnet oder abgesteckt und nur in seinen Hauptpunkten besetzt war. Dauns Heer war also folgendermaßen verteilt: Nauendorf lagerte bei Parchwitz, Laudon zwischen Jeschkendorf und Koischwitz, der Feldmarschall selbst zwischen Wahlstatt und Jeschkendorf, und am linken Flügel dehnte sich Beck sogar bis über Kossendau aus. Eine so vorteilhafte feindliche Stellung verwehrte den Preußen unstreitig den Übergang über die Katzbach. Dennoch folgte der König dem Feinde und lagerte sich mit dem rechten Flügel bei Schimmelwitz, mit dem linken bei Liegnitz. Es war ihm klar, daß er mit den 30 000 Mann, aus denen seine Armee eigentlich nur bestand, nicht gegen wenigstens 90 000 Mann kämpfen durfte; denn so stark war der Feind. In seiner schlimmen Lage wußte er keinen besseren Ausweg, als wie ein Freischarenführer seine Stellung jede Nacht zu ändern und zu verschieben, um den Schlägen zu entgehen, die ein feindliches Heer ihm bei weniger Wachsamkeit und Tatkraft beibringen könnte. Solcher Aufmerksamkeit bedurfte es durchaus, da man eine Menge schwieriger Dinge zugleich ausführen mußte, um den geplanten Zweck zu erreichen. Zur Sicherung des Heeres mußte man die Stellungen wechseln und zugleich einen dreifach stärkeren Feind in Schach halten. Man durfte ihn ferner nicht verlassen, damit er nicht über Prinz Heinrich herfiele, dem ohnedies schon 80 000 Russen gegenüberstanden. Das alles ließ sich nur durch häufigen Stellungswechsel erreichen, ohne daß man sich zu weit vom Feinde entfernte. So führte man ihn denn an der Nase herum. Er erkundete das eben gewählte Lager, traf danach gemächlich seine Anordnungen, aber wenn er sie ausführen wollte, fand er keine Seele mehr und mußte die ganze Arbeit immer wieder von<50> vorn anfangen. Kurz, man gewann dadurch Zeit und konnte das Fehlen genügender Kräfte durch Geschicklichkeit und Wachsamkeit ausgleichen.
Nach diesem Plane brach die preußische Armee in der Nacht vom 10. zum 11. August auf. Der König beabsichtigte, den Feind über Jauer zu umgehen und auf Schweidnitz zu rücken. Als die Truppen in der Nähe von Hohendorf anlangten, traf die Meldung ein, daß Lacy soeben in Prausnitz eingerückt sei. Einige Gefangene, die man machte, bestätigten die Nachricht. Bei der Unmöglichkeit, die Katzbach angesichts der feindlichen Truppenmacht und der am Ufer errichteten Batterien zu überschreiten, mußte die Armee weiter flußaufwärts bis Goldberg marschieren. Durch diesen Umweg gewann aber Lacy Vorsprung genug, um sich rechtzeitig zurückzuziehen und Daun über die Bewegung der Preußen zu unterrichten. Auch kam ihm das durchschnittene Gelände sehr zustatten. Er entzog sich geschickt den gegen ihn geplanten Angriffen und verlor nur seine Bagage. Auch langte Daun mit der Hauptarmee noch rechtzeitig genug zu seiner Unterstützung an. Die Österreicher lagerten sich bei Hennersdorf, deckten damit Jauer und schnitten den Preußen den Weg nach Schweidnitz ab. Trotzdem blieben Laudon und Nauendorf in ihrem alten Lager, als hätte ihnen Daun die Stellung an der Katzbach in Verwahrung gegeben. Die preußische Armee, die auf ihrem Marsche durch vier oder fünf Defileen aufgehalten wurde, langte erst spät dem Feind gegenüber an. Zur Deckung des Defilees hinter dem linken Flügel des Königs mußte sich Wied bei Prausnitz aufstellen, und die Armee lagerte bei Seichau in einer absichtlich falsch gewählten Stellung, um den Feind irrezuführen. Die richtige, ausersehene Stellung jedoch war hundert Schritt dahinter. In der Stellung von Seichau lag also keine Gefahr, weil man die Truppen jeden Augenblick in das starke Lager zurückziehen konnte. Am nächsten Tage (12. August) wurden einige Truppen nach Pombsen detachiert, um den Versuch zu machen, den Feind auf dem Weg durchs Gebirge nach Jägerndorf zu umgehen. Dort aber stand Beck schon mit einem ziemlich starken Korps; es war also besser, diesen Marsch zu unterlassen. Auch sind die direkten Wege über das Gebirge so schmal, daß die zahlreichen mitgeführten Proviantwagen und die schwere Artillerie dort niemals hätten durchkommen können.
Indes besetzte der König gleich am nächsten Tage50-1 die Bergkämme und stellte seine Truppen dort auf. Da traf ein Haufen Überläufer ein und meldete einstimmig, im österreichischen Lager wäre der Befehl gegeben, sich am Mittag zum Angriff auf die Preußen bereitzuhalten. Wirklich erblickte man die Österreicher vor ihren Waffenplätzen in Schlachtordnung. Als aber der König mit seinen Truppen eine Bewegung machte, ging der Feind nicht nur ins Lager zurück, sondern bald tauchten auch die feindlichen Generale auf und hielten nach allen Seiten aufmerksam Ausschau, bis die Dunkelheit ihren weiteren Erkundungen ein Ziel setzte. Hätte der König während der Nacht seine Stellung behalten, so wäre er ohne Zweifel gleich bei Tagesanbruch<51> angegriffen worden. Seine Anordnungen auf dem gewählten Gelände waren zwar gut, indes war ein Bleiben zu gefährlich. Mußte er doch stets befürchten, der feindlichen Überzahl zu erliegen. Noch am Abend brach die Armee auf und rückte wieder nach Liegnitz, um in das erst tags zuvor51-1 verlassene Lager zurückzukehren. Daun hatte von diesem Zuge keine Ahnung und rührte sich nicht. In der Dunkelheit verirrte sich der Prinz von Holstein mit dem linken Kavallerieflügel und geriet in die anderen Marschkolonnen. Erst bei Tagesanbruch konnte man die Ordnung wiederherstellen. Hätte der Feind die Preußen in diesem Augenblick der Verwirrung angegriffen, so wäre der Erfolg ihm sicher gewesen. Aber daran dachte er garnicht. Ruhig gingen die Truppen wieder über die Katzbach zurück, und die Armee kam mit einer lebhaften Kanonade davon, als sie dicht vor den Laudonschen Detachements bei Kossendau und Dohnau vorbeizog. Wenige Stunden, nachdem die preußischen Zelte aufgeschlagen waren, tauchte Daun mit seiner Armee auf, gefolgt vom Beckschen Korps, von Jahnus und Lacy (13. August). Er nahm seine vor zwei Tagen verlassene Stellung wieder ein.
Durch geheime Nachrichten erfuhr der König, daß Tschernyschew mit 20 000 Russen bei Auras über die Oder gegangen sei51-2. Die Österreicher warteten nur auf die Vereinigung mit ihm, um die Preußen dann zu erdrücken. Daun hatte übergenug Truppen. Nicht an Mannschaften fehlte es ihm also, wohl aber an dem Talent, sie schnell und im richtigen Augenblick zu verwenden.
Die Lage des Königs war verzweifelt: Brot und Zwieback reichten nur noch für drei Tage aus, auch waren die 2 000 Proviant und Munitionswagen eine große Last und hielten den Marsch furchtbar auf. Man mußte sich ihrer entledigen, um sich mit größerer Leichtigkeit bewegen zu können. Bei Liegnitz vermochte sich der König nicht länger zu halten; denn sein rechter Flügel hatte bei Schimmelwitz keine gute Anlehnung und konnte dort ungehindert umgangen werden. Der König mußte also bei Liegnitz wieder über die Katzbach gehen, die überflüssigen Wagen nach Glogau schicken, Lebensmittel von dort beziehen und dann zu weiterem Vordringen diesseits oder jenseits der Oder nach Parchwitz marschieren. Denn die Vereinigung mit Prinz Heinrich mußte er unbedingt erreichen, da beide Korps, wenn sie getrennt blieben, gegen die Russen und Österreicher zu schwach zum Widerstand waren und man bei längerem Aufschub befürchten mußte, daß sie beide erdrückt würden. Dann aber war alles rettungslos verloren.
Wenn sich zwei Feinde jahrelang hintereinander bekriegen, lernen sie ihre gegenseitige Denk- und Handlungsweise so genau kennen, daß sie im voraus einer des anderen Absichten erraten. Der Plan der Österreicher ging damals bestimmt dahin, den König anzugreifen. Auch war aus der Stellung der feindlichen Korps zu ersehen, daß Lacy zur Umgehung des rechten preußischen Flügels bestimmt war. Daun<52> sollte sich ihnen dann in der Front entgegenstellen und Laudon wahrscheinlich die Höhen bei Pfaffendorf hinter Liegnitz besetzen, um dem König den Rückzug nach Glogau abzuschneiden.
Infolge dieser Berechnung verließ der König das Lager bei Liegnitz noch am selben Abend (14. August) und ging nach dem oben erwähnten Plane wieder über die Katzbach. Die Nähe der Österreicher verbot ein solches Unternehmen bei Tage. Hätte der Feind doch sonst die Arrieregarde sicher in ein Gefecht verwickelt, das für die Preußen wohl unglücklich verlaufen wäre. Denn das Gelände in ihrer rechten Flanke beherrschte das der linken, und gerade dorthin hätten sie sich zurückziehen müssen. Unter Bedeckung von 2 Freibataillonen und 100 Reitern wurde alles Gepäck weggeschickt und glücklich nach Glogau gebracht. Der König rekognoszierte mit seinen Generalen die Höhen bei Pfaffendorf. Dort wollte er die Armee formieren, nachdem sie bei Liegnitz über die Katzbach gegangen war, und hierauf den Marsch nach Parchwitz antreten.
Mit Einbruch der Dämmerung setzte sich die Armee in Bewegung. Unterwegs wurde ein desertierter österreichischer Offizier, ein geborener Irländer, aufgegriffen. Er war derart betrunken, daß er nur stotternd hervorbringen konnte, er habe ein wichtiges Geheimnis mitzuteilen. Nach einigen Maßen warmen Wassers und etlichen Ausleerungen bestätigte er, wie schon vermutet, Dauns Absicht, den König noch am selben Tage anzugreifen. Indes hatten die Preußen nichts zu befürchten. Sie verlegten den Schauplatz und machten damit alle feindlichen Dispositionen zunichte; denn diese waren nach der Beschaffenheit des eben verlassenen Geländes getroffen.
Sobald der König die Höhen bei Pfaffendorf erreicht hatte52-1, sandte er Major Hundt52-2 in der Richtung auf Bienowitz und Pohlschildern auf Kundschaft. Währenddessen formierte sich die Armee auf dem angewiesenen Platz in Schlachtordnung. Sehr rasch kam Hundt mit der Meldung zurück, er sei auf zwei Kolonnen Infanterie und zwei Kolonnen Laudonscher Kavallerie gestoßen. Sie wären in vollem Anmarsch und ständen bereits ganz in der Nähe. Es sei also kein Augenblick zum Widerstand zu verlieren.
Daraufhin teilte der König sein Heer in zwei Korps. Sein rechter Flügel unter Zieten und Wedell blieb unbeweglich in der einmal besetzten Stellung und errichtete eilig Batterien zur Bestreichung der beiden Straßen nach Liegnitz. Denn nur dort konnte Daun hervorbrechen und gegen ihn anrücken. Gleichzeitig wechselte der König die Stellung des linken Flügels. Er wurde mit der rechten Flanke an die Katzbach, mit der linken an einen See gelehnt. Dies ganze Korps bestand nur aus 16 Bataillonen und 30 Schwadronen. Während die Infanterie die vorgeschriebene Richtung einschlug, geriet die zu ihrer Deckung vorgeschobene Kavallerie bereits mit dem Feind in ein lebhaftes Geplänkel. Das dauerte bis zur Errichtung einer starken Batterie auf einer das ganze Gelände beherrschenden Anhöhe. Nachdem das geschehen war, erhielt<53> die Kavallerie Befehl zum Rückzug, den sie vorzüglich ausführte. Der größte Teil wurde hinter der Infanterie zu deren Unterstützung verteilt. Nur die Krockow-Dragoner und einige Husaren wurden auf den linken Flügel geworfen, um den Feind auf jener Seite zu beobachten.
Indes war Laudon auf nichts weniger als auf eine Schlacht gefaßt. Er ahnte wohl, daß ihm einige Truppen gegenüberständen, es war aber so dunkel, daß er weder die Preußen noch überhaupt ihre Stellung erkennen konnte. Er hatte auch keine Avantgarde vorausgeschickt, weil er einige Freibataillone zu überfallen beabsichtigte, die tags zuvor mit dem Feldmagazin bei Pfaffendorf gelagert hatten und die er dort noch anzutreffen glaubte. Nun begann die auf der Höhe errichtete große Batterie ihr Feuer gegen den Feind zu richten, und da die Spitze der österreichischen Kolonnen nur 800 Schritt entfernt war, so wirkte das Feuer in den dichtgedrängten Massen verheerend. In diesem Augenblick merkte Laudon, daß er sich etwas verrechnet hatte. Er wollte seine Truppen in Schlachtordnung stellen, brachte aber nur eine Front von fünf Bataillonen zustande. Sofort griffen die Preußen diese Linie an und warfen sie. Gerade jetzt ließ der feindliche General seine Kavallerie vorrücken, um die Angreifer in der Flanke und im Rücken zu fassen. Sie kannte indes das Gelände nicht und konnte sich in der Dunkelheit nicht zurechtfinden. Zwar warf sie die Krockow-Dragoner, dann aber wurde sie selbst vom Kürassierregiment Markgraf Friedrich in der Flanke angegriffen und ihrerseits geworfen und in Moräste zersprengt, aus denen sie sich nur mühsam herausarbeiten konnte.
Bei Tagesanbruch griff die Infanterie das zweite Treffen der Österreicher an. Als man auch hier die beginnende Verwirrung bemerkte, gingen einige Schwadronen Kavallerie zur Attacke vor. Sie durchbrachen das feindliche Treffen und nahmen es fast ganz gefangen. Kleine, über die ganze Gegend verstreute Waldstücke dienten vortrefflich zur Verbergung der Kavallerieabteilungen. Sie fielen aus ihrer Deckung unvermutet über den Feind her und brachten ihn in Verwirrung. Nun versuchte Laudon einen Gegenstoß und schickte seine Kavallerie gegen die preußische Infanterie vor. Sie wurde aber von der preußischen Kavallerie kräftig zurückgeschlagen. Fünfmal hintereinander griff die preußische Infanterie die fünf österreichischen Linien zu je fünf Bataillonen an. Endlich wurde die Verwirrung des Gegners so allgemein, daß sich das ganze Korps in wilder Flucht nach Bienowitz zurückzog und in voller Auflösung über die Katzbach ging. Einige kleine Abteilungen verfolgten die Fliehenden. Dabei setzte Möllendorff53-1 Bienowitz in Brand und machte viele Gefangene.
Der König wollte Laudon nicht zu hitzig verfolgen, weil er unter Umständen genötigt werden konnte, die eben siegreichen Truppen auf seinen rechten Flügel zu ziehen und dort Daun eine Schlacht zu liefern. Der Feldmarschall hatte die ganze Nacht mit seiner in Kolonnen formierten Armee an der Katzbach verbracht, die ihn von dem früheren preußischen Lager trennte. Dort hatte der König zur Vorsicht<54> einige Husaren gelassen, die den Feind durch die Nachahmung der Patrouillen- und Schildwachenrufe in dem Glauben wiegten, daß die ganze preußische Armee noch dort stände. Beim ersten Tagesschimmer brachen Daun und Lacy zum Angriff gegen die Preußen auf. Aber wie groß war ihr Erstaunen, als sie das Lager leer fanden und nichts darüber erfuhren, was aus der preußischen Armee geworden war. Das Schicksal schien an diesem Tage zu wollen, daß den Österreichern alles mißlang. Selbst der Wind stand ungünstig. Weder Daun noch Lacy hörten den Lärm der Schlacht, die eine halbe Meile von ihnen hinter Pfaffendorf geliefert wurde, obgleich auf beiden Seiten wenigstens 200 Kanonen feuerten. Lange schwankte der Feldmarschall in seinen Entschlüssen. Endlich, nach vielen Beratungen und verschiedenen Vorschlägen, entschloß er sich, bei Liegnitz über die Katzbach zu gehen und das Zietensche Korps, das er in Schlachtordnung sah, anzugreifen, während Lacy Befehl erhielt, weiter oberhalb das Schwarzwasser zu überschreiten. Das erwies sich jedoch als unmöglich, oder er hätte einen Umweg von anderthalb Meilen machen müssen, um eine Brücke zu finden. Denn bei den sumpfigen Bachufern helfen Brücken allein nichts, auch Dämme sind nötig, um jenseits von Liegnitz hinüberzukommen.
Schon war die Schlacht gewonnen, und der König eilte eben zum rechten Flügel, als er Dauns Avantgarde aus Liegnitz hervortreten sah. Aber die preußische Artillerie hatte den Feind schon übel zugerichtet, und man merkte an seinem unsicheren Benehmen, daß er nahe daran war, das Feld zu räumen. Um ein Ende zu machen und Dauns Ahnung, daß Laudon besiegt sei, zu bestätigen, kurz, um seinen Rückzug zu beschleunigen, ließ der König Viktoria schießen. Kaum war die zweite Salve abgefeuert, so machten die feindlichen Kolonnen kehrt und gingen bei Liegnitz über die Katzbach zurück.
Noch am nämlichen Tage kam es zu einem kleinen Gefecht im Walde. Unter der Bedeckung einer Kompagnie Grenadiere des I. Bataillons Garde war der englische Gesandte Mitchell mit einigen Sekretären und der Bagage des Hauptquartiers dorthin geschickt worden. 300 Dragoner und Husaren griffen den Zug an. Aber Leutnant Prittwitz, der Führer der Bedeckung, verteidigte sich so vorzüglich, daß er nicht das geringste von dem verlor, was ihm anvertraut war.
Die Schlacht bei Liegnitz kostete Laudon 10 000 Mann. Das Schlachtfeld war mit Österreichern dicht besät. Die Preußen standen auf einem glacisartigen Gelände das nach der Seite des feindlichen Angriffs immerfort abfiel. Dadurch hatten sie die Feuerüberlegenheit und alle Vorteile des Terrains. Sie machten viele Gefangene darunter 2 Generale, 80 Offiziere und 6 000 Mann. Außerdem verloren die Österreicher bei Liegnitz 23 Fahnen und 82 Kanonen.
Dennoch wären die Früchte des Sieges verloren gegangen, wäre der König nicht sofort bei Parchwitz über die Katzbach gegangen. Der Feind war verwirrt und zerstreut. Hier flohen die Trümmer des Laudonschen Korps in wildem Durcheinander nach Wahlstatt, dort stand Daun in dem Lager, das die Preußen tags zuvor inne<55>gehabt hatten, und wußte nicht, welchen Entschluß er fassen sollte. Eine Meile davon irrte Lacy umher und suchte vergeblich nach einer Furt über das Schwarzwasser. Zweifellos mußte man den Augenblick benutzen und den Feind nicht zur Besinnung kommen lassen. So marschierte der König denn mit dem linken Flügel, der die Schlacht gewonnen hatte, stracks auf Parchwitz. Nauendorf, der das jenseitige Katzbachufer besetzt hielt, war zum Widerstand gegen die Preußen zu schwach und überließ ihnen den so lange und so hartnäckig umstrittenen Übergang. Jenseits Parchwitz steckten die Preußen ihr Lager ab. Zieten, der gleichfalls dorthin rücken sollte, blieb nur so lange auf dem Schlachtfelde, um die preußischen Verwundeten, 1 100 an der Zahl, aufzulesen.
In Parchwitz erfuhr der König, daß Tschernyschew seit einigen Tagen bei Lissa lagerte. Das war ein neuer Grund zur Besorgnis. Die Russen konnten sich mit den Österreichern vereinigen, konnten auch eine Stellung bei Neumarkt einnehmen. Kurz, es wäre sehr ärgerlich gewesen, das eben Entschiedene wieder in Frage gestellt zu sehen. Man mußte also alles aufbieten, um sich einen Feind vom Halse zu schaffen, mit dem man sich durchaus nicht schlagen wollte. So griff der König denn zur List. Er schrieb an seinen Bruder, Prinz Heinrich, einen prahlerischen Brief, er habe soeben die Österreicher in die Pfanne gehauen und ließe jetzt eine Brücke über die Oder schlagen, um den Fluß zu überschreiten und die Russen in ähnlicher Welse abzufertigen. Er sei willens, Ssaltykow anzugreifen, und bitte den Prinzen, seinerseits die verabredeten Bewegungen zu machen55-1. Dieser Brief wurde einem Bauern übergeben und ihm reichliche Belohnung versprochen, wenn er sich sofort auf den Weg machte und sich von den Vorposten Tschernyschews gefangen nehmen ließe. Dann sollte er ihm, gleichsam aus Furcht vor Strafe, den Brief einhändigen.
Man konnte nicht wissen, wie der Bauer seine Rolle spielen, noch welchen Eindruck der Brief auf Tschernyschew machen würde. Dennoch brach die Armee des Königs am folgenden Tage (16. August) auf. Sie marschierte in drei Kolonnen, mehr in der Ordnung einer Transportbedeckung als eines gewöhnlichen Marsches. Der König führte die rechte Kolonne und deckte den Marsch nach der Seite der Österreicher hin. Vor der zweiten Kolonne führte Krockow eine starke Avantgarde. Ihm folgten die Kriegsgefangenen, die erbeuteten Kanonen und die preußischen Verwundeten. Der Prinz von Holstein führte die dritte Kolonne, die aus leichter Kavallerie bestand und durch einige Bataillone verstärkt war, um den Zug gegen etwaige Angriffe der<56> Kosaken zu decken. Konnten die Kosaken doch von ihrer Stellung bei Leubus aus die Oder bei dem niedrigen Wasserstand in mehreren Furten überschreiten. Endlich bildete Zieten die Nachhut mit allen Truppen, die nicht am Kampfe teilgenommen hatten.
Unterwegs stieß der König bald auf Nauendorf. Er hatte sich bei Möttig aufgestellt, zog sich aber auf einige Kanonenschüsse hin zurück. Auf dem Marsche bemerkten die preußischen Husaren eine feindliche Gepäckkolonne mit schwacher Bedeckung, fielen sie an und machten beträchtliche Beute. Nach Aussage der Gefangenen gehörte die Bagage zum Korps des Fürsten Löwenstein und des Generals Beck. Das Korps war in vollem Anmarsch auf Neumarkt, um sich dort mit den Russen zu vereinigen. Außerdem erblickte man etwa eine Dreiviertelmeile rechts von den Preußen die Marschkolonnen der ganzen Daunschen Armee. Doch war es nicht klar, ob sie nach Neumarkt, Canth oder Schweidnitz rückten. Dies war vielleicht der kritischste und gefährlichste Augenblick des ganzen Feldzuges. Die Armee hatte nur noch für einen Tag Brot. Hinderten die Russen die Verproviantierung aus Breslau und Daun die aus Schweidnitz, so war der eben errungene Sieg nutzlos. Denn wie sollte man sich bei gleichzeitiger Bewachung von 6 000 Gefangenen und 1 100 Verwundeten mit dem Feinde schlagen? Wie schrecklich wäre es aber erst gewesen, sich wieder nach Glogau zurückziehen zu müssen! Als jedoch die Spitzen der Kolonnen Blumerode erreicht hatten, stieß der König mit einigen Husaren vor und schlich sich durch den Wald so nahe an Neumarkt heran, daß er feststellen konnte, daß jenseits des Ortes weder ein Lager noch Truppen zu sehen waren. Nun sandte er einen Offizier auf Kundschaft aus. Er kam bald zurück, in Begleitung eines österreichischen Oberstleutnants, den er in Neumarkt selbst gefangen genommen hatte. In der Verzweiflung über seine Gefangennahme sagte der Offizier alles aus, was er wußte. Dadurch wollte er beweisen, daß er an seinem Unglück keine Schuld trug. Er schalt auf die Russen und sagte, er hätte einen Auftrag an Tschernyschew gehabt, hätte ihn aber nicht mehr aufgefunden. Ja, sogar die Oderbrücke wäre abgebrochen gewesen, sodaß er nicht einmal über den Fluß hätte kommen können. Diese Nachricht zerstreute alle Besorgnisse, und ruhig bezog die Armee ihr Lager bei Neumarkt. Da nun die Verbindung mit Breslau wieder frei war, so war auch die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Auch konnte man den Truppen einige Ruhe gönnen. Waren sie doch seit neun Tagen in ständiger Bewegung gewesen und hatten mit heldenmütiger Standhaftigkeit die verschiedensten Anforderungen erfüllt, die größten Beschwerden ertragen und alle Schwierigkeiten siegreich überwunden.
Der vom König mit dem Brief an Prinz Heinrich abgesandte Bauer hatte sich seines Auftrags trefflich entledigt. Kaum hatte Tschernyschew das Schreiben gelesen, so ging er noch am gleichen Abend über die Oder zurück und eilte blitzschnell zur Vereinigung mit Ssaltykow, voller Furcht, schon zu spät zu kommen56-1.
<57>Die Österreicher hatten inzwischen ein Lager auf dem Pitschenberg bezogen. Laudon stand in Striegau, und Löwenstein hatte eine vorgerückte Stellung auf dem Berge bei Würben besetzt. Dort schloß sein Korps, wenn auch nur leicht, die Festung Schweidnitz ein.
Während all dieser Operationen zwischen Österreichern und Preußen hatte Prinz Heinrich mit seiner ganzen Armee die Oder überschritten und bei Hünern ein Lager bezogen, um den Russen näher zu sein. Kurz darauf zog sich Ssaltykow über Trachenberg und Herrnstadt nach Polen zurück. Der Prinz folgte ihm bis Winzig. Solange jedoch die beiden preußischen Armeen getrennt waren, konnte nichts Entscheidendes unternommen werden. So wurde denn beschlossen, daß Goltz57-1 mit 12 000 Mann zur Beobachtung der Russen in der Umgegend von Glogau verbleiben sollte. Die übrige Armee des Prinzen Heinrich ging am 29. wieder über die Oder und vereinigte sich mit dem König, dessen Heer in der Gegend von Breslau zwischen Arnoldsmühle und Groß-Mochbern lagerte. Es war Zeit, Schweidnitz zu Hilfe zu eilen; denn schon schickte sich der Feind zur Belagerung an.
Am 30. August setzte sich der König in Marsch. Bei Wernersdorf entdeckte er das Daunsche Lager auf dem Pitschenberg und Lacys Stellung auf dem Zobten. Ein starkes österreichisches Kavalleriekorps kam seiner Avantgarde entgegen, wurde aber von der preußischen Kavallerie bis unter Dauns Kanonen zurückgetrieben. Trotz alledem war ein Durchzug der Armee zwischen den beiden feindlichen Heeren nicht ratsam. So marschierte der König denn links ab nach Rogau und nahm dem Zobten gegenüber Stellung in der Nähe von Prschiedrowitz. Zum Schein schlug man einige Zelte auf, während Zieten durch Buschwerk zog und unvermerkt den Paß bei Mellendorf besetzte, der auf die Ebene von Reichenbach und Schweidnitz mündet. Bei Anbruch des Abends folgte ihm die Armee in zwei Kolonnen. Bei Pfaffendorf griff die Avantgarde 200 Dragoner vom Regiment St. Ignon an. Sie waren auf Kundschaft ausgezogen und stießen unvermutet auf die preußischen Husaren. Schon gerieten die vordersten Truppen der königlichen Avantgarde in Verwirrung. Da rückte Zieten mit seinem Regiment vor, verjagte den Feind und nahm ihm 40 Gefangene ab. Durch diesen Marsch hatte sich die Armee wieder die Verbindung mit Schweidnitz gesichert. Sie bezog ein Lager bei Költschen, eine kleine Meile von der Festung. Bei Tagesanbruch erfuhr Daun, daß er umgangen war. Sofort verließ er den Zobten und den Pitschenberg und nahm sein Lager bei Kunzendorf. Sein rechter Flügel lehnte sich an den Bergkamm von Burkersdorf, der linke dehnte sich bis nach Hohenfriedberg. Außerdem besetzte das Jahnussche Korps die Pässe bei Martha und Silberberg, und Nauendorf postierte sich auf dem Spitzberg und auf dem Streitberg bei Striegau.
Am nächsten Tage rückte die Armee des Königs ins Lager von Pilzen und blieb dort. Da sich die Stellung indes nicht als günstig genug erwies, um den Feind von<58> den Bergen zu vertreiben, vertauschte man am 3. September das Lager mit dem bei Bunzelwitz. Während des ganzen Marsches wurde gekämpft, erst mit dem Riedschen Korps bei Schönbrunn, dann mit Beck bei Jauernick. Da man Nauendorf bei Striegau nicht dulden durfte, wollte ihn Zieten verjagen. Er trieb ihn auch glücklich bis Hohenfriedberg unter die Laudonschen Batterien, machte 400 Gefangene und bezog nun selbst das Lager bei Striegau, aus dem er eben den Feind vertrieben hatte.
Der König wünschte die Österreicher aus Schlesien zu vertreiben, um größere Detachements gegen die Russen senden zu können. Das beste Mittel, dies Ziel zu erreichen, war eine Umgehung der österreichischen Stellung, sei es zur Zerstörung der feindlichen Magazine, sei es, um ihre Proviantzüge aus Böhmen abzufangen. Doch war die Ausführung des Plans schwierig; denn das vom Feinde besetzte Gebiet war sehr groß, eine Umgehung also schwer. Auch konnte Daun durch eine kleine Bewegung von seinem Zentrum aus den Preußen zuvorkommen, da er nur die Sehne, der König aber den Bogen zu beschreiben hatte. Doch welche Schwierigkeiten auch vorauszusehen waren, die Notwendigkeit zu handeln und der Zwang der Umstände siegten über alle Bedenken, und man überließ den Ausgang dem Glück. In der Nacht zum 11. September brach die Armee auf, um die Höhen von Hohenfriedberg zu umgehen. Die Avantgarde erreichte den Paß bei Kauder. Kaum erblickte Laudon ihre Spitze, so ward ihm klar, daß es auf seine Umgehung abgesehen sei. Er verließ also seine Stellung und zog sich auf das Dorf Reichenau zurück. Auch Daun, der nicht weniger aufmerksam den preußischen Bewegungen folgte, zeigte sich gleichzeitig am anderen Rande der Reichenau durchschneidenden Schlucht. Durch diesen Marsch rettete er Laudon vor der ihm durch die Preußen drohenden Gefahr. Bei Einbruch der Nacht kam die Armee im Lager von Reichenau an. Kaum konnten die Truppen noch ihre Zelte aufschlagen.
Der König wollte ein Detachement nach Landeshut schicken, wo der Feind ein Magazin besaß, mußte aber die Ausführung des Plans auf den folgenden Tag verschieben. Zieten war mit dem Auftrag betraut worden und sollte am nächsten Morgen den Weg von Hartau nach Ruhbank einschlagen. Aber ein unvermuteter Zufall vereitelte das Unternehmen. Beim Aufbruch der österreichischen Armee hatte Beck tags zuvor Befehl erhalten, Laudons rechten Flügel zu decken. In der Dunkelheit marschierte er von Hohenfriedberg auf Reichenau und stieß dabei auf das Lager des Königs. Er hielt es für das österreichische und stellte sich links daneben auf, sodaß er der preußischen Armee den Rücken kehrte. Noch in derselben Nacht erhielt der König Meldung davon. Die Preußen blieben unter Gewehr und gingen noch vor Tagesanbruch zum Angriff vor. Einige Kanonenschüsse brachten den Feind in Unordnung. In diesem Augenblick griff ihn die preußische Kavallerie an und nahm ein ganzes Pandurenbataillon, 800 Mann stark, gefangen. Dann verfolgte sie das Becksche Korps auf seiner Flucht nach Hohenfriedberg und weiter bis nach Rohnstock. Es wäre den Österreichern noch übler ergangen, wäre nicht Fürst Löwenstein mit<59> frischen Truppen zu Hilfe geeilt. So aber nahm er die Flüchtlinge auf und deckte ihren Rückzug (12. September).
Bei dem Getöse des Geschütz- und Infanteriefeuers glaubte Zieten an ein ernstes Gefecht in der linken Flanke des Königs. Es schien ihm deshalb gewagt, die Armee in einem Augenblick zu verlassen, wo seine Gegenwart vielleicht notwendig werden konnte. So schob er seinen Abmarsch bis Mittag auf, versäumte damit aber den günstigen Augenblick und konnte nun nur noch bis Hartau vorrücken, wo er ein Lager bezog; denn Laudon hatte inzwischen alle Pässe nach Landeshut besetzt, und Lacy hatte mit 20 000 Mann die Stellung bei Ruhbank eingenommen. Nauendorfs Korps war im Lager bei Zirlau, unfern von Freiburg, geblieben. Es hatte sich in der Ebene ausgedehnt und Streifkorps bis Jauer und Liegnitz vorgeschickt. Der König sandte Krockow nach Wahlstatt. Dort überraschte er ein mehr als 300 Mann starkes Nauendorfsches Korps und brachte es gefangen zur Armee zurück.
Daun war indessen nicht so ruhig, wie es schien. Er ließ die Straßen von Landeshut nach Bolkenhain herrichten und Truppen durch Ruhbank marschieren. Hielt man all seine Vorbereitungen zusammen, so war es klar, daß er die Armee des Königs durch eine Umgehung überrumpeln und ihr auf dem eben ausgebesserten Wege nach Bolkenhain in den Rücken fallen wollte. Die Gefahr ließ sich vermeiden. Sich ihr auszusetzen, wäre tollkühn gewesen. Außerdem taugen Preußen besser zum Angriff als zur Verteidigung. Auch war die ganze Gegend ausfouragiert. Anstatt es also auf den unsichern Ausgang von Dauns Plan ankommen zu lassen, faßte der König den Entschluß, lieber selbst Dauns rechten Flügel zu umgehen, also gerade in umgekehrter Richtung, wie bei der Umgehung Laudons durch den rechten preußischen Flügel.
Am 16. abends verließ die Armee das Lager von Reichenau und Baumgarten. Sie suchte zunächst die Kunzendorfer Höhen zu gewinnen, aber der Feind konnte sie rascher erreichen und kam den Preußen zuvor. Beim Durchmarsch durch Zirlau fing Fürst Löwenstein, der in der Nähe lagerte, sofort ein Scharmützel an, das bald in eine lebhafte Kanonade überging. Um dem feindlichen Artilleriefeuer weniger ausgesetzt zu sein, marschierte die preußische Armee 3 000 Schritt vom Gebirge entfernt. Der Feind ging aber von den Höhen herab und verringerte damit etwas die Entfernung. Kaum hatte Zieten mit der Arrieregarde das Lager verlassen, so wurde er unterwegs beständig beunruhigt. Dadurch wurde sein Marsch verzögert, und so mußte die Spitze der Armee mehrfach haltmachen, damit der Abstand nicht zu groß wurde und man sich im Notfall gegenseitig unterstützen konnte. Sobald die Avantgarde bei Kunzendorf anlangte, besetzten Husaren und Dragoner die dortigen Höhen, aber die preußische Infanterie konnte zu ihrer Unterstützung nicht rasch genug folgen. Gleichzeitig erschien von Fürstenstein aus die Daunsche Avantgarde. Die Husaren und Dragoner waren zu schwach, um allein den wichtigen Posten zu halten, und mußten ihn wieder aufgeben. Abermals verursachte die preußische Arrieregarde, die den Marsch der Armee so sehr verzögerte, einen Aufenthalt bei Schönbrunn. Es<60> bedurfte einiger Zeit, bis sie wieder den Anschluß an die hinteren Kolonnen fand. In dem Wahn, diese Gelegenheit ausnutzen zu können, griffen die feindlichen Generale die preußische Infanterie mit 30 Schwadronen an. Sie wurden jedoch mit starken Geschützsalven und heftigem Gewehrfeuer empfangen und von den Seydlitz- und Prinz-Heinrich-Kürassieren60-1 auf ihre eigene Infanterie zurückgeworfen.
Endlich erreichte der König, stets seitlich von den Kaiserlichen begleitet, die Ortschaft Bögendorf. Von da schob er seine Avantgarde bis auf die Höhen von Hohengiersdorf vor. Doch mußte man dort erst einen Verhau wegräumen, den der Feind zur Sperrung des Gebirgsweges errichtet hatte. Jetzt wurden Daun die Absichten des Königs einigermaßen klar. Er stellte seine Armee fünf bis sechs Treffen tief bei Ober-Bögendorf auf, um das Plateau von Hohengiersdorf auf einem nahen Wege noch vor den Preußen zu besetzen. Zietens Geschütze jedoch beschossen den Feind so erfolgreich, daß die Verwirrung in seinem Korps allgemein wurde. Indes erreichte Wied mit zwei Bataillonen der Regimenter Prinz Heinrich und Jung-Braunschweig die Hohengiersdorfer Höhe zuerst. Er traf dort auf 10 abgesessene österreichische Schwadronen und jagte sie sofort mit einigen Kanonenschüssen in die Flucht. Als er aber weiter vorrückte, um dem Feinde den Weg zu dem Plateau zu verlegen, stieß er auf die Spitze von 10 Grenadierbataillonen, die Daun in der gleichen Absicht vorgeschoben hatte. Wied griff sie an. Das Gefecht60-2 war ebenso lebhaft wie kurz. Die Österreicher wurden geschlagen und verloren 600 Grenadiere und 14 Kanonen. Die Avantgarde und der linke preußische Flügel folgten Wied und nahmen Stellung von dem Plateau bis zum Blauen Ranzen. Die vom Feinde eilig besetzten Höhen von Seitendorf wurden rekognosziert. Die Kanonade hatte vom frühen Morgen den ganzen Tag über gedauert und endigte erst um halb zehn abends. Bis Breslau hatte man den Kanonendonner gehört. Bei seiner Stärke glaubten die Offiziere der dortigen Besatzung, eine Schlacht wäre im Gange. Und doch handelte es sich in Wahrheit nur um einen Marsch. In früheren Zeiten war manche Schlacht mit weniger Geschützfeuer geschlagen worden. Der Zweck des Marsches war die Erreichung von Waldenburg und die Vernichtung der dortigen feindlichen Bäckerei. Aber durch die fortwährenden Kämpfe hatten sich die Preußen derart versäumt, daß sie ihren Vorteil nicht weiter ausnutzen konnten.
Am nächsten Tage besetzte die Armee des Königs mit Ausnahme der Kürassiere die Höhen von Hohengiersdorf und versuchte über Reußendorf und den Kohlberg nach Waldenburg vorzudringen. Aber Laudon war den Preußen in der Nacht zuvorgekommen und hatte bereits die dorthin führenden Pässe besetzt. Auch Lacy hatte sich in jener Stellung mit ihm vereinigt, und so lief das Unternehmen der Preußen auf eine bloße Kanonade hinaus. Inzwischen setzte sich der König in Besitz der Höhen<61> von Bärsdorf. Der linke Flügel seines Lagers stützte sich auf Kynau. Von dort zog sich die Linie über Bärsdorf bis nach Dittmannsdorf, wo das Hauptquartier war, und weiter über den Blauen Ranzen. Die Reserve unter Forcade lagerte auf dem Plateau von Hohengiersdorf beim äußersten rechten Flügel. Dauns Stellung umfaßte ein viel weiteres Gebiet. Das Laudonsche und Lacysche Korps erstreckte sich von Jauernick und Tannhausen über Reußendorf bis Seitendorf. Von dort zog sich die Daunsche Armee über den bis nach Bögendorf verlaufenden Höhenkamm. Löwenstein und Beck sicherten die linke Flanke. Ihre Front war nach Schweidnitz gerichtet. Nauendorf deckte Dauns Rücken bei Fürstenstein. Beide Armeen hatten sich derart in den Bergen eingeschachtelt, daß keine vorrücken konnte, und beider Lager waren unangreifbar. Auch standen sie einander so nah, daß sich die Generale jeden Augenblick erfolgreich mit Artillerie beschießen konnten. Aber das hätte zu nichts geführt, und so verhielten sie sich äußerst ruhig. Die Vorposten standen sich Auge in Auge gegenüber. Alles Schießen war untersagt. Es sah aus, als wäre ein Waffenstillstand abgeschlossen. Ja, es ging so weit, daß Österreicher und Preußen die in der Dunkelheit verirrten Patrouillen aufnahmen und sie auf den Weg zu ihren Stellungen führten. Aber sogar hier im Gebirge, wo selbst die Laune der Natur Festungen zu bilden schien, verschanzten sich beide Teile noch zu ihrer größeren Sicherheit.
Allmählich aber fühlte sich Daun in seiner Lage bedrückt. Es war ihm unerträglich, einen Feldzug verloren zu sehen, auf dessen glücklichen Ausgang er die größten Hoffnungen gesetzt hatte. Die Fourage in den Bergen war aufgebraucht. In die Ebene konnte er nur kleine Abteilungen senden, dazu erschwerten die schlechten Straßen den Transport der aus Böhmen kommenden Proviantzüge. Kurz, der Feldmarschall war im Begriff, Schlesien zu räumen, da er dort nichts weiter auszurichten vermochte. Er war höchst verdrossen darüber und fand zur Aufbesserung seiner mißlichen Lage kein anderes Mittel, als den König durch eine Diversion, die ihn ins Mark traf, zum Abmarsch zu zwingen. So setzte er denn Himmel und Erde in Bewegung, um die russischen Generale, insbesondere Ssaltykow, zum Vordringen zu bewegen. Nach seinem Plane sollte ein russisches Korps stracks auf Berlin marschieren. Um die Russen zu diesem Manöver zu ermuntern, beschloß er, ihnen eine Abteilung eigener Truppen zu schicken. Das schien ihm das einzige Mittel, um den König zu zwingen, seinen Erblanden zu Hilfe zu eilen und somit Schlesien zu verlassen, bevor er die Österreicher zum Rückzug nach Böhmen zwingen konnte. Zur Einleitung dieses Unternehmens sandte Daun einen General ins russische Lager. Auch der Wiener Hof schickte zur Unterstützung des Planes täglich Kuriere nach Petersburg. Mit dem Köder von Plünderung und Beute suchte man die Russen zu locken, und zweifellos gingen sie dieser Aussicht wegen auf die Absichten der Österreicher ein. Um den Russen bei der Ausführung des Planes beizustehen, wurde Lacy nach Seitendorf abgeschickt. Der König erfuhr davon, sandte aber dessenungeachtet Wied mit 6 000 Mann nach Oberschlesien. Der stieß dort auf das Bethlensche Korps bei Neu<62>stadt. Auf einem Rekognoszierungsritt verloren die Krockow-Dragoner aus Ungeschick 120 Mann. Aber das sind nur Kleinigkeiten.
Am 20. September waren Tschernyschew und Tottleben mit ungefähr 20 000 Mann aufgebrochen. Sie hatten die Oder bei Beuthen überschritten und waren von dort nach Christianstadt vorgerückt, indes Ssaltykow von Schlichtingsheim in Polen auf Frankfurt marschierte, wo er am 6. Oktober eintraf.
Seit dem Abmarsch des Königs standen die Dinge in Sachsen schlecht. Die Reichstruppen nahmen sofort Nossen. Hülsen war zu schwach zur Besetzung aller Stellungen, die ihn vor einer Umgehung durch den Prinzen von Zweibrücken sichern konnten. Er war daher außerstande, seine Stellung bei Schlettau zu halten, und ging auf Strehla zurück. Der Feind rückte sofort nach. Luszinsky griff seine linke Flanke und Prinz Stolberg62-1 den rechten Flügel auf dem Dürren-Berg an62-2. Aber die dort stehende Brigade unter Braun62-3 warf den Feind tapfer zurück. Gleichzeitig fielen auch die Schorlemer-Dragoner und die Kleist-Husaren über den Prinzen her und trieben seine Truppen vollends in die Flucht. Dabei wurden der österreichische Oberst Prinz Nassau, 20 Offiziere und 400 Mann gefangen genommen. Der Prinz von Zweibrücken zog sich daraufhin zurück. Hülsen schien aber noch nicht genug Feinde vor sich zu haben; denn der Zufall ließ ihm noch neue entstehen. Der Herzog von Württemberg hatte sich von dem Schreck über das unglückliche Treffen bei Fulda im vorigen Jahre62-4 erholt und erschien aufs neue im Felde. Unter den Fahnen der Österreicher glaubte er mehr Glück zu haben als bei den Franzosen. Auch diesmal hatte er es zur Bedingung seiner Solddienste gemacht, daß sein Korps einzeln verwendet würde. Er zog nun mit der festen Absicht nach Sachsen, Freund und Feind gleichmäßig zu plündern. Zu dem Zweck folgte ihm eine ganze Synagoge von Juden, an die er seine Beute abzusetzen gedachte. Dieser Trupp von Hebräern wurde sein Sanhedrin62-5 genannt.
Als der Herzog in der Gegend von Grimma erschien, hielt Hülsen ein längeres Verweilen in Strehla für unangebracht. Er zog sich nach Torgau zurück, um sein dortiges Magazin, solange es die Umstände erlaubten, zu decken. Der Prinz von Zweibrücken folgte den Preußen auf dem Fuße und lagerte bei Belgern. Der Herzog von Württemberg rückte von Bitterfeld nach Pretzsch vor. Luszinsky marschierte nach Dommitzsch, schlug dort eine Brücke und ging noch am nämlichen Tage über die Elbe. Dann rückten der Prinz von Zweibrücken, Hadik und Macquire gleichzeitig gegen Hülsen vor und besetzten die Höhen von Süptitz. Diese vereinten Bewegungen und der Übergang des Luszinskyschen Korps über die Elbe ließen Hülsen befürchten, daß der Feind Torgau belagern wolle. Auch mußte er auf ein Vor<63>dringen gegen Berlin gefaßt sein, wo nur wenig Truppen standen. Solch gefährlichen Absichten wollte Hülsen zuvorkommen. Er ging deshalb bei Torgau über die Elbe (26. September) und lagerte sich bei Jessen an der Mündung der Elster. Sofort nach seinem Abmarsch verbrannten die Feinde die Torgauer Brücke. Der Kommandant der Festung, Normann, versuchte nicht einmal, sich zu verteidigen und ergab sich in seiner Feigheit noch am gleichen Tage63-1. Dabei fielen die Besatzung von 800 Mann, viele Kranke und ein bedeutendes Magazin in die Hände der Kaiserlichen. Dann rückte der Prinz von Zweibrücken über die Elster, und Hülsen zog sich nach Koswig zurück, da er den Feinden in seiner Front und in seinem Rücken nicht gleichzeitig widerstehen konnte. Wie wir gleich hören werden, wurde er von Koswig nach Berlin gerufen. Sofort wurde Wittenberg belagert, aber der dortige Kommandant, Salenmon63-2, verteidigte sich tapfer und entschlossen. Die Feinde bombardierten die Stadt und legten drei viertel in Asche. Schließlich ging die Munition aus. Dennoch ergab er sich erst am 14. Oktober, nachdem er alles geleistet hatte, was man von einem Manne von Ehre erwarten durfte.
Der völlige Umschwung der Dinge in Sachsen und die Gefahr, die Berlin drohte, waren Gründe genug für den König, seinen Provinzen eiligst zu Hilfe zu kommen. Man war schon im Oktober. Es war also kaum anzunehmen, daß der in seinen Vorbereitungen so langsame Feind in der vorgeschrittenen Jahreszeit noch eine Belagerung beginnen werde, zumal in Schlesien all seine Maßnahmen vereitelt waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach mußte der König also annehmen, daß er Schlesien ohne Gefahr verlassen könnte. Da nun seine Gegenwart anderswo so dringend nötig ward, rief er Wied aus Oberschlesien ab und verließ am 7. Oktober das Lager von Dittmannsdorf. Er marschierte über Bunzelwitz, Jauer, Konradsdorf und Primkenau nach Sagan und vereinigte sich dort am 11. mit Goltz. Dieser hatte aus später zu erwähnenden Gründen Werner nach Kolberg detachiert. Von Sagan marschierte die Armee des Königs über Guben nach Groß-Muckro, wo sie am 15. Oktober eintraf. Der König wollte den Russen in den Rücken fallen und das ganze Korps aufreiben, das sich bis Berlin vorgewagt hatte. Aber das war unnötig; denn die Dinge nahmen eine andere Wendung. Tschernyschew und Tottleben waren über Guben und Beeskow marschiert und am 3. Oktober vor den Toren Berlins erschienen.
Der Prinz von Württemberg, der gegen die Schweden stand, hatte Wind davon bekommen. Seine Kriegführung gegen die Schweden blieb immer die gleiche. Ging der Feind über die Peene, so wurde eins seiner Detachements geschlagen. Dann ging er wieder zurück, um an einem anderen Punkte vorzurücken. Kurz, es ereignete sich auf diesem Kriegsschauplatze nichts, was die Aufmerksamkeit der Nachwelt verdiente. Als der Prinz von Württemberg von dem Vormarsch der Russen erfuhr,<64> stand er gerade in Pasewalk. Er hatte Werner aus Pommern an sich gezogen, wo dieser die glänzendsten Erfolge über die Russen errungen hatte. Der Seltsamkeit wegen wollen wir Werners Zug beschreiben, um den tragischen Ernst der Darstellung etwas aufzuheitern.
Mit 26 Kriegsschiffen, zu denen noch ein schwedisches Geschwader stieß, hatten die Russen den Admiral Zacharias Danielowitsch Mischukow zur Belagerung Kolbergs abgeschickt. Am 26. August eröffnete er die Laufgräben und setzte seine Operationen bis zum 18. September fort. Der Kommandant64-1 und die Besatzung von Kolberg verrichteten bei der Verteidigung und bei den Ausfällen Wunder der Tapferkeit. Auf die Nachricht von der Belagerung hin wurde Werner von Schlesien aus mit 4 Bataillonen und 9 Schwadronen Kolberg zu Hilfe gesandt. Er kommt an, überrascht den Feind bei Sellnow, bemächtigt sich des wichtigen Defilees bei Kautzenberg und wirft sich in die Stadt64-2. Noch in derselben Nacht hebt der Feind die Belagerung auf, geht an Bord der Schiffe und läßt 15 Kanonen, 7 Mörser und seine ganze Kriegsmunition im Stich. Werner macht 600 Gefangene und zeigt sich am folgenden Tage am Ostseeufer. So unglaublich es klingt, sein Erscheinen verbreitet solchen Schrecken, daß die Flotte die Anker lichtet, die Segel hißt und aufs hohe Meer fährt. So war es Werner vorbehalten, mit einigen Husarenschwadronen eine Flotte in die Flucht zu schlagen.
Nach völliger Vertreibung der Russen aus Pommern rückte der General nach Prenzlau und vereinigte sich dort mit dem Prinzen von Württemberg. Werner und Belling blieben in der Gegend zur Abwehr der Schweden. Der Prinz von Württemberg dagegen rückte in Eilmärschen nach Berlin und traf dort am 4. Oktober ein.
In Berlin hatte alles zu den Waffen gegriffen. Selbst die Invaliden und Kranken wurden zur Verteidigung herangezogen. Die Befestigungen der Stadt bestanden aus einigen vor den Toren errichteten Erdschanzen. Diese wichtigen Posten waren verwundeten oder kranken Generalen anvertraut, die sich gerade in Berlin befanden. Der Prinz von Württemberg machte mit seiner Kavallerie einen Ausfall aus dem Schlesischen Tor. Dabei stieß er auf den Feind und wurde sechs Stunden lang von Tottleben angegriffen, der ihn mit 7 000 bis 8 000 Kosaken und Dragonern umzingelte. Der Prinz warf sie aber nicht nur zurück, sondern jagte den Feind bis Köpenick. Am folgenden Tage wurde das Schlesische Tor von 2 000 Mann russischer Infanterie angegriffen. Dort leitete Seydlitz die Verteidigung, obgleich er von seiner bei Kunersdorf empfangenen Wunde noch nicht geheilt war, und schlug die Russen zurück. Inzwischen hatte Hülsen Nachricht von der Gefahr erhalten, in der die Hauptstadt schwebte, und war von Koswig herbeigeeilt.
Wären nur die Russen zu vertreiben gewesen, so wäre das wohl geglückt. Als aber auch Lacy eintraf, konnte die Stadt sich nicht länger halten. Schon hatte er Potsdam<65> und Charlottenburg besetzt und näherte sich Berlin von Süden. Der Umkreis der Stadt beträgt drei Meilen. Unmöglich konnten also 16 000 Mann eine so ausgedehnte Linie, die nicht einmal Wälle und Festungswerke besaß, gegen 20 000 Russen und 18 000 Österreicher verteidigen, die von andrer Seite nichts zu befürchten hatten und daher alles wagen konnten. Schon begann der Feind die Stadt zu bombardieren. Ließ man es aufs Äußerste ankommen, so liefen die Truppen Gefahr, in Gefangenschaft zu fallen, und Berlin wurde von Grund aus zerstört. Aus diesen wesentlichen und triftigen Gründen faßten die Generale den Entschluß zum Rückzuge und empfahlen dem Magistrat die Absendung einer Deputation an die feindlichen Generale zum Abschluß einer Art von Kapitulation. In der Nacht zum 9. Oktober rückten der Prinz von Württemberg und Hülsen ab und zogen sich nach Spandau zurück. Nur das Jägerkorps erlitt dabei einige Verluste. Noch am selben Tage marschierten die Russen in Berlin ein. Es wurde vereinbart, daß die Bürgerschaft durch Kriegssteuer zwei Millionen aufbringen und sich dadurch von einer Plünderung loskaufen sollte65-1. Trotzdem hatten Lacy und Tschernyschew nicht übel Lust, einen Teil der Stadt anzuzünden. Ohne die nachhaltigen Vorstellungen des holländischen Gesandten Verelst65-2 wäre es vielleicht zu einer Katastrophe gekommen. Der edle Republikaner wies die Feinde auf die Menschenrechte hin und schilderte ihnen ihre Barbarei mit so abschreckenden Farben, daß sie sich schämten. Ihre ganze Wut und Wildheit ließen sie an den königlichen Schlössern in Charlottenburg und Schönhausen aus, die von den Sachsen und Kosaken geplündert wurden.
Nun verbreitete sich das Gerücht vom Anmarsch des Königs. Lacy und Tschernyschew hatten Nachricht erhalten, der König beabsichtige sie abzuschneiden. Die Kunde<66> erfüllte sie mit Schrecken und beschleunigte ihren Aufbruch. Am 12. traten sie den Rückzug an. Bei Frankfurt und Schwedt gingen die Russen wieder über die Oder, und am 15. zog sich Ssaltykow nach Landsberg an der Warthe zurück. Lacy plünderte, was er irgend auf seinem Wege antraf, und langte nach drei Tagen wieder in Torgau an. Ungewiß, was sie tun sollten, hatten sich der Prinz von Württemberg und Hülsen nach Koswig gewandt und dort Kantonnementsquartiere bezogen.
Bei Groß-Muckro erfuhr der König all diese Einzelheiten. Da nun ein Kampf gegen die Russen nicht mehr nötig war, konnte er seine ganzen Kräfte ungehindert nach Sachsen wenden. Statt also nach Köpenick zu marschieren, schlug er die Straße nach Lübben ein. Indessen war Daun dem König in die Lausitz gefolgt und näherte sich eben Torgau. Da man erfuhr, daß Laudon in Löwenberg geblieben war, erhielt Goltz Befehl, nach Schlesien zurückzukehren und dort so gut wie möglich den österreichischen Unternehmungen entgegenzutreten. Am 22. kam die Armee des Königs in Jessen an. Die Truppen des Prinzen von Zweibrücken hielten das ganze linke Elbufer besetzt, standen aber mit ihrem Gros gegenüber Wittenberg bei Pratau. Beim Anrücken der preußischen Spitze räumte der Prinz die Festung.
Die jähen Umschläge dieses Feldzuges erforderten neue Entschließungen und Maßnahmen. In Sachsen besaßen die Preußen nicht ein einziges Magazin mehr. Die Armee des Königs lebte von der Hand in den Mund. Etwas Mehl traf aus Spandau ein, aber auch diese Vorräte gingen auf die Neige. Überdies war ganz Sachsen in den Händen des Feindes. Daun mußte jeden Augenblick in Torgau eintreffen; die Reichstruppen hielten die Elbufer besetzt, und der Herzog von Württemberg stand in der Gegend von Dessau. Um sich alle diese Feinde vom Halse zu schaffen, schob der König Hülsen und den Prinzen von Württemberg nach Magdeburg vor. Dort sollten sie über die Elbe gehen und die Mehlkähne nach Dessau geleiten; denn bei Dessau wollte der König mit seinem rechten Flügel über die Elbe gehen und sich wieder mit Hülsen vereinigen. Im Fürstentum Halberstadt stieß der Prinz von Württemberg auf eine Abteilung seines Bruders, des Herzogs, und vernichtete sie völlig. Darob erschrak der Herzog so gewaltig, daß er sich über Merseburg und Leipzig nach Naumburg zurückzog.
Am 26. ging der rechte preußische Flügel über die Elbe und vereinigte sich dicht bei Dessau mit Hülsen und dem Prinzen von Württemberg. Auf diese Bewegung hin verließ der Prinz von Zweibrücken die Elbufer und zog sich über Düben nach Leipzig zurück. In einem Walde zwischen Oranienbaum und Kemberg hatte er Ried zurückgelassen. Der hatte sich indes unüberlegt aufgestellt; denn er besetzte das Gehölz mit Husaren und postierte seine Panduren in der Ebene. Die preußische Avantgarde griff ihn an, schlug seine völlig zerstreuten Truppen einzeln und rieb das Korps fast ganz auf (27. Oktober). Ried wurde bis Pretzsch getrieben und konnte dort von den 3 600 Mann, die er vor dem Gefecht besessen, nur 1 700 wieder zusammenbringen. Sobald die Armee Kemberg erreicht hatte, ging Zieten über die Elbe. Er hatte den<67> Feind mit dem linken Flügel bei Wittenberg in Schach gehalten und stieß nun wieder zur Hauptarmee.
Inzwischen hatte sich Daun mit Lacy in Torgau vereinigt. Nach sicherer Kunde hatte seine Avantgarde die Straße nach Eilenburg eingeschlagen. Es war daher nur anzunehmen, daß Daun sich mit den Reichstruppen vereinigen wollte. Auf diese Mutmaßung hin marschierte die preußische Armee nach Düben, um die für die preußischen Interessen so bedrohliche Vereinigung zu verhindern. Dort stieß man auf ein Korps Kroaten, das teils gefangen genommen, teils niedergehauen wurde. In Düben errichtete der König ein Magazin. Da der Ort auf einer Halbinsel liegt und fast ganz von der Mulde umflossen wird, so erschien er dazu besonders geeignet. Auch wurden einige Schanzen errichtet und Sydow67-1 mit 10 Bataillonen zu ihrer Verteidigung zurückgelassen. Dann marschierte die Armee auf Eilenburg. Dort hatten sich die österreichischen Truppen gelagert. Sie zogen sich nun aber Hals über Kopf über Mockrehna nach Torgau zurück und ließen sogar einen Teil ihrer Zelte im Stich. Die preußische Armee lagerte sich mit dem rechten Flügel bei Thallwitz, mit dem linken bei Eilenburg. Hülsen mußte mit einigen Bataillonen über die Mulde gehen und nahm Stellung zwischen Bötzen und Gostemitz gegenüber dem Prinzen von Zweibrücken, der bei Taucha stand. Bei der Lage der Dinge mußten zunächst die Reichstruppen vertrieben werden, damit sie den Preußen nicht in den Rücken fielen oder sich mit den Österreichern vereinigten. Die Ausführung dieses Planes war leicht. Hülsen schreckte sie auf. Sie zogen noch vor Tagesanbruch ab, gingen über die Pleiße, dann über die Elbe und schließlich bis Zeitz zurück. Tapfer griff Major Quintus67-2 mit seinem Freibataillon ihre Nachhut an, ja er machte dabei noch 400 Gefangene. Nach dem glücklichen Ablauf dieses Unternehmens setzten die Preußen sich wieder in den Besitz von Leipzig, und Hülsen stieß zur Armee.
Bis jetzt waren alle Ereignisse zum Vorteil des Königs ausgeschlagen. Der Einfall der Russen und die Einnahme von Berlin, die so folgenschwer erschienen, waren noch leidlich gut abgelaufen. Sie hatten nur Kontributionen und Geld gekostet. Der Feind war von den Grenzen der Kurmark abgedrängt. Man hatte Wittenberg und Leipzig wiedererobert, ja sogar die Reichsarmee so weit zurückgeworfen, daß ihre Vereinigung mit den Österreichern für die nächste Zeit nicht zu befürchten war. Damit war aber noch nicht alles getan, und gerade in der Ausführung der übrigen Pläne lag das schwerste Stück Arbeit.
Die Russen hatten bei Landsberg an der Warthe eine Stellung bezogen, aus der sie den Vorgängen in Sachsen ruhig zuschauen konnten. Indessen hatte der König erfahren, daß sie ihre Gründe hatten, sich nicht zu weit zu entfernen. Falls nämlich die Österreicher Erfolge über die Preußen errangen oder Daun sich bei Torgau behaupten konnte, wollten sie aufs neue in die Kurmark eindringen und dann in Ver<68>bindung mit den Österreichern ihre Winterquartiere längs der Elbe beziehen. Für die Preußen hätte die Ausführung dieses Planes verhängnisvolle, ja verzweifelte Folgen gehabt. Die Feinde hätten dann die Armee des Königs nicht nur von Schlesien und Pommern, sondern auch von Berlin abgeschnitten. Und doch war die Hauptstadt die Nährmutter der Armee. Sie lieferte Uniformen, Waffen, Bagage und alle Kriegsbedürfnisse. Hinzu kam, daß die Preußen ihre Winterquartiere dann nur jenseits der Mulde, zwischen Pleiße, Saale, Elster und Unstrut, hätten nehmen können. Dies Gebiet war aber zu beschränkt und konnte so viele Truppen während des Winters nicht ernähren. Wo wären ferner die Magazine für den Frühling, die Uniformen und Rekruten hergekommen? In diesem schmalen Raume wäre die preußische Armee auf die der Verbündeten gedrängt worden und hätte sie durch ihren eigenen Mangel selbst in Not gebracht. Auch ohne gründliche militärische Kenntnisse wird jeder vernünftige Mensch verstehen, daß der König, wenn er es in diesem Herbste dabei bewenden ließ und keine neuen Unternehmungen wagte, sich den Feinden mit gebundenen Händen ausgeliefert hätte. Zu alledem kam, daß das in Düben angelegte Magazin den Unterhalt der Truppen kaum vier Wochen lang decken konnte. Auch mußte die Elbe bei der bereits eingetretenen Kälte sehr rasch zufrieren. Dann konnten auch von Magdeburg aus keine Lebensmittel mehr auf Kähnen herbeigeschafft werden. Kurz, hätte der König jetzt nicht geeignete Maßnahmen getroffen, um den Feind zu vertreiben und sich Raum zur Aufstellung und Verpflegung der Truppen zu schaffen, so war das größte Elend vorauszusehen.
Nach reiflicher Prüfung und Erwägung all dieser Gründe beschloß der König, das Schicksal Preußens auf eine Schlacht zu setzen, falls Dauns Vertreibung von Torgau durch Manövrieren nicht zu erreichen war. Bemerkt sei noch, daß sich nur zwei Möglichkeiten boten, Daun zu beunruhigen. Die eine war, das nur schwach besetzte Dresden vor dem Feinde zu erreichen, die andere, sich der Elbe zu nähern und Daun dadurch um seine Lebensmittel besorgt zu machen, die er auf dem Wasserwege von Dresden bezog. Doch muß man gestehen, daß das letztere Mittel kaum wirklichen Eindruck auf Daun machen konnte, da er ja das ganze rechte Elbufer beherrschte und seinen Proviant jederzeit auf Wagen zu befördern vermochte, wenn es auf Kähnen nicht mehr möglich war. Das Schwierigste bei der Ausführung des ganzen Plans aber lag darin, daß man zwei sich fast widersprechende Dinge vereinigen mußte, nämlich den Übergang über die Elbe und die Sicherung der Lebensmitteldepots. Um nicht gegen die Regeln der Kriegskunst zu verstoßen, durfte sich die preußische Armee bei ihrem Vorrücken nicht von ihrer Verteidigungslinie entfernen; denn mit dieser deckte sie ihre Lebensmittel. Beim Übergang über die Elbe kam sie aber ganz nach rechts ab und entblößte ihre rückwärtigen Verbindungen. Trotzdem versuchte der König das Unternehmen gegen den Feind mit der Sicherung des Depots zu vereinen. Um Daun auf die Probe zu stellen, beschloß er, auf Schildau zu rücken und die Österreicher bei Torgau anzugreifen, falls sie dort ihre Stellung hartnäckig behaupten wollten. Die Strecke<69> nach Schildau betrug nur einen Tagemarsch. Zog sich Daun auf diese Bewegung hin zurück, so brauchte der König keinen Handstreich von ihm gegen Düben zu besorgen. Blieb er jedoch bei Torgau, so lag es auf der Hand, daß ihn ein Angriff am nächsten Tage so in Anspruch nahm, daß er zur Zerstörung des preußischen Magazins keine Zeit fand.
So traf alles zusammen, um den König in seinem Entschluß zu bestärken. Darum ließ er die Armee am 2. November nach Schildau marschieren. Unterwegs war er selbst immerfort bei der Avantgarde der Husaren, um zu beobachten, nach welcher Seite sich die feindlichen Vorposten beim Anmarsch der Preußen zurückziehen würden. Er blieb nicht lange im Zweifel. Die Detachements gingen mit Ausnahme von Brentano alle nach Torgau. Brentano wurde bei Belgern angegriffen, und zwar so, daß er sich nur nach Strehla retten konnte, wobei ihm Kleist noch 800 Gefangene abnahm. Die preußische Armee lagerte zwischen Schildau, Probsthain und Langen-Reichenbach. Daun dagegen blieb unbeweglich bei Torgau stehen. Zweifellos hatte er von Wien aus gemessenen Befehl, seine Stellung um jeden Preis zu behaupten.
Der Angriff wurde auf den nächsten Tag festgesetzt und folgende Dispositionen getroffen. Der rechte österreichische Flügel hatte seinen Stützpunkt hinter den Großwiger Teichen. Das Zentrum hielt die Süptitzer Höhen besetzt. Der linke Flügel dehnte sich gegen die Torgauer Teiche aus und endigte bei Zinna. Außerdem stand Ried zur Beobachtung der preußischen Armee am Rande der Torgauer Heide69-1, und Lacy deckte mit einer Reserve von 20 000 Mann den Damm und die Teiche am äußersten Ende des linken Stützpunktes der Österreicher. Indes hatte das vom Feinde besetzte Gelände keine Tiefe und seine Treffen keine 300 Schritt Abstand. Dieser Umstand kam den Preußen am meisten zustatten. Denn griff man das Zentrum in der Front und im Rücken zugleich an, so befand sich der Feind zwischen zwei Feuern und mußte notwendig geschlagen werden. Um das herbeizuführen, teilte der König seine Armee in zwei Korps. Das eine sollte durch die Torgauer Heide gehen und dann gegen die Elbe vorrücken, um den Feind auf den Süptitzer Höhen im Rücken anzugreifen. Das andere dagegen sollte auf der Straße von Eilenburg nach Torgau vorrücken, eine Batterie auf dem Hügel bei Großwig errichten und gleichzeitig das Dorf Süptitz stürmen. Griffen die Maßnahmen dieser beiden Korps richtig ineinander, so mußte die österreichische Armee notwendig im Zentrum durchbrochen werden. Dann war es nicht schwer, die Trümmer gegen die Elbe aufzurollen; denn das sanft abfallende Gelände gab den Preußen leichtes Spiel, und damit wäre der Sieg vollkommen gewesen.
Am 3. November bei Tagesanbruch setzte sich der König mit den 30 Bataillonen und 50 Schwadronen des linken Flügels in Marsch. In drei Kolonnen durchzogen die Truppen die Torgauer Heide. Der Weg der ersten Infanteriekolonne führte über<70> Mockrehna, Wildenhain, Großwig und Neiden, der der zweiten über Pechhütte, Jägerteich, Buchendorf nach Elsnig. Die dritte Kolonne, die aus Kavallerie bestand, zog durch den Wildenhainer Wald in der Richtung auf Vogelgesang. Zugleich setzte sich Zieten mit dem rechten Flügel in Marsch. Dieser, aus 30 Bataillonen und 70 Schwadronen bestehend, zog auf der Straße von Eilenburg nach Torgau. Der vom König geführte Teil der Armee stieß am Rande der Torgauer Heide auf Ried, der sich dort mit zwei Husaren-, ebensoviel Dragonerregimentern sowie drei Bataillonen Panduren postiert hatte. Schon nach einigen Kanonenschüssen zog er sich auf den rechten österreichischen Flügel zurück. Bei Wildenhain liegt eine kleine Lichtung im Walde. Dort erblickte man 10 Grenadierbataillone in guter Stellung. Sie schienen den Preußen den Weitermarsch verwehren zu wollen und feuerten einige Kanonenschüsse gegen die Kolonne des Königs ab. Das Feuer wurde erwidert. Als sich aber ein Infanterietreffen zum Angriff formierte, zogen sie sich auf die Hauptarmee zurück. Gleichzeitig meldeten die Husaren, das Regiment St. Ignon stände im Walde zwischen den beiden Infanteriekolonnen und sei sogar abgesessen. Sofort ließ der König es angreifen. Da die Dragoner keinen Ausweg zum Entwischen fanden, wurde das ganze Regiment vernichtet. Die erwähnten Grenadiere waren mit den Dragonern zusammen zu einem Handstreich auf Düben bestimmt. St. Ignon wurde selbst gefangen genommen und beklagte sich bitter, daß ihm Ried den Anmarsch der Preußen nicht gemeldet hätte.
Das kleine Gefecht hatte nur eine kurze Weile gedauert. Dann setzten die Truppen ihren Weg fort, und die Spitzen der Kolonnen langten um 1 Uhr mittags am Waldrand in der kleinen Ebene von Neiden an. Dort erblickten sie die Batthyanyi-Dragoner und vier Bataillone, die gerade aus Elsnig herauskamen. Die feuerten aufs Geratewohl einige Kanonenschüsse ab und eröffneten auch ein kurzes Kleingewehrfeuer, zweifellos nur aus Überraschung, weil sie vielleicht einige preußische Husaren bemerkt hatten. Dann zogen sie sich auf eine Anhöhe hinter das Defilee von Neiden zurück. Dort befindet sich ein großer Sumpf, der bei Großwig beginnt, bis an die Elbe reicht und nur auf zwei schmalen Dämmen durchschreitbar ist. Hätte das erwähnte Korps dies ihm sehr günstige Gelände besetzt, so wäre es garnicht zur Schlacht gekommen. Selbst beim festesten Vorsatz wäre dem König dort jeder Angriff auf die Kaiserlichen unmöglich gewesen. Er hätte seinen ganzen Plan aufgeben und schleunigst nach Eilenburg zurückmarschieren müssen. Aber die Dinge nahmen eine ganz andere Wendung.
Die feindlichen Bataillone sputeten sich, zu ihrer Hauptarmee zurückzukommen, zumal sie aus der Richtung, wo Zieten sich befand, ziemlich starken Kanonendonner vernahmen. Allem Anschein nach glaubte der König, seine Truppen wären dort mit dem Feinde bereits handgemein geworden. Daraufhin entschloß er sich mit seinen Husaren und der Infanterie zum Durchgang durch das Defilee von Neiden. Eigentlich sollte die Kavallerie vorangehen, aber sie war noch nicht eingetroffen. Der König<71> schlich sich in ein kleines Gehölz und rekognoszierte persönlich die feindliche Stellung. Er erkannte, daß kein geeigneter Platz zur Formierung gegenüber den Österreichern vorhanden war, außer wenn er durch das Gehölz rückte, das die Truppen einigermaßen deckte. Von dort aus konnte er eine ziemlich beträchtliche Schlucht erreichen, die den Truppen bei ihrer Formierung genügenden Schutz gegen das feindliche Artilleriefeuer bot. Die Schlucht war allerdings nur 800 Schritt von der österreichischen Stellung entfernt, aber das übrige Gelände fiel glacisartig von Süptitz zur Elbe ab. Hätte man die Armee dort formiert, so wäre die Hälfte schon niedergestreckt worden, noch ehe sie an den Feind kam. Daun seinerseits wollte garnicht glauben, daß die Preußen gegen ihn marschierten. Erst auf wiederholte Meldungen hin ließ er das zweite Treffen kehrtmachen und die Mehrzahl der Geschütze vom ersten ins zweite Treffen bringen. Aber trotz aller Vorsicht, womit der König den Aufmarsch seiner Truppen zu decken suchte, schoß ihm der Feind mit den 400 Feuerschlünden seiner Batterien doch viele Leute nieder. 800 Mann wurden getötet und 30 Geschütze mit Pferden, Trains und Bemannung außer Gefecht gesetzt, ehe noch die Kolonnen das Aufmarschgelände erreichten.
Der König stellte seine Infanterie in drei Treffen zu 10 Bataillonen und unternahm mit jedem einen Angriff. Hätte er Kavallerie zur Verfügung gehabt, so hätte er zur Deckung seiner Flanke ein paar Dragonerregimenter in einen Grund rechts von seiner Infanterie geworfen. Aber in seinem unerschütterlichen Phlegma traf der Prinz von Holstein erst eine Stunde nach Beginn der Schlacht ein. Nach den Dispositionen des Königs sollten alle Angriffe gleichzeitig erfolgen. Dann wäre das feindliche Zentrum bei Süptitz entweder vom König oder von Zieten durchbrochen<72> worden. Aber anstatt anzugreifen, schlug sich Zieten lange mit einem Pandurenkorps herum, das er unterwegs in der Torgauer Heide traf, und geriet danach in eine lebhafte Kanonade mit dem Lacyschen Korps, das, wie erwähnt, hinter den Torgauer Teichen stand. Kurz, die Disposition wurde nicht befolgt.
Der König griff allein, ohne Unterstützung durch Zieten und ohne Reiterei an. Das alles hinderte ihn garnicht, seinen Plan zu verfolgen. Das erste preußische Treffen trat aus der Schlucht hervor und marschierte entschlossen gegen den Feind, aber das furchtbare Artilleriefeuer der Kaiserlichen und das abschüssige Gelände waren den Preußen sehr nachteilig. Die meisten preußischen Generale, Bataillonkommandeure und Soldaten wurden getötet oder verwundet. Das Treffen wich und zog sich in einiger Verwirrung zurück. Das benutzten die österreichischen Karabiniers zur Verfolgung der Preußen. Sie ließen nicht eher davon ab, als bis das zweite Treffen einige Salven auf sie abgefeuert hatte. Nun ging das zweite Treffen zum Angriff vor, wurde aber nach einem Kampf, der schwerer und erbitterter war als der erste, gleichfalls zurückgeschlagen. Dabei fiel Bülow72-1, der Führer des Treffens, in Feindeshand.
Endlich langte der Prinz von Holstein mit seiner so sehnlich erwarteten Kavallerie an. Schon befand sich das dritte preußische Treffen im Gefecht. Das Regiment Prinz Heinrich wurde beim Angriff von österreichischer Kavallerie angefallen. Hundt72-2, Reitzenstein72-3 und Prittwitz72-4 eilten ihm mit ihren Husaren zu Hilfe, und umsonst versuchten die Österreicher, das Regiment zu zersprengen. Bei dem furchtbaren Geschützfeuer hatten die Kaiserlichen ihre Munition allzu schnell verschossen. Ihre Artilleriereserve aber hatten sie auf dem anderen Elbufer gelassen, und bei ihrer engen Aufstellung konnten die Munitionswagen zur Versorgung der Batterien nicht durchfahren. Der König benutzte den Augenblick, wo ihr Feuer erlahmte, und ließ die feindliche Infanterie durch die Bayreuth-Dragoner attackieren. Bülow72-5 ritt eine so schneidige und ungestüme Attacke, daß die Regimenter Kaiser, Neipperg, Gaisruck und Kaiserlich-Bayreuth binnen drei Minuten die Waffen streckten. Gleichzeitig griffen die Kürassierregimenter Spaen und Markgraf Friedrich den Teil der feindlichen Infanterie zunächst dem rechten preußischen Flügel an, warfen ihn zurück und brachten viele Gefangene ein.
Der Prinz von Holstein war zur Deckung der linken Infanterieflanke bestimmt. Sein rechter Flügel schloß sich an sie an, während der linke sich gegen die Elbe zog. Bald tauchte der Feind mit 80 Schwadronen ihm gegenüber auf. Sein rechter Flügel stand nach der Elbe zu, der linke gegen Zinna. Hätte O'Donell, der Führer der österreichischen Kavallerie, sich zum Angriff auf den Prinzen von Holstein entschlossen, so war die Schlacht für den König rettungslos verloren. Allein er scheute sich vor einem anderthalb Fuß breiten Graben, dessen Überschreitung den preußischen Plänk<73>lern verboten worden war. Die Österreicher hielten ihn für beträchtlich, da sie ihn vom Gegner respektiert sahen, und blieben dem Prinzen von Holstein gegenüber tatenlos stehen.
Inzwischen hatten die Bayreuther Dragoner die Höhe von Süptitz gesäubert. Nun sandte der König das Regiment Prinz Moritz dorthin, das noch nicht im Kampf gestanden hatte, während der tapfre und verdienstvolle Lestwitz73-1 ein Korps von 1 000 Mann aus verschiedenen bei den ersten Angriffen zurückgeworfenen Truppen formierte und es wieder ins Feuer führte. Diese Truppen bemächtigten sich der Süptitzer Höhe und setzten sich dort mit allen Kanonen fest, die sie in der Eile zusammenbringen konnten.
Endlich war Zieten an seinem Bestimmungsort eingetroffen und griff nun seinerseits an. Schon war es Nacht, und um einen Kampf von Preußen gegen Preußen zu verhindern, schlug die Infanterie auf den Süptitzer Höhen immerfort Marsch. Zieten hatte sie bald erreicht. Kaum aber stellten sich die Truppen dort in einiger Ordnung auf, so rückte Lacy mit seinem Korps an, um die Preußen zu vertreiben. Allein er kam zu spät! Zweimal wurde er zurückgeworfen und zog sich aus Schreck über einen so üblen Empfang um halb zehn Uhr abends auf Torgau zurück. Damit endete die Schlacht.
In den Süptitzer Weinbergen standen die Österreicher und Preußen einander so nahe, daß eine Menge Offiziere und Soldaten beim Umherirren in der Dunkelheit auf beiden Seiten gefangen genommen wurden. Und doch war schon alles zu Ende, und Ruhe und Ordnung waren hergestellt. Ja, sogar als der König selbst nach dem Dorf Neiden reiten wollte, um Siegesbotschaften auszufertigen und den Befehl zu ihrer Bekanntmachung in Brandenburg und Schlesien zu geben, hörte man Räderrollen in der Nähe der Armee. Auf die Frage nach der Losung ertönte die Antwort: Österreicher. Nun stürzte die Bedeckung des Königs darauf los und nahm ein ganzes Pandurenbataillon mit 2 Kanonen gefangen, das sich im Dunkel der Nacht verirrt hatte. Hundert Schritt weiter begegnete der König einem Trupp zu Pferde, der auf das Wer da? antwortete: österreichische Karabiniers. Die Bedeckung des Königs griff sie an und zerstreute sie in den Wald. Einige wurden gefangen und sagten aus, sie hätten sich mit Ried im Walde verirrt und geglaubt, die Kaiserlichen hätten das Schlachtfeld behauptet. Der ganze Wald, den die preußische Armee vor der Schlacht durchquert hatte und an dem der König nun entlang ritt, war voller großer Lagerfeuer, deren Vorhandensein man sich nicht erklären konnte. Einige Husaren wurden zur Erkundung vorgeschickt und brachten die Meldung, rings um die Feuer säßen Soldaten teils in blauen, teils in weißen Uniformen. Nun wurden zur genaueren Informierung Offiziere abgesandt, und schließlich erfuhr man eine seltsame Tatsache, die in der Geschichte wohl ohne Beispiel dasteht. Die Soldaten beider Armeen hatten<74> hier im Walde Zuflucht gesucht und unter sich ausgemacht, sie wollten die Entscheidung zwischen Preußen und Österreichern in voller Neutralität abwarten, sich dem Ausfall des Schlachtenloses fügen und sich dem Sieger ergeben.
Die Schlacht bei Torgau kostete den Preußen 13 000 Mann, darunter 3 000 Tote und 3 000 Gefangene, die bei den ersten zurückgeschlagenen Angriffen in Feindeshand fielen, unter ihnen Bülow und Finck74-1. Der König hatte einen Streifschuß an der Brust erhalten, Markgraf Karl einen Prellschuß; mehrere Generale waren verwundet. Auf beiden Seiten wurde in der Schlacht auf das hartnäckigste gestritten. Diese Erbitterung kostete den Kaiserlichen 20 000 Mann, darunter 4 Generale und 8 000 Mann Gefangene. Auch verlor der Feind 27 Fahnen und 50 Kanonen. Daun selbst war beim ersten Angriff verwundet worden.
Beim Weichen des ersten preußischen Treffens hatte der Feind in allzu übermütiger Hoffnung Kuriere mit Siegesbotschaften nach Wien und Warschau gesandt. Aber noch in der Nacht räumte er das Schlachtfeld und zog sich bei Torgau über die Elbe zurück. Am anderen Morgen ergab sich Torgau an Hülsen. Der Prinz von Württemberg ging über die Elbe, verfolgte den in Unordnung fliehenden Feind und brachte noch eine Menge Gefangene ein. Die Kaiserlichen wären völlig vernichtet worden, hätte nicht Beck, der an der Schlacht nicht teilgenommen hatte, hinter dem Landgraben zwischen Arzberg und Triestewitz Stellung genommen und dadurch ihren Rückzug gedeckt. Daun hätte es ganz in der Hand gehabt, die Schlacht zu vermeiden. Hätte er Lacy statt hinter den Torgauer Teichen, zu deren Verteidigung 6 Bataillone gut genügten, hinter dem Defilee bei Neiden aufgestellt, dann wäre sein Lager unangreifbar gewesen. So können im schwierigen Kriegshandwerk aus den kleinsten Versehen die bedeutendsten Folgen entstehen.
Als die Russen erfuhren, wie das Kriegsglück zwischen den Österreichern und Preußen bei Torgau entschieden hatte, zogen sie sich nach Thorn zurück und gingen über die Weichsel.
Die preußische Armee rückte am 5. nach Strehla vor und am 6. weiter nach Meißen. Am linken Elbufer hatten die Kaiserlichen Lacy zurückgelassen, damit er ihnen den Plauenschen Grund offen hielte. Lacy wollte der preußischen Avantgarde das Defilee bei Zehren streitig machen. Als er aber merkte, daß ihn die feindliche Kavallerie über Lommatzsch zu umgehen suchte, floh er nach Meißen und zog sich von dort über die Triebisch zurück. Aber so schnell er auch marschierte, seine Arrieregarde wurde doch angegriffen und verlor 400 Mann. Die Verfolgung wurde fortgesetzt; denn man wollte die Verwirrung und Unordnung des Feindes wo möglich benutzen, um im Handgemenge mit ihm in den Plauenschen Grund zu dringen und sich dieser wichtigen Stellung zu bemächtigen. Aber so sehr sich die Preußen auch sputeten, sie kamen doch zwei Stunden zu spät. Beim Eintreffen in Unkersdorf be<75>merkten sie schon ein feindliches Korps, das die Stellung auf dem Windberg besetzt hatte und dessen rechter Flügel sich bis zum Trompeterschlößchen ausdehnte. Es war Hadik. Er und der Prinz von Zweibrücken waren von Leipzig über Zeitz und Roßwein heranmarschiert. Auf die Nachricht von der Niederlage der Kaiserlichen bei Torgau rückten sie in großer Eile vor, um Dresden noch vor dem Eintreffen der Preußen zu decken. So fand das weitere Vordringen des Königs denn bei Unkersdorf ein Ende, und die Schlacht von Torgau ließ sich nicht weiter ausnutzen.
Daun hatte wegen seiner Verwundung den Oberbefehl an O'Donell übertragen. Der General ging bei Dresden über die Elbe zurück und sandte von dort die Regimenter, die am meisten gelitten hatten, zur Wiederherstellung in Erholungsquartiere nach Böhmen.
Der Prinz von Württemberg, der in Sachsen nicht mehr notwendig war, kehrte nach Pommern zurück, vereinigte sich mit Werner und Belling und säuberte in Gemeinschaft mit ihnen die preußischen Provinzen alsbald von den dort noch herumstreifenden Schweden. Dann kehrte er nach Mecklenburg zurück, wo er seine Winterquartiere bezog.
Seit der König und Daun Schlesien verlassen hatten, war Laudon aus Löwenberg aufgebrochen und bis Leobschütz vorgerückt. Er wollte Kosel erobern und ließ die Festung zweimal hintereinander, am 24. und 25. Oktober, bestürmen. Beide Angriffe scheiterten aber infolge der guten Maßnahmen des Kommandanten Lattorff75-1. Als dann Goltz anmarschierte (28. Oktober), mußte Laudon die Belagerung aufheben. Er zog sich nach Ober-Glogau und von dort auf die Höhen von Kunzendorf zurück. Als er aber Goltz mit 22 Bataillonen und 36 Schwadronen gegen sich anrücken sah, ging er auf der Straße über Martha in die Grafschaft Glatz zurück. Dort und in den benachbarten böhmischen Kreisen bezog er Winterquartiere.
Die preußische Armee dehnte sich von Neiße über Schweidnitz bis Landeshut, Löwenberg und Görlitz aus. In Sachsen zog sich die Truppenlinie über Elsterwerda, Koswig, Torgau, Meißen, Freiberg und Zwickau bis Naumburg. Der König legte sein Hauptquartier nach Leipzig, um dem Prinzen Ferdinand von Braunschweig zur Verabredung gemeinsamer Unternehmungen gegen die Franzosen und Sachsen näher zu sein. Denn sie waren bis Mühlhausen und Duderstadt vorgedrungen.
Zum Verständnis der Operationen dieses Winters ist eine Darstellung des Feldzuges der Verbündeten notwendig. Sie hatten in diesem Jahre wenig Glück gehabt, trotzdem die verbündete Armee durch 7 000 Engländer und fast ebensoviel leichte, im Winter ausgehobene Truppen verstärkt worden war. Am 20. Mai eröffnete Prinz Ferdinand den Feldzug. Er zog seine Truppen bei Fritzlar zusammen und schob Imhoff und Luckner zur Besetzung der wichtigen Stellungen bei Kirchhain und<76> Amöneburg vor. Links von ihnen wurde Gilsa detachiert, der sich bei Hersfeld festsetzte. Bald darauf mußte der Erbprinz76-1 ins Bistum Fulda einrücken, um die von dort kommenden Fouragelieferungen zu decken.
Die französische Armee sammelte sich erst am 10. Juni bei Friedberg. Broglie ließ den Grafen von der Lausitz76-2 sofort zur Beobachtung der Bewegungen des Erbprinzen ins Bistum Fulda einrücken. Aus diesen ersten Schritten waren die Feldzugspläne der Franzosen indes noch nicht klar ersichtlich, und so konnte man noch keine bestimmten Gegenmaßregeln treffen. Außerdem war Prinz Ferdinand überzeugt, daß Frankreich in diesem Jahre seine Kräfte vornehmlich am Niederrhein entfalten werde. Diese Annahme wurde für den Verlauf des Feldzuges verhängnisvoll. Er wäre vielleicht anders ausgefallen, wenn der Prinz den Franzosen an der Eder zuvorgekommen wäre. Broglie wollte nämlich in Hessen einfallen und von da, wenn irgend möglich, nach Hannover vordringen. Darauf waren alle seine Operationen angelegt. Prinz Ferdinand suchte sie zu durchkreuzen, teils durch Besetzung einiger wichtiger Punkte, teils durch Vernichtung von Detachements. Außerdem sollte der Erbprinz durch eine Diversion gegen Wesel einen Teil der feindlichen Truppen von Hessen abziehen. Denn ein Angriff auf die französischen Stellungen verbot sich angesichts ihrer Stärke und der geschickten Benutzung des für sie günstigen Geländes.
Broglies erste Bewegung war gegen Grünberg gerichtet, die zweite gegen die Ohm. Prinz Ferdinand wandte sich nach Ziegenhain und von da auf Dittershausen. Schon durch diese ersten Manöver erlangten die Franzosen den Vorteil, daß sie Marburg einnahmen. St. Germain, der am Niederrhein stand, hatte Order, sich zur Vertreibung des ihm gegenüberstehenden Spörcken mit Broglie zu vereinigen. Er rückte zunächst nach Unna vor und wandte sich dann plötzlich gegen die Ruhr und weiter gegen die Diemel. Allein der hannöversche General ging nicht in die Falle, sondern langte gleichzeitig an der Diemel an. Zur Erleichterung seiner Vereinigung mit St. Germain marschierte Broglie nach Neustadt und von da nach Corbach. Prinz Ferdinand stand noch in Ziegenhain. Er sandte den Erbprinzen ins Fürstentum Waldeck und folgte ihm unmittelbar. Der Erbprinz näherte sich Corbach, um den Marsch der Alliierten zu decken; denn sie gingen eine Meile hinter ihm durch das Defilee von Sachsenhausen. Die französische Armee war seinem Detachement sehr überlegen und griff ihn an76-3. Er verlor Leute und Geschütz und zog sich auf Sachsenhausen zurück, wo er wieder zum Prinzen, seinem Oheim, stieß. Da die ganze französische Armee bei Corbach stand, wollte Prinz Ferdinand wenigstens das Bistum Paderborn decken und sandte Spörcken dorthin ab. Der aber sah sich gleich bei seiner Ankunft St. Germain gegenüber, den Broglie ihm entgegengestellt hatte.
<77>In seinem Unwillen über die Schlappe, die er bei Corbach erlitten, zögerte der Erbprinz nicht, Rache zu nehmen. In aller Stille verließ er das Lager und hob bei Kirchhain77-1 ein ganzes Detachement von 3 000 Franzosen mit seinem Führer, dem Brigadegeneral Glaubitz, und dem Prinzen von Köthen77-2 auf. Andrerseits blieb aber auch Broglie nicht untätig. Er versuchte das Spörckensche Korps zu überrumpeln. Obwohl sich der hannöversche General auf Volkmarsen zurückzog und die Armee der Alliierten zu seiner Unterstützung heraneilte, wurde die Spörckensche Arrieregarde von den Franzosen übel behandelt. Nach dieser Schlappe nahm Prinz Ferdinand zur Deckung von Kassel eine Stellung bei Salden, der Erbprinz bei Ober-Vellmar, Wangenheim bei Mönchehof und Spörcken bei Westuffeln. Die französische Armee folgte den Deutschen bis über Freienhagen. Von dort rückte der Graf von der Lausitz über die Eder und du Muy auf Warburg. Da du Muy den Alliierten die Verbindung mit dem Bistum Paderborn und Lippstadt abschnitt, wurden der Erbprinz und Spörcken dorthin abgesandt, und die Armee folgte ihnen auf dem Fuße. Beim Eintreffen des Prinzen Ferdinand hatte der Erbprinz du Muy bereits umgangen, und das Gefecht nahm sofort seinen Anfang77-3. Nach Verlust von 20 Kanonen und 4 000 Mann zogen sich die Franzosen auf Volkmarsen zurück. Auch dort hätte man sie vielleicht nicht zufrieden gelassen, hätte nicht ein schlimmes Ereignis alle Maßnahmen der Verbündeten über den Haufen geworfen.
Sobald nämlich Prinz Ferdinand Kassel geräumt hatte, ließ Broglie die Stadt durch den Grafen von der Lausitz belagern. Kaum war dieser vor den Toren erschienen, so ergab sich die hessische Hauptstadt schon, — am selben Tage, wo du Muy bei Marburg geschlagen wurde. Nun marschierte die französische Armee sofort auf Volkmarsen an der Diemel und schob du Muy bis Stadtberge vor, während der Graf von der Lausitz über Münden ins Kurfürstentum Hannover eindrang. Prinz Ferdinand, der bei Warburg geblieben war, stellte Spörcken nun du Muy entgegen und sicherte nach Kräften seine Verbindungen hinter der Diemel. Der Erbprinz und Luckner gingen bei Holzminden über die Weser, rückten gegen den Grafen von der Lausitz vor, zwangen ihn zur Aufgabe von Einbeck, Northeim und Göttingen und machten bei diesem Zuge über 600 Gefangene. Nun marschierte der Graf von der Lausitz nach Witzenhausen und zog sich eiligst nach Münden zurück. Zur Beobachtung der Franzosen ließ der Erbprinz Wangenheim in Uslar und stieß selbst wieder zur Armee seines Oheims. Infolge all dieser erwähnten Operationen blieb den Verbündeten nur noch ein schmaler Landstrich in Hessen. Da sie von Ziegenhain gänzlich abgeschnitten waren, fiel die Festung in die Hände der Franzosen und die Besatzung in Kriegsgefangenschaft.
Broglie hatte nun den Rücken frei und sah sich im Besitz von Hessen. Er zog alle seine Detachements zusammen, rückte nach Dörnberg und machte Miene, mit allen Kräften ins Kurfürstentum Hannover einzudringen. Auf diese Demonstration hin<78> zogen sich die Verbündeten über die Weser zurück, bezogen ein Lager bei Bühne und ließen die Stellungen von Beverungen, Bodenfelde und Deißel durch Detachements besetzen. Der Erbprinz blieb in Warburg und überfiel von dort aus bei Nacht ein Detachement von 500 Franzosen in Zierenberg (6. September). Wenige Tage darauf zog er nach der Eder, um einen Handstreich Bülows gegen Marburg zu unterstützen. Bülow rückte mit der Britischen Legion78-1 gegen Marburg vor, überraschte die Franzosen und vernichtete ihre ganze Bäckerei (10. September). Er hätte wohl noch weitere Erfolge errungen, wäre nicht dem Obersten Fersen ein Unglück passiert. Fersen sollte ihn zur Deckung seines Rückzugs bei Corvey unterstützen, ließ sich jedoch von Stainville schlagen (13. September). Von diesem Unfall erhielt Bülow nicht zeitig genug Meldung, und so konnte er nur noch mit Mühe seinen Rückzug bewerkstelligen. Erst nach einigen schlimmen Arrieregardegefechten gelang es ihm, sich wieder mit dem Korps des Erbprinzen zu vereinigen.
Unterdessen war Broglie wieder nach Kassel zurückgekehrt, und Prinz Ferdinand bezog das Lager bei Hofgeismar (14. September). Da die Franzosen indes noch immer an dem Plan eines Einfalls ins Hannöversche festhielten, so verstärkte Broglie das Korps des Grafen von der Lausitz um 16 000 Mann. Er beabsichtigte, Wangenheim bei Uslar zu überfallen, und griff ihn am 19. September an. Die Überlegenheit der feindlichen Kräfte nötigte Wangenheim zum Rückzug, der jedoch ohne erhebliche Verluste vor sich ging. Sobald Prinz Ferdinand den Vorfall erfuhr, sandte er Wangenheim Verstärkung, worauf dieser in seine alte Stellung zurückkehrte. Der Graf von der Lausitz zog unterdessen nach Lutterberg und nahm Göttingen wieder ein, während sich andere französische Detachements in den Besitz von Vacha, Hersfeld, Eschwege und Mühlhausen setzten. In all diesen Orten errichteten sie Magazine und zwangen die Herzogtümer Gotha und Eisenach zu den nötigen Lieferungen. Andere Detachements breiteten sich von dort nach Thüringen aus, um der Reichsarmee und dem Herzog von Württemberg die Hand zu reichen, die damals bis an die Elbe nach Wittenberg und Torgau vorrückten.
Aus den verschiedenen Maßnahmen der Franzosen erkannte Prinz Ferdinand klar Broglies Absicht, sich während des Winters in Hessen und Hannover zu behaupten. Das aber glaubte der Prinz nur durch eine starke Diversion verhindern zu können, die einen Teil der feindlichen Streitkräfte abzog und ihm Luft schaffte, um etwas gegen den zurückbleibenden Teil der feindlichen Armee zu unternehmen. Diesen Plan führte er schleunigst aus und beauftragte seinen Neffen, den Erbprinzen, mit der Belagerung von Wesel. Der Erbprinz marschierte sofort mit 15 000 Mann nach dem Niederrhein. Unterwegs verstärkte er sein Korps noch mit allen entbehrlichen Truppen der Besatzungen von Münster und Lippstadt und schloß Anfang Oktober Wesel ein, dessen Besatzung damals 2 600 Mann betrug. Das Unternehmen hätte<79> bei einiger Beschleunigung glücken können, und die Einnahme der Stadt und der Zitadelle wäre durch einen kecken Handstreich wohl möglich gewesen. Man hätte zu dem Zweck die Truppen mit Sturmleitern versehen und die Stadt während eines Scheinangriffs auf das Berliner Tor von der Rheinseite aus überrumpeln müssen. Vielleicht aber schien der Ausgang des Unternehmens zu ungewiß, oder der Erbprinz hatte sonst Gründe, die gewöhnliche Belagerungsart vorzuziehen. Mit einem Teil seiner Truppen ging er über den Rhein, bemächtigte sich Kleves und machte dort 600 Gefangene. Dann zog er gegen Roermond und nahm es ohne jeden Widerstand ein. Darauf kehrte er nach Büderich zurück, verschanzte sich zwischen der Stadt und dem Rhein und schlug oberhalb und unterhalb von Wesel seine Verbindungsbrücken über den Strom. Am 11. wurden die Laufgräben vor der Stadt eröffnet.
Auch auf der feindlichen Seite war man nicht untätig. Aus dem Wege, den der Erbprinz eingeschlagen hatte, erriet Broglie die Absicht des feindlichen Zuges und sandte sofort Castries mit 20 000 Mann nach dem Niederrhein. Der General ging durch die Wetterau und marschierte so schnell, daß er schon am 14. des Monats in Neuß eintraf. Dort stießen noch 10 000 Mann zu ihm, die er teils aus dem Kölnischen, teils aus den niederländischen Besatzungen herangezogen hatte. Nach ihrem Eintreffen rückte er gegen Rheinberg vor und nahm Stellung hinter dem Eugengraben, einem Kanal zwischen Rheinberg und Geldern. Seinen linken Flügel schob er von dort bis Kloster Camp vor. Der Erbprinz war über die Stärke der feindlichen Streitkräfte schlecht unterrichtet und glaubte sich einem nicht zu starken Gegner gegenüber. Darum hielt er es für vorteilhaft, dem Feind entgegenzugehen, da ihm Wesel nach einem Sieg über das französische Hilfskorps von selbst in die Hände fallen mußte. Ließ er jedoch Castries zur Verstärkung seiner Truppen Zeit, so war er vielleicht auch ohne eine Schlacht zur Aufhebung der Belagerung genötigt. Daraufhin rückte also der Erbprinz gegen Rheinberg vor und brach in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober zum Angriff auf den feindlichen linken Flügel bei Kloster Camp auf. Er wußte nicht, daß vor den Franzosen das Freikorps Fischer stand. Da er es unbedingt vertreiben mußte, wurde das ganze Castriessche Korps durch das Feuern alarmiert, und es kam sofort zum Gefecht. Der Kampf war erbittert und dauerte von 5 Uhr früh bis 9 Uhr vormittags. Die Alliierten warfen ein feindliches Treffen, aber schließlich trug die Überzahl der Feinde den Sieg davon. Die Franzosen zogen immer neue, noch völlig frische Truppen vor und überflügelten die Angreifer auf beiden Seiten. Die Verbündeten konnten nicht länger widerstehen. Als der Erbprinz die Niederlage seiner Truppen sah, entschloß er sich zum Rückzug auf Büderich. Das Gefecht kostete ihm 1 200 Mann. Die Franzosen verfolgten ihn nicht, aber bei seiner Rückkehr ins Lager fand der Erbprinz seine Brücken vom Hochwasser fortgeschwemmt. Er konnte sie nicht vor dem 18. wiederherstellen. Dann hob er die Belagerung von Wesel auf, ging über den Rhein zurück und lagerte bei Brünen, nur eine Meile von der Festung. Eine Zeitlang beobachtete er von dort die Franzosen. Sie schienen ihm nicht folgen<80> zu wollen, und so kehrte er denn ins Münsterland zurück. Von da schickte er einen Teil seiner Truppen nach Niedersachsen und legte den Rest in Kantonnementsquartiere.
Auf seiten des Prinzen Ferdinand ereignete sich während dieses Zuges nichts von Bedeutung, außer daß Wangenheim mit einiger Verstärkung, die er von der Hauptarmee erhielt, Stainville aus Duderstadt vertrieb und sich selber dort festsetzte. Nach Befestigung seines Lagers bei Kassel schickte Broglie seine Kavallerie ins Bistum Fulda zurück. Prinz Ferdinand ging darauf wieder über die Weser und verstärkte seine Stellungen bei Uslar, Moringen und Northeim.
Bald werden wir sehen, mit welchen Mitteln beide Gegner Hessen zurückzuerobern oder zu behaupten suchten. Dieser Kampf dauerte noch die nächsten beiden Feldzüge hindurch und endete erst zur Zeit des Friedensschlusses zugunsten der Alliierten.
<81>13. Kapitel
Der Winter von 1760 auf 1761.
Seit dem 8. Dezember hatte die Armee des Königs Winterquartiere bezogen. Eine Beunruhigung durch die Kaiserlichen war nicht zu befürchten. Sie hatten die Schlacht von Torgau noch in frischer Erinnerung und waren völlig mit dem Ersatz ihrer Verluste beschäftigt.
Anders stand es mit den Franzosen. Dank ihrer über den Prinzen Ferdinand errungenen Erfolge hatten sie sich den preußischen und sächsischen Grenzen nähern können. Broglie hielt Hessen besetzt und hatte ein Detachement von Sachsen und Franzosen bis Gotha vorgeschoben. Auch Göttingen hatte er inne und schnürte dadurch sowohl die Stellung der Preußen wie die der Verbündeten ein. Um ihn seinerseits einzuengen, drang der König in Prinz Ferdinand, den Kampf so früh wie möglich wieder aufzunehmen; denn die Preußen mußten jedes Jahr immer die gleichen Truppen gegen die Russen, Schweden, Österreicher und Franzosen ins Feld stellen. Prinz Ferdinand rückte also mit seiner Armee auf Göttingen vor. Doch infolge häufiger Regengüsse schwollen die Flüsse an und traten über, und die Straßen wurden grundlos. Weder mit Lebensmitteln noch mit Munition konnte man die Truppen versorgen. Kurz, das Unternehmen schlug fehl, und Prinz Ferdinand zog sich wieder in seine alte Stellung zurück. Aber wegen eines so geringfügigen Mißerfolges ließ er den Mut nicht sinken, und dem gescheiterten Plane folgte sofort ein neuer. Prinz Ferdinand beschloß nämlich, auf drei Straßen in Hessen einzudringen, um verschiedene französische Quartiere gleichzeitig zu überfallen. Man durfte annehmen, daß es ihm gelingen würde, den Feind über den Main zurückzuwerfen, die festen Plätze in Hessen zurückzuerobern, ja die ganze Kriegslage für die Verbündeten vorteilhafter zu gestalten denn je. Um den Prinzen noch mehr zu diesem Unternehmen zu ermuntern, versprach ihm der<82> König zum Beistand ein Korps, das er bis zum Ufer der Werra und bis Vacha verwenden sollte. Nach gemeinsamer Verabredung schritt er zur Ausführung des Plans.
Wie vereinbart, rückten 7 000 Preußen auf Langensalza vor, wo Stainville mit einem Korps Sachsen und Franzosen sich befand. Das Flüßchen Salza trennte die französische Kavallerie von der sächsischen Infanterie. Stainville stand mit seiner Abteilung auf dem rechten Ufer und Solms82-1 auf dem linken. Zwischen beiden lag ein Sumpf. Gleich nach ihrer Ankunft beschossen die Preußen die französische Kavallerie mit Kanonen und trieben sie rasch in die Flucht. Als sich die Sachsen von Stainville im Stich gelassen sahen, traten sie gleichfalls den Rückzug an. Lölhöffel, Anhalt82-2 und Prittwitz82-3 benutzten den Augenblick des feindlichen Aufbruches, warfen sich mit der preußischen Kavallerie auf die Sachsen, drangen in sie ein, nahmen 60 Offiziere und 300 Mann gefangen und erbeuteten außerdem fünf Kanonen82-4. Ihnen allein fiel die Ehre dieser glänzenden Tat zu. Nun langte auch Spörcken mit seinen Hannoveranern an und vereinigte sich mit den preußischen Truppen zur Verfolgung des Feindes. Luckner griff die Sachsen von neuem an, erst in Eisenach, dann in Vacha, und zerstreute ihre ganze Infanterie. Weiter rückten Spörcken und Luckner auf Hersfeld vor. Zugleich bemächtigte sich der Erbprinz Fritzlars (15. Februar) und nahm das dort von den Franzosen im Stich gelassene Magazin fort. Prinz Ferdinand, der mit der Hauptarmee zwischen den beiden erwähnten Korps stand, ging nun über die Fulda und marschierte stracks auf Kassel zu. Broglie wurde durch den Anmarsch völlig überrascht. Er wartete ihn nicht erst ab, sondern zog sich über Fulda auf Hanau und Frankfurt zurück.
Die Jahreszeit war zu Belagerungen zwar wenig einladend. Dennoch war es wichtig, Kassel den Franzosen wieder zu entreißen, und Prinz Ferdinand beschloß, wenigstens den Versuch zu machen. Die Ausführung der Belagerung übertrug er dem Grafen Lippe82-5. Die Festung wurde von 6 000 Franzosen verteidigt, und Graf Lippe schloß sie mit 15 000 Hannoveranern ein. Um die günstige Gelegenheit und das Fernsein der Franzosen zu benutzen, ließ Prinz Ferdinand drei Festungen zugleich belagern, nämlich Kassel, Ziegenhain und Marburg. Allein bei der Unerfahrenheit der Generale und Ingenieure, dem Ausbleiben der Munition auf den schlechten, grundlosen Wegen, auf denen die Wagen stecken blieben, scheiterten alle drei Unternehmungen.
Während dieser Belagerungen war der Erbprinz vorgerückt, um die Bewegungen der Franzosen gegen Frankfurt und den Main im Auge zu behalten. Der Prinz, sein Oheim, war mit der Hauptarmee etwas zu weit zurückgeblieben, um ihm schnell<83> Hilfe bringen zu können. Da fiel Broglie mit der ganzen französischen Armee über das Detachement des Erbprinzen her. Es verlor bei Grünberg83-1 3 000 Mann. Die Trümmer vereinigten sich wieder mit dem Hauptkorps des Prinzen Ferdinand. Broglie rückte nun weiter in Hessen vor. Das Detachement der Alliierten, das Ziegenhain belagerte, zog sich zu spät und ohne rechte Ordnung im Angesicht des Feindes zurück. Es wurde völlig geschlagen und vernichtet. Um noch größeres Unglück zu verhüten, hielt es Prinz Ferdinand für das klügste, Hessen zu räumen. Er zog sich so vorsichtig zurück, daß er ohne den geringsten Verlust nach Hannover gelangte. Broglie wagte keine Verfolgung. Er begnügte sich mit der Verproviantierung und Verstärkung der Besatzungen von Kassel, Gießen, Marburg und Ziegenhain und zog sich dann wieder hinter den Main zurück.
Da die gegen die Franzosen und Sachsen verwandten Truppen nun an der Werra überflüssig wurden, so schickte der König sie gegen die Reichsarmee. Kaum hatten sie einen Feind geschlagen, so mußten sie schon einen neuen angreifen. Im März führte sie Schenckendorff83-2 gegen 4 000 Mann Reichstruppen, die bei Schwarza standen. Er schlug sie und brachte 1 200 Gefangene und 5 Kanonen zurück (2. April 1761)83-3.
Nach dieser Schilderung eines Feldzugs, in dem man dem Winter und jeder Witterung trotzte, müssen wir noch einen Blick auf die Vorgänge in den fürstlichen Kabinetten werfen.
Frankreich begann die Folgen des langen Krieges zu spüren. Es war geschwächt durch die völlige Unterbindung seines Handels, seine Verluste in Ost- und Westindien und die gewaltigen Ausgaben für den Krieg in Deutschland. Auch das Bündnis mit dem Hause Österreich hatte den Reiz der Neuheit verloren. Die erste Begeisterung war Modesache gewesen und schnell verflogen. Das Volk, dies Tier mit vielen Zungen und wenig Augen, klagte über den Krieg, dessen Lasten es trug, und den man gerade für den Erbfeind Frankreichs, das Haus Österreich, führte. Die weit gewichtigere Stimme der vernünftigen Leute erhob sich gleichsam gegen den Krieg, da er das Königreich zugrunde richtete, um zur Machterhöhung eines versöhnten Feindes beizutragen. Allmählich bekam diese Stimme die Oberhand. Aber der Hof hatte seine besonderen Absichten.
In allen Staaten gibt es eine Anzahl Bürger, die fern vom Lärm der Staatsgeschäfte leben. Sie betrachten sie leidenschaftslos und urteilen infolgedessen richtiger. Die aber, die das Staatsruder lenken, sehen alles mit leidenschaftlich voreingenommenen Blicken und urteilen nur nach den Truggestalten ihrer Einbildungskraft. So werden sie oft durch die Folgen falscher Maßnahmen in eine Verkettung unvorhergesehener Ereignisse hineingezogen. Ungefähr in dieser Lage befand sich das<84> Ministerium in Versailles. Im Beginn des Jahres 1761 ließ es seinen Verbündeten eine schriftliche Erklärung des Inhalts zugehen, Frankreich habe im Verein mit seinen Alliierten vier Jahre lang vergebliche Anstrengung zur Vernichtung des Königs von Preußen gemacht und sehe sich nun nicht länger in der Lage, die ungeheuren bisher geleisteten Kosten weiter zu tragen. Auch würde bei einer Fortsetzung des Krieges dessen Schauplatz, Deutschland, völlig verwüstet und zugrunde gerichtet. So rate es also den anderen Mächten, für diesmal allen weiteren Eroberungs- und Vergrößerungsplänen zu entsagen und lieber ernstlich an die Wiederherstellung des Friedens zu denken.
Dieselbe Erklärung, nur in noch stärkeren Ausdrücken, erfolgte in Stockholm84-1. Der Grund war der, daß die Hofpartei im schwedischen Reichstage heftig gegen die französisch Gesinnten vorgegangen war. Der französischen Partei wurde vorgeworfen, sie habe den Krieg entzündet und genährt und Schweden zu seinem eigenen Verderben mit hineingezogen. So war die friedfertige Gesinnung, mit der die französische Erklärung prunkte, nur darauf berechnet, die erregten Geister zu beruhigen, der Hofpartei ihre Argumente zu entwinden und die im Solde Frankreichs stehenden Kreaturen im Reichsrat vor ihrem Sturze zu bewahren.
Die beiden Kaiserinnen und der König von Polen nahmen die französische Erklärung verschieden auf, je nachdem ihre Staatsinteressen davon betroffen wurden. Der König von Polen war im Grunde des Krieges müde. Allmählich sah er ein, daß sein Land der eigentliche Kriegsschauplatz sei und von seinen sogenannten Freunden ebenso zugrunde gerichtet werde, wie von seinen Feinden. Trotzdem hoffte er noch auf eine gewisse Entschädigung durch diplomatische Unterhandlungen. Die Kaiserin von Rußland war im Grunde friedliebend und hätte das Ende des Krieges herbeigesehnt; denn sie haßte Geschäfte, Arbeit und Blutvergießen. Indes war sie allen Einflüsterungen derer zugänglich, die Macht über sie hatten. Ihre Umgebung reizte sie auf. Man redete ihr ein, ein Friede wäre vor der völligen Niederwerfung Preußens mit ihrer eigenen Würde unvereinbar. Die Kaiserin-Königin dagegen hatte allein den Vorteil davon, daß ganz Europa sich zur Vernichtung ihres Hauptfeindes anstrengte. Sie hätte gewünscht, daß die Kriegsbegeisterung, die ihren Zwecken so förderlich war, noch weiter anhielte. Sie wollte die Waffen nicht eher niederlegen, als bis ihre Pläne gegen Preußen völlig verwirklicht waren. Um aber Frankreich nicht zu verstimmen und die widerstreitenden Interessen zum Schein auszugleichen, schlug sie einen allgemeinen Kongreß in Augsburg vor. Durch dies Entgegenkommen glaubte sie Frankreich zu schmeicheln und gleichzeitig vor den Augen der Welt ihre<85> Mäßigung zu beweisen. In Wirklichkeit aber konnte ein solcher Kongreß ihren Absichten und Interessen nicht im mindesten schaden; denn es hing nur von ihr ab, die Verhandlungen nach Belieben in die Länge zu ziehen und derweilen den Krieg in dem nun anbrechenden neuen Feldzuge nachdrücklich weiterzuführen. Setzte sie doch ihre größten Hoffnungen auf dessen glücklichen Ausgang.
In London machte den Vorschlag zu jenem Kongreß der russische Gesandte beim König von Großbritannien, Fürst Galizin85-1. Die Könige von Preußen und England waren dazu um so bereitwilliger, als sie selbst im vergangenen Jahre die Anregung zu einem solchen Kongreß gegeben hatten. Aber damals hatten ihre Feinde sie keiner Antwort gewürdigt85-2.
Frankreich verbarg unter seiner friedfertigen Maske Absichten, die auf ein weit größeres Ziel hinausliefen. Es bot England einen Waffenstillstand an und wechselseitige Absendung von Bevollmächtigten zur gütlichen Beilegung ihrer Zwistigkeiten85-3. Insgeheim aber bezweckte der Versailler Hof damit nur, England durch Unterhandlungen hinzuhalten, um dessen gewaltige Rüstungen zur See zu verzögern, den nächsten Feldzug zu gewinnen, seine Flotte instand zu setzen und Spanien mit in den Krieg zu verwickeln. Ging indes England unter mäßigen Bedingungen auf den Frieden ein, so hoffte Frankreich, sich unter der Maske eines Vermittlers zum Schiedsrichter auf dem Augsburger Kongreß auszuwerfen und dort eine ähnliche Rolle zu spielen, wie seinerzeit beim Abschluß des Westfälischen Friedens.
Nach kurzem Meinungsaustausch willigte das englische Ministerium in die Absendung gegenseitiger Bevollmächtigter, lehnte aber gleichzeitig den Abschluß eines Waffenstillstandes ab, solange man sich nicht über die Friedenspräliminarien geeinigt hätte.
Der König kannte die Denkungsart seiner Feinde sehr wohl. Er ernannte Abgesandte für den Augsburger Kongreß, erteilte ihnen aber die Instruktion, alle Vorschläge entgegenzunehmen, ohne darauf eine Antwort zu geben, da er selbst ernsthafte Friedensverhandlungen durch seine Gesandten in London führen wollte. Dort hatte er den Vorteil, daß er sich über seine Interessen mit Frankreich direkt verständigen konnte, ohne zugleich mit einem Haufen anderer Fürsten zu tun zu haben.
Unter den obwaltenden Umständen konnte der König sich einem Separatfrieden zwischen England und Frankreich nicht widersetzen. Es galt nur, die bestmöglichen<86> Bedingungen zu erlangen. Deshalb wurde festgesetzt: Frankreich sollte die während des Krieges besetzten preußischen Provinzen wieder herausgeben und England den König mit Subsidiengeldern und Truppen unterstützen, damit er die noch übrig bleibenden Feinde zur Bewilligung eines ehrenhaften Vergleichs zwingen könnte. Ferner wurde bestimmt: kein Gesandter des Kaisers solle zu dem Kongreß zugelassen werden, weil man den Krieg mit der Kaiserin-Königin, nicht aber mit dem Oberhaupt des Reiches geführt habe. So unbedeutend auch im Grunde genommen diese Klausel war, so scheiterte an ihr doch das Zustandekommen des großartigen Kongresses.
Am 25. Oktober 1760 starb in England König Georg II. und beendete seine glorreiche Regierung durch einen sanften und raschen Tod. Noch vor seinem Hinscheiden erfuhr er zu seiner Genugtuung die Einnahme von Montreal, durch die sich die Engländer in den Besitz von ganz Kanada gesetzt hatten. Unter anderen guten Eigenschaften zeigte der verstorbene König stets eine heroische Beharrlichkeit, und so konnten sich seine Verbündeten immer völlig auf ihn verlassen. Ihm folgte sein kaum großjähriger Enkel, der gegenwärtig unter dem Namen Georg III. regiert.
Die in diesem Werke mehrfach erwähnten Unterhandlungen Preußens mit der Pforte86-1 fingen damals an, festere Gestalt zu gewinnen. Am 2. April unterzeichnete der preußische Gesandte einen Freundschafts- und Handelsvertrag mit dem Großwesir86-2 und ward bei ihm zur öffentlichen Audienz vorgelassen. Beide Teile hatten sich vorbehalten, ihr Verhältnis noch inniger zu gestalten und den Vertrag in ein Defensivbündnis zu verwandeln. Dies Abkommen enthielt zwar wenig Greifbares, beunruhigte aber den Wiener, ja sogar den Petersburger Hof. Dort fürchtete man, die Verbindung der beiden Mächte wäre enger, als bekannt gegeben wurde. Da sich indessen die türkischen Truppen nicht rührten, so glaubte die Kaiserin-Königin für den nächsten Feldzug vor jeder Diversion sicher zu sein.
Neben diesen Hauptverhandlungen liefen noch geheime her. Wie keine Stadt uneinnehmbar ist, in die noch ein goldbeladener Esel hineinkommen kann, so gibt es auch keine Armee ohne feige und käufliche Seelen. In diesen kritischen Zeiten war die Erlangung von Nachrichten aus sicherer Quelle wichtig. Gerade bei einer so großen Zahl von Feinden mußte man wenigstens über einen Teil ihrer Pläne unterrichtet sein. Man lenkte den Blick auf Tottleben86-3, einen Mann, der derartigen Vorschlägen zugänglich und wohl imstande war, zuverlässige Nachrichten zu liefern. Die Einschätzung seines Charakters erwies sich auch als richtig. Er ging auf alle Wünsche ein, ja noch darüber hinaus. Aus Leichtsinn und Unbesonnenheit ließ er sich zu diesem schändlichen Gewerbe verleiten, aber sein unkluges Benehmen ver<87>riet ihn selbst, und er wurde gerade bei Beginn des Feldzuges verhaftet, als seine Dienste am wichtigsten und nützlichsten wurden.
Bis Ende März blieben die Truppen ruhig in ihren Winterquartieren. Erst im April zogen sich die in Sachsen stehenden in Kantonnements zusammen, und der König verlegte sein Hauptquartier von Leipzig nach Meißen.
<88>14. Kapitel
Feldzug des Jahres 1761.
Trotz der friedlichen Gesinnung, die die beiden kaiserlichen Höfe so geflissentlich zur Schau trugen, beschleunigten sie die Rüstungen zum neuen Feldzuge mit glühendem Eifer. Sie hatten sich vorgenommen, die größten Anstrengungen zu machen und alles aufzubieten, um den König von Preußen zugrunde zu richten. Den Oberbefehl über die Kaiserliche Armee in Sachsen übernahm Daun, während Laudon zum Führer der schlesischen Armee bestimmt wurde. Er lagerte sich bei Seitendorf, gegenüber von Goltz, dessen Truppen bei Kunzendorf standen88-1.
Im letzten Feldzuge hatte der König allerdings Siege über die Österreicher errungen, sie waren aber nicht bedeutend genug, damit die Wagschale sich ganz auf seine Seite neigte. Während des Winters hatte die Kaiserin ihre Truppen neu rekrutiert. Außerdem stand ihr die russische Armee zur Verfügung und sicherte ihr stets das numerische Übergewicht. Auch konnte sie durch die Russen bequem wirksame Diversionen machen lassen, so oft es ihr gutdünkte. Neben der russischen Hilfe standen ihr noch die Reichsarmee und die schwedischen Truppen zu Gebote. Mit geringerer Zahl von Soldaten und Bundesgenossen warf Alexander der Große das ganze Perserreich über den Haufen.
Die verschiedenen Feldzugspläne der Kriegführenden waren folgende. Frankreich beschloß die Aufstellung zweier Armeen gegen Prinz Ferdinand. Die eine am Niederrhein unter Soubise sollte sich Münsters bemächtigen, die andere am Main unter Broglie war zum Einfall ins Kurfürstentum Hannover über Göttingen bestimmt. Laudon war vom Wiener Hofe beauftragt worden, in Schlesien einen Belagerungskrieg zu führen. Dabei sollten die Russen ihn unterstützen, ihre Hauptmacht aber an der Warthe aufstellen, mit Posen als Mittelpunkt. Von dort aus sollte Buturlin88-2 nach Vereinbarung mit den österreichischen Generalen gegen Schlesien vorgehen, während Rumänzow mit einem großen Detachement, von der russischen und schwedischen Flotte unterstützt, zur Belagerung Kolbergs schreiten sollte. Daun behielt sich selbst<89> die entscheidenden Schläge vor. Seine Armee war gleichsam das Magazin, aus dem Verstärkungen nach allen Seiten, wo es irgend nötig war, abgehen sollten. In der Tat sandte er O'Donell mit 16 000 Mann nach Zittau ab; denn dort befand sich der General gleich weit von Sachsen und Schlesien.
Der König und seine Verbündeten vermochten keine hinlänglichen Maßnahmen zu treffen, um die Pläne und Anstrengungen so zahlreicher Feinde wirksam zu vereiteln. Im allgemeinen wurde indes folgendes ausgemacht. Prinz Ferdinand übertrug dem Erbprinzen von Braunschweig die Deckung des Münsterlandes gegen die Einfälle Soubises. Er selbst wählte zu seinem Stützpunkt Paderborn; denn von dort aus konnte er jederzeit dem Erbprinzen zu Hilfe kommen oder Broglie in den Rücken fallen, falls dieser über die Weser ging und einen Einbruch ins Kurfürstentum Hannover wagte. Die sächsische Armee vertraute der König seinem Bruder, Prinz Heinrich, an und empfahl ihm, Daun im Auge zu behalten. Schlug der Feldmarschall den Weg nach Schlesien ein, so sollte der Prinz ihm mit einem Teil seiner Truppen folgen, aber Hülsen mit einem Detachement in Meißen lassen, damit er sich in Sachsen so lange behauptete, als es die Umstände irgend erlaubten89-1. Sich selber behielt der König die Verteidigung Schlesiens vor. Er bestimmte Goltz mit 12 000 Mann zur Deckung Glogaus und den Prinzen von Württemberg, der in Mecklenburg überwintert hatte, mit all seinen Truppen zum Schutze Kolbergs. Eilig wurde dort an dem verschanzten Lager gearbeitet, das der Prinz rings um die Festung besetzen sollte. Es war vorauszusehen, daß sich die Russen bei einem Mißlingen der Belagerung nach der Kurmark oder nach Schlesien wenden würden. Im ersteren Fall sollte sich der Prinz von Württemberg mit Goltz zur Deckung Berlins in Frankfurt vereinigen. Von den zwei Hauptarmeen sollte ihnen dann die am wenigsten beschäftigte Hilfe schicken. Im zweiten Fall hatte Goltz Befehl, Glogau oder Breslau zu decken, je nachdem, welche von beiden Städten es am nötigsten hätte.
Zunächst wurden die Truppen an ihren Bestimmungsorten versammelt. Am 4. Mai setzte sich der König in Marsch, ging noch am selben Tage bei Hirschstein über die Elbe und traf am 10. ungehindert in Löwenberg ein. Beim Anmarsch der Preußen verließ Laudon sein Lager bei Seitendorf, zog sich nach Böhmen zurück und verschanzte sich bei Hauptmannsdorf in der Nähe von Braunau. Außerdem besetzte er die Stellungen von Silberberg und Martha mit hinreichenden Truppen zur Verteidigung der dortigen Gebirgspässe nach der Grafschaft Glatz. Der König wählte seine Stellung bei Kunzendorf. Sein rechter Flügel besetzte den Zeiskenberg und Fürstenstein, sein linker zog sich über die Hochebene von Bärsdorf. Außerdem mußte Bülow89-2 Nimptsch mit einem Kavalleriekorps besetzen, um die Verbindung mit Neiße zu sichern. Gleichzeitig brach Goltz89-3 mit einem Detachement von 10 000<90> Mann nach Glogau auf. Von dort schicke er Thadden mit 4 Bataillonen zum Prinzen von Württemberg ab, der sein verschanztes Lager bei Kolberg bereits bezogen hatte.
Während dieser Vorbereitungen in Schlesien, Pommern und Sachsen ratschlagten die Österreicher und Russen miteinander. Sie einigten sich nur schwer und änderten verschiedentlich ihren Operationsplan. Endlich kamen sie überein, Rumänzow solle Kolberg belagern und Buturlin stracks auf Breslau marschieren. Inzwischen erkrankte Goltz und ward in wenig Tagen von einem hitzigen Fieber dahingerafft. Zieten trat an seine Stelle und wurde mit einem Vorstoß gegen Polen beauftragt. Zweimal war das schon vergeblich versucht worden90-1. Auch diesmal mißlang der Plan, eine der russischen Kolonnen auf dem Marsch anzugreifen, während die anderen noch zu weit entfernt waren, um sich rasch mit ihr zu vereinigen. Die eine der feindlichen Kolonnen marschierte auf Schneidemühl, die zweite auf Schwerin90-2, die dritte auf Posen. Zieten rückte nach Fraustadt vor und schlug dort ein Kosakenkorps. Weiter vorzugehen wagte er aber nicht; denn bereits seit zwei Tagen hatten sich die drei russischen Kolonnen bei Posen vereinigt. Buturlin brach danach auf. In kleinen Tagesmärschen setzte er langsam seinen Weg durch die Woywodschaft Posen fort. Dabei näherte er sich Schlesien, und zwar nach Militsch zu, wodurch er seine Absichten auf Breslau verriet. Zieten blieb ihm zur Seite und marschierte auf Trachenberg. Sobald sich die Russen in Bewegung setzten, verließ O'Donell die Lausitz und vereinigte sich mit der Laudonschen Armee.
Die Stellung des Königs in den schlesischen Bergen war mißlich. Zwar deckte er das flache Land gegen feindliche Einfälle, soweit es die Umstände erlaubten. Seit jedoch Buturlin auf Militsch marschierte, war der Augenblick nicht fern, wo der König ein starkes feindliches Heer in den Rücken bekam, während die Österreicher schon vor ihm standen. Er mußte also die Berge verlassen und seine Truppen so aufstellen, daß sie an bestimmte defensive Aufgaben nicht gebunden waren, sondern sich je nach Bedarf rasch dorthin wenden konnten, wo es galt, dem Feinde zuvorzukommen. Zu dem Zweck eignete sich das Lager von Pilzen am besten. Der König ließ es also besetzen (6. Juli) und nahm sich vor, möglichst lange die Mittellinie zwischen der österreichischen und russischen Armee zu behaupten, um die Vereinigung beider Heere zu verhindern. Auch faßte er den Entschluß, bei sich bietender günstiger Gelegenheit den Österreichern eine Schlacht zu liefern, den Russen gegenüber sich jedoch streng auf die Defensive zu beschränken. Schlug er nämlich die Österreicher, so flohen die Russen ohnedies. Besiegte er aber die Russen, so hinderte das Laudon noch garnicht an weiteren Unternehmungen im Felde. Die Österreicher sind die natürlichen und unversöhnlichen Feinde der Preußen, die Russen aber waren nur durch besondere Umstände zu Gegnern geworden, und irgend eine Veränderung oder Umwälzung<91> konnte sie wieder zu Freunden oder gar zu Verbündeten machen. Um ganz aufrichtig zu sein, sei ferner noch bemerkt, daß die preußische Armee nicht imstande war, sich alle Tage zu schlagen. Der König war also gezwungen, die Kräfte seiner Truppen für ganz wichtige und entscheidende Schläge aufzusparen.
Kaum war er einige Tage im Lager von Pilzen, als Laudon im Angesicht der Preußen durch den Paß bei Steinkunzendorf aus den Bergen hervortrat. Das ungeschickte und grobe Manöver verriet alle seine Pläne und war gleichsam eine offene Erklärung, daß er es auf die Festung Neiße abgesehen habe. Am folgenden Tage (21. Juli) brach die Armee des Königs auf und nahm die Höhen von Siegroth ein. Da der König die Österreicher die Straße nach Frankenstein einschlagen sah, beschloß er, um ihnen zuvorzukommen, die Höhen von Münsterberg zu besetzen. Unterwegs stießen die Truppen am folgenden Tage auf Brentano in einer Stellung zwischen Frankenstein und Heinrichau. Der hatte einige Panduren nach Münsterberg geworfen. Das Courbièresche Freiregiment und die Nymschöfskyschen Grenadiere nahmen die Stadt mit Gewalt, und Brentano zog sich nach einer ziemlich lebhaften Kanonade in einige Entfernung von seiner ersten Stellung zurück. Möhring wurde mit seinem Husarenregiment auf die Höhen von Groß-Nossen vorgeschoben und bemächtigte sich dort des von nur 300 Husaren besetzten Laudonschen Lagers. Als der König seine Infanterie auf diesen Höhen aufstellte, entdeckte er nach Frankenstein zu die ganze österreichische Armee, die durch Hin- und Hermärsche und unsichere Manöver ziemlich deutlich verriet, daß ihre Pläne durchkreuzt waren.
In der Tat hatte Laudon selbst das Lager von Groß-Nossen besetzen wollen, um den König von Neiße abzuschneiden und sich dann auf den Höhen von Woitz, Giesmannsdorf und Neundorf festzusetzen. Damit hätte er die Festung von der linken Flußseite eingeschlossen. Die Russen sollten bei Oppeln über die Oder gehen und Neiße auf der oberschlesischen Seite von Bielau bis Karlau blockieren. Die Armee des Königs blieb nur kurze Zeit bei Groß-Nossen. Noch am selben Tage rückte sie bis Carlowitz vor und entfaltete sich am folgenden Tage (23. Juli) über die ganze Hügelkette von Ottmachau über Giesmannsdorf bis Schilde. Als Laudon seine Absichten vereitelt sah, lagerte er sich bei Ober-Pomsdorf. Aus natürlicher Unruhe oder weil er noch an die Führung von Detachements gewöhnt war, änderte er in acht Tagen seine Stellung sechsmal, ohne irgend einen vernünftigen Grund.
Indes rückten die Russen auf Wartenberg vor und breiteten sich von dort aus bald bis Namslau aus. Zieten, der sie beobachtete, näherte sich sofort Breslau, ging dann aber zur Deckung von Brieg zurück. Bald nach seinem Abzug von Breslau wurde die Vorstadt Polnisch-Neudorf von den Russen beunruhigt. Dadurch sah sich der König genötigt, Knobloch mit 10 Bataillonen und ebensoviel Schwadronen dorthin abzusenden.
Die österreichische Armee blieb derweil in ständiger Bewegung. Sie ging über die Neiße und wieder zurück und lagerte sich bei Baumgarten in der Nähe von Martha.<92> Diesen Augenblick benutzte der König. Er ging über die Neiße, nahm Stellung bei Oppersdorf und rückte von dort mit einem Detachement auf Neustadt vor (30. Juli). Dort lagerte Bethlen mit 6 000 Österreichern. Der Gedanke lag nahe, daß Laudon ihn nach Oppeln schicken wollte, um Buturlin die Hand zu reichen. Der König nahm an, der russische Marschall wolle dort über die Oder gehen und sich mit der österreichischen Armee vereinigen. Die aus Husaren bestehende Avantgarde des Königs griff ein feindliches Regiment an, schlug es und verfolgte es bis unter die Kanonen von Hennersdorf, wo die Österreicher Schanzen errichtet hatten. Nun rückte Zieten, der die Oder bei Brieg und die Neiße bei Schurgast überschritten hatte, von Steinau heran und umging Bethlen in der rechten Flanke. Der zog sich eilig auf Jägerndorf zurück und wurde von Lossow92-1 verfolgt, der ihn von Jägerndorf über Troppau bis jenseits der Mohra in Mähren trieb. In dem Treffen bei Neustadt und später auf dem Rückzuge verlor der Feind 400 bis 500 Mann. Nach Bethlens Verdrängung setzte sich Zieten bei Schnellewalde fest, und der König kehrte zur Armee zurück. Ihr linker Flügel stieß fast an das Zietensche Detachement, während der rechte sich über die Höhen vor Oppersdorf ausdehnte.
Nach diesem Zuge war die Vereinigung der Feinde in Oberschlesien sehr erschwert, und so war es nicht wahrscheinlich, daß Buturlin noch auf seinem Plane, bei Oppeln über die Oder zu gehen, beharrte. Die Bewegungen der Armee des Königs versetzten die Österreicher wieder in Unruhe. Laudon lagerte sich bei Weidenau und am folgenden Tage bei Johannesberg. Auch dort behagte es ihm nicht. Schließlich ging er über die Neiße zurück und blieb in der Gegend von Camenz.
Während dieser verschiedenen Märsche und Gegenmärsche der Preußen und Österreicher breiteten sich die Russen am anderen Oderufer aus und plünderten und verwüsteten das Land. Der König erfuhr von ihren Greueltaten. Im übrigen waren ihre Operationen so dunkel, daß man ihre wahren Absichten unmöglich durchschauen konnte. Es war nicht ersichtlich, ob sie in Oberschlesien oder in der Gegend von Ohlau über die Oder gehen wollten, oder ob sie einige Belagerungen planten, kurz, was sie eigentlich vorhatten. Da der König auf nichts mit Sicherheit rechnen konnte, hielt er es fürs beste, sich auf alles gefaßt zu machen und ein Korps in die Gegend zwischen Breslau und Brieg zu schicken. Von dort aus konnte es beide Festungen nach Bedarf unterstützen und gleichzeitig die Ober im Auge behalten. Zu dem Zweck marschierte Knobloch nach Grottkau, von wo aus er in wenigen Stunden beiden Festungen zu Hilfe eilen und im Notfalle sogar wieder zur Armee des Königs stoßen konnte.
Die Russen waren nach Hundsfeld, nur eine Meile von Breslau, vorgerückt. Diese Bewegung bewies, daß sie nicht mehr an einen Oderübergang in Oberschlesien dachten. So überschritten die Armee des Königs und das Zietensche Korps wieder die Neiße<93> und trafen nach einem Gewaltmarsch am nächsten Tage (5. August) in Strehlen ein. Sie wollten immer mitten zwischen den beiden feindlichen Heeren bleiben und ihre Bereinigung solange wie irgend möglich verhindern. Man hatte Buturlin Hoffnung gemacht, durch 4 000 österreichische Gefangene, die in Breslau waren, eines der Stadttore überrumpeln zu können. Die Russen brauchten dann nur gleichzeitig die Vorstadt Polnisch-Neudorf jenseits der Oder anzugreifen, um sich der Hauptstadt durch einen Handstreich zu bemächtigen. Tschernyschew übernahm die Ausführung des Planes und drang mit einigen Truppen in die offene Vorstadt ein. Aber Tauentzien93-1, der Kommandant der Festung, hatte seine Maßnahmen so richtig getroffen, daß er sowohl die Gefangenen im Zaume hielt, als auch die Russen abschlug. Knobloch eilte Tauentzien zu Hilfe und machte in Gemeinschaft mit ihm einen heftigen Ausfall. Es gelang ihnen, den Feind ganz aus der Vorstadt zu verdrängen. Doch der König ließ sich an den getroffenen Vorsichtsmaßregeln nicht genügen. Er sandte zum Überfluß noch Platen mit 11 Bataillonen und 15 Schwadronen nach Rothsyrben. Von dort konnte er Breslau und die Oder im Auge behalten und entweder Tauentzien zu Hilfe eilen oder Nachricht geben, an welcher Stelle die Russen Anstalten zum Übergang über den Fluß träfen.
Unterdessen erhielt der König durch seine Streifkorps Meldung, die österreichische Armee habe sich bei Kunzendorf gelagert, und die Russen hätten sich aus der Gegend von Breslau zurückgezogen. Daraufhin verließ die Armee ihre Stellung bei Strehlen und langte nach einem Gewaltmarsch jenseits des Schweidnitzer Wassers und des Dorfes Canth an (10. August). Dort stießen auch Platen und Knobloch zu ihr. Am folgenden Tage93-2 wechselte der König seine Stellung und ließ die Armee bei Nieder-Moys lagern. Dort verbreiteten sich unbestimmte Gerüchte, die Russen hätten die Oder bei Auras überschritten93-3. Nach einigen Nachrichten waren es nur Kosaken, nach anderen dagegen ein ganzes Detachement. Wieder andere behaupteten sogar, es handle sich um Buturlins gesamte Armee. Die Nachricht war jedenfalls von größter Wichtigkeit und bedurfte durchaus der Aufklärung. So sandte der König denn Schmettau93-4 nach Neumarkt ab. Der verjagte von dort einen Schwarm Kosaken und nahm ihnen einige Gefangene ab. Auch Möllendorff wurde nach einem Dorfe Royn auf Kundschaft geschickt und vertrieb dort ebenfalls ein feindliches Detachement. Aber die Gefangenen, die sie ins Lager mitbrachten, konnten keine klare Auskunft geben, da sie vor drei Tagen durch die Oder geschwommen waren. Dann hatte sich das barbarische Kriegsvolk derart mit Plündern beschäftigt, daß sie sich garnicht um den Verbleib Buturlins und seiner Armee gekümmert hatten.
Auf eine Bewegung Laudons gegen Striegau änderte die Armee des Königs ihre Stellung und besetzte mit dem rechten Flügel den Hügel bei Leipe, mit dem linken Eisdorf. Da es aber immer noch ungewiß blieb, ob die Russen über die Oder ge<94>gangen seien ober nicht, so war zur Erlangung bestimmter Nachrichten die Absendung eines Korps nötig, das stark genug war, sich durchzuschlagen und weit genug vorzustoßen, um sich durch den Augenschein von den tatsächlichen Vorgängen zu unterrichten. Zu dem Zweck sandte der König Platen mit 40 Schwadronen und 10 Bataillonen zur Rekognoszierung nach Parchwitz94-1. Der König begab sich zum Regiment Zieten auf den äußersten rechten Flügel des Lagers, um Platen mit den Augen zu folgen und selbst zu beurteilen, ob er Unterstützung brauchte, ob er ihn zurückziehen müßte, oder was sonst für Maßnahmen zu treffen seien. Kaum war der König dort angelangt, so stürzte eine Horde von 3 000 bis 4 000 Kosaken mit ihrem beim Angriff gewohnten Schreien und Lärmen auf das Regiment Zieten los. Eiligst sandte der König zur Armee und ließ die nächsten Regimenter des rechten Flügels herbeiholen. Bis zu ihrer Ankunft aber schickte man sich zur Verteidigung an. Die Schwadronen teilten sich in zwei Abteilungen, um ihre Front besser zu schützen und die Flanken zu decken. Vor jeder Schwadron wurde ein Unteroffizier mit 10 Husaren gestellt, mit dem Befehl, geschlossen und unbeweglich stehenzubleiben und sich nur plänkelnd mit dem Karabiner zu verteidigen. Sobald die Kosaken Miene machten, sich auf diese kleinen Abteilungen zu werfen, unterstützten die dahinterstehenden Schwadronen sie mit dem Säbel in der Faust, ohne sich sonst in ein Gefecht einzulassen. Das Scharmützel dauerte anderthalb Stunden. Sobald aber die Kosaken aus der Ferne die Hilfstruppen herankommen sahen, ergriffen sie Hals über Kopf die Flucht und zogen sich in der Richtung auf Groß-Wandris zurück. Wer Kosaken gegenüber kaltes Blut zu bewahren weiß, läuft nicht viel Gefahr. Denn trotzdem das Regiment Zieten den Barbaren an Zahl weit nachstand, vermochte es sich doch allein gegen sie zu behaupten, ohne daß ein Husar verwundet oder gefangen genommen wurde.
Kaum hatten die zur Hilfe heranrückenden Regimenter den König erreicht, so erblickte er in der Ebene von Iauer 40 österreichische Schwadronen, die in scharfem Trabe auf Wahlstatt rückten. Platen seinerseits hatte die Russen bis über Groß-Wandris zurückgetrieben. Zu seiner Unterstützung entsandte der König Zieten mit 6 Bataillonen und 10 Schwadronen und folgte ihm schließlich selbst. Kaum hatten diese Truppen die Höhe am Würcken-Teich94-2 erreicht, so sah man die Spitze der österreichischen Kavallerie bei Wahlstatt hervorkommen. Sie wurde mit starkem Kanonenfeuer empfangen und unmittelbar darauf von den Finckschen Dragonern unter Reitzenstein94-3 und zwei Czettritz-Schwadronen attackiert. Nach zwei kräftigen Angriffen hintereinander warf Reitzenstein sie in das eben von ihr verlassene Defilee zurück und machte dabei 300 Gefangene. Die feindliche Kavallerie floh aufgelöst nach Iauer, und nur ein einziges Regiment, das zuerst durch das Defilee gegangen war, vereinigte sich mit Buturlin. Der Zufall wollte, daß die Kosaken selbst zur Niederlage der Österreicher beitrugen. Die österreichischen Dragoner an der Spitze<95> der Kolonne trugen nämlich blaue Uniformen. Sie wurden von den Russen für Preußen gehalten, und während Reitzenstein sie in der Front attackierte, fielen ihnen die Kosaken in die Flanke. Nach ihrem Sieg über die Österreicher jagte die preußische Kavallerie die Russen bis an das verschanzte Lager Buturlins. Dessen Armee hielt das Gelände von Koischwitz bis Kunzendorf besetzt. Sie war bei Leubus über die Oder gegangen95-1 und hatte sich fleißig in ihrer Stellung verschanzt.
Die Gründe, weshalb der König die Russen nicht angreifen wollte, blieben stets die gleichen. Ihre Armee befand sich in einer derartigen Stellung, daß man sie nur mit großen Opfern aus diesem vorteilhaften Gelände hätte vertreiben können. Aber die Preußen hatten keine Leute übrig. Der König verfügte alles in allem nur über 24 Bataillone und 58 Schwadronen, da das Gros unter Markgraf Karl im Lager von Leipe geblieben war. Er sollte dort dem König den Rücken freihalten und gleichzeitig die Bewegungen der Österreicher aus nächster Nähe beobachten. Doch war die Entfernung nicht so groß: die Vereinigung der beiden Armeeabteilungen ließ sich in kaum zwei Stunden bewerkstelligen. Zu einem unvermuteten Angriff auf den Markgrafen Karl stand Laudon von Leipe zu weit. Was auch geschehen mochte, der Markgraf hatte immer noch Zeit, Meldung zu schicken und Hilfe abzuwarten. Was die Russen betraf, so konnte der König bei ihrer gewohnten Langsamkeit und ihrer geringen Neigung zu kräftigem Vorgehen den Markgrafen Karl im Notfall noch rechtzeitig heranziehen. Der König nahm sein Lager zwischen Klein-Wandris und Wahlstatt und ließ es sorgfältig befestigen, um gegen einen plötzlichen Überfall gesichert zu sein. Auch wurde eine alte Schanze am Würcken-Teich hergestellt, um die Verbindung zwischen den beiden preußischen Armeen noch mehr zu sichern.
Am folgenden Tage zeigte sich ein neues Lager hinter Iauer. Es genügte aber nicht, zu wissen, daß es ein österreichisches war, es galt auch festzustellen, zu welchem Zweck der Feind sich dorthin gewandt hätte. Um das zu erkunden, mußten sich ein Offizier und drei Husaren, die etwas Russisch konnten, als Kosaken verkleiden und sich am frühen Morgen ins Lager von Iauer schleichen, unter dem Vorwand, sie hätten sich aus Unkenntnis der Wege verirrt. Der österreichische Offizier, der die Wache hatte, erwies ihnen alle mögliche Aufmerksamkeit und gab an, er gehöre zu einem Detachement von 6 000 Mann unter Brentano, das zur Deckung der österreichischen Artillerie bestimmt sei. Laudon habe sie hierher vorrücken lassen, um sie im Fall eines preußischen Angriffs auf die Russen rascher bei der Hand zu haben. In diesem Fall würden sich die Österreicher sofort am Kampfe beteiligen, sodaß der König der Übermacht der beiden kaiserlichen Armeen sicher erliegen müsse.
Am folgenden Tage95-2 brach Buturlin auf. Er ging über Liegnitz und nahm Stellung beim Dorf Eichholz. Laudon wähnte, dem König Gelegenheit zum Angriff auf die Russen während ihres Marsches gegeben zu haben. Denn Buturlins Bewegung<96> ging nicht weit von der Armee und auf einem scheinbar günstigen Gelände vor sich. Aber der König wollte dem einmal gefaßten Vorsatz treu bleiben. Die Russen wurden nicht angegriffen, ja selbst ihre Arrieregarde ließ man in Ruhe. Nach dieser Bewegung der Russen war ein weiterer Widerstand gegen ihre Vereinigung mit den Österreichern unmöglich. Diese waren auf der Hut gewesen. Um sich keine Blöße zu geben, hatte Laudon im ganzen Feldzuge niemals den Fuß des Gebirges verlassen und bei jeder Gelegenheit sehr geschickt nur die Bundesgenossen Österreichs den Märschen und gewagtesten Unternehmen ausgesetzt.
Der König konnte keinen besseren Entschluß fassen, als durch einen Gewaltmarsch die Höhen von Kunzendorf zu erreichen. Denn konnte er diese Stellung vor Laudon besetzen, so wurde die österreichische Armee von ihren Magazinen abgeschnitten. Dann wäre auch den Russen, die ganz auf die von der Kaiserin-Königin gelieferten Lebensmittel angewiesen waren, das Brot ausgegangen, und sie hätten sich ihren in Polen zurückgelassenen Vorräten nähern müssen. Glückte der Plan, so hätte er für diesen Feldzug den Dingen in Schlesien ein völlig anderes Gesicht gegeben. Die Armee des Königs setzte sich auch umgehend in Marsch. Um Zeit zu gewinnen, detachierte der Markgraf sofort Knobloch zur Besetzung des Pitschenberges, über den die Armee notwendig marschieren mußte. Noch am selben Abend besetzte der Markgraf den Berg, und am folgenden Tage (20. August) trat die ganze Armee in der Gegend von Jauernick und Bunzelwitz hervor. Aber der Zweck des Unternehmens schlug fehl. Laudon war dem König zuvorgekommen, und schon tags vorher hatten sich an 20 Bataillone seiner Armee bei Kunzendorf gelagert. Truppen, die auf diesen Höhen stehen, sind unangreifbar. Auch ein Handstreich hatte keinen Zweck; denn schon war die österreichische Armee in vollem Anmarsch, um das neue Lager zu beziehen und es in seiner vollen Ausdehnung zu besetzen.
Da die Armee des Königs nicht offensiv vorgehen konnte, so entfaltete sie sich zwischen dem Würbenberg und dem Dorfe Tschechen. Hier endete der rechte Flügel, teilweise durch den Nonnenbusch gedeckt. Nichts hinderte nun die Vereinigung der Russen und Österreicher. Sie mußte aller Voraussicht nach binnen kurzem bei Schweidnitz stattfinden. Diese Umstände geboten dem König, für die Sicherheit seines Lagers und der Festung Schweidnitz zu sorgen. Er konnte eine Stellung bei Pilzen nehmen; denn dort schien die Natur schon selbst hinlänglich für ein befestigtes Lager gesorgt zu haben. Aber wenn auch das Heer dort gesichert war, so lief man doch andrerseits Gefahr, daß Laudon und Buturlin Schweidnitz vor den Augen des Königs und der ganzen Armee belagerten, ohne daß er es hindern konnte. Aus diesem Grunde zog der König das Lager bei Bunzelwitz vor, da es die Festung deckte und ihre Belagerung unmöglich machte. Bei alledem blieb aber die Absendung eines russisch-österreichischen Detachements gegen Breslau zu fürchten. Dadurch wäre der König zum Verlassen der Gegend von Schweidnitz gezwungen worden und hätte seinen Feinden die Belagerung leicht gemacht. Aber alle Pläne so überlegener Feinde<97> zu durchkreuzen war unmöglich. Einiges mußte jedenfalls dem Zufall überlassen bleiben.
Um die Stellung der preußischen Armee zu sichern, ließ der König sein Lager in der Front, auf beiden Seiten und im Rücken verschanzen. So wurde das Lager zu einer Art von Festung, als deren Zitadelle der Würbenberg gelten konnte. Von dort bis nach Bunzelwitz war das Lager durch einen Sumpf gedeckt. Die Spitzen der Dörfer Bunzelwitz und Jauernick wurden befestigt und mit starken Batterien besetzt, deren Kreuzfeuer die Front gegen jeden Laudonschen Angriff verteidigen konnte. Die Österreicher wären also zur Einnahme der beiden Dörfer genötigt gewesen, bevor sie überhaupt an die Armee herankonnten. Etwas weiter rückwärts zwischen den beiden Orten stand die Front der Infanterie, durch große, stark mit Artillerie besetzte Schanzen gedeckt. Zwischendurch waren Öffnungen gelassen, aus denen die Kavallerie im Bedarfsfalle vorbrechen konnte. Jenseits von Jauernick, hinter dem Nonnenbusch, wurden vier Hügel befestigt. Sie beherrschten das Gelände, und vor ihnen floß ein morastiger, unüberschreitbarer Bach97-1. Schon mit Kleingewehrfeuer konnte man den Feind dort am Brückenschlagen hindern. Weiter rechts durchschnitt ein großer Verhau den Nonnenbusch. Er wurde von Jägern und Freibataillonen verteidigt. Der erwähnte morastige Bach zog sich in einem Bogen hinter dem Wald entlang und um den Fuß der von der Armee besetzten Hügel. Am äußersten Ende des rechten Flügels begann die Flanke. Sie lief parallel mit dem Striegauer Wasser und endigte bei einem Gehölz, das der von Peterwitz kommende Hohlweg deckte. In diesem Gehölz, das im Rücken der Armee lag, ließ der König eine maskierte Batterie errichten.<98> Sie stand hinter einem Verhau mit einer anderen Batterie in Verbindung, die am äußersten Ende des Gehölzes nach Neudorf hin angelegt war. Dort begann eine andere Verschanzungslinie, die im Rücken der Armee an die Befestigungen auf dem Würbenberg stieß. Die Wälle waren durchweg 16 Fuß dick und die Gräben 12 Fuß tief und 16 Fuß breit. Die Front war mit starken Palisaden umgeben, und die vorspringenden Teile der Werke waren unterminiert. Vor den Minen waren Wolfsgruben angelegt, und vor diesen zog sich eine äußere Umfassungslinie von dicht aneinander in die Erde gepfählten spanischen Reitern. Die Armee des Königs bestand aus 66 Bataillonen und 143 Schwadronen. 460 Geschütze starrten von den verschiedenen Werken, und 182 gefüllte Minen waren bereit, beim ersten Signal in die Luft zu fliegen.
Noch aber waren die Arbeiten nicht ganz beendet, als Buturlin mit den Russen auftauchte und sich am Fuß der Hohenfriedberger Höhen lagerte (25. August). Zwei Tage später wechselte er seine Stellung. Das Gros seiner Truppen besetzte das Gelände von Oelse bis Striegau, während sich Tschernyschew vom Streitberg bis Niklasdorf ausdehnte. Brentano nahm Stellung links von den Russen bei Preilsdorf, Oberst Berg dagegen mit den Kosaken bei Laasan. Dort ging er über das Striegauer Wasser und kam dadurch der preußischen Armee in den Rücken. Beck, der frisch aus der Lausitz kam, bezog eine Stellung zwischen Oelse und dem Nonnenbusch, um die Verbindung zwischen den beiden kaiserlichen Armeen zu sichern. Die vom Feinde eingenommene Stellung bildete also eine Art von Einschließungslinie um zwei Drittel der preußischen Armee. Nun glaubte Laudon seine Berge ungestraft verlassen zu dürfen. Er stieg in die Ebene hinab und breitete seine Truppen von Kammerau über Arnsdorf bis Zirlau aus. Zwischen Kammerau und Arnsdorf ließ er eine Verschanzung anlegen, aus der er zum Angriff auf die preußische Armee vorbrechen wollte. Die Verschanzung eignete sich in gleicher Weise zum Angriff wie zur Verteidigung im Fall eines Rückzugs. Die Arbeit wurde aber häufig von der preußischen Artillerie unterbrochen. Indessen sahen all diese Vorkehrungen so ernsthaft aus, als ob der Feind wirklich einen Angriff auf die preußische Stellung beabsichtigte, so gewagt das auch schien. Noch am selben Tage versuchte Laudon einen Angriff auf die Spitze von Jauernick, fand aber weit stärkeren Widerstand, als er geglaubt hatte. Er ließ den dort kommandierenden Major Favrat98-1 zur Übergabe auffordern, der aber antwortete ihm wie ein wahrer Ehrenmann. So mußte denn Laudon von seinem Unternehmen abstehen.
Da all diese Vorbereitungen sehr ernst waren und der Augenblick eines feindlichen Angriffs nahe schien, so wurden alle nötigen Anstalten zu kräftiger Verteidigung getroffen. Tagsüber war bei der ungeheuren Stärke des Lagers wenig zu befürchten. Viel bedenklicher war die Lage bei Nacht wegen der großen Nähe der Heere. Wahr<99>scheinlich war es allerdings nicht, daß den Preußen ein Unglück zustieß, falls nicht etwa Laudon im Schutze der Dunkelheit einen Teil des Lagers überfiel, wo die Truppen vielleicht gerade schliefen und keine Zeit mehr fanden, zur Verteidigung herbeizueilen. Um einer solchen Katastrophe vorzubeugen, ließ der König die Zelte jeden Abend abbrechen und die Armee am Rand der Verschanzungen des Nachts biwakieren. Andrerseits stand Laudon in den Stellungen bei Kammerau, Schönbrunn und Bögendorf so dicht bei Schweidnitz, daß der König sich zur Aufstellung eines Zwischenkorps zwischen Schweidnitz und der Armee gezwungen sah, um der Festung bei einem Angriff im Notfall zu Hilfe zu kommen und die Proviantzufuhr zu decken; denn die Armee bezog ihr Brot, ihre Fourage und alle Lebensmittel allein aus der Festung. Zu diesem Zweck rückte Gablentz mit einigen Bataillonen über Tunkendorf hinaus, wo sein rechter Flügel durch die Batterien des Lagers, der linke durch die Kanonen von Schweidnitz geschützt war. Auch sicherte er seine Stellung noch durch starke Verschanzungen vor seiner Front. Am gleichen Tage erhielten die Generale die Anordnungen zur Verteidigung des Lagers und ihres Verhaltens auf den ihnen angewiesenen Punkten99-1.
Trotz der großen Ausdehnung der preußischen Stellung war es doch gelungen, die Angriffspunkte auf drei zu beschränken. Der erste lag zwischen Bunzelwitz und Jauernick. Hier wollte der König selbst die Verteidigung gegen Laudon führen, der seine Annäherungswerte oder Verschanzungen gerade auf jener Seite errichtet hatte. Unmöglich konnten die Österreicher die befestigten Dörfer im Rücken lassen und auf das Zentrum eindringen, weil sie dann mit beiden Flanken in ein starkes Artilleriefeuer geraten wären. Aller Wahrscheinlichkeit nach mußten sie sich also zunächst der beiden Dörfer zu bemächtigen suchen. Der König beschloß, sie sich dort abmühen zu lassen und erst nach beträchtlichen Verlusten ihrerseits seine Kavallerie auf sie loszulassen. Außerdem konnte er die Truppen in den Dörfern im geeigneten Augenblick stets mit frischer Infanterie verstärken, ungerechnet die 60 Geschütze, die von den Flanken aus den Angriff erschwerten. Die zweite gefährdete Stelle lag zwischen Tschechen und dem Gehölz auf der rechten Flanke. Dort führte Zieten das Kommando. Ihm gegenüber standen die Russen. Sie hätten also wahrscheinlich dort den Angriff übernommen. Um aber an die Preußen heranzukommen, mußten sie unter dem Infanterie- und Artilleriefeuer der preußischen Verschanzungen über das Striegauer Wasser gehen. Dabei hätten sie ihre beste Infanterie verloren, ungerechnet die vielfachen Hindernisse, die bei einer Annäherung an die Schanzen vorher zu überwinden waren. Einige rechtzeitige Angriffe der Zietenschen Kavallerie hätten also genügt, um sie zu zerstreuen. Der dritte Angriffspunkt befand sich bei Peterwitz und an dem Defilee, das den Rücken der preußischen Armee deckte, wo Ramin99-2 kommandierte. Allem Anschein nach hätten hier Tschernyschew und Brentano den Angriff übernommen, weil ihre Detachements<100> am nächsten standen. Der König beschloß, den Feind ruhig bis an das Defilee von Peterwitz herankommen zu lassen. Dort hätte die im Walde versteckte Batterie ihn mit Kartätschensalven in der Flanke beschossen. Darauf sollte ihm Platen mit 40 Schwadronen in den Rücken fallen. Zu diesem Zweck war quer durch den Wald ein Weg angelegt worden, auf dem er hervorbrechen konnte.
Die größte Stärke des Lagers bestand darin, daß es den Feind der drei Waffen beraubte, während die Preußen sie voll benutzen konnten. Die Angreifer konnten zunächst ihre Kanonen nicht verwerten, da die ganze Gegend rings um die Verschanzungen ungleich viel tiefer lag als die Befestigungen, sodaß das feindliche Artilleriefeuer völlig wirkungslos bleiben mußte. Ebenso konnte der Feind nichts mit seiner Kavallerie anfangen; denn kaum hätte sie sich gezeigt, so wäre sie schon vom Feuer der preußischen Batterien vernichtet worden. Und schließlich, was wollte man mit dem Kleingewehrfeuer ausrichten? Sollte man mit Flinten gegen Kanonen schießen? Oder konnte man mit Schüssen spanische Reiter herausreißen und Palisaden umhauen ? All das war unmöglich. Sicher aber hatten die Preußen in dieser Stellung alle Vorteile für sich, die ein Gelände in Verbindung mit Befestigungsanlagen einer Armee über eine andere gewähren kann. Nach diesen Anordnungen erwarteten sie also ruhig die weiteren Unternehmungen ihrer Feinde.
Bald nach Buturlins Eintreffen wurde ein russischer Offizier gefangen, der sich in der Nacht verirrt hatte und in dem Glauben, sich den eigenen Lagerwachen zu nähern, sich plötzlich inmitten der preußischen sah. Der Mann war nicht sehr schlau und sagte frei heraus, die feindlichen Generale hätten für den 1. September den Angriff auf die Verschanzungen des Königs beschlossen. Wirklich hatten sich Buturlin und Laudon über den Angriff geeinigt, und er hätte auch stattgefunden, wären nicht folgende Umstände eingetreten. Buturlin, der gern lange tafelte und kräftig zechte, hatte in einem fröhlichen Augenblick beim Glase Wein Laudons Vorschlägen zugestimmt. Die Anordnungen zu den drei Angriffen waren schriftlich aufgesetzt und den höheren Führern zugestellt worden. Zufrieden mit der Bereitwilligkeit der Russen, kehrte Laudon zurück. Nachdem aber Buturlin ausgeschlafen und beim Erwachen seinen Verstand zu Rate gezogen hatte, widerrief er die eben erteilten Befehle in der begründeten Sorge, die Österreicher würden seine Armee aufopfern und ihn nicht unterstützen. Schlug dann das Unternehmen fehl, so wäre der Vorwurf und die Schande allein auf die Russen gefallen. An Stelle der großen beim Mittagsmahl gefaßten Pläne begnügte sich Buturlin also damit, einige Bomben gegen das preußische Lager abzuschießen. Sie fielen aber mehrere hundert Schritt zu kurz. Als Laudon diese plötzliche Sinnesänderung gewahrte, war er wütend. Kuriere eilten nach Wien, die Feldherren behandelten einander mit Kälte. Dennoch blieben die Dinge beim alten, außer daß Laudon das Korps Draskovich auf Martha vorrücken ließ und es auf den Höhen von Ludwigsdorf aufstellte. Die Armeen blieben auch weiterhin Auge in Auge stehen, bis Buturlin am 10. September sein Lager abbrach und nach Iauer zog. Denn die Öster<101>reichischen Magazine waren nicht sehr groß und die Viehherden nicht zahlreich genug, um ihm Brot und Fleisch zu liefern. Nach dem Abmarsch der Russen hielt Laudon seine Stellung in der Ebene für allzu exponiert. Er ging also wieder in die Berge zurück und bezog seine frühere Stellung bei Kunzendorf.
Am selben Tage schickte der König Platen mit dem Korps, das er ständig befehligte, nach Breslau, angeblich zur Deckung eines Proviantzuges. In Wahrheit aber sollte er über die Oder gehen, in Eilmärschen das große russische Magazin in Kobylin, einer kleinen Stadt der Woywodschaft Posen, erreichen und es zerstören. Von da sollte er zum Prinzen von Württemberg stoßen; denn es war vorauszusehen, daß dieser Hilfe brauchte. Schließlich sollte das Korps nach der Beendigung des Feldzugs in Pommern sich mit dem Prinzen Heinrich in Sachsen vereinigen. Platen vernichtete auch wirklich die Vorräte in Kobylin, erbeutete dabei 5 000 Wagen nebst 7 Kanonen und nahm 5 Bataillone und 42 Offiziere gefangen101-1. Dann rückte er auf Posen, zerstörte dort alles, was den Russen gehörte, und setzte seinen Marsch nach Pommern in der Richtung auf Kolberg fort. Infolge dieser Unternehmung beschleunigte Buturlin seinen Rückzug und vergaß darüber die Möglichkeit eines Einfalls in die Kurmark. Er beeilte sich, über die Oder zurückzugehen und Polen zu erreichen. Das Korps Tschernyschew marschierte nicht mit. Es war, fast 20 000 Mann stark, bei Laudon geblieben, als ein besonderes Freundschaftszeichen der Kaiserin von Rußland für die Kaiserin-Königin.
Hätte der Proviant dem König ein längeres Verweilen im Lager von Bunzelwitz gestattet, so wäre der Feldzug in Schlesien verlaufen, ohne daß die gewaltigen Anstalten der Feinde zu bemerkenswerten Ereignissen geführt hätten. Doch das Magazin in Schweidnitz, aus dem sich die Armee während eines großen Teils des Feldzuges verproviantierte, ging zu Ende. Die übrig bleibenden Vorräte reichten nur noch für einen Monat. Seit dem Abmarsch Platens wagte der König seine Armee nicht mehr durch Absendung neuer Detachements zu schwächen. Die Hauptdepots befanden sich in Breslau, und es hätte wenigstens einer Bedeckung von 10 000 Mann bedurft, um Proviantzüge von dort sicher ins Lager zu bringen. Nach langer und reiflicher Erwägung all dieser Gründe faßte der König den Entschluß, sich der Festung Neiße zu nähern. Denn dort befanden sich Lebensmittel und Fourage im Überfluß. Auch konnte er den Feind von dort aus um die Grafschaft Glatz und Mähren besorgt machen, dadurch Laudon ablenken und die Russen und Österreicher von Schweidnitz entfernen. Diesem Plan zufolge bezog die Armee zuerst das Lager von Pilzen und blieb dort einige Tage stehen. In Schweidnitz ließ der König fünf vollzählige Bataillone, die Rekonvaleszenten und 100 Dragoner zurück. Dem Kommandanten Zastrow101-2 empfahl er die größte Vorsicht und Wachsamkeit, um während der Abwesenheit der preußischen Armee alle etwaigen Unternehmungen der Feinde zu ver<102>eiteln: Am 28. September bezog der König das Lager von Siegroth und am 29. das von Groß-Nossen bei Münsterberg. Dort blieb er, um aus den Bewegungen der Feinde über ihre Pläne klar zu werden. Sofort schickte Laudon Detachements zur Verstärkung der Stellungen von Silberberg und Martha ab. Doch war seine Armee, bei der sich auch Tschernyschew befand, so stark, daß 20 000 oder 30 000 Mann weniger ihn an der Ausführung seiner Pläne nicht hinderten.
Am 1. Oktober erfuhr der König in Groß-Nossen, daß sich die Österreicher durch einen Handstreich der Festung Schweidnitz bemächtigt hätten. So unglaublich die Nachricht klang, so traf sie dennoch zu. Der Streich war folgendermaßen angelegt und ausgeführt worden. In der Festung wurden ungefähr 500 Kriegsgefangene bewacht. Einer der wichtigsten war ein Italiener, der Freischarenführer Major Rocca. Der hatte es sich in den Kopf gesetzt, die Festung, in der er gefangen war, den Österreichern in die Hände zu spielen. Zu dem Zweck wußte er sich bei dem Kommandanten mit so viel Unterwürfigkeit und Geschick einzuschmeicheln, daß ihm mehr Freiheit gelassen ward, als einem Gefangenen zustand, besonders da die Festung rings von Feinden umgeben war. Rocca ging in den Befestigungswerken umher und kannte die Plätze aller Wachen und Detachements. Er beobachtete verschiedene Nachlässigkeiten im Garnisondienst, verkehrte nicht nur öffentlich mit jedermann, sondern sah auch oft genug die mit ihm gefangenen österreichischen Soldaten. Kurz, er intrigierte in der Stadt, sparte keine Bestechungen und unterrichtete Laudon genau von allem, was er sah und hörte und was er selbst zur Einnahme der Festung für ratsam hielt.
Auf die von Rocca erhaltenen Nachrichten hin entwarf Laudon seinen Plan zur Überrumpelung von Schweidnitz. In der Nacht vom 30. September zum 1. Oktober führte er ihn folgendermaßen aus. Er verteilte 20 Bataillone zu vier Angriffen: auf das Breslauer Tor, auf das Striegauer Tor, auf das Fort Bögendorf und auf die Wasserschanze. Zastrow war auf einem Ball. Da er aber Verdacht geschöpft hatte, ließ er am Abend die Besatzung unter Gewehr treten und verteilte sie auf die Werke. Er beging jedoch den Fehler, den Offizieren keine Verhaltungsbefehle zu erteilen und seine Kavallerie nicht zur Erkundung auszusenden. Auch versäumte er es, zur Beleuchtung des Vorgeländes Leuchtkugeln aufsteigen zu lassen. Kurz, er vernachlässigte all seine Pflichten zu sehr. Unterdes rückten die österreicher heran und gelangten unentdeckt bis an die Palisaden. Die ganze Verteidigung bestand aus zwölf Kanonenschüssen und einem so geringen Gewehrfeuer, daß der Feind nach Belieben verfahren konnte. So überrumpelten die Österreicher die Wache am Striegauer Tor und drangen von dort in die Festungswerke ein. In der allgemeinen Verwirrung warfen die österreichischen Gefangenen die Maske ab, bemächtigten sich des inneren Stadttores und öffneten es den ersten sich nähernden feindlichen Truppen. Kurz, in noch nicht einer Stunde waren die Österreicher Herren der ganzen Stadt. Nur der Kommandant der Wasserschanze, Beville, hielt sich tapfer, bis alle Mittel erschöpft waren und die weitere Verteidigung unmöglich wurde. Im Fort Bögendorf flog zufällig ein<103> Pulvermagazin in die Luft und kostete den Österreichern einige Leute. Sonst aber hatten sie bei der Einnahme der Stadt keinen Verlust zu beklagen.
Ein so unvorhergesehenes Unglück durchkreuzte alle Maßnahmen des Königs. Er mußte sein Vorhaben aufgeben, seine Pläne ändern und durfte für den Rest des Feldzuges nur noch daran denken, möglichst viel Festungen und Land gegenüber der großen Übermacht der Feinde zu behaupten. Die Armee marschierte nach Strehlen (6. Oktober) und richtete sich dort zum dauernden Verweilen ein, um Neiße, Brieg und Breslau zu decken. Zur Vorsicht hatte der König bei Breslau ein verschanztes Lager anlegen lassen. Nach seiner ursprünglichen Absicht war es für die Detachements bestimmt, die sich oft der Hauptstadt näherten und sich dort bis zum Eintreffen der Armee des Königs hätten behaupten können. Unter den obwaltenden Umständen jedoch konnte die Armee selbst das Lager gut brauchen, zumal die Preußen ihm einen Tagesmarsch näher waren als der Feind.
Von nun an beschränkte sich der König strikt auf die Verteidigung, aber Laudon durfte davon nichts merken. Denn erfuhr er dies Geheimnis, so hatte er den Preußen gegenüber gewonnenes Spiel. Zur besseren Verschleierung seiner Absichten gab der König den Truppen Befehl, sich kampfbereit zu halten, die Gewehre frisch zu laden, die Säbel zu schleifen und an die Artillerie genügend Munition zu verteilen. Kurz, es war nur von großen Zurüstungen und umfassenden Plänen die Rede. Bei der Armee befanden sich wohlbekannte österreichische Spione. Sie machten sich sofort auf, um Laudon Nachricht zu bringen. So unglaublich es der Nachwelt auch klingen mag, die vereinigte österreichisch-russische Armee, die drei Tagemärsche von den Preußen auf den Kunzendorfer Höhen lagerte, blieb acht Nächte lang im Biwak und erwartete jeden Augenblick einen Angriff.
Tschernyschew drängte den österreichischen Feldherrn sehr, auf Breslau zu marschieren. Auch die Kriegsregeln und die Staatsraison erforderten es. Denn wenn Laudon mit seiner großen Armee in die Ebene hinabrückte, so umzingelte er die Preußen von allen Seiten. Er hätte sie dann gänzlich vernichtet, und der Ruhm, den Krieg beendigt zu haben, wäre ihm zugefallen. Trotzdem entschuldigte er sich bei Tschernyschew, er könne aus Mangel an Lebensmitteln und Trainpferden nicht zu weit ins Land vorrücken. Laudon verbarg, was ihn in Wirklichkeit von jedem Unternehmen abhielt. Er fürchtete die exponierte Stellung in der Ebene, weil die Österreicher dabei schon so oft geschlagen worden waren. Da er außerdem völlig auf sich selbst gestellt war und beim Wiener Hofe keine Protektion besaß, so wollte er nichts aufs Spiel setzen. Er begnügte sich also mit dem Ruhme der Einnahme von Schweidnitz und verharrte auf seinen Bergen in völliger Untätigkeit.
Wir dürfen hier eine Tatsache nicht übergehen, die sowohl den Krieg wie den Geist der Zeit kennzeichnet. Markgraf Karl war mit der Korrespondenz mit den Feinden betraut. Die Preußen hatten ein Kartell mit den Österreichern, das jene aber, so oft sie es für vorteilhaft hielten, brachen. Seit zwei Jahren wollten sie nichts mehr von<104> der Auswechslung der Gefangenen hören. Sie bezahlten die Soldaten und Offiziere schlecht und unregelmäßig und zwangen die Kriegsgefangenen durch Bestrafungen und Strenge zum Dienst bei ihren Truppen. Wegen dieser harten Behandlung beschwerte sich der Markgraf bei Laudon und bedeutete ihm unter anderm, die Österreicher mißachteten scheinbar die unter christlichen Völkern üblichen Kriegsgebräuche und eigneten sich die Grundsätze der Ungläubigen an, die ihre Gefangenen wie Sklaven behandeln und sie niemals für Lösegeld freigeben104-1. Laudon antwortete, die Kaiserin-Königin halte sich nicht mehr an die Abmachungen mit dem König von Preußen gebunden, es gäbe kein Kartell mehr, sie würde ihm ihr Wort nicht länger halten und mit den Gefangenen nach Gutdünken verfahren. Laudon schämte sich dessen, was er schreiben mußte, und fügte mit eigener Hand am Fuß des Schreibens hinzu, er hoffe, man würde am Ton des Briefes erkennen, daß er nicht aus seiner Feder herrühre. So weit war also die Erbitterung und der Haß des Wiener Hofes gediehen. Auch seine Verbündeten waren von diesem Gift schon angesteckt. Aber so aufgebracht die Kaiserin-Königin auch gegen den König von Preußen sein mochte, sie mußte doch fühlen, daß sie durch Wortbrüchigkeit, gegen wen es auch sei, nur sich selber ins Unrecht setzte.
Gegen Ende Oktober verschlimmerte sich die Lage in Pommern derart, daß der König die Absendung neuer Hilfstruppen nicht länger aufschieben konnte. Er ließ also Schenckendorff104-2 mit 6 Bataillonen und 10 Schwadronen abrücken. Wir werden bald sehen, wozu das Detachement gebraucht wurde.
Der König behielt seine Stellung bei Strehlen bis zum 10. Dezember. Dann bezogen die Truppen Winterquartiere. Laudon hatte bereits das Detachement O'Donell nach Sachsen zurückgeschickt, und seine Truppen kantonnierten in den Bergen. Die Russen waren in die Grafschaft Glatz abgerückt. Preußischerseits wurde das Regiment Anhalt-Bernburg nach Neiße gelegt, und Wied überwinterte mit 10 Bataillonen und ebensoviel Schwadronen in der Gegend von Grottkau. 20 Bataillone und 40 Schwadronen hielten die Umgegend von Breslau besetzt, und Zeuner104-3 marschierte nach Glogau, damit die Festung wenigstens im Winter unbelästigt blieb. Außerdem ging Schmettau mit etwas Kavallerie nach Guben, um die Verbindung zwischen Berlin und der Armee in Sachsen zu sichern.
Nachdem wir so hintereinander die Ereignisse des Jahres in Schlesien aufgezählt haben, müssen wir noch einen Blick auf die Vorgänge in Pommern werfen. Am<105> 4. Juni hatte der Prinz von Württemberg das Lager bei Kolberg bezogen, und am 7. Juni stieß Thadden zu ihm. In dieser Stellung umschlossen die Preußen Kolberg derart, daß die beiden Flügel der Verschanzungen ans Meer stießen. Die Persante deckte die rechte Flanke des Lagers, während das Zentrum, die exponierteste Stelle, durch starke Verschanzungen geschützt war. Werner war sofort nach Köslin geschickt worden, zog sich aber beim Anmarsche von 12 000 Russen unter Rumänzow zurück. Zuerst wählte Rumänzow seine Stellung auf dem Gollenberg. Bis zum 20. August blieb alles ziemlich ruhig, dann aber erschien die vereinigte schwedisch-russische Flotte vor Kolberg. Sie näherte sich dem Hafen und eröffnete eine lebhafte Kanonade auf die preußischen Batterien, die den Hafen und das Ufer deckten. Rumänzow nahm den Augenblick wahr, um sich dem Prinzen von Württemberg zu nähern, und lagerte sich nur eine Viertelmeile von den Preußen. Bis dahin hatte der Prinz von Württemberg nichts zu fürchten. Nur einen Vorwurf hatte er sich zu machen, daß er die Vorratsmagazine nicht in anbefohlener Weise gefüllt hatte. Ja, er schonte sogar die Umgegend seines Lagers, trotzdem er wußte, daß die Russen dort hinkommen würden. Mit einem Wort, seine Nachlässigkeit bei der Verproviantierung wurde zur Ursache all des Unglücks, das über Pommern hereinbrach. Die erste Folge davon war, daß er Werner zur Schonung seiner eigenen Lebensmittel wegschickte, vielleicht auch, weil beide sich nicht vertragen konnten. Werner marschierte nach Treptow und ließ seine Leute dort unvorsichtigerweise kantonnieren. Die Russen überrumpelten ihn und nahmen ihn mit rund 500 Reitern gefangen (12. September). Durch diesen Erfolg ermutigt, versuchten sie in der Nacht zum 18. September ein Freibataillon vor dem linken preußischen Flügel aufzuheben. Es stand dort in einer abgelegenen Schanze, mehr als Kanonenschußweite vom Lager entfernt. Der Feind überschritt eine Stelle, die man ohne genauere Prüfung für einen unpassierbaren Sumpf gehalten hatte, griff die Schanze in der Kehle an und nahm die Besatzung von 200 Mann gefangen. Von diesen kleinen Erfolgen geschwollen, glaubte Rumänzow, die Eroberung der preußischen Verschanzungen hinge nur von ihm ab und er brauchte es bloß zu versuchen. Er näherte sich also der Grünen Bergschanze, die im Zentrum des Prinzen von Württemberg lag, eröffnete die Laufgräben und errichtete Batterien, wie bei der regelrechten Belagerung einer Festung. Am 19. griff er die Schanze in aller Form an und eroberte sie. Kaum aber wollte er sich dort festsetzen, so trieb ihn Oberst Kleist105-1 mit seinen Grenadieren wieder heraus. Dabei verloren die Russen 1 100 Mann. Gegen alle Regeln war die Schanze 3 000 Schritt von der Hauptbefestigung entfernt und überdies noch durch eine Schlucht von ihr getrennt. Aber trotz der isolierten Lage, die den Angriff erleichterte, waren die Russen durch die erlittene Schlappe so entmutigt, daß sie die Schanze fortan in Frieden ließen.
Platen war nach der Wegnahme des Magazins von Kobylin105-2 quer durch die Neumark marschiert und rückte gerade auf Körlin vor, wo er ein russisches Detachement<106> von 300 Mann gefangen nahm. Auf Rumänzow machte das aber keinen Eindruck: er rührte sich nicht in seinem Lager. Der Prinz von Württemberg wünschte, daß Platen dem Feind in den Rücken fiele, während er selbst die Russen in der Front angreifen wollte. Aber wie es leider bei allen Armeen vorkommt, wollte das Verhängnis, daß die beiden Generale in allem verschiedener Meinung waren und sich über nichts einigen konnten. Platen wandte sich gegen Spie und lagerte sich rechts vom Prinzen auf dem Kautzenberg. Aber die Nähe vermehrte nur noch ihre Mißhelligkeiten.
Indessen waren Fermor und Berg dicht hinter Platen hergerückt, und Berg nahm mit 10 000 Kosaken und Dragonern Stellung bei Greifenberg. Aber bei der täglich rauher werdenden Witterung konnte die vereinigte russisch-schwedische Flotte nicht länger auf See bleiben. Sie kehrte in ihre heimischen Häfen zurück und ließ nur zwei Fregatten auf der Reede von Kolberg zur Blockade des Hafens. Das genügte, um die der Stadt so dringend nötige Zufuhr zu hindern. Da der Prinz von Württemberg sich nun auf dem Seewege nicht mehr mit neuen Lebensmitteln versorgen konnte, wollte er sie zu Lande von Stettin kommen lassen. Zur Deckung des Proviantzuges sandte er Platen ab. Der nahm seinen Marsch über Treptow, Gülzow auf Gollnow. Dort im Lager hatte er ein Defilee vor sich, durch das er ohne ersichtlichen Grund ein Regiment Husaren und zwei Bataillone vorrücken ließ. Fermor, der dicht dabei mit seiner ganzen Division stand, griff das Detachement sofort an, schlug es und nahm es gefangen106-1. Nach diesem Unglück zog sich Platen auf Damm zurück, und der Feind vernichtete den Proviantzug, zu dessen Deckung Platen bestimmt war. Da der Prinz von Württemberg von den Vorgängen bei Gollnow nichts wußte, so sandte er noch Knobloch mit drei Bataillonen und 500 Mann Kavallerie nach Treptow, ebenfalls zur Deckung des erwarteten Proviantzuges, der aber inzwischen verloren gegangen war. Kaum in Treptow angelangt, wurde Knobloch von 9 000 Russen umzingelt und nach tapferer dreitägiger Gegenwehr gefangen genommen, da ihm die Muntion und die Lebensmittel ausgingen (25. Oktober). Hätte der Prinz von Württemberg auch 100 000 Mann zur Verfügung gehabt, er hätte es fertig gebracht, sie durch Detachements, die er aufs Spiel setzte und nicht unterstützen konnte, zu verlieren. Der Feind nutzte die Fehler und das Unglück der Preußen aus und blockierte den Prinzen von Württemberg seinerseits, sodaß Platen sich nicht mit ihm vereinigen konnte und nach Stargard zurückging, wohin ihm Berg folgte.
Auf die Kunde von der trostlosen Lage in Pommern sandte der König, wie schon erwähnt, Schenckendorff und Anhalt106-2 dorthin ab. An eine Verproviantierung der Magazine von Kolberg war indes nicht mehr zu denken. Mit dem letzten Proviantzug, der den Russen in die Hände fiel, waren alle Pferde verloren gegangen, die die Provinzen noch aufbringen konnten. Zudem waren die Russen an Zahl so überlegen und hatten<107> so viele Truppen zwischen Kolberg und Stettin stehen, daß es schlechterdings unmöglich war, einen Proviantzug hindurchzubringen. So mußte man die Festung denn verloren geben, aber wenigstens die Truppen des Prinzen von Württemberg zu retten suchen, weil unter so traurigen Umständen nichts Besseres zu tun war. Trotz aller Eile konnte Schenckendorff erst am 10. November zwischen Pyritz und Arnswalde zu Platen stoßen. Beide marschierten nun zusammen nach Greifenberg und sahen sich dort Jakoblew gegenüber, der von der Hauptarmee detachiert worden war. Während Platen ihn aufhielt, verließ der Prinz von Württemberg sein Lager in der Nacht vom 14. zum 15., gelangte am Ostseeufer entlang nach Treptow, ohne unterwegs auf den Feind zu stoßen, und vereinigte sich mit dem Korps, das ihn befreit hatte. Nach ihrer Vereinigung versuchten beide, die Russen durch einen Marsch in ihren Rücken aus der Nähe von Kolberg zu vertreiben. Als sie aber sahen, daß sie mit ihrem Manöver nicht zum Ziele kamen, rückten sie am 12. Dezember auf Spie vor, griffen die Schanze bei Drenow an, eroberten sie und nahmen die dort stehenden Truppen gefangen. Sie wären noch weiter vorgerückt, hätten sie nicht die ganze russische Armee in dem vorher von den Preußen besetzten Lager erblickt. Angesichts der Unmöglichkeit, den Feind in seinen Verschanzungen anzugreifen, zogen sie auf Greifenberg ab. Dort hörten sie, daß Kolberg durch Hunger zur Übergabe gezwungen worden sei107-1, und gingen nach Stettin zurück. Zur Deckung der Stadt zog der Prinz von Württemberg hinter der Oder eine Postenkette mit einigen dort zurückbleibenden Truppen, während er selbst nach Mecklenburg abrückte. Gleichzeitig ging Thadden nach der Lausitz und Platen nach Sachsen ab.
Die eben geschilderten Ereignisse waren so ernst, daß wir die schwedische Armee garnicht erwähnt haben. Ihr gegenüber stand Belling107-2 mit 1 500 Husaren und 2 Bataillonen. Am 19. Juli hatte Ehrensvärd mit den Schweden die Peene überschritten. Belling, der in Malchin stand, hörte, daß ein schwedisches Korps bei Bartow lagerte, griff es an und nahm ihm 100 Leute nebst 3 Kanonen ab (5. August). Dann fiel er über Hessenstein bei Röpnack her, erbeutete 6 Kanonen und nahm 600 Mann gefangen. Bei einem abermaligen Angriff wurde Hessenstein wieder geschlagen und verlor 300 Mann. Diese kleinen Erfolge der Preußen hinderten indessen die schwedische Armee nicht am Vordringen in die Uckermark. 6 000 Schweden gingen von Treptow an der Tollense zum Angriff gegen Belling vor. Der aber legte sich in einen Hinterhalt, fiel unvermutet über den Feind her und nahm ihm fast 600 Mann ab. Als der Herzog von Bevern den Feind trotz Bellings tapferem Widerstand immer weiter vorrücken sah, schickte er ihm drei Bataillone Verstärkung. Auch trafen zugleich Stutterheim107-3 und einige Truppen von der Armee des Prinzen Heinrich ein. Mit dieser Verstärkung griff Belling das schwedische Korps bei Rebelow an und nahm<108> ihm einige Leute weg. Um Rache zu nehmen, marschierte Ehrensvärd tags darauf nach Gollnow. Belling, der dort stand, hatte von den feindlichen Absichten erfahren, legte sich nochmals in einen Hinterhalt, warf sich auf die Schweden, brachte sie in Unordnung und zog sich nach Rebelow zurück. Von dort rückte er nach Kuhblank, während die Schweden auf Friedland zogen. Belling marschierte ihnen entgegen, griff die feindliche Kavallerie unter Sprengtporten, die die Vorhut bildete, an und schlug sie. Darauf rückte der unermüdliche General nach Löcknitz und wandte sich dem bei Friedland verschanzten Gros zu (9. September). Aus Mangel an Infanterie und Geschützen griff er die Verschanzungen indes nicht an und begnügte sich mit der Aufhebung einer Feldwache von 40 Dragonern. Beschreibt man Bellings Taten, wie er fortwährend kämpft und nie am gleichen Fleck zu finden ist, so meint man die Geschichte des Amadis108-1 zu erzählen. Während seine Infanterie in Pasewalk stand, hatte er sich mit der Kavallerie weiter vorwärts bei Ferdinandshof postiert. Die Schweden rückten gegen ihn an, aber Belling warf die feindliche Avantgarde auf ihre Infanterie, zwang sie zum Rückzuge (5. Oktober) und begann am folgenden Tage ein neues Gefecht. Dabei verloren die Feinde 500 Mann.
Nun aber sah sich der Herzog von Bevern zur Absendung von Proviantzügen nach Kolberg genötigt und mußte infolgedessen die zwei an Belling abgegebenen Bataillone wieder zurückziehen. Belling selbst erhielt Befehl, sich Berlin zu nähern, well ein österreichisches Korps, das sich in der Lausitz ausgebreitet hatte, einen Handstreich gegen die Hauptstadt zu planen schien. Er machte sich auf den Weg. Als sich aber in der Folge die Grundlosigkeit des Gerüchtes herausstellte, wandte er sich wieder gegen die Schweden und hoffte dort neue Lorbeeren zu ernten. Der Feldzug zog sich bis zum 6. Dezember hin. Dann verließ Ehrensvärd Demmin und näherte sich Stralsund. An den Peeneufern kam es nur noch zu unbedeutenden Scharmützeln.
Beim Anmarsch des Prinzen von Württemberg auf Mecklenburg bildete Belling die Avantgarde. In Malchin fand er eine feindliche Besatzung, schloß sie ein und hielt sie bis zum Eintreffen des Prinzen von Württemberg umzingelt. Die Preußen hätten den Ort allerdings mit blanker Waffe erstürmen können, aber die Truppen waren in zerrüttetem Zustand, die Regimenter zusammengeschmolzen und erschöpft; auch mußte man die Leute zu wichtigeren Gelegenheiten aufsparen. Aus diesen Gründen begnügten sich die Preußen mit einer heftigen Kanonade der Stadt und hätten sie auch genommen, wäre nicht Ehrensvärd auf die Kunde von der gefährdeten Lage der Seinen mit seiner ganzen Armee herangerückt. Nun zog er die Besatzung aus Malchin zurück und kehrte wieder nach Stralsund um. Auf beiden Seiten bezogen die Truppen Winterquartiere, die Schweden bei Stralsund, die Preußen im Herzogtum Mecklenburg in der Gegend von Schwerin und Rostock.
Den Feldzug gegen die Schweden haben wir nur erzählt, um ein Satyrspiel nach einer Tragödie zu geben. Ist es denn nicht erstaunlich, daß 16 000 Schweden all<109>jährlich von einer Handvoll Leute aufgehalten und zum Rückzug in ihr eigenes Gebiet gezwungen wurden? Es schien nicht mehr die unter Karl XII. so gefürchtete Nation zu sein. So heruntergekommen war sie seit der Änderung ihrer Verfassung109-1. Die schwedischen Truppen führten Krieg, ohne Magazine zu errichten, ohne Proviantwagen für ihre Lebensmittel zu besitzen. Um sich ernähren zu können, mußten sie sich in lauter kleine Abteilungen zerstückeln. Immer bot sich Gelegenheit, sie einzeln zu schlagen. Aber das war nicht der Hauptgrund ihrer Unzulänglichkeit. Die Wurzel des Übels lag bei ihrer Armee, in der Spaltung zwischen den Generalen und Offizieren und in dem Haß der Parteien gegeneinander, der stärker war als der Haß auf den Feind. Wahrscheinlich werden also ihre Mißerfolge im Kriege so lange andauern, als sie die Mißstände ihrer Regierungsform nicht beseitigen.
Platen war, wie erwähnt, in vollem Anmarsch auf Sachsen, und so ist hier der Ort, die diesjährigen Ereignisse bei der Armee des Prinzen Heinrich nachzuholen. Wir verließen den Prinzen im Lager bei Meißen und den Katzenhäusern, Daun in seinen Lagern auf dem Windberg und in Dippoldiswalde und die Reichsarmee zwischen Hof und Plauen. Prinz Heinrich sollte Daun im Auge behalten und ihm, falls er sich nach Schlesien wandte, folgen109-2. Der Prinz beschloß, sich nicht vom Elbufer zu entfernen, um den Fluß zugleich mit dem Feinde überschreiten zu können. Um inzwischen die Österreicher nicht zu Atem kommen zu lassen und sie gewissermaßen in die Defensive zu werfen, ließ der Prinz alle österreichischen Detachements, die nur ein wenig von Dauns Lager entfernt standen, beunruhigen oder angreifen. Unter anderm vertrieb Kleist109-3 aus Freiberg die vier sächsischen Dragonerregimenter, gerade als sie sich dort festsetzen wollten. Er verfolgte sie bis Dippoldiswalde und benutzte die Gelegenheit, um bei Marienberg unvermutet über das Korps Török herzufallen, das er zum Rückzug nach Böhmen zwang. Unterdes machte Seydlitz auf Ried Jagd. Ried verließ seine Stellung bei Kesselsdorf und zog sich eilig in das Lager auf dem Windberg zurück. Ruhig sahen die Österreicher diesen kleinen Reiterstückchen zu. Sie hielten sie für belanglos, ja sie dachten nicht einmal an Vergeltung.
Bis zur Eröffnung des Feldzuges in Schlesien verharrte Daun in Untätigkeit. Er beschränkte sich nur darauf, jede unmittelbare Verbindung zwischen den beiden preußischen Armeen abzuschneiden, und detachierte zu dem Zwecke Lacy, der über die Elbe ging und sich bei Großdobritz in der Nähe von Großenhain aufstellte. Das hatte für Daun den Vorteil, daß die preußischen Kuriere zur sicheren Bestellung ihrer Briefe große Umwege machen mußten. Hierdurch entstanden zwar fürs nächste keine großen Unzulänglichkeiten, aber es konnte sich etwas sehr Schlimmes daraus ergeben. Brach nämlich Daun nach Schlesien auf, so konnte Prinz Heinrich die Elbe nur weiter flußabwärts überschreiten und verlor dadurch mindestens einen Tagesmarsch. Ferner<110> fand er dann gleich nach seinem Übergang Lacy vor sich, der ihm den Durchmarsch durch die Lausitz erschwert hätte. Doch vermutete der Prinz bei Daun eine ganz andere Absicht. Er glaubte nämlich, die von Lacy ausgeführte Bewegung zielte auf die Vereinigung seines Korps mit den Russen ab oder sollte zu einem neuen Einfall in die Kurmark dienen. Unmöglich konnte der Prinz all diesen Absichten der Feinde zugleich entgegentreten. Er begnügte sich also damit, Roëll110-1 mit Husaren nach Torgau zu detachieren, wo er Lacy im Auge behalten und über dessen Bewegungen Meldung schicken sollte. Um etwaigen feindlichen Anschlägen auf Berlin zuvorzukommen, ließ Prinz Heinrich einen Teil seiner Truppen zwischen Strehla und Limbach kantonnieren. Falls die Deckung Berlins nötig wurde, war dadurch ein Tagesmarsch gewonnen. Daun wußte von diesen Truppen nichts. Sie konnten also sehr gut zu Detachements verwendet werden, von denen der Feind schwerlich etwas erfahren hätte. Die Gelegenheit ließ nicht auf sich warten. Mit einem Korps Reichstruppen war Kleefeld auf Penig gerückt. Um ihn aus seiner Stellung zu verdrängen, sandte der Prinz Kleist ab. Kaum vertrieben, kehrte Kleefeld zurück, wurde aber zum zweiten Male verjagt.
Unterdes war der König derart mit den Österreichern und Russen beschäftigt, daß er sich mit all seinen Truppen kaum gegen die feindliche Übermacht behaupten konnte. Prinz Heinrich vermutete, daß Belling Hilfe brauchte, um den Unternehmungen der Schweden mit größerem Erfolge entgegentreten zu können. Der Prinz allein war zur Absendung von Truppen imstande, da Daun sich bis jetzt noch ruhig verhielt. So ließ er denn den General Jung-Stutterheim mit 4 Bataillonen zu Belling stoßen110-2. Wir haben soeben gehört, welche Verwendung diese Truppen fanden. Zur Absendung des Detachements bestimmte den Prinzen hauptsächlich der Wunsch, für den Notfall Truppen zur Verteidigung der Hauptstadt gegen die Einfälle kleiner Korps bereit zu haben. Bestand doch die ganze Berliner Besatzung damals nur aus zwei schwachen Milizbataillonen.
Auf preußischer Seite dauerte der Kleinkrieg in Sachsen fort. Zum zweiten Male schlug Kleist bei Freiberg ein feindliches Korps, und Seydlitz vernichtete ein großes Kavalleriekorps bei Pretzschendorf. Inzwischen begann sich auch die Reichsarmee zu rühren und rückte unter Führung Serbellonis auf Ronneburg vor. Dort hätte sie die Preußen leicht in der Flanke umgehen können. Infolgedessen sandte Prinz Heinrich Seydlitz mit 5 Bataillonen und 15 Schwadronen gegen den Feind. Seydlitz manövrierte mit so viel Kunst und Geschick und machte Serbelloni so um seine Armee besorgt, daß er ihn zum Rückzug über Hof ins Reich nötigte.
Unterdessen machte die französische Armee einige Fortschritte. Das Korps des Grafen von der Lausitz war über Einbeck ins Kurfürstentum Hannover eingedrungen und bedrohte Wolfenbüttel. Bei der geringen Stärke der dortigen Besatzung war nur<111> auf schwache Verteidigung zu rechnen. Daher sandte Prinz Heinrich Oberst Bohlen111-1 mit 1 500 Mann zur Verstärkung ab. Bohlen wollte sich in die Stadt werfen, aber Stammer, der dort im Namen des Herzogs befehligte, wollte ihn nicht einlassen.
Bohlen zog sich also zurück, und zwei Tage später war der Graf von der Lausitz Herr von Wolfenbüttel (10. Oktober). Sobald die Sachsen die Stadt eingenommen hatten, schickte Serbelloni zu ihrer Verstärkung General Luszinsky mit 6 000 Mann ab. Der rückte gegen die Saale vor und bemächtigte sich Halles. Prinz Heinrich stellte ihm Seydlitz entgegen, der über Dessau und Bernburg rückte und dem Feind den Eintritt ins Herzogtum Magdeburg streitig zu machen suchte. Aber schon hatte der Graf von der Lausitz Wolfenbüttel geräumt und sich nach Hessen zurückgezogen. Auch Luszinsky war wieder zu den Reichstruppen gestoßen. So war Seydlitz in jener Gegend denn nicht mehr vonnöten und stieß wieder zum Prinzen Heinrich.
Kaum aber waren die Dinge in Niedersachsen einigermaßen in Ordnung gekommen, als Buturlins Abmarsch aus Schlesien einen unmittelbaren Angriff auf Berlin befürchten ließ. So hatten es die Russen ja schon im letzten Feldzug gemacht111-2. Zur Beobachtung der russischen Armee sandte also Prinz Heinrich Oberst Podewils111-3 mit 800 Pferden nach Fürstenwalde. Aber Platens Zug nach Kobylin vereitelte den russischen Plan, sofern sie ihn wirklich im Auge hatten. Die Hauptstadt war also gerettet.
Endlich erwachten die Österreicher aus ihrer Lethargie. Bei ernstlichem Willen hätte Daun die Preußen aus Sachsen verdrängen können. Er beschränkte seine Operationen jedoch auf Besetzung der ganzen an Böhmen grenzenden sächsischen Bergkette. Das hieß sich mit einem Dorf begnügen, während er ein Königreich hätte haben können. Hadik brach mit einem starken Korps von Dippoldswalde auf und setzte sich in Freiberg fest, indes Daun alle preußischen Truppen an der Triebisch beunruhigen ließ, um Prinz Heinrich an einem Angriff auf Hadik zu hindern. Durch die eben erwähnten Bewegungen kamen die Österreicher unmittelbar in die rechte Flanke der preußischen Truppen im Lager bei den Katzenhäusern. Zur Vermeidung dieses Beistandes änderte Prinz Heinrich seine Stellung, ließ ein befestigtes Lager beim Petersberg111-4 herrichten und betraute Seydlitz mit dessen Oberbefehl.
In Schlesien endigten die Operationen der Österreicher, wie erwähnt, mit der Einnahme von Schweidnitz. Da Laudon sich mit den russischen Hilfstruppen unter Tschernyschew stark genug fühlte, sandte er Campitelli mit dem Korps, das ihm O'Donell aus der Lausitz zugeführt hatte, nach Sachsen. Campitelli ging am 1. November über die Dresdener Elbbrücke und wurde dann zur Verstärkung Hadiks ins Gebirge nach Freiberg gesandt. Daraufhin verließ Feldmarschall Daun das Lager auf dem Windberg und rückte mit seiner ganzen Macht gegen die Front der preußischen Armee vor111-5.<112> Der Tag verging mit gegenseitiger Kanonade und einigen kleinen Infanteriegefechten. Beim Versuch, die Preußen von den von ihnen verteidigten Triebischübergängen zu vertreiben, wurden die Österreicher zurückgeschlagen. Während Daun die Preußen beunruhigte, rückte Hadik an beiden Muldeufern vor und setzte sich von Nossen und Döbeln bis Roßwein fest. An die von den Österreichern besetzte Stellung hinter der Mulde ist sehr schwer heranzukommen. Im Besitz der Höhen, beherrschten sie das Gelände in seiner ganzen Ausdehnung. Außerdem läßt sich der Fluß in seinem Felsenbett nur auf drei steinernen Brücken überschreiten. Prinz Heinrich fühlte sich nicht stark genug, um einen überlegenen Feind aus einer so vorteilhaften Stellung zu verdrängen, und beschränkte sich auf gründliche Verschanzung seiner eigenen Position, um sich den Winter über dort halten zu können. Die Preußen wußten sich beim Feind in Respekt zu setzen. Alle von Hadik über die Mulde gesandten Detachements wurden zurückgetrieben oder geschlagen.
In dem Glauben, der Feldzug der Russen in Pommern würde weder lang noch gefährlich sein, hatte der König Platen für Sachsen bestimmt. Da aber die Dinge in Pommern, wie erwähnt, eine schlimme Wendung nahmen, konnte Platen erst am 11. Januar zur Armee des Prinzen Heinrich stoßen. Kaum war er in Altenburg und Naumburg eingetroffen, wo er Winterquartiere beziehen wollte, so rückte die Reichsarmee gegen die eben von ihm besetzten Orte vor. Bei der Unmöglichkeit, sich zu verteidigen, räumte Platen das Feld. Auf dem Rückzug wurde Stojentin112-1, Oberst des Regiments Jung-Braunschweig, von 4 000 Mann angegriffen, verteidigte sich aber so tapfer, daß er Meuselwitz ohne anderen Verlust als den seiner Kranken erreichte, die er nicht aus Altenburg fortschassen konnte.
Den ganzen Winter über behaupteten die Preußen ihre Stellung. Infolge der großen Nähe der beiden Armeen kam es zwar zu häufigen Scharmützeln, aber was auch eintreten mochte, bei der schlimmen Lage der Preußen war der dauernde Besitz Sachsens so wichtig, daß Prinz Heinrich alles wagte, um sich dort zu halten. Es gelang ihm auch, und zwar weniger durch die Stärke seiner Armee, als durch seine trefflichen Anordnungen, seine Entschlossenheit und Standhaftigkeit.
Zur Vervollständigung der Schilderung dieses Jahres müssen wir noch einen Blick auf die Operationen der Alliierten gegen die französische Armee werfen. Wir verließen Prinz Ferdinand in Paderborn, den Erbprinzen in Münster, Soubise am Niederrhein, Broglie in Kassel und den Grafen von der Lausitz in der Gegend von Eisenach. Soubise eröffnete den Feldzug mit einem Vorstoß gegen Dortmund, während Broglie zur Bedrohung der Diemel verschiedene Korps zusammenzog. Prinz Ferdinand ließ Spörcken an der Diemel zurück, mit der Weisung, sich im Falle eines feindlichen Angriffs nach Lippstadt zurückzuziehen. Die Hauptarmee der Alliierten<113> marschierte gegen Soubise. Der war gegen Unna vorgerückt, während der Erbprinz sich Hamm näherte. Da aber Prinz Ferdinand hörte, daß Soubise ein Korps unter Prinz Condé vorgeschoben hätte, ließ er den Erbprinzen wieder zu sich stoßen. Dann griff er Condé an und zwang ihn zum Rückzug auf die eigene Armee. Diese fand der Prinz zu einem Angriff allzu stark verschanzt und umging sie daher durch einen Marsch auf Dortmund. Noch am Abend seiner Ankunft bei der Brücke von Werl wurde er seinerseits von den Franzosen angegriffen, warf sie jedoch mit Verlusten zurück113-1.
Die Stellung der Alliierten hätte Soubise in Verlegenheit um seine Verproviantierung gebracht, wäre nicht Broglie, der ihm zu Hilfe eilte, schon an der Diemel erschienen. Beim Anmarsch der Franzosen zog sich Spörcken unter einigen Verlusten zurück. Statt sich aber, wie ihm befohlen war, Lippstadt zu nähern, ging er nach Hameln. Nun hatte Soubise nichts Eiligeres zu tun, als sich mit Broglie zu vereinigen. Bei Paderborn trafen beide Armeen zusammen. Prinz Ferdinand folgte Soubise auf den Fersen, lieferte ihm aber nur einige belanglose Arrieregarden-Gefechte. Broglie ließ den Grafen von der Lausitz in Paderborn zur Deckung der dort errichteten Depots, und die beiden französischen Heere lagerten sich bei Soest. Während dieser Bewegungen der Franzosen und Alliierten nahm ein Feischarenführer der letzteren, Freytag113-2, zwischen Kassel und Warburg drei für die Feinde bestimmte Mehlsendungen weg. Der Verlust brachte die Franzosen derart in Verlegenheit, daß sie zehn Tage zum Heranschaffen von Proviant und zur Neuordnung ihres Verpflegungswesens brauchten.
Prinz Ferdinand benutzte ihre Untätigkeit zur starken Verschanzung seines Lagers zwischen der Aasse und Lippe. Zugleich war er auf die Sicherung von Lippstadt bedacht und schickte Wangenheim mit 6 Bataillonen dorthin ab. Bald darauf stieß auch Spörcken zu ihm. Am 15. Juli rückten die beiden französischen Marschälle gegen Prinz Ferdinand vor. Ihre Armee dehnte sich halbkreisförmig aus und umschloß den ganzen Umfang seines Lagers; denn ihre beiden Flügel reichten bis an die Lippe. Zuerst überwältigte Broglie die von englischen Grenadieren verteidigte Stellung bei Nehlen. Von diesem Erfolg aufgeblasen, ließ er ein kleines Gehölz vor dem Dorf Vellinghausen angreifen, das die britische Legion besetzt hielt. Sie verteidigte sich aber so tapfer und standhaft, daß der Feind die Stellung nicht einnehmen konnte. Gegen 6 Uhr abends schien das Gefecht allgemein zu werden. Nur der Einbruch der Nacht setzte dem Kampf ein Ende. Am nächsten Tage in aller Frühe begann das Feuer von neuem. Soubise griff die Stellung des Erbprinzen an und bestürmte ein Dorf, wurde aber durch die tapfere Verteidigung einer Schanze gehemmt. Inzwischen versuchte Broglie seine Kräfte an Prinz Ferdinand, aber der Angriff war lahm, und der Herzog bemerkte während des Kampfes ein gewisses Schwanken in der französischen Infanterie, das Unsicherheit und Entmutigung verriet. Er benutzte den<114> Umstand als großer Feldherr. Da gerade Wangenheim zu ihm gestoßen war, drang er mit 16 Bataillonen aus seiner Stellung vor, griff die Broglieschen Truppen plötzlich an, durchbrach sie und zwang sie zur Flucht. Infolge dieses unerwarteten Schlages mußten die beiden französischen Marschälle von ihrem Vorhaben abstehen (16. Juli). Sie hatten einen Verlust von 6 000 Mann, während die siegreichen Alliierten dank ihrer guten Stellung nur 2 000 Mann verloren.
Nach dem Gefecht bei Vellinghausen trennte sich Soubise von Broglie. Er rückte nach der Ruhr ab, während Broglie nach Paderborn zog. Der Erbprinz folgte Soubise und ging nach dem Haarstrang, um die Franzosen am Übergang über die Ruhr zu hindern, indes Prinz Ferdinand Broglie verfolgte. Broglie, dessen Armee sich hinter der Weser von Paderborn bis Hameln ausdehnte, begann sich bei Höxter zu verschanzen und legte dort Kriegs- und Lebensmittelvorräte an. Das ließ auf den Plan einer Belagerung von Hameln schließen. Da Prinz Ferdinand den Gegner nur durch anderweitige Beunruhigung davon abhalten konnte, detachierte er Luckner und später auch Wangenheim und Wutginau ins Fürstentum Waldeck, wo sie ein feindliches Detachement bei Stadtberge vernichteten. Infolge ihres Zuges sah sich Broglie zur Schwächung seines Zentrums genötigt. Darauf hatte Prinz Ferdinand nur gewartet, um über Delbrück und Detmold nach Reelkirchen zu rücken. Durch diese unerwartete Bewegung überrascht, brachen die Franzosen auf und langten am Fuße der durch die Niederlage des Varus so berühmten Höhen von Reelkirchen an. Dort fanden sie die Deutschen in einer festen Stellung, die sie nicht ungestraft angreifen durften, und so zogen sie sich denn auf Nieheim und Steinheim zurück. Nun rückte Luckner nach dem Solling, griff zwischen Göttingen und Höxter ein feindliches Korps unter Belsunce an und schlug es. Prinz Ferdinand wünschte eine Entscheidung herbeizuführen. Da er sich aber in seiner Stellung nicht stark genug fühlte, zog er noch den Erbprinzen heran. Der marschierte der französischen Armee in den Rücken, sodaß Broglie genötigt war, ihm Sainville entgegenzustellen. Um sich aus der Umklammerung durch die Alliierten zu befreien, griffen die Franzosen das Städtchen Horn vor der rechten Flanke des Prinzen an. Aber einige englische Brigaden rückten zur Verstärkung der Stellung heran, und so mußten die Franzosen von ihrem Vorhaben abstehen. Durch seine Mißerfolge entmutigt und von den überall aufsteigenden Hindernissen abgeschreckt, gab Broglie die Belagerung Hamelns auf und dachte nur noch an die Fortschaffung seiner Lebensmittel aus Höxter. Auf drei Brücken ging er über die Weser. Die Alliierten folgten ihm, konnten ihm aber nichts mehr anhaben.
Die Vereinigung des Erbprinzen mit der Armee der Alliierten hatte den Stand der Dinge in Niedersachsen gebessert, am Niederrhein jedoch verschlechtert. Da seine Gegenwart dort also notwendig wurde, mußte er wieder an den Niederrhein zurück kehren. Durch seinen Marsch zwang er Condé zur Aufhebung der Belagerung von Hamm. Die Franzosen zogen sich auf Münster zurück und vereinigten sich hier mit Soubise, der gerade die Stadt belagerte. Um Münster zu entsetzen, schloß der Erb<115>prinz plötzlich die Stadt Dorsten ein und eroberte sie. Die Besatzung mußte die Waffen strecken. Durch die Einnahme von Dorsten kam der Erbprinz in die Nähe von Wesel und konnte so der französischen Armee die Zufuhr abschneiden. Infolge dieses Streiches kam Soubise in Verlegenheit und mußte die Blockade von Münster aufgeben. Er zog sich über Dülmen nach Haltern zurück.
Durch den Abmarsch des Erbprinzen aus Niedersachsen hatte Broglie mehr Freiheit bekommen. Er rückte nun nach Einbeck und der Leine vor. Daraufhin teilte Prinz Ferdinand seine Armee, ließ die eine Hälfte an der Weser und zog mit der anderen an die Diemel, um dort das Korps Stainville zu überfallen. Aber der französische General durchschaute den Plan des Prinzen, zog sich eilig zurück und warf sich in das befestigte Lager bei Kassel. Durch Stainvilles Schnelligkeit war der Plan des Prinzen also vereitelt. Nun traf dieser Anstalten zur Einnahme von Münden. Darob erschrak Broglie derart, daß er mit seiner halben Armee heranzog. Bei seinem Anmarsche gingen die Alliierten auf Hofgeismar zurück. Als Broglie mit seinen Truppen bei Münden nichts mehr zu tun fand, sandte er Stainvllle Verstärkungen und kehrte mit dem Rest seiner Mannschaft nach Einbeck zurück.
Eine Belagerung von Münster durch Soubise war bei der vorgeschrittenen Jahreszeit nicht mehr zu befürchten. Das Detachement des Erbprinzen war nun in Niedersachsen nötiger als in Westfalen, und so schickte ihm Prinz Ferdinand Befehl, sich mit ihm an der Diemel zu vereinigen. Gleich nach seinem Eintreffen rückten die Alliierten gegen Stainville vor. Wieder zog er sich zurück, und abermals eilte ihm Broglie mit einem Teil seiner Leute zu Hilfe, ließ aber seine Hauptarmee auf dem Solling zwischen Holzminden und Lauenförde stehen. Als die Alliierten ihr Vorhaben durchkreuzt sahen, drangen sie in das Fürstentum Waldeck ein; denn dort waren mehr Vorräte als in Hessen zu finden. Broglie erkannte, daß der Plan der Alliierten nur darauf hinausging, ihn durch Diversionen von seinen Unternehmungen abzubringen, und so beschloß er, es ebenso zu machen. Er schickte den Grafen von der Lausitz mit 8 000 bis 9 000 Sachsen ins Herzogtum Braunschweig zur Belagerung von Wolfenbüttel. Nach schwachem Widerstand ergab sich die Stadt115-1. Dann wandte sich der Graf gegen Braunschweig und berannte es. Prinz Ferdinand hatte Luckner zum Entsatz von Wolfenbüttel geschickt, aber der kam zu spät. Als jedoch kurz darauf Prinz Friedrich von Braunschweig115-2 zu ihm stieß, vollbrachte der ehrliebende, von edlem Ruhmesdrang erfüllte Prinz sein erstes Heldenstück, indem er die feindliche Stellung in Ölper mit Sturm nahm115-3. Dann warf er sich nach Braunschweig, zwang den Feind zur Aufhebung der Belagerung und danach zur schleunigen Räumung von Wolfenbüttel. So schlug Alexander, kaum dem Knabenalter entwachsen, im Heere seines Vaters Philipp die Athener mit dem ihm unterstellten Reiterflügel115-4.
<116>Die Unternehmungen der Detachements verhinderten indes die Hauptarmeen nicht an ihren Operationen. Broglie hatte die Stellung von Duderstadt befestigt und Stainville nach Jessen vorgeschoben. Einige Brigaden deckten Einbeck, und Chabo hielt mit 10 000 Mann die Eschershauser Pässe besetzt. Hätte Prinz Ferdinand dem Feind ein Verbleiben in dieser Stellung während des Winters gestattet, so hätte das den Franzosen zuviel Vorteile für den nächsten Feldzug gewährt. Aus diesem Grunde beschloß er, das vom Feinde besetzte Gelände mitten zu durchbrechen. Der Erbprinz und Lord Granby mußten zu dem Zweck über die Leine gehen und sich dicht an der Hufe, einer Anhöhe bei Einbeck, aufstellen. Am 4. November ging Prinz Ferdinand selbst bei Tündern über die Weser und rückte gegen Chabot vor, der ihm zu seinem Glück noch entwischte. Der Feind wurde auf allen Seiten lebhaft zurückgedrängt. Als Broglie den Erbprinzen gegenüber der Hufe erblickte, glaubte er alles verloren. Indes verging der Tag unter gegenseitiger lebhafter Kanonade. Am nächsten Tage hatten sich die Franzosen verstärkt, und zum Sturm auf sie war es zu spät. Infolgedessen marschierte die ganze Armee der Alliierten rechts ab. Die Franzosen hielten diesen Marsch für einen Rückzug und wollten die Deutschen beunruhigen, wurden jedoch überall zurückgetrieben und geschlagen. Durch diese Bewegung setzte sich Prinz Ferdinand in den Besitz der Wangelnstedter Höhen und faßte dadurch die Stellung auf der Hufe im Rücken. Das brachte Broglie völlig außer Fassung. Er konnte sich nicht länger halten, mußte Einbeck räumen und zog sich nach Hessen zurück. Mit diesem glänzenden Schlage beendigte Prinz Ferdinand ruhmvoll den Feldzug, und auf beiden Seiten bezogen die Armeen ihre Winterquartiere.
Aus den Ereignissen dieses Feldzuges haben wir ersehen, daß Prinz Ferdinand ihn allein von allen Alliierten ohne Verluste beendete. Wo aber die Preußen den Krieg führten, sie waren auf allen Schauplätzen unglücklich. Prinz Heinrich hatte das ganze sächsische Bergland aufgeben müssen und war auf dem ihm verbleibenden Gelände derart eingeengt, daß er den täglichen Unterhalt der Truppen kaum beschaffen konnte. Die Feinde hatten dank ihrer Überzahl die vorteilhaftesten Stellungen besetzen können, und für den Winter und den nächsten Feldzug stand das Schlimmste zu befürchten. So ernst aber auch die Lage des Prinzen Heinrich war, so befand sich doch die Armee des Königs in ungleich schlimmeren Umständen. Der Verlust von Schweidnitz zog auch den des Gebirges und halb Schlesiens nach sich. Von den Festungen blieben dem König nur noch Glogau, Breslau, Brieg, Neiße und Kosel. Noch war er Herr des Oderlaufes und des Gebietes am jenseitigen Ufer. Aber die Russen hatten dort bei Beginn des Felbzuges derart gehaust, daß aus jenen Gegenden keine Lebensmittel mehr zu beziehen waren. Auch aus Polen war eine Verproviantierung unmöglich, weil dort 15 000 Russen eine Postenkette längs der Grenze gezogen hatten, die den Zugang sperrte. Die Armee mußte sich vorwärts gegen die Österreicher und rückwärts gegen die Russen verteidigen. Die Verbindung<117> zwischen Berlin und Breslau war gefährdet. Vollends verzweifelt aber wurde die Lage durch den Fall von Kolberg. Ungehindert konnten nun die Russen mit Frühlingsanfang die Belagerung von Stettin beginnen oder sich Berlins und der ganzen Kurmark bemächtigen. Nur 30 000 Mann blieben dem König in Schlesien. Auch Prinz Heinrich hatte nicht mehr. Die in Pommern gegen die Russen stehenden Truppen waren furchtbar mitgenommen und bis auf einen Rest zusammengeschmolzen. Die meisten Provinzen waren erobert oder verwüstet. Woher sollte der König Rekruten nehmen, woher Pferde und Armeebedarf? Wo sollte er Lebensmittel finden und wie die Kriegsbedürfnisse sicher zur Armee befördern?
Und doch werden wir sehen, daß der Staat nur scheinbar verloren war, daß die Armee durch Fleiß wiederhergestellt wurde und ein glückliches Ereignis alle bisherigen Verluste wieder ausglich. Das möge zum Beispiel dienen, daß der Schein täuscht, und daß es bei großen Dingen nur auf Beharrlichkeit ankommt, die den Menschen über alle Not und drohenden Gefahren hinweghilft.
<118>15. Kapitel
Der Winter von 1761 auf 1762.
Aus der Darstellung des letzten Feldzuges ersahen wir, welche Schicksalsschläge Preußen trafen und welche ihm noch drohten. Aber gerade im kritischsten Augenblick, als das Waffenglück den Preußen untreu wurde, blitzte ein Hoffnungsstrahl auf und ließ, wenn auch ungewiß, neue Rettungsmittel ahnen.
Im Monat Oktober, nach dem Verlust von Schweidnitz, als die Armee des Königs bei Strehlen stand, als in Pommern die Russen Kolberg und zugleich das Korps des Prinzen von Württemberg belagerten, erhielt der König eine Gesandtschaft des Tartaren-Khans118-1. Der Gesandte war der Barbier seines Herrn. Das mag denen seltsam vorkommen, die das Hofzeremoniell blendet und die die Sitten fremder Völker nur an den europäischen Gebräuchen messen. Bei den orientalischen Völkern jedoch ist es nichts Ungewöhnliches. Dort ist der Adel unbekannt, und die gelten für die Höchsten, die der Person des Herrschers am nächsten stehen. Der genannte Barbier oder Gesandte überreichte also sein Beglaubigungsschreiben, dessen Stil sich vom deutschen Kanzleistil nur durch eine andere Art von Lächerlichkeit unterschied. Der Zweck der Gesandtschaft war, dem König ein Bündnis mit den Tartaren anzutragen und ihm 16 000 Mann Hilfstruppen für eine noch zu bestimmende Subsidienzahlung zu überlassen. In seiner gegenwärtigen Lage konnte der König ein solches Anerbieten nicht abschlagen. Er nahm es nicht nur an, sondern ließ dem Barbier, um Zeit zu gewinnen, auch Entwürfe zu Bündnis- und Subsidienverträgen vorlegen. Überhäuft mit Geschenken für sich und seinen Herrn, kehrte er in Begleitung des jungen Goltz zurück. Der sollte die Vollziehung der Abmachungen beschleunigen und das tartarische<119> Hilfskorps nach Ungarn führen, um eine Diversion in die Staaten der Kaiserin-Königin zu machen. Gleichzeitig erhielt Boscamp, der Geschäftsträger des Königs in Bachtschisarai, den Auftrag, den Khan mit Aufbietung aller Mittel zu einem Einfall in Rußland zu bewegen und auch dort den Krieg zu entfachen. Denn hatten die Feindseligkeiten erst einmal begonnen, so war die Pforte zur Unterstützung des Khans genötigt. Nur so konnte man den Sultan zu Maßregeln veranlassen, gegen die er sich bisher noch immer gesträubt hatte. Gelang der Plan, so wurde Pommern von den Russen erlöst und die Kurmark von einer drohenden Gefahr befreit. Den Einfall der 16 000 Tartaren in Ungarn mußte der König allerdings durch ein Hilfskorps regulärer Truppen unterstützen. Das aber hätte die Kaiserin-Königin zur Absendung der doppelten Truppenzahl genötigt, und so wäre die für den Frühling gegen Preußen bestimmte Armee notwendig geschwächt worden.
Alle damals aus Konstantinopel einlaufenden Nachrichten ließen auf schnellen Abschluß des Defensivbündnisses hoffen, über das der König mit der Pforte verhandelte119-1. Aber von der Hoffnung bis zum Ereignis war noch ein weiter Schritt. Der Großwesir119-2 war schon bejahrt und selbst kein Soldat. Er scheute deshalb vor einem Handwerk zurück, das er nicht verstand, und fürchtete besonders, sein eigenes wohlbefestigtes Glück den Zufällen eines Krieges auszusetzen. Aus diesem Grunde hatte er sich eng mit dem Mufti119-3 verbunden, um im Diwan der Partei entgegenzuarbeiten, die zu einem Bruch mit dem Hause Österreich drängte. Er machte den Kriegslustigen klar, daß der Waffenstillstand mit den Kaiserlichen119-4 noch nicht abgelaufen und ohne Verletzung der Gesetze des Korans nicht zu brechen sei. Aber da der menschliche Geist zu Widersprüchen neigt, so ließ die Pforte starke Janitscharenabteilungen nach Ungarn marschieren. Die bei Belgrad versammelten türkischen Streitkräfte betrugen 110 000 Mann. Die Paschas ließen die Truppen vorrücken und zogen eine Postenkette längs den ungarischen Grenzen. Für die Pforte hieß das schon viel, doch wenig für Preußen, das wirksamerer Hilfe bedurfte. Da aber der König sonst auf den Beistand keiner europäischen Macht zu rechnen hatte, so wandte er aufs neue in Konstantinopel und Bachtschisarai alle erdenklichen Mittel an, um die Türken zu herzhaften Entschlüssen zu bringen.
Im Winter traf in Breslau ein neuer Abgesandter des Khans119-5 ein. Diesmal war es ein Pascha. Er bestätigte alle Versprechungen, die der Barbier dem König im Namen seines Herrn gemacht hatte. Auch versicherte er, der Khan würde im Frühling ein Korps von 40 000 Mann zusammenziehen, wie es hernach auch wirklich geschah, und dann ganz nach den Wünschen des Königs vorgehen. Dazu aber kam es nicht. Bald werden wir sehen, wie die Umwälzungen, die in Rußland stattfanden,<120> auf die Orientalen so stark wirkten, daß sie die beschlossenen Maßnahmen rückgängig machten und alle ihre Pläne aufgaben. Der Pascha aber wurde mit Geschenken für sich und seinen Herrn heimgeschickt; denn bei jenen Völkern ist alles käuflich. Der Tartar hatte seine Handlungen und Dienste genau abgeschätzt: soviel mußte man ihm für eine günstige Antwort zahlen, soviel für das Zusammenziehen der Truppen, soviel für Demonstrationen, soviel für einen Brief an den Großherrn. Der einzige Unterschied zwischen dem Schacher der Orientalen und anderer Völker scheint mir der zu sein, daß jene sich ohne Erröten entehren und sich ihrer schändlichen Leidenschaft hingeben, die Europäer aber wenigstens einige Scham dabei heucheln.
Während dieser Versuche zur Aufwiegelung des Orients wurden die Dinge in England täglich verwickelter. Frankreich hatte Bussy zu Friedensverhandlungen120-1 nach London gesandt. Aber seine Gegenwart schläferte das britische Ministerium nicht so ein, wie der Hof von Versailles gewähnt hatte. Höchstens die Zurüstungen zur See verrieten etwas weniger Eifer. Nichtsdestoweniger nahmen die Engländer noch während der Verhandlungen die Insel und das Fort Belle-Isle ein und bemächtigten sich sogar Pondicherys in Hinterindien, wo sie die bedeutenden Niederlassungen der französisch-indischen Kompagnie zerstörten. Bussys Verhandlungen in London kamen nur wenig vom Fleck. Um die Engländer zu ködern, spiegelte Choiseul Stanley120-2 die verlockendsten Aussichten vor, aber die Auslegungen, die Bussy ihnen zu geben wußte, machten sie immer wieder zunichte.
Dies politische Geplänkel dauerte bis Ende 1761. Dann erst wurden die Unterhandlungen mit größerem Eifer aufgenommen. Frankreich merkte, daß es mit seiner<121> Absicht, England zu hintergehen, kein Glück hatte, wollte aber nichts verlieren und einen vorteilhafteren Frieden schließen, als es nach der ganzen Kriegslage hoffen durfte. Da es nun durch diplomatische Kunststücke nicht zum gewünschten Ziele kam, lenkte es den Blick auf Spanien, und Choiseuls Geschicklichkeit wußte auch dies Land seinen Interessen dienstbar zu machen. Ein Bündnis mit Spanien konnte auf die Engländer Eindruck machen, oder falls das nicht geschah, könnte der Beistand der spanischen Krone immer noch dazu dienen, den Krieg lebhafter und mit größerem Erfolge zu betreiben.
Um den König von Spanien in das französische Interesse zu ziehen, bediente sich Choiseul eines Mittels, das nicht überall gleichen Erfolg haben würde. Es war der berühmte bourbonische Familienpakt121-1, der, statt beide Kronen zu vereinigen, die Spanier im Gegenteil eher jedem Vertrag mit Frankreich hätte entfremden müssen. Wir wollen uns mit der Aufzählung der Hauptpunkte begnügen. Es heißt darin: „Die beiden Zweige des Hauses Bourbon sollen künftig als ein einziger angesehen werden. Die Untertanen beider Kronen sollen gegenseitig die gleichen Vorteile genießen. Stets sollen beide Staaten gemeinschaftliche Sache machen. Infolgedessen wird der König von Spanien an England den Krieg erklären, falls ihm jene Macht Genugtuung für gewisse Beschwerden versagt, wie z. B. für das Fällen des Kampescheholzes und einige Seeräubereien englischer Freibeuter. Gleichzeitig soll Spanien den König von Portugal121-2 angreifen.“ Das Seltsamste aber war die Bestimmung: „Da jetzt die beiden Zweige des Hauses Bourbon ein einziges Haus bilden, sollen ihre Eroberungen und Verluste gemeinsam sein, sodaß Vorteile des einen und Nachteile des anderen sich gegenseitig aufwiegen.“
Was war der eigentliche Sinn des Vertrages? Frankreich hätte ebensogut zu den Spaniern sagen können: „Ihr sollt Krieg führen, weil das meinen Interessen entspricht. Ich habe den Engländern gegenüber große Verluste erlitten. Da ihr aber allem Anschein nach englischen Besitz erobern und Portugal einnehmen werdet, so werdet ihr all das eroberte Land seinen alten Besitzern zurückerstatten, um England zur Herausgabe der uns entrissenen Provinzen zu zwingen, die wir selbst nicht wiedererobern können.“ Warum sollte ferner Portugal angegriffen werden, das keinem Menschen etwas zuleide getan hatte und auf das weder Spanien noch Frankreich Ansprüche hatten? In Wahrheit wollte Frankreich nur den gewinnreichen Handel Englands mit Portugal vernichten. Ferner war Frankreich überzeugt, daß England für eine Wiederherstellung Portugals den größten Teil der gemachten Eroberungen herausgeben werde. Ist das aber Grund genug zum Angriff auf einen Fürsten, der gar keinen berechtigten Anlaß dazu gegeben hat? O Völkerrecht, wie unnütz und eitel<122> ist doch dein Studium! So wunderlich der erwähnte Vertrag war, er wurde von beiden Kronen unterzeichnet.
Sogleich zogen die Franzosen Vorteil aus dem Abkommen und erteilten Bussy den Auftrag, England im Namen des Königs von Spanien zur Wiedererstattung einiger geraubter spanischer Schiffe aufzufordern. Ferner sollte England auf die Fällung des Kampescheholzes verzichten. Der Vorschlag wirkte im englischen Ministerium wie der Apfel der Zwietracht und spaltete es in zwei Gruppen.
An der Spitze der englischen Regierung standen zwei Männer von verschiedenem Charakter und auch sonst durchweg Gegner. Der eine war Pitt: ein hoher Geist, zu großen Entwürfen fähig, voller Stetigkeit in ihrer Ausführung, unbeugsam in seinen Ansichten; denn er glaubte, damit nur dem Wohle seines geliebten Vaterlandes zu dienen. Der andere war Bute, der frühere Erzieher des Königs, den er noch jetzt beherrschte. Mehr ehrgeizig als geschickt, wollte er unter dem Deckmantel der königlichen Autorität herrschen. Nach seinem Grundsatz mußte bei jedem Staatsmann das Kleid der Ehre von grobem Gewebe sein. Indem er seinem Volke den Frieden um jeden Preis verschaffte, glaubte er zum Abgott seiner Nation zu werden. Er irrte sich jedoch; denn er wurde zum Abscheu des Volkes.
Beide, Pitt und Bute, betrachteten das Begehren Spaniens mit verschiedenen Augen. Pitt war überzeugt, daß Spanien den Krieg wolle und daß infolgedessen der Bruch unvermeidlich sei. Er wollte Spanien überrumpeln, ehe es seine Rüstungen beendet hatte. Darum stimmte er für den Krieg; denn es kam jetzt darauf an, loszuschlagen, nicht aber zu unterhandeln. Bute dagegen fürchtete, die neuen Feinde würden den Friedensschluß mit Frankreich nur noch schwieriger gestalten, und wies darauf hin, daß das Land, wenn man den Ratschlägen seines Gegners folgte, in noch gewaltigere Ausgaben und Gefahren gestürzt würde, deren Ende garnicht abzusehen sei. Er verurteilte Pitts Standpunkt besonders deshalb, weil England unter den obwaltenden Umständen viel leichter in Madrid unterhandeln, als in London neue Kriegsmittel aufbringen könnte. Im Staatsrat siegte Butes Meinung über die seines Widersachers. Pitt war darob so gekränkt und entrüstet, daß er seine Würden niederlegte. Bald darauf verzichteten die Herzöge von Newcastle und Devonshire, seinem Beispiel folgend, gleichfalls auf ihre Ämter. Bute trat ihr Erbe an, nahm das Amt, das er begehrte, und bildete eine neue Regierung aus den Lords Halifax, Egremont und Grenville, die man das Triumvirat nannte122-1. Bute aber war deren Seele.
Kurz darauf bewiesen die Ereignisse, daß Pitt die Absichten Spaniens als großer Staatsmann eingeschätzt hatte; denn Bute verlor viel Zeit mit Unterhandlungen<123> und mußte schließlich doch zu den Waffen greifen123-1. Die Engländer sahen sich genötigt, den König von Portugal mit Truppen zu unterstützen, und noch jetzt hatten sie die Erfolge, die ihre Flotten errangen, allein Pitt zu verdanken, der die Pläne dazu ausgearbeitet hatte, als er noch am Ruder war. Kaum hatte Bute sein Amt angetreten, so begann das Verhältnis zwischen Preußen und England sich abzukühlen und sich dauernd zu verschlechtern. Er verweigerte die bisher dem König gezahlten Subsidien123-2 und wähnte, ihn dadurch zur Annahme aller Friedensbedingungen zu zwingen, die das englische Ministerium ihm vorzuschreiben für gut hielte. Glaubte Bute doch, mit Geld ließe sich alles machen, und nur in England gäbe es Geld.
Aber woran hängen doch alle Ereignisse der Welt und alle Pläne der Menschen! Die Kaiserin von Rußland stirbt. Ihr Tod zeigt, daß sich alle Politiker täuschen, und wirft eine Menge Pläne und Abmachungen über den Haufen, so sorgfältig sie auch ausgedacht und so mühevoll sie ins Werk gesetzt waren. Schon in den letzten Jahren hatte die Gesundheit der Kaiserin geschwankt. Am 5. Januar 1762 wurde sie plötzlich von einem Blutsturz hingerafft. Durch ihren Tod fiel die Krone an ihren Neffen, den Großfürsten, der unter dem Namen Peter III. die Regierung antrat.
Schon zu der Zeit, als der neue Zar noch Herzog von Holstein war, hatte der König Freundschaft mit ihm gepflegt, und dank einem bei den Menschen seltenen, bei Herrschern doppelt seltenen Zartgefühl war ihm der Herzog dafür von Herzen dankbar geblieben. Sogar während des Krieges hatte er seine freundschaftliche Gesinnung betätigt. Ihm vor allem war es zuzuschreiben, daß Apraxin sich im Jahre 1757, nach dem Sieg über Feldmarschall Lehwaldt, nach Polen zurückzog123-3. Während der ganzen Kriegswirren war der Großfürst sogar dem Staatsrat ferngeblieben, in dem er Platz und Stimme hatte, nur um nicht an den von ihm gemißbilligten Maßnahmen der Kaiserin gegen Preußen teilzuhaben. Nun beglückwünschte der König ihn brieflich123-4 zu seiner Thronbesteigung, drückte in seinem Schreiben offen das Verlangen aus, künftig in gutem Einvernehmen mit ihm zu leben, und versicherte ihn seiner steten Hochachtung für seine Person.
Der englische Gesandte am russischen Hofe, Keith, teilte dem König unverzüglich mit, welche Hoffnungen er auf die freundschaftlichen Gesinnungen des neuen Monarchen bauen könne. Kurz darauf schickte der Zar seinen Günstling Gudowitsch nach Deutschland, angeblich zur Begrüßung seines Schwagers, des Fürsten von Zerbst123-5 Laut geheimer Instruktion aber sollte er den Rückweg über Breslau nehmen, wo der König sein Hauptquartier hatte, und ihn der Achtung und Freundschaft des Zaren versichern. Eine so günstige Gelegenheit durfte man sich nicht entgehen lassen. Der<124> König sprach sich Gudowitsch gegenüber ganz offen aus124-1 und bewies ihm leicht, daß zwischen beiden Staaten gar kein wirklicher Anlaß zum Kriege bestehe, daß der gegenwärtige Zwist doch nur eine Folge österreichischer Ränke sei, und daß der Wiener Hof lediglich für seinen eigenen Vorteil arbeite. Nichts sei also leichter als die Wiederherstellung des guten Verhältnisses zwischen beiden Höfen durch einen ehrlichen Frieden. Gleichsam beiläufig fügte er hinzu, er erwarte von der Billigkeit des Kaisers, er werde ihm keine Friedensbedingungen aufzwingen, die mit seiner Herrscherehre unvereinbar wären; denn darauf würde er niemals eingehen. Da sich bei dieser Gelegenheit leicht ergründen ließ, welcher Vorteil für Preußen aus der freundschaftlichen Gesinnung des Zaren entspringen konnte, sagte der König wie zufällig: er sei weit entfernt, über das Vergangene irgendwie zu grollen, und wünsche nichts sehnlicher, als mit dem Kaiser die engsten Beziehungen anzuknüpfen. Dieser Erklärung fügte er einen Brief124-2 an den Zaren bei, der ungefähr in den gleichen Ausdrücken abgefaßt war, damit dieser dem Bericht von Gudowitsch über die Gesinnungen des Königs desto mehr Glauben schenke. Kaum war Gudowitsch nach Petersburg abgereist, so folgte ihm Goltz als außerordentlicher Gesandter, um den Zaren zu seiner Thronbesteigung zu beglückwünschen, besonders aber, um auf Friedensverhandlungen zu dringen und deren Abschluß womöglich noch vor dem Beginn des neuen Feldzuges zu bewirken124-3.
Indes war man nicht ohne Besorgnis. Denn worauf konnte man die Hoffnung auf einen günstigen Ablauf der Verhandlungen in Petersburg setzen? Die Höfe von Wien und Versailles hatten der verstorbenen Kaiserin die Provinz Preußen garantiert124-4. Die Russen waren in ihrem ungestörten Besitz. Ließ sich da annehmen, ein junger, eben auf den Thron gelangter Fürst werde von selbst auf eine durch seine Verbündeten garantierte Eroberung verzichten? Würde ihn nicht sein eigener Vorteil oder der Ruhm, den ein Ländererwerb einer neuen Regierung verleiht, davon zurückhalten? Für wen, warum, aus welchen Gründen sollte er Verzicht leisten? Alle diese schwer zu lösenden Fragen erfüllten die Gemüter mit banger Sorge für die Zukunft.
Der Ausgang der Sache war über Erwarten gut. So schwer ist die Ergründung der unberechenbaren Ursachen und der verschiedenen Triebfedern, die das Handeln der Menschen bestimmen. Peter III. besaß ein großes Herz und edlere, höhere Gesinnung, als man sonst bei Herrschern zu finden pflegt. Er kam nicht nur allen Wünschen des Königs nach, sondern ging noch weit über sie hinaus. Aus eigenem Antrieb berief er Tschernyschew124-5 mit seinem Korps von der österreichischen Armee ab, verlangte vom<125> König keinerlei Gebietsabtretung, obwohl er dazu berechtigt war, und so wenig man ihn deshalb hätte tadeln dürfen, beschleunigte die Friedensverhandlungen und verlangte als Gegengabe einzig und allein die Freundschaft des Königs und ein Bündnis mit ihm. Ein so edles, hochherziges und ungewöhnliches Verhalten soll nicht nur der Nachwelt überliefert werden, es müßte auch mit goldenen Lettern in den Kabinetten aller Könige prangen.
Die Blicke des Zaren waren damals besonders auf Dänemark gerichtet. Er hatte das Unrecht, das die dänischen Könige seinen Vorfahren angetan hatten125-1, nicht vergessen. Auch wollte er noch für persönliche Unbill Rache nehmen; denn zu Lebzeiten der Kaiserin Elisabeth hatten die Dänen ihm verschiedentlich den Teil Holsteins zu entreißen versucht, den er noch besaß, wogegen er sich aber stets entschlossen gesträubt hatte. Erbittert durch so viele Kränkungen, sann er nun auf blutige Rache und beendigte den Krieg mit Preußen nur, um mit desto größerer Energie gegen Dänemark vorzugehen.
Der König behandelte den Zaren nicht wie ein Herrscher einen anderen, sondern mit jener Herzlichkeit, wie sie die Freundschaft als ihr schönstes Recht fordert. Die vortrefflichen Eigenschaften Peters III. bildeten eine Ausnahme von der politischen Regel, man mußte also auch mit ihm selbst eine Ausnahme machen. Der König versuchte ihm in allem, was ihm angenehm sein konnte, zuvorzukommen. Der Zar schien ein Wiedersehen mit Schwerin, dem Adjutanten des Königs, zu wünschen. Der war als russischer Kriegsgefangener in der Schlacht bei Zorndorf nach Petersburg gekommen und hatte dort das Glück gehabt, sich des Kaisers Huld zu erwerben. Der König schickte ihn unverzüglich nach Rußland, und er trug während seines dortigen Aufenthalts nicht wenig zum Abschluß des Friedens und des Bündnisvertrages bei125-2.
Bute, der auf die anderen Nationen herabsah, wußte nichts von den Vorgängen in Europa und kannte noch weniger die Gesinnungen des neuen russischen Kaisers. Erfüllt von der Idee eines allgemeinen Friedens, den er um jeden Preis herbeiführen wollte, beauftragte er den russischen Botschafter in London, Fürsten Galizin, seinem Hofe zu erklären: Welche Abtretung der Kaiser auch von Preußen fordern wolle, England mache sich anheischig, sie ihm zu verschaffen. Nur möge der Zar nichts übereilen und den König von Preußen durch Belassung des Tschernyschewschen Korps bei den Österreichern noch länger in Schach halten. Empört über solche Vorschläge, antwortete der Kaiser in der Weise, wie ein preußischer Gesandter geantwortet hätte. Auch sandte er dem König eine Abschrift des Galizinschen Berichts, um ihm das verräterische Spiel Englands zu enthüllen125-3. Das war aber nicht die einzige Treulosigkeit des englischen Ministers gegen den König.
<126>Wenn wir hier ungeschminkte Ausdrücke wählen, so geschieht es, weil schurkische Handlungen in der Geschichte stets mit den niedrigen und abstoßenden Zügen, die ihnen gebühren, geschildert werden sollten, und wäre es nur, um der Nachwelt Abscheu einzuflößen. Wie man weiß, sind gewisse Schurkereien in der Politik dadurch sanktioniert, daß man sie allgemein übt. Es soll uns recht sein, wenn man ihnen mildere Namen gibt. Aber einem Verbündeten die Treue brechen, Komplotte gegen ihn schmieden, wie sie kaum seine Feinde ersinnen könnten, mit Eifer auf seinen Untergang hinarbeiten, ihn verraten und verkaufen, ihn sozusagen meucheln, solche Freveltaten, so schwarze und verwerfliche Handlungen müssen in ihrer ganzen Scheußlichkeit gebrandmarkt werden, damit das Urteil der Nachwelt alle abschreckt, die ähnlicher Verbrechen fähig sind.
Aber nicht zufrieden mit dem Versuch, die Sache Preußens in Petersburg zu schädigen, verhandelte Bute auch zugleich mit dem Wiener Hofe. Ohne Vorwissen des Königs wollte er mit dem Hause Österreich Frieden schließen. Freigebig verfügte er über die preußischen Provinzen und opferte gewissenlos alle Interessen des Königs. Er bot dessen Besitzungen der Kaiserin-Königin an, als ob ihm die Verfügung darüber zustände. Bei dieser Gelegenheit diente der Zufall dem König besser als die feinsten Intrigen. Graf Kaunitz verstand Butes Anerbietungen falsch. Er argwöhnte, England beabsichtige den Wiener und Versailler Hof zu entzweien, und antwortete Bute mit dem ganzen Hochmut und Dünkel eines österreichischen Ministers. Mit Entrüstung und beleidigender Verachtung wies er die ihm verfänglich scheinenden Vorschläge von sich und fügte hinzu, die Kaiserin-Königin besäße Macht genug, um ihre eigenen Ansprüche geltend zu machen, und es verstieße gegen ihre Würde, einen Frieden, welcher Art er auch sei, aus Englands Vermittlerhänden anzunehmen. So zerschlug sich dieser Plan zur Schande seines eigenen Urhebers.
Trotz des Eintritts so vieler glücklicher Ereignisse und der Entdeckung solcher Ränke war der König noch immer nicht sorgenfrei. Briefe aus Petersburg ließen für die Person des Kaisers zittern. Sie meldeten übereinstimmend eine aufkeimende Verschwörung, die dem Ausbruch nahe war. Aber gerade die Personen, die man am meisten im Verdacht hatte, waren am unschuldigsten daran. Die wahren Urheber arbeiteten im stillen und verbargen sich vorsichtig vor den Augen der Welt. Kaum hatte der Zar den Thron bestiegen, so begann er unaufhörliche Neuerungen im Innern seines Reiches. Nach dem Plane Peters I. eignete er sich die Güter der Geistlichkeit an. Aber die Stellung Peters III. war lange nicht so gefestigt, und er ward von der Nation nicht so hoch geachtet. Auch war die Geistlichkeit im Zarenreich um so mächtiger, als das barbarische Volk noch in tiefster Unwissenheit schmachtete.<127> Wer die Archimandriten und Popen angriff, machte sie sich zu unversöhnlichen Feinden, weil jeder Priester mehr an seinem Einkommen hängt als an den Lehren, die er verkündigt. Der Kaiser hätte lieber mit solchen Reformen warten sollen, und auch dann mußte er die Sache mit zarter Hand anfassen. Außer diesem laut gescholtenen Vorgehen warf man ihm noch vor, die Ismaïlowschen und Preobrashenskischen Garden zu streng zu halten. Vollends seine Absicht, mit Dänemark Krieg zu führen, war den Russen zuwider. Sie erklärten öffentlich, die Nation habe gar kein Interesse daran. Böswillige streuten solche Beschwerden im Volke aus, um den Kaiser persönlich verhaßt zu machen.
Freundschaft, Dankbarkeit und Hochachtung für die vortrefflichen Eigenschaften des Zaren bewogen den König, an diesen zu schreiben und den heiklen Punkt zu berühren. Dabei mußte er aber die starke Empfindlichkeit schonen, mit der alle Herrscher darauf halten, daß ihre Stellung als gesichert angesehen werde. Der König mußte sich ferner in bezug auf die Dänen mit äußerster Zurückhaltung ausdrücken. Um den Zaren fürs nächste vom Kriege gegen Dänemark abzubringen, setzte der König ihm alle Gründe auseinander, die für eine Verschiebung des Unternehmens auf das nächste Jahr sprachen. Insbesondere bestand er darauf127-1, der Zar solle sich, bevor er sein Reich verließe und einen auswärtigen Krieg führte, in Moskau krönen lassen, um seine Person durch diese Weihe in den Augen der Nation unverletzlicher zu machen, zumal alle seine Vorgänger diesen Brauch getreulich beobachtet hätten. Hiernach sprach er von den Revolutionen, die während der Abwesenheit Peters I. in Rußland ausgebrochen waren127-2. Aber er glitt nur über diesen Gegenstand hin und beschwor den Kaiser zuletzt inständigst, keine wesentlichen Vorsichtsmaßregeln zur Sicherung seiner Person zu verabsäumen. Er beteuerte ihm, einzig und allein seine aufrichtige Teilnahme am Wohle des Zaren habe ihn zur Feder greifen lassen. Der Brief machte wenig Eindruck auf Peter III. Er antwortete folgendermaßen127-3:
„Mein Ruhm erfordert, daß ich die Dänen wegen der mir und besonders meinen Vorfahren zugefügten Kränkungen zur Rechenschaft ziehe. Es soll nicht heißen, daß die Russen für mein Interesse Krieg führen, ohne daß ich mich an ihre Spitze gestellt hätte. Übrigens macht die Krönungszeremonie zuviel Kosten. Das Geld kann besser gegen die Dänen verwendet werden. Was die Teilnahme an meinem Wohle betrifft, so bitte ich Sie, deshalb unbesorgt zu sein. Die Soldaten nennen mich ihren Vater und sagen, sie wollten lieber von einem Mann als von einem Weibe geführt werden. Allein und zu Fuß gehe ich durch die Straßen Petersburgs. Wollte mir einer etwas antun, so hätte er seinen Plan schon längst ausgeführt. Aber ich erweise jedermann Gutes und vertraue mich ganz dem Schutze Gottes an. Da habe ich nichts zu fürchten.“
<128>Diese Antwort hielt den König nicht ab, den Zaren auch fernerhin auf die ihm drohenden Gefahren aufmerksam zu machen. Goltz und Schwerin hatten Befehl, das Thema in vertraulichen Gesprächen mit dem Zaren aufs Tapet zu bringen. Doch vergeblich stellten sie ihm vor, daß der Herrscher in einem Lande mit so rauhen Sitten wie Rußland garnicht Vorsicht genug auf seine Person verwenden könne. „Hört einmal,“ sagte er schließlich, „wenn Ihr wirklich meine Freunde seid, so berührt diesen Punkt nicht weiter. Er ist mir verhaßt.“ Man mußte also schweigen und den unglücklichen Monarchen seiner Zuversicht überlassen, die ihn stürzte.
Siehe, die Götter verblendeten uns, um Troja zu stürzen!
Birgils Aneis, 2. Gesang.
Trotz alledem gingen die Unterhandlungen wegen des Friedens und eines Bündnisses rasch vorwärts. Schon Anfang Juni sandte der Zar Schwerin mit dem unterzeichneten Friedens- und Allianzvertrag128-1 an den König und gab Tschernyschew, der in Thorn stand, Befehl, sich unverzüglich in Marsch zu setzen und zur Armee des Königs zu stoßen, um mit ihr gemeinsam gegen die Österreicher zu fechten.
Durch diesen Systemwechsel sahen sich die Schweden ihrer stärksten Stütze beraubt und zum Friedensschluß genötigt. Sie fürchteten, ein längeres Zögern möchte ihnen übel bekommen. Der König erhielt von seiner Schwester, der Königin von Schweden, einen formellen Brief, den der Stockholmer Senat diktiert hatte. Der König antwortete so, wie die Königin es nur wünschen konnte128-2, und drückte seine Freude über die Beendigung eines Krieges zwischen so nahen Verwandten aus. Aus Liebe zur Königin, seiner Schwester, wolle er das rechtswidrige und ungewöhnliche Benehmen der schwedischen Nation vergessen, ohne ihr weiteren Groll nachzutragen. Wenn er aber Frieden schlösse, so geschähe es nur aus Achtung für sie und nur unter der Bedingung, daß alles genau auf den Fuß gebracht würde, wie vor Beginn der Kriegsunruhen. Von Furcht gedrängt, beendeten die Schweden die Verhandlungen schnell, und der Friede kam bald zustande. Die Bevollmächtigten beider Höfe traten in Hamburg zusammen und unterzeichneten die Präliminarien am 22. Mai.
Andrerseits betrieb der Kaiser von Rußland seinen Plan gegen Dänemark lebhaft. Er hatte den Krieg fest beschlossen. Um aber den Bruch in aller Form des Rechts zu vollziehen und die Dinge so zu drehen, als ob die Halsstarrigkeit der Dänen ihn zum Kriege gezwungen hätte, schlug er die Abhaltung eines Kongresses in Berlin vor. Dort sollten die Gesandten beider Parteien unter preußischer Vermittlung ihre Zwistigkeiten zu schlichten suchen. Saldern128-3, der Bevollmächtigte des Zaren, war beauftragt, von den Dänen die Herausgabe von ganz Holstein zu fordern, da es ehemals den Vorfahren Seiner Kaiserlichen Majestät gehört habe. Der Zar war über<129>zeugt, die Dänen würden nie in so schimpfliche Bedingungen willigen, und unter diesem Vorwand wollte er ihnen den Krieg erklären. 60 000 Russen, zu denen noch 6 000 Preußen stoßen sollten, waren zu diesem Kriegszuge bestimmt.
Der König von Dänemark129-1, der das Ungewitter aufziehen und über sich hereinbrechen sah, hatte den Oberbefehl über seine Truppen einem Offizier von Ruf, St. Germain, anvertraut. Der war eben wegen Mißhelligkeiten mit Broglie aus französischen Diensten getreten. Nun aber stand St. Germain an der Spitze einer ganz undisziplinierten Armee, die keine zum Kommandieren befähigten Generale, keine Ingenieure, Artilleristen, keine Provianttrains, kurz, nichts besaß. Er allein wußte all diese Mängel zu beheben. Da die Kriegskasse schlecht versehen war, brandschatzte er Hamburg, das ihm die nötigen Summen gab. Die dänischen Minister entschuldigten dies seltsame Vorgehen mit der Not, die kein Gebot kennt. Dann rückte St. Germain auf Lübeck, um es sofort nach der Kriegserklärung zu besetzen. Um den Kriegsschauplatz noch weiter von den Grenzen seines Gebieters zu entfernen, drang er auch mit einem Teil seiner Truppen in Mecklenburg ein und lagerte sich zwischen Sümpfen und Teichen in einer vorteilhaften Stellung. Dort hätte er den Russen wahrscheinlich den Einmarsch in Holstein eine Zeitlang verwehren können. Verlassen wir ihn hier mitten in seinen Vorbereitungen. Eine ausführlichere Beschreibung wäre überflüssig, da der von Dänemark mit Recht so sehr gefürchtete Krieg garnicht zum Ausbruch kam und eine neue Umwälzung in Petersburg alles umwarf.
Von allen europäischen Mächten war Österreich am meisten über die Ereignisse in Rußland bestürzt. Nie war die Kaiserin-Königin hoffnungsfroher gewesen als am Ende des letzten Feldzuges. Alles verkündete ihr den Untergang Preußens, die Eroberung Schlesiens und die Erfüllung all ihrer Plane. Ihre Überzeugung war so stark, ihre Zuversicht so vollkommen, daß sie den Krieg auch bei Entlassung eines Teils ihrer Truppen beendigen zu können glaubte. Indessen erwies sich die befohlene Entlassung von 20 000 Mann als sehr übel angebrachte Sparsamkeit. Denn gerade jetzt starb die Zarin Elisabeth, und kurz darauf trennte sich das Tschernyschewsche Korps von Laudons Armee und zog sich nach Polen zurück. Nun wollte der Wiener Hof die eben abgedankten 20 000 Mann wieder zusammenziehen, aber es war zu spät! Sie hatten sich schon in alle Welt zerstreut, und ein Ersatz war in so kurzer Zeit nicht zu beschaffen. Dann kam die Nachricht von dem Friedensschluß zwischen Preußen und Rußland, bald darauf auch die von dem Allianzvertrag zwischen beiden Mächten und schließlich die Kunde von der Vereinigung des Tschernyschewschen Korps mit der Armee des Königs. Um das Maß des Unglücks voll zu machen, richtete eine ansteckende Krankheit in der Laudonschen Armee große Verheerungen an. Es war eine Art Aussatz, der sehr schnell um sich griff, das Lager<130> leerte und die Lazarette füllte. Rechnet man alles kurz zusammen, so ergibt sich folgendes Resultat: 20 000 Mann entlassene Österreicher und 20 000 Russen weniger, folglich eine Verminderung um 40 000 Mann, und die Vermehrung der Armee des Königs um 20 000 Russen, somit ein Unterschied von 60 000 Mann zugunsten der Preußen. Selbst der Gewinn dreier siegreicher Schlachten hätte dem König keinen größeren Vorteil verschafft.
Der Tod der Kaiserin von Rußland und die dadurch hervorgerufene neue politische Konstellation Europas machten einen ganz entgegengesetzten Eindruck auf die Türkei. So viele schnelle Veränderungen, der glühende Haß zwischen den Staaten und sein plötzlicher Umschlag in enge Freundschaft zwischen den Herrschern, all das war der orientalischen Staatsweisheit unbegreiflich und erfüllte die Türken mit Staunen und Mißtrauen. Man muß gestehen, sie hatten einigen Grund dazu. Noch eben hatte der preußische Gesandte sie zu einem Bruch mit Rußland gedrängt, und auf einmal änderte er seine Sprache, bot ihnen die Vermittlung seines Königs zur Schlichtung einiger Grenzstreitigkeiten zwischen ihnen und dem Petersburger Hofe an und beharrte nur noch auf dem Bruch des Waffenstillstands mit der Kaiserin-Königin. Die Türken mußten daraus folgenden Schluß ziehen: Die Preußen sind sicher das unbeständigste und flatterhafteste Volk der Welt! Gestern wollten sie uns mit den Russen entzweien, und heute wollen sie uns mit ihnen versöhnen. Reizen sie uns heute zu einer Kriegserklärung gegen die Königin von Ungarn, wer steht uns dann dafür, daß sie nicht selbst in sechs Monaten mit ihr im Bunde sind, wie jetzt mit Rußland? Hüten wir uns also, allzu schnell auf ihre Vorschläge einzugehen. Sonst werden wir durch unsere Bereitwilligkeit zum Spielball preußischer Unbeständigkeit und zum Spott von ganz Europa.
Hiermit aber noch nicht genug. Voller Mißtrauen vernahmen sie nun gar noch von dem Bündnis Preußens mit Rußland. Um ihren Argwohn zu zerstreuen, bot der König seine Vermittlung an, und es gelang ihm auch, die Zwistigkeiten des Tartaren-Khans mit den Russen wegen des Forts St. Anna130-1 beizulegen. Außerdem bewog der König den Zaren Peter III. zu der Erklärung in Konstantinopel, daß er sich in keiner Weise in Streitigkeiten zwischen der Pforte und Österreich mischen werde, und daß die Kaiserin-Königin, falls die Türken ihr den Krieg erklärten, von Rußland keine Hilfe zu erwarten habe. Diese förmliche Erklärung machte bei den Türken großen Eindruck. Selbst der Großherr schwankte und hätte allem Anschein nach einen entscheidenden Entschluß gefaßt, wenn nicht neue Revolutionen, über die wir seinerzeit berichten werden, seine Unsicherheit und sein Mißtrauen wieder geweckt hätten.<131> Hält man alles zusammen, so sieht man Preußen am Ende des letzten Feldzuges dem Untergang nahe. Nach der Meinung aller Staatsmänner ist es bereits verloren, erhebt sich aber wieder durch den Tod einer Frau und behauptet sich durch den Beistand der Macht, die am eifrigsten an seinem Sturze gearbeitet hatte. So rettete Frau Masham Frankreich im Spanischen Erbfolgekrieg durch ihre Ränke gegen Mylady Marlborough131-1. Wovon hängen doch menschliche Dinge ab! Die unbedeutendsten Triebfedern bestimmen und ändern das Schicksal der Reiche. So groß ist das Spiel des Zufalls. Er spottet der eitlen Klugheit der Sterblichen, erhebt die Hoffnungen der einen und zerstört die der anderen.
<132>16. Kapitel
Feldzug des Jahres 1762.
Wie aus unserer Darstellung hervorgeht, war der letzte Feldzug für die preußischen Waffen überall unglücklich verlaufen. Prinz Heinrich hatte das sächsische Bergland verloren, der Prinz von Württemberg die Festung Kolberg und der König Schweidnitz. Die Stellung der preußischen Truppen in Schlesien war gefährdet. Ihr Hauptstützpunkt war eine schlechte Verschanzung in der Vorstadt von Breslau, die Raum für 12 Bataillone bot. Zwei Beobachtungsposten schützten sie gegen feindliche Überfalle, der eine in Canth, wo Dalwig132-1 befehligte, der andere in Rothsyrben unter Prittwitz. Wied stand in der Gegend von Grottkau, von wo er Möhring nach Strehlen detachiert hatte. Möhring klärte nach Frankenstein hin auf, Prittwitz nach Reichenbach und Dalwig nach dem Zobten und dem Pitschenberg hin. Glogau wurde durch 6 Bataillone unter Zeuner gedeckt. Thadden besetzte Guben und ließ von der Kavallerie unter Schmettau eine Postenkette bis nach Lübben ziehen. Dadurch wurde die Verbindung mit Berlin gesichert, von wo die Armee ihren Proviant bezog. Österreichischerseits begann die Postenkette bei Jägerndorf, zog sich dann über Neustadt, Weidenau, Johannesberg, Martha, Silberberg, Bögendorf, den Zobten und Striegau nach Hohenfriedberg. Die Hauptmacht der österreichischen Infanterie kantonnierte in den Bergen, und die Russen hatten ihre Quartiere in der Grafschaft Glatz.
Wahrend des Winters fanden einige Streifzüge statt, die aber weiter keine Folgen hatten. Oberst Alton, der den Winter über in Reichenbach lag, wollte Prittwitz in seinem Quartier in Rothsyrben überrumpeln (7. Februar). Der aber bekam Wind davon, legte sich mit seiner Truppe in einen Hinterhalt an der Straße, auf der der Österreicher kommen mußte, schlug ihn und nahm ihm 100 Mann ab.
Dank der Umwälzung in Rußland und der freundschaftlichen Gesinnungen Peters III. gegen Preußen verließ das russische Hilfskorps die kaiserliche Armee. Tschernyschew rückte aus der Grafschaft Glatz ab132-2, ging bei Auras über die Oder und kehrte nach Polen zurück. Jene Umwälzung führte auch zu Friedensverhandlungen mit Schweden132-3. Da ihr glücklicher Ausgang vorherzusehen war, so bekam der König nun<133> freie Verfügung über all die Truppen, die er gegen Schweden ins Feld gestellt hatte. Belling mit 20 Schwadronen und Billerbeck133-1 mit 6 Bataillonen erhielten Befehl, zur Armee in Sachsen zu stoßen. Der Herzog von Bevern, der Prinz von Württemberg und Werner133-2 sollten zur schlesischen Armee rücken, sobald sie nach Lage der Dinge Pommern verlassen konnten.
Der König beabsichtigte den Feldzug mit einer Diversion gegen Ungarn zu eröffnen. Demzufolge sollte Werner bei Budapest133-3 zu den Tartaren stoßen und ihre Einfälle in die dortige Gegend und in Österreich selbst unterstützen. Das hätte die Operationen des Königs in Schlesien erleichtert. Galt es doch, Schweidnitz wiederzunehmen und nach erfolgter Belagerung die Armee des Prinzen Heinrich zu verstärken, damit sie zur Wiedergewinnung Dresdens schreiten konnte. Aber diese Pläne wurden alsbald verändert, da ein Allianzvertrag mit den Russen zustande kam133-4.
Seit Mitte März begannen die verschiedenen Truppen sich zur Armee heranzuziehen. Schenckendorff verließ Sachsen und löste Schmettau und Thadden in Guben ab. Ihm folgte das Platensche Korps, das damals von Krockow133-5 geführt wurde. All diese Detachements kamen nacheinander in Breslau an, und zwar Schmettau, Thadden und Zeuner am 15. April, Krockow mit 25 Bataillonen und 35 Schwadronen am 6. Mai. Lossow, der mit seinen Husaren und Bosniaken133-6 Oberschlesien gegen die Kosaken gedeckt hatte, löste Dalwig in Canth ab, und der Prinz von Württemberg stieß am 12. Mai mit 5 Bataillonen und 6 Schwadronen zur Armee.
Man wird sich gewiß wundern, daß die Österreicher die Vereinigung all dieser preußischen Korps mit solchem Phlegma und solcher Kaltblütigkeit duldeten, ohne sie irgendwie daran zu hindern. Aber ihre Bestürzung und Entmutigung war gewaltig, teils wegen des Abfalls der Russen, auf die sie so sehr gerechnet hatten, teils auch infolge der Verminderung ihrer Armee, da der Wiener Hof sehr zur Unzeit viele Truppen im Winter entlassen hatte133-7. Überdies machte ein in ihrem Heere herrschender Aussatz die Hälfte ihrer Regimenter kampfunfähig. Die Offiziere hielten ihre Sache im Grunde schon für verloren. Außerdem hatte Feldmarschall Daun den Oberbefehl über die schlesische Armee erhalten, und Laudon, der ihm in kurzem das Kommando übergeben sollte, verspürte gar keine Lust, für seinen Nachfolger zu arbeiten und seinen Ruf für einen Mann aufs Spiel zu setzen, den er aus tiefstem Herzen verabscheute. Zieht man alle diese Gründe sorgsam in Betracht, so wird man sich weniger wundern, daß der König seine zerstreuten Kräfte zusammenziehen konnte, ohne daß der Feind ihn daran hinderte.
Während die Armee sich in der Umgegend von Breslau versammelte, teilte der russische Zar dem König mit, Tschernyschew solle auf seinen Befehl Thom verlassen<134> und in Schlesien zu den preußischen Truppen stoßen. Dies glückliche Ereignis, das so tief in die Feldzugspläne einschnitt, veranlaßte ihre teilweise Abänderung. Der König beschloß, ein beträchtliches Korps bei Kosel zusammenzuziehen, entweder zur Vereinigung mit den Tartaren in Ungarn, falls sie noch kamen, oder zur Beunruhigung der mährischen Grenze, wodurch Daun zur Absendung starker Detachements nach Mähren gezwungen worden wäre. Darauf nämlich kam es vor allem an, wenn die gefaßten Pläne gelingen sollten. Denn mit 80 000 Mann konnte Daun die Gebirge und die Stellung bei Kunzendorf so völlig besetzen, daß ein Angriff ebenso unmöglich wurde wie ihre Umgehung. Gegenwärtig hatte er 70 000 Mann auf diese Weise aufgestellt, ferner standen 10 000 Mann als Besatzung in Schweidnitz, und ein Detachement von 8 000 Mann deckte die Bergpässe von Silberberg und Wartha. Er mußte also noch um 15 000 Mann geschwächt werden, damit man sicheres Spiel hatte und alle Stellungen, die er in den Bergen einnehmen konnte, zu umgehen vermochte, kurz, um einen erfolgreichen und glänzenden Feldzug zu führen.
Die Armee des Königs betrug 66 000 Streiter. Tschernyschew führte ihm noch 20 000 Russen zu. So konnte er also 20 000 Mann nach Oberschlesien detachieren und blieb den Kaiserlichen doch überlegen. Alle Operationspläne des Königs für diesen Feldzug waren auf Umgehung der feindlichen Stellungen angelegt. Vor allem aber suchte er dem Feinde seine Absicht sorgfältig zu verbergen: das war ebenso wichtig wie notwendig. Daher wurden die Kavalleriedetachements verstärkt, um den österreichischen überlegen zu sein, sie oft schlagen zu können und sie so weit einzuschüchtern, daß sie alle Rekognoszierungen einstellten und sich nicht über ihre Feldwachen hinauswagten.
Am 9. Mai traf Feldmarschall Daun in Schlesien ein. Kaum hatte er das Kommando übernommen, so ließ er die Armee ein Lager beziehen. Sein rechter Flügel stützte sich auf den Zobten, die Front zog sich nach Domanze hin, und den linken Flügel schloß Elrichshausen in seiner Stellung auf dem Pitschenberg ab. Der König hielt es nicht für ratsam, gegenüber der feindlichen Armee zu lagern. Er zog seine Truppen in Kantonnementsquartieren an den beiden Loheufern zusammen und legte das Hauptquartier nach Bettlern (16. Mai). Ferner besetzten 12 Bataillone und 20 Schwadronen das befestigte Lager bei Breslau. Reitzenstein wurde mit 1 500 Pferden nach Neumarkt detachiert, um die Straße nach Glogau zu decken und nach Striegau und Jauer hin zu beobachten. In Canth erhielt Lossow Verstärkung, sodaß er außer den 1 000 Mann vom Freiregiment Courbière im ganzen 5 400 Pferde hatte. Das an der Ohlau nicht weit von Bohrau lagernde Korps von Lentulus und Prittwitz betrug 4 500 Pferde und 1 000 Mann Freitruppen.
Die Stellung des Königs kann bei oberflächlicher Betrachtung gefährdet erscheinen. Sie war es aber nicht; denn die starken vorgeschobenen Kavalleriedetachements bildeten gleichsam eine Einschließungslinie rings um die kaiserliche Armee, und die preußischen Stellungen waren dem Feinde so nahe, daß keine seiner Bewegungen<135> dem König entgehen konnte. Außerdem stand Daun zwei Tagemärsche von der Lohe entfernt, während der König seine Armee in sechs Stunden zusammenziehen konnte. Welchen Plan hätten die Österreicher auch fassen, welchen Angriff machen können? Der König war auf keine bestimmte Stellung angewiesen. Er konnte seine Armee diesseits oder jenseits der Lohe aufmarschieren lassen und unversehens über die feindlichen Truppen herfallen, in dem Augenblick, wo sie es am wenigsten erwartet hätten. Hinzu kommt, wie gesagt, daß die Österreicher sich vor der Ebene fürchteten135-1. Wenn sie sich hinabwagten, so wußten sie, daß die Rückkehr in die Berge ihnen schwer fallen würde. Die preußische Armee war also völlig gesichert und hatte es bequem.
Während sie so in Kantonnementsquartieren stand, kehrte Schwerin mit dem russischen Friedens- und Allianzvertrag aus Petersburg zurück (20. Mai)135-2. Der Friede wurde feierlich proklamiert und das Bündnis den Österreichern keineswegs verschwiegen. Jedoch verschob der König die Operationen der Hauptarmee bis zur Ankunft Tschernyschews. Das hinderte ihn indes nicht, schon im voraus Truppen nach Oberschlesien vorzuschieben. In Kosel stand Werner bereits mit etwa 10 000 Mann. Er war von dem Plane des Königs unterrichtet, die Österreicher um Oberschlesien besorgt zu machen, um einen Teil ihrer Kräfte dorthin abzulenken. Werner rückte also auf Ratibor und schob Hordt mit 1 200 Mann nach Teschen vor. Dort hob Hordt einen Hauptmann mit 60 Mann auf und ließ seine Husaren bis über den Jablunkapaß hinaus streifen. Sobald Daun von diesem Einfall erfuhr, schickte er Beck ab, um den preußischen Unternehmungen entgegenzutreten. Beck rückte nach Ratibor. Das hatte der König gerade gewollt. Nun ging Werner über die Oder zurück und zog wieder nach Kosel. Mittlerweile traf der Herzog von Bevern mit 4 Bataillonen und 1 000 Provinzialhusaren bei Breslau ein. Er wurde durch die Möhring-Husaren und 10 Schwadronen Dragoner verstärkt und drang dann bis Kosel vor, wo er alle seine Streitkräfte zusammenzog.<136> Trotz der Detachierungen nach Oberschlesien erlangte die preußische Kavallerie allmählich das Übergewicht über die feindliche. Auf dem Johannesberg bei Panthenau überfiel Prittwitz ein österreichisches Detachement und nahm ihm 100 Mann weg. In Neumarkt schlug Reitzenstein den General Gourcy, der ihn überrumpeln wollte, und nahm ihm drei Offiziere und 70 Dragoner ab. Kurz darauf (21. Juni) wurden die vom Herzog von Bevern herbeigeführten 1 000 Provinzialhusaren, die vor Neiße aufgestellt waren, in Heidersdorf von Draskovich angegriffen. Der hatte in Patschkau Meldung von ihrer Ankunft erhalten und versuchte sie zu überrumpeln. Doch der Erfolg entsprach seiner Erwartung nicht. Sein Detachement wurde geschlagen, und er selbst fiel mit 170 Dragonern und Husaren in Kriegsgefangenschaft. Diese dicht aufeinander folgenden Schläge begannen die kaiserliche Kavallerie vorsichtig zu machen. Bald wurde sie auch ängstlich.
Tschernyschews Avantgarde, aus 2 000 Kosaken bestehend, erreichte den König einige Tage vor dem russischen Gros136-1. Er verteilte die beiden Pulks auf Lossow und Reitzenstein. Der letztere rückte von Neumarkt an den Fuß des Pitschenbergs vor, sodaß Dauns Armee nun fast eingeschlossen war. Nach vorn konnte er seine Kavallerie nicht mehr schicken. Nur den Rücken ließ man ihm frei, weil man seine Maske noch nicht lüften und die Pläne, die man gegen ihn hatte, nicht verraten wollte. Immerhin verging seit der Ankunft der Kosaken fast kein Tag, wo nicht irgend eine feindliche Feldwache angesichts des ganzen Lagers aufgehoben wurde. Schließlich wagte der Feind überhaupt keine Rekognoszierungen mehr. Kein Mensch hatte mehr den Mut zu Patrouillenritten angesichts der Postenketten. Die Kavallerie blieb im Lager und getraute sich nicht mehr in die Ebene herab.
Verlassen wir indes für einen Augenblick den schlesischen Kriegsschauplatz, um uns den Vorgängen in Sachsen zuzuwenden; denn in diesem Jahre eröffnete Prinz Heinrich den Feldzug. Von Sachsen wollen wir nach Westfalen und zum Niederrhein gehen, um die Operationen des Prinzen Ferdinand von Braunschweig zu berichten. Danach können wir die Ereignisse in Schlesien der Reihe nach ohne Unterbrechung weiter verfolgen.
Den Befehl über das Kaiserliche Heer in Sachsen führte in diesem Jahre Serbelloni. Er hielt nicht allein den Plauenschen Grund, den Windberg und Dippoldiswalde besetzt, sondern dehnte sich von dort auch noch über die ganzen Höhenzüge aus, die von Freiberg über Chemnitz nach Waldheim verlaufen. Alle Muldeübergänge vor seiner Front hatte er sorgfältig verschanzt und verließ sich ganz auf diese Maßnahmen. Er hielt es für unmöglich, daß man ihn aus einer so starken und gutverteidigten Stellung vertreiben könnte. Indes ließ sich Prinz Heinrich durch solche Schwierigkeiten nicht aufhalten. Er beschloß die feindliche Stellung im Zentrum zu durch<137>brechen, sowohl um Terrain zu gewinnen wie den Feind um Böhmen besorgt zu machen. Denn die Wiedereinnahme Dresdens war nur möglich, wenn das Gros der österreichischen Armee nach Böhmen abgelenkt wurde. Die Ausführung des Planes schob der Prinz bis zur Ankunft des Generals Billerbeck auf, der aus Pommern zu ihm stoßen sollte137-1. Um aber derweilen beim Feinde nicht den Schatten einer Ahnung über die eigenen Absichten aufkommen zu lassen, führte der Prinz mehrere Scheinbewegungen aus. Er unternahm einige Demonstrationen nach dem Herzogtum Altenburg und nach Penig, um den Feind glauben zu machen, daß er etwas gegen diesen Teil Sachsens vorhätte.
Mittlerweile stieß Billerbeck in Lommatzsch zu Jung-Stutterheim. Das war das Signal für alle Truppen, die die Mulde überschreiten sollten, sich in Marsch zu setzen. Sie versammelten sich am 11. Mai abends, jedes Korps an dem ihm zugewiesenen Orte. Alles in allem betrug diese Streitmacht 21 Bataillone und 35 Schwadronen. Sie wurde in vier Kolonnen geteilt. Die eine unter Seydlitz zog sich hinter Möckwitz zusammen, die zweite unter Kanitz hinter dem Dorfe Zschörnewitz. Alt-Stutterheim, der auf dem Petersberge kampiert hatte, rückte nach Zschackwitz, während die Husaren und die leichten Truppen unter Kleist zwischen Zweinig und Haßlau aufmarschierten. In der Nacht näherten sich die vier Kolonnen in verdecktem Marsche den Muldeufern und verbargen sich hinter einer Schlucht, die dem Feinde ihre Nähe und ihre Absichten verbarg. Prinz Heinrich hatte die Batteriestellungen selbst ausgesucht. Das Geschütz wurde aufgefahren und mit Strauchwerk maskiert, sodaß es beim ersten Signal gegen die Schanzen der Kaiserlichen feuern konnte.
Das feindliche Detachement, das der Prinz angreifen wollte, wurde von dem österreichischen General Zedtwitz kommandiert. Es konnte Hilfe von den in Freiberg, Chemnitz und Waldheim kantonnierenden Truppen erhalten, war 4 000 Mann stark und hatte die Schanzen in den Schluchten und auf den Bergen mit Infanterie und Artillerie besetzt. Unter ihrem Schutze hatten sich die Kroaten und Panduren in verschiedenen Detachements längs der Mulde ausgebreitet. Allnächtlich sah man die Truppen im Biwak. Auch hatte man beobachtet, daß sie jeden Morgen bei Tagesgrauen, etwa um 4 Uhr, in ihre Zelte rückten. Auf Grund dieser Wahrnehmungen hatte der Prinz den Angriff auf 7 Uhr morgens festgesetzt.
Die preußischen Jäger, die in Zeschwitz standen, begannen jedoch, sei es aus Zufall, sei es aus Ungeduld, schon vor der bestimmten Zeit zu scharmützeln. Es war erst 6 Uhr morgens (12. Mai). Prinz Heinrich entschloß sich nunmehr, früher anzugreifen137-2. Auf das Signal hin, das ihnen gegeben wurde, gingen die vier Kolonnen unter dem Schutze von 40 Geschützen sofort über die Mulde. Seydlitz führte die Kavallerie durch die Furt von Technitz und stieß unterwegs im Dorfe Masten auf Kroaten, die sich in eine nahe Schanze retteten. Gleichzeitig packte Kleist, der die Mulde weiter unter<138>halb überschritten hatte, den Feind im Rücken, und die Infanteriekolonnen rückten gegen die Höhen an. Diese zusammenhängenden Bewegungen verblüfften die Österreicher, und sie räumten ihre Befestigungen. Unterdessen griff Kleist mit seinen Husaren die Ville-Kürassiere an und trieb sie in die Flucht. Bei der Verfolgung bot sich günstige Gelegenheit zum Angriff auf die feindliche Infanterie, die sich in vollem Rückzuge befand. Er attackierte sie in der Front, während die preußische Infanterie nachdrängte. So entstand Unordnung und Verwirrung unter den Kaiserlichen. Von dem ganzen Korps entkamen nur die Truppen, die so klug gewesen waren, sich frühzeitig nach Waldheim zu retten. Zedtwitz und 2 000 Mann von seinem Detachement fielen in die Hände des Siegers.
Am selben Tage ließ Prinz Heinrich bei Knobelsdorf ein Lager für seine Truppen abstecken und schob Hülsen und Forcade in die Stellung von Schlettau und bei den Katzenhäusern vor. Am 13. marschierte die Armee des Prinzen auf Öderan. Unterwegs sah sie in einigem Abstande österreichische Truppen von Waldheim anrücken, zu denen die Flüchtlinge vom letzten Tage gestoßen waren. Kleist griff ihre Nachhut an und zersprengte sie. Dann warf er sich auf das Regiment Luzan und nahm ihm 500 Mann ab.
Als Macquire, der in Freiberg kommandierte, von dem Gefecht bei Döbeln erfuhr, wollte er sich nicht einem gleichen Schicksal aussetzen. Er räumte den Zinnwald, Rossen und Freiberg und zog sich auf Dippoldiswalde zurück (14. Mai). Sofort bezog Prinz Heinrich das Lager von Freiberg, schob seine Avantgarde bis Niederbobritzsch vor, und Seydlitz säuberte die Ufer der Wilden Weißeritz. Am 16. bezog der Prinz das Lager von Pretzschendorf, von wo er ein Detachement bis Reichstädt vorschickte. Auch stellte er Posten von Satisdorf bis Frauenstein auf, um alle Übergänge zu bewachen, auf denen der Feind gegen ihn hätte vordringen können. Gleichzeitig gingen auch Hülsen und Forcade vor, nahmen Stellung zwischen Wilsdruff und Constappel und besetzten die Dörfer Braunsdorf, Hartha und Weistropp mit leichten Truppen, um die Verbindung zwischen den Lagern am Landsberg und bei Pretzschendorf zu sichern.
Während die Preußen so ihre Erfolge über die Kaiserlichen ausnutzten, rückte die Reichsarmee unter Prinz Stolberg nach Zschopau vor. Da Prinz Heinrich einen Gegner so dicht in seinem Rücken nicht dulden konnte, sah er sich zur Absendung eines Detachements nach jener Seite gezwungen. Er schickte Bandemer138-1 mit 1 000 Pferden und 4 Bataillonen gegen die Reichstruppen. Bandemer besetzte die Ufer der Flöha und schickte Röder138-2 zur Rekognoszierung vor. Der wurde von der ganzen Kavallerie der Reichstruppen angegriffen, hätte sich aber doch ohne beträchtliche Verluste zurückgezogen, wäre Bandemer nicht auf den sehr unklugen Einfall gekommen, zu seiner Unterstützung durch das Flöha-Defilee vorzugehen. Nun verstopfte er den<139> Durchgang und vermehrte dadurch die Verwirrung und Bedrängnis der Röderschen Truppe, die eben im Zurückgehen war. Die Preußen hatten gegen eine vierfache Überzahl zu kämpfen, und diesmal siegte die Zahl über die Tapferkeit. Sie verloren beim Rückzuge 4 Kanonen und gegen 500 Mann (21. Mai). Dies Mißgeschick zwang den Prinzen Heinrich zur Änderung seiner Maßnahmen. Er ließ Kanitz von Pretzschendorf mit frischen Truppen anrücken und nahm Stellung bei Öderan, nur zwei Meilen vom Feinde, der bei Chemnitz lagerte. Die Armee des Prinzen Heinrich hatte eine sehr breite Front. Um den Unzuträglichkeiten vorzubeugen, die aus den häufigen, unvermeidlichen Detachierungen entsprangen, ließ er die ganze Stellung befestigen. Überall, wo es möglich war, wurden Überschwemmungen hergestellt. In den Wäldern wurden Verhaue errichtet, und wo weder Sümpfe noch Bäche noch Wälder benutzt werden konnten, wurde das Gelände verschanzt.
Serbelloni war der Untätigkeit müde, in der er bisher geschmachtet hatte. Er beschloß einen Plan auszuführen, der ihn mit Ruhm bedecken sollte. Zunächst zog er Stampach an sich, der bisher mit 7 000 Mann an dem Passe bei Zittau gestanden hatte. Mit dieser Verstärkung brach Serbelloni am 1. Juni von Dippoldiswalde auf, um die leichten Truppen des Prinzen Heinrich in ihrem Lager bei Reichstädt zu überrumpeln. Aber Kleist und Egloffstein139-1 zogen sich bei seinem Anmarsch auf das Lager von Pretzschendorf zurück, wobei das neu ausgehobene Freibataillon Heer einige Leute verlor. Das große Unternehmen Serbellonis endete mit einer Kanonade, die den ganzen Tag lang währte. Am nächsten Tag schickte Prinz Heinrich Kleist und Egloffstein wieder in ihre alte Stellung. Da das Detachement aber bei Reichstädt weder notwendig noch wesentlich war, so wurde es nach einigen Tagen von dort zurückgezogen.
Belling war durch die Unterzeichnung des Friedens mit Schweden bisher in Mecklenburg zurückgehalten worden und konnte die sächsische Armee nicht vor dem 18. Juni erreichen. Nach seinem Eintreffen war Prinz Heinrich stark genug, etwas gegen die Reichsarmee zu unternehmen. Für das Heer in Sachsen war es notwendig, ja unerläßlich, sich von dem Gegner im Rücken zu befreien, zumal dessen Nähe unter mißlichen Umständen verhängnisvoll werden konnte. Seydlitz wurde mit der Unternehmung beauftragt. Er rückte auf Penig. Darauf zog sich Prinz Stolberg mit seinen 21 Bataillonen und 31 Schwadronen nach Annaberg zurück. Nachdem dieser Chemnitz verlassen hatte, konnte Kanitz sich in Zwickau ungehindert mit Seydlitz vereinigen. Die Reichstruppen räumten Sachsen und verloren auf ihrem Rückzug nach Bayreuth viele Leute. Mittlerweile ging Kleist gegen Marienberg vor, verdrängte von dort Oberst Török und warf ihn nach Böhmen zurück. Dann stieß er wieder zur Armee.
Während Prinz Stolberg in den Schoß des Reiches flüchtete, faßte Serbelloni einen noch weiter ausschauenden Plan als den vorhergehenden. Er wollte an der Elbe<140> entlang Hülsens Stellung umgehen und ihn schlagen. Zur besseren Verhüllung seiner Absichten ließ er eines Morgens (27. Juni) alle Vorposten des Lagers bei Pretzschendorf beunruhigen. Rechts von Hennersdorf tauchte eine Kolonne von 7 000 Mann auf und machte Miene, über die Steinbrückmühle zu gehen. Eine andere Kolonne marschierte gegenüber von Frauenstein in Schlachtordnung auf.
Ried, der ein Detachement von 12 Bataillonen in Pennrich kommandierte, war in der vorhergehenden Nacht durch 16 Bataillone und 25 Grenadierkompagnien verstärkt worden. Er stellte sich am Morgen während der eben genannten Demonstrationen in drei Abteilungen auf den Höhen von Pennrich auf. Seine erste Kolonne ging gegen das Dorf Grumbach vor und vertrieb dort ein Freibataillon, das sich in die Schanze im Pfarrholz warf. Aber die Batterien auf dem Landsberg dämpften die Kampflust der Österreicher. Die zweite Kolonne rückte gegen Kaufbach vor, und die dritte, am meisten rechts stehende, vertrieb ein preußisches Bataillon aus Weistropp, wurde aber in ihrem Vordringen durch das Feuer der Schanze von Constappel gehemmt, die das Bataillon Carlowitz verteidigte. Nach kräftigem Widerstand der Preußen mußte der Feind weichen. Die Verstärkungen, die Prinz Heinrich aus Pretzschendorf nach dem Landsberg schickte, trafen erst nach Schluß des Gefechtes ein. Der Feind hatte sich mit schwachen und schlecht unterstützten Angriffen begnügt und unnötig Leute geopfert, die er besser hätte benutzen können, hätte er sie tapferer drangesetzt.
Während in Sachsen das Kriegsglück der Preußen und Kaiserlichen hin und her schwankte, hatten im Reiche die Alliierten unter Prinz Ferdinand einen vollen Erfolg. Die Franzosen hatten sich in diesem Jahre auf eine einzige Armee in Deutschland beschränkt, nebst einer Reserve, die den Niederrhein deckte. Die Reserve, 46 Bataillone und 38 Schwadronen stark, wurde von Prinz Condé geführt. Die Armee unter dem Kommando von Soubise und d'Estrées betrug 111 Bataillone und 121 Schwadronen. Die beiden Marschälle planten einen Einfall ins Kurfürstentum Hannover. Prinz Ferdinand hatte genau die entgegengesetzten Absichten; denn er traf Zurüstungen zur Vertreibung der Franzosen aus Hessen. Sofort teilte er sein Heer nach dem Vorbild der Franzosen. Er detachierte 20 Bataillone und 21 Schwadronen unter dem Erbprinzen gegen Prinz Condé. Mit den übrigen 62 Bataillonen, 61 Schwadronen und 5 000 Mann leichter Truppen schritt er zur Ausführung seines Planes.
Prinz Condé eröffnete den Feldzug am Niederrhein. Am 10. Juni überschritt er den Fluß, zog seine Truppen bei Bochum zusammen und machte Miene, auf Dortmund zu marschieren. Alle Bewegungen der Franzosen und der Alliierten in diesem Teil Deutschlands drehten sich stets um den Lippeübergang, den beide Teile sich abwechselnd streitig machten. Während dieses Vorspiels zog Prinz Ferdinand sein Heer auf der Höhe von Brakel zusammen. Dann rückte er gegen die Diemel vor,<141> nahm das Schloß Sababurg und besetzte zugleich die Wälder von Hofgeismar und Liebenau, um die Diemelübergänge zu beherrschen. Die französische Armee hatte sich bei Kassel versammelt. Sie marschierte am 22. nach Grebenstein und detachierte von dort den Grafen von der Lausitz nach Göttingen. Sofort schickte Prinz Ferdinand Luckner an die Leine, um die Bewegungen der Sachsen zu beobachten. Daraufhin beschloß er, die Franzosen selbst anzugreifen, um sie von Beginn des Feldzugs an in die Defensive zu werfen. Zu diesem Zweck mußte Luckner sich mit einem Teil seiner Leute Sababurg nähern. Er sollte den rechten Flügel des Feindes und Lord Granby den linken angreifen, während Prinz Ferdinand mit dem Gros der Armee gleichzeitig gegen die Front der Franzosen vorgehen wollte.
Am 24. Juni überschritten alle Truppen der Alliierten die Diemel, um sich zu den verschiedenen Angriffen zu formieren. Ihre Bewegung hielten die Franzosen für ein allgemeines Fouragieren und zeigten daher keinerlei Unruhe. Indes wurde Castries, der den rechten Flügel Soubises deckte, sofort zurückgeworfen, und die Alliierten gingen auf das Lager selbst los. Sobald Soubise sich in Front, Flanken und Rücken zugleich angegriffen sah, beschloß er den Rückzug. Stainville warf sich mit den besten französischen Truppen in den Wald von Wilhelmsthal, um den Rückzug zu decken. Dort entspann sich zwischen ihm und Lord Granby ein Kampf, der die Schlacht141-1 entschied. Das ganze Stainvillesche Korps wurde umzingelt und niedergemacht. Indes erleichterten Spörcken und Luckner dem Marschall Soubise seinen Rückzug auf Hohenkirchen durch ihre Untätigkeit. Dadurch schlug Prinz Ferdinands Handstreich gegen Kassel fehl.
Noch in der Nacht ging der Feind über die Fulda und bezog ein Lager auf den Höhen zwischen Münden und Kassel. Die Alliierten lagerten den Franzosen gegenüber und ließen einige vorteilhaft gelegene Schlösser durch Detachements besetzen. Soubise war besorgt um Ziegenhain und schickte Guerchy und Rochambeau dorthin. Sie sollten zwischen der Festung und Melsungen hin und her marschieren und die Alliierten im Rücken durch Streifkorps beunruhigen. Prinz Ferdinand schickte Lord Granby gegen sie. Der schlug sie beim Schlosse von Homberg.
In dem Maße, wie die Alliierten ihren rechten Flügel ausdehnten, verlängerten die Franzosen den linken. Indes sahen beide Marschälle wohl ein, daß sie dadurch ihre Stellung zu sehr schwächten. Sie riefen den Grafen von der Lausitz aus Göttingen ab, um die Lücken ihres Lagers auszufüllen, und stellten ihn mit seinem Korps bei Lutterberg auf. Prinz Ferdinand sah, daß die Sachsen dort fast ganz isoliert standen, und ließ sie durch Gilsa angreifen (23. Juli). Gilsa ging mit 16 Bataillonen durch eine Furt über die Fulda. Bei Beginn des Kampfes setzten sich die Sachsen zur Wehr. Als sie aber sahen, daß eine ihrer Schanzen erobert war, nahmen sie Reißaus und flohen Hals über Kopf. Marschall d'Estrées eilte ihnen zu Hilfe und ver<142>hinderte ihre völlige Vernichtung. Darauf ging Gilsa klüglich über die Fulda zurück, um nicht der Überzahl der Feinde zu erliegen, die mit jedem Augenblick zunahm. Nach seinen bisherigen Erfahrungen glaubte Prinz Ferdinand die Franzosen am leichtesten und sichersten besiegen zu können, indem er sie zu noch weiterer Ausdehnung ihrer Stellung zwang. Zu dem Zweck detachierte er Luckner nach Hersfeld. Der nahm Fulda, Amöneburg und zahlreiche kleine Schlösser auf der Heerstraße von Kassel nach Frankfurt ein. Die üblen Folgen dieses raschen Zuges wurden den französischen Marschällen bald fühlbar. Da sie ihre Lebensmittel großenteils vom Main bezogen, wurde ihre Lage jetzt schwierig.
Soubise hoffte, sich wieder herauszuhelfen, indem er 40 Bataillone zur Besetzung der Stellung an der Schwalm über die Eder vorschob. Aber Luckner, von Lord Granby unterstützt, zwang den Feind zum Rückzug über die Fulda. Nun rückte Soubise selbst vor, überschritt die Eder und lagerte sich auf dem Heiligenberg. Da die Franzosen in dieser Stellung unangreifbar waren, ließ Prinz Ferdinand Lord Granby auf dem Falkenberg und marschierte selbst nach der Mündung der Eder in die Fulda. Durch diesen Zug kamen die französischen Marschälle in große Bedrängnis, aus der sie keinen anderen Ausweg wußten, als ihre Reserve vom Niederrhein heranzuziehen. Auf Grund der von den Marschällen erteilten Befehle ließ Prinz Condé Vogué mit einem Detachement an der unteren Lippe, machte unterwegs den vergeblichen Versuch, Hamm zu nehmen, und rückte dann durch die Wetterau und über Gießen nach der Ohm. Sein Ziel war die obere Oder, wo er den Soubise mißlungenen Plan wieder aufnehmen wollte. Zugleich mit ihm brach der Erbprinz auf, der bisher Condé beobachtet hatte. Er ließ einige Truppen zur Beobachtung Vogués zurück, marschierte durch das Fürstentum Waldeck und erreichte das Ohmufer noch vor der französischen Reserve.
Während dieser Märsche der Reservetruppen hätte Prinz Ferdinand gern Soubise noch vor Condés Ankunft angegriffen. Er beabsichtigte, den Feind in der Front zu beunruhigen, sich aber mit seinen Hauptkräften gegen Guerchy zu wenden, der jenseits der Fulda bei Melsungen lagerte. Prinz Friedrich von Braunschweig wurde mit 6 Bataillonen und 12 Schwadronen abgeschickt, um die Werra zu umgehen und Wanfried und Eschwege zu besetzen, wodurch er sich im Rücken des Feindes befand. Der allgemeine Angriff war auf den 8. August festgesetzt. Aber infolge starker Regengüsse schwoll die Fulda an, die Truppen konnten weder die Furten durchwaten noch alle rechtzeitig an ihren Bestimmungsorten eintreffen. Das ganze Unternehmen endigte mit einer dreitägigen Kanonade. Inzwischen hatte Condé Schloß Ulrichstein genommen. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, die Ohm zu überschreiten, wollte er ein Detachement bis Hersfeld vorschieben, um den beiden Marschällen die Hand zu reichen. Zur Unterstützung von Condés Absichten ließ Soubise Schloß Friedewald von Stainville bombardieren. Durch die Einnahme des Schlosses wurde die bisher unterbrochene Verbindung zwischen der französischen Armee und dem Main wieder<143>hergestellt. Die Stellung der Franzosen in Hessen beschrieb nun einen großen Halbkreis, der von Marburg und Gießen an der Lahn entlang, dann über Hersfeld, Melsungen und Kassel bis zur Fulda reichte.
Prinz Ferdinand brannte darauf, eine Entscheidung herbeizuführen. Er wollte sich durch einen einzigen Streich die Überlegenheit über die Franzosen für den Rest des Feldzuges verschaffen. Zu dem Zweck verstärkte et den Erbprinzen mit 15 Bataillonen und 20 Schwadronen, um das Lévissche Korps aufzuheben. Das wäre dem Erbprinzen völlig gelungen, wäre Luckner zur Zeit eingetroffen, aber auch jetzt entgingen ihm nur wenig Franzosen. Nach diesem Zuge trieb er den Prinzen Condé vom Ohmufer bis über Gießen hinaus nach einer alten Römerschanze, dem sogenannten Polgraben. Doch kam es bloß noch zu einer Kanonade. Immerhin konnte sich Soubise in Hessen nicht länger behaupten, ohne sich den größten Gefahren auszusetzen. Er räumte Göttingen, warf 14 Bataillone nach Kassel und zog sich über Hersfeld nach Fulda zurück. Prinz Ferdinand blieb ihm dicht zur Seite und detachierte zugleich Prinz Friedrich von Braunschweig nach rückwärts zur Blockade von Kassel. Die Franzosen wichen bis zum Main zurück, weil die Hauptarmee sich nur auf diesem Wege mit der Reserve des Prinzen Condé vereinigen konnte.
Condé war über Butzbach und Friedberg nach Frankfurt zurückgegangen, wobei ihm der Erbprinz stets auf den Fersen blieb. Nachdem die Alliierten ein Lager bei Schotten an der Nidda bezogen hatten, wurde der Erbprinz zur Einnahme von Fritzlar abgeschickt. Auf dem Marsche nach Assenheim (30. August) erhielt er von Luckner Meldung, daß Friedberg und die Höhen von Nauheim vom Feinde besetzt seien. Nun beschleunigte er seinen Marsch, griff die Franzosen an143-1 und vertrieb sie von den Höhen, mußte aber bald erkennen, daß er es nicht mit einem Detachement, sondern mit Soubises Avantgarde zu tun hatte. Die französische Armee rückte in mehreren Kolonnen vor und griff ihn ihrerseits an. Er verteidigte sich tapfer, wurde aber unglücklicherweise schwer verwundet. Seine Truppen wichen und waren nicht mehr zum Stehen zu bringen.
Dies Unglück zwang Prinz Ferdinand zur Änderung seiner Pläne und seiner Stellung. Er verlegte sein Lager an die Horlof gegenüber von Friedberg, wo er bis zum 7. September stehen blieb. Als er aber erfuhr, daß die Franzosen heimlich nach Butzbach rückten, glaubte er, um seinen Hauptplan, die Wiedereroberung Kassels, ausführen zu können, ein Vordringen der Feinde durch Oberhessen und Waldeck nach Niederhessen um jeden Preis verhindern zu müssen. Zu dem Zweck brach er mit der Armee auf, um die Höhen hinter der Ohm und Lahn vor dem Feinde zu erreichen. Die französischen Generale beunruhigten ihn auf seinem Marsche, um Condé Zeit zum Überschreiten der Lahn bei Marburg und zum Erreichen der Höhen bei Wetter zu verschaffen. Jedoch langte Prinz Ferdinand trotz der Regengüsse und der häufigen<144> Nachhutgefechte zuerst in Wetter an. Als Condé sich überholt sah, vermied er jeden Kampf und ging über die Lahn zurück. Die Alliierten setzten sich dort fest und schoben ihren linken Flügel über Kirchhain nach Homberg an der Ohm vor. Soubise wollte Ziegenhain und Kassel entsetzen und versuchte den Weg nach Ziegenhain zu erzwingen. Zu dem Zweck begann er ein Gefecht an der Brückermühle (21. September). Der Kampf wurde sehr hartnäckig, und Soubise verlor viele Leute, da er mehrmals kräftig zurückgeschlagen wurde.
In dieser Stellung blieben beide Heere für den Rest des Feldzuges untätig stehen. Inzwischen hatte Prinz Friedrich von Braunschweig die Laufgräben vor Kassel eröffnet. Die Belagerung dauerte vom 15. Oktober bis 1. November, wo die Stadt kapitulierte. Mit dieser Ruhmestat endete der Feldzug der Alliierten, in dem Prinz Ferdinand alle seine Talente entwickelt und den Beweis geführt hatte, daß ein guter Feldherr mehr wert ist als ein zahlreiches Heer.
Wir haben uns beeilt, die Operationen der Alliierten kurz darzustellen, zumal der Krieg im Reiche sich diesmal weiter als sonst von der sächsischen und preußischen Grenze abgespielt hatte und daher die Operationen des Prinzen Ferdinand mit denen der Preußen nicht mehr in Zusammenhang standen. Nun wollen wir den Faden des schlesischen Feldzuges wieder aufnehmen. Die Verkettung der Ereignisse wird uns von selbst nach Sachsen führen, und wir werden unsere Darstellung mit den Taten des Prinzen Heinrich beschließen.
Wie man sich wohl erinnert, hatte sich der König nach Kräften bemüht, die kaiserliche Kavallerie einzuschüchtern. Das war ihm auch weidlich gelungen. Diese Einschüchterung war die eine Vorbedingung für den ganzen Feldzug. Die andere, ebenso wichtige, war nicht verabsäumt worden. Denn der Herzog von Bevern war bereits auf Troppau gerückt und hatte von dort Werner bis Grätz vorgeschoben, wo er 150 Gefangene gemacht hatte. Daraufhin mußte Beck über die Mohra gehen und sich auf Freudenthal zurückziehen.
Aber lassen wir diese Diversion und wenden wir uns den Russen zu. Sie waren am 30. Juni über die Oder gegangen und am selben Tage bis Lissa gerückt. Schon im voraus hatte der König Wied mit 24 Bataillonen über das Schweidnitzer Wasser geschickt, angeblich zur Deckung des russischen Anmarsches, in Wahrheit aber zur Mitwirkung an dem Unternehmen, das der König gegen den Feind plante. Das Detachement bezog sehr eng gelegte Kantonnementsquartiere, damit die Kaiserlichen keinen Verdacht schöpften.
Am 1. Juli begann die Armee des Königs ihre Operationen. Das Gros bezog ein Lager bei Sagschütz. Wied blieb ihm bei Nacht zur Seite und bezog selbst eng gelegte Kantonnements jenseits des Striegauer Wassers. Von den Österreichern hatte er nichts zu fürchten, konnte auch von ihnen nicht entdeckt werden, da Reitzenstein mit 4 000 Pferden vor ihm stand und Elrichshausen in seiner Stellung auf<145> dem Pitschenberg einschloß. Wollte Daun sein Lager bei Domanze nun durchaus halten, so konnte Wied ihn umgehen. Er brauchte nur das Striegauer Wasser bei Peterwitz zu überschreiten und am Nonnenbusch entlang nach dem Lager von Kunzendorf zu marschieren. Dann stand er Daun im Rücken und zwang ihn zum Rückzug über Bögendorf in die Berge, sei es nach Hohengiersdorf oder nach Leutmannsdorf. Aber Daun war zu klug, um es aufs Äußerste ankommen zu lassen. Noch in der Nacht verließ er den Zobten und den Pitschenberg und bezog ein Lager auf den Bergen zwischen Bögendorf, Kunzendorf und dem Zeiskenberg. Die Armee des Königs folgte ihm auf dem Fuße und bezog ihr altes Lager bei Bunzelwitz wieder. Die leichten Truppen näherten sich den kaiserlichen Feldwachen bis auf Pistolenschußweite. Reitzenstein besetzte die Striegauer Höhen, und unter seiner Deckung legte Wied seine Truppen in Kantonnementsquartiere nach Striegau und in die nächsten Dörfer.
Dauns Stellung war in der Front unangreifbar, aber rechts oder links zu umfassen. Bei einer Umgehung zwischen Silberberg und Bögendorf hätte man indes dem Zufall zuviel überlassen; denn in Martha stand Hadik, und die Berge sind in dieser Gegend viel schroffer und unwegsamer. Deshalb wollte der König ihm lieber durch Umfassung seiner linken Flanke über Hohenfriedberg, Reichenau und den Engelsberg in den Rücken kommen. Der Plan wurde folgendermaßen ausgeführt. Zieten besetzte das Lager von Bunzelwitz mit dem zweiten Treffen und behielt, um den Feind in Respekt zu halten, alle Kürassiere der Armee bei sich, da sie in den Bergen ja doch zu nichts zu brauchen waren. Mit dem ersten Treffen brach der König am Abend auf und stieß zu Reitzenstein und Wied, die ihm als Avantgarde dienten. Bei Tagesanbruch griff die Vorhut bei Reichenau Brentanos Vorposten an und trieb sie flugs bis an den Fuß des Engelsberges, wo Brentano lagerte. Er hatte seine Infanterie auf drei Felsgipfeln aufgestellt, die durch ein gutes Defilee gedeckt waren. Kampfmutig, aber vielleicht zu hitzig, griff Wied ihn an. Die Felsen erwiesen sich als unersteiglich. Nach vergeblichen Anstrengungen wurden die Preußen zurückgeschlagen und verloren 1 200 Mann an Toten, Gefangenen und Verwundeten145-1. Das Gros der Truppen lagerte bei Reichenau, indes Wied seinen Marsch durch die Landeshuter Pässe fortsetzte. Der Zweck seines Zuges war die Wegnahme des großen österreichischen Magazins in Braunau. Brentano, der sein Vorhaben durchschaute, verließ den Engelsberg und marschierte in Eilmärschen noch in der Nacht nach Friedland.
Nach Abmarsch dieses Detachements, das ihm den Rücken gedeckt hatte, fürchtete Daun, von den Preußen umgangen zu werden. Infolgedessen räumte er seine Stellung bei Kunzendorf und zog sich nach Dittmannsdorf zurück, von wo er seinen linken Flügel bis Bärsdorf ausdehnte. Auch legte er ein Korps nach Tannhausen zur<146> Deckung seiner Flanke und ein anderes auf seinen rechten Flügel nach Burkersdorf, wodurch er seine Verbindung mit der Festung Schweidnitz aufrecht erhielt. Zieten drängte nach und besetzte die Höhen von Kunzendorf und Fürstenstein. Das vom König geführte Korps stieß zu ihm und nahm Stellung von Seitendorf bis Bögendorf in demselben Lager, das Daun 1760 besetzt hatte146-1. Die Pässe von Waldenburg und Gottesberg wurden von Detachements besetzt, und Manteuffel nahm mit 6 000 Mann Stellung auf dem Plateau von Hohengiersdorf. Am Fuß des Plateaus nach dem Schweidnitzer Tal zu wurde Knobloch mit seiner Brigade postiert.
Wied setzte indes seinen Marsch fort, stieß bei Friedland auf Brentano und bewillkommnete ihn mit einer lebhaften Kanonade; dann griff Reitzenstein den Feind an. Hierbei erwarb sich das Dragonerregiment Finckenstein den Ruhm, drei kaiserliche Kürassierregimenter zu schlagen und ihnen 180 Gefangene abzunehmen. Brentano rettete sich nach Böhmen und bezog zwischen Dittersbach und Hauptmannsdorf ein Lager, das schon im voraus zur Sicherung der österreichischen Magazine angelegt und befestigt war.
Tags darauf wurde Wied durch vier Bataillone und drei Kavallerieregimenter verstärkt. Aber wäre auch die ganze Armee auf Braunau marschiert, sie hätte doch nichts ausrichten können; denn die unwegsamen Gebirgsschluchten sind mit einer Handvoll Leute zu verteidigen und nicht zu umgehen. Daun hatte Hadik mit 10 000 Mann Hilfstruppen von Martha dorthin geschickt. Da der Feind in diesen Bergen nicht zu fassen war, richtete Wied seinen Marsch auf Trautenau. Von dort ließ er alle seine Kosaken nebst einigen Dragonern in Böhmen einfallen. Die russischen Barbaren überfluteten das ganze Land und verbreiteten überall Schrecken. Schon am zweiten Tage nach ihrem Einfall erschien eine ihrer Horden vor den Toren von Prag. Das Auftreten der Kosaken flößte solches Entsetzen ein, daß Serbelloni im Begriff war, Sachsen zu verlassen, um den Greueltaten der Kosaken persönlich entgegenzutreten. Sie hausten allerdings entsetzlich, plünderten und brandschatzten alles auf ihrem Wege.
Bei längerer Dauer wäre ihr Einfall nicht ohne Folgen gewesen. Aber diese undisziplinierten Horden dachten nur daran, Beute zu machen und sie in Sicherheit zu bringen. So kam es, daß sie truppweise, ohne Befehl ihres Führers, mit ihrem Raube zurückkehrten, um ihn nach Polen zu verkaufen, sodaß Böhmen binnen acht Tagen ohne Schwertstreich von dieser abscheulichen Brut befreit ward. Man hätte sie zwar zu einem zweiten Einfall verwenden können, aber die Dinge hatten plötzlich eine andere Gestalt angenommen. Wied, der den Rückzug der Kosaken deckte, sicherte auch ihre Verbindung mit der Hauptarmee durch staffelweise in den Bergschluchten aufgestellte Detachements. Hinter ihm deckte Gablentz das Defilee von Schatzlar. Näher der Armee hielt Prinz Franz von Bernburg146-2 das Defilee von Liebau besetzt<147> und blieb in Verbindung mit Salenmon, der in Konradswaldau eine Zwischenstellung behauptete. Alle diese Detachements hatten vom Feinde um so weniger zu besorgen, als seine Aufmerksamkeit durch die Furcht vor dem Verluste des Magazins von Braunau gefesselt war. Ja, er ließ das Magazin sogar zur größeren Sicherheit nach Scharfeneck in die Grafschaft Glatz überführen.
Wie wir sahen, war der Einfall der Kosaken in Böhmen wirkungslos geblieben. Man mußte also weitere Anschläge auf das Magazin in Braunau aufgeben, zumal die Österreicher es fortschafften. Auf der linken Flanke des Feindes blieb somit nichts weiter zu tun. Der Hauptzweck des Feldzuges war nach wie vor die Wiedereinnahme von Schweidnitz. Der König beschloß daher, etwas gegen den rechten Flügel der Österreicher zu unternehmen und ihre Detachements aus Burkersdorf und Leutmannsdorf zu vertreiben, um ihnen jede Verbindung mit Schweidnitz abzuschneiden.
Der Plan hatte alle Wahrscheinlichkeit des Gelingens für sich. Doch am nächsten Tage wurde er unsicher und fast chimärisch durch den Eintritt eines jener plötzlichen und unerwarteten Ereignisse, die alle Maßregeln der Menschen umwerfen. Eine Revolution hatte die Gestalt der Dinge in Rußland völlig verändert. Tschernyschew brachte dem König zuerst die Nachricht. Eines Nachmittags machte er ihm tränenden Auges die Mitteilung, Peter III. sei soeben von seiner kaiserlichen Gemahlin entthront worden147-1. Er, Tschernyschew, habe vom Senat Befehl erhalten, seine Truppen auf die neue Herrscherin zu vereidigen und die preußische Armee sofort zu verlassen, um sich nach Polen zurückzuziehen. Den König traf diese Nachricht in seiner jetzigen Lage, mitten in den Operationen des Feldzuges, wie ein Blitzschlag. Alle seine Unternehmungen waren auf den Beistand der Russen berechnet gewesen. Aber so grausam der Schlag auch war, ein Entschluß mußte gefaßt werden; denn es gab keine Abhilfe. Da die fremden Kräfte versagten, mußte man seine Zuflucht zu den eigenen nehmen.
Jene unglückselige Revolution spielte sich folgendermaßen ab. Schon lange herrschte zwischen dem Zaren und seiner Gemahlin ein gespanntes Verhältnis, das seinen Ursprung in einem Liebesabenteuer der damaligen Großfürstin mit dem Grafen Poniatowski147-2 hatte. Nach der Thronbesteigung Peters III. drohte aus dieser Erkaltung ein offener Bruch zu entstehen. Die Zarin hatte sich verschiedene Vorrechte in der griechischen Kirche angemaßt, die allein der Person des Monarchen zukamen. Der Zar, der eifersüchtig über seine Autorität wachte, erfuhr davon und war wütend. Im ersten Zorn wollte er seine Gemahlin in ein Kloster sperren und eröffnete diesen Plan seinem Großonkel, dem Prinzen von Holstein147-3. In seiner Torheit und Beschränktheit suchte der Prinz dem Zaren jedoch sein Vorhaben auszureden. Er riet ihm, sich auf<148> einen strengen Verweis der Zarin zu beschränken. Peter III. war unklug genug, ihr mit dem Kloster zu drohen. Er hätte sie ohne vorherige Drohung gleich einsperren oder sie mehr schonen müssen. Die Zarin verbarg ihren Zorn und ihr Rachegelüst unter dem Schein der Unterwürfigkeit und unter geheuchelten Tränen, faßte aber von nun an den Plan, den Thron an sich zu reißen und sich ihres Gemahls zu entledigen.
Als ersten Bundesgenossen gewann sie den Gouverneur ihres Sohnes Paul, den Grafen Panin. In seinem grenzenlosen Ehrgeiz wollte Panin die erste Rolle im Staate spielen. Aus Groll, daß der Kaiser ihm keine seinen Verdiensten angemessene Stellung anvertraut hatte, sah er in der Verschwörung gleichsam den Weg zu den höchsten Würden und trat ihr mit Begeisterung bei. Panin entdeckte sich der Fürstin Daschkow, zu der er Beziehungen hatte148-1. Bei ihrem romantischen Charakter ging die Fürstin leicht auf den Plan ein. Außerdem war sie auf den Zaren eifersüchtig, weil er ihre Schwester, die Gräfin Woronzow148-2, ihr selbst vorzog und diese zu seiner Geliebten gemacht hatte. Die eingebildete Beleidigung entflammte sie zu tatsächlicher Rache. Emsig war sie bemüht, die Partei der Verschwörer zu stärken. Bald gewann sie einige untüchtige, vermögenslose Gardeoffiziere, die in den Staatswirren ihren persönlichen Vorteil zu finden hofften. Sie griffen mit Eifer zu und waren zu allem bereit. Auch gelang es ihnen, einige Gardesoldaten durch Bestechung auf ihre Seite zu ziehen.
Noch aber war die Verschwörung nicht zum Ausbruch reif; denn um sicher zu gehen, wollten die Verschwörer ihre Zahl noch vermehren. Ein Zufall beschleunigte die Ausführung. Der Zar war im Begriff abzureisen, um persönlich die Führung im Kriege gegen Dänemark zu übernehmen. Seit einigen Wochen befand er sich auf seinem Schlosse Oranienbaum, wo er dem Adel vor seinem Aufbruch aus Rußland noch einige Feste geben wollte. Er hatte die Kaiserin zu einer Oper mit nachfolgendem Hofball eingeladen, und schon waren die glänzendsten Vorbereitungen dazu getroffen.
Am selben Tage entdeckte ein Gardesoldat, den die Verschworenen ebenfalls zu gewinnen getrachtet hatten, dem General-Polizeimeister von Petersburg, Korff, das ganze Komplott. Sofort sandte dieser das Protokoll an den Zaren, fand aber keine Beachtung. Am Abend kehrte die Kaiserin nach Peterhof zurück. Sie hatte den Kaiser für den folgenden Tag dorthin eingeladen148-3. Bei ihrer Rückkehr fand sie die Fürstin<149> Daschkow vor, die ihr eröffnete, das Geheimnis sei verraten. Sie fügte hinzu: „Majestät, es ist keine Zeit mehr zu verlieren. Entweder müssen Sie den Thron besteigen oder das Schafott.“ Die Wahl war entsetzlich, aber die Zarin zögerte keinen Augenblick. Sogleich fuhr sie inkognito nach Petersburg und begab sich in die Gardekasernen. Alle Mitverschworenen, Offiziere und Soldaten, scharten sich um sie. Sofort wurden die anderen Soldaten zusammengerufen und auf dem Platz bei der Kasankirche versammelt. Dort versicherte ihnen die Zarin unter Tränen, der Zar habe sie und ihren Sohn verstoßen und wolle sie in ein Kloster sperren, um seine ehebrecherische Geliebte zu heiraten. Sie wäre eine Fremde und ohne Rückhalt und flehe um Schutz für eine verzweifelte Mutter und ein verstoßenes Kind, das sich in ihre Arme werfe. Dann fuhr sie folgendermaßen fort: „Soldaten! Meine Sache ist auch die eure. Es handelt sich nicht bloß um meine Einkerkerung, sondern ebensogut um die Auflösung und Zerstreuung all der Braven, die mich umgeben. Fremde sollen ihren Platz einnehmen, Holsteiner, die der Kaiser schon immerfort um sich hat. Die zieht er euch vor, sie genießen sein Vertrauen, ja, was sage ich: sind sie nicht schon seine eigentlichen Garden? Soldaten, nehmt euch in acht, oder ihr verliert eure Rechte, eure Ehren und eure Privilegien, wie sie euch der große Peter bewilligt hat, der Tapferkeit und Verdienst richtig zu würdigen wußte. Aber das ist nicht alles. Schon sehe ich noch viel schlimmere Umwälzungen. Bald werdet ihr gezwungen werden, eure Altäre zu verlassen und eurem Gottesdienst zu entsagen. Man wird euch zur Annahme einer neuen, fremden Religion zwingen. Mit Gewalt wird man euch in die neue Kirche treiben, die der Kaiser zum Heiligtum eines profanen Gottesdienstes und neuer Lehren einweihen läßt. Freunde, hier ist keine Zeit mehr zu verlieren. Schließt euch unverzüglich euren Gefährten an! Rettet eure Kaiserin und des Kaisers Sohn, eure Privilegien und die Religion eurer Väter, auf daß dies blühende Reich euch nicht dereinst vorwerfen könne, ihr hättet es im Stiche gelassen. Niemand soll sagen dürfen, umsonst hätte ich euren Beistand erfleht.“ Diese Ansprache wurde unterstützt durch freigebige, ja verschwenderische Geschenke, besonders aber durch eine überreiche Verteilung von Branntwein an die Truppen. Bei einem so rohen und wilden Volke war das besonders angebracht und half am stärksten zur Überredung. Dennoch begannen die Preobrashenskischen Garden zu murren. Aber schon lärmte die Menge in ihrem Branntweinrausch und riß die anderen mit sich fort. Alle schworen der Kaiserin den Treueid und riefen sie zur Selbstherrscherin aller Reußen aus.
In Oranienbaum wußte man noch nichts von diesen Vorgängen in Petersburg. Ahnungslos begab sich der Kaiser am folgenden Tage zum Feste der Kaiserin nach Peterhof. Aber wie groß war sein Erstaunen, als er weder seine Gemahlin vorfand noch von dem Hofpersonal irgend etwas über das Verbleiben der Monarchin erfahren konnte! Bald verbreitete sich das Gerücht von der Revolution. Aber das Unheil war nicht mehr zu beschwören. Feldmarschall Münnich, der sich in der Begleitung des Kaisers befand, riet ihm zu schnellster Entscheidung. Zu Erwägungen<150> sei jetzt keine Zeit mehr, man müsse rasch und entschlossen handeln. „Nur zwei Wege stehen Ihnen offen“, rief der ehrwürdige Greis. „Setzen Sie sich an die Spitze Ihrer russischen und holsteinischen Leibwache! Marschieren Sie mit ihr stracks auf Petersburg! Das bißchen Blut, das mir noch geblieben ist, will ich gern opfern, um Sie wieder auf den Thron zu setzen. Glauben Sie denn, die Rebellen werden ihrem rechtmäßigen Herrscher widerstehen, wenn er auf sie losgeht? Verbrecher sind furchtsam. Mühelos werden wir sie vertreiben, und Sie werden über die Thronräuber siegen. Dünkt Ihnen dieser Entschluß jedoch zu kühn, so gehen Sie unverzüglich nach Kronstadt. Schiffen Sie sich von da nach Preußen ein, sammeln Sie dort die Armee und kehren Sie an ihrer Spitze zurück, um die Rebellen und Verschwörer aufs strengste zu strafen.“
So weise Münnichs Ratschläge waren, sie wurden doch nicht befolgt. Der Kaiser hatte nie zu kühnen Entschlüssen Gelegenheit gehabt. Er war überrascht und bestürzt ob der ihn bedrohenden Revolution. Immerfort wechselte er seine Pläne und konnte doch zu keinem Entschluß kommen. Er hätte fliehen oder kämpfen müssen, war aber so schwach, sich auf Verhandlungen einzulassen. So verlor er Zeit und damit alle Hoffnung. Am nächsten Tage150-1 befolgte er, freilich zu spät, den einen Ratschlag des Marschalls Münnich und schiffte sich mit seinem Hofstaat nach Kronstadt ein. Aber der Kommandant150-2, den die Verschworenen inzwischen gewonnen hatten, drohte auf die kaiserliche Barke zu schießen, falls sie sich zu nähern wagte. Der unglückliche Monarch sah sich also zur Rückkehr nach Peterhof gezwungen. Damit war sein Schicksal besiegelt. Die Kaiserin kam, um ihn zu belagern. Sie ritt an der Spitze der Garden, von zahlreicher Artillerie gefolgt. Sie schickte ihrem unglücklichen Gatten eine Abdankungsurkunde, die er unterzeichnen mußte. Angeblich soll eine Zusammenkunft zwischen Zar und Zarin stattgefunden haben, deren nähere Umstände aber kein Mensch kennt. Fest steht, daß der Kaiser nach einem Landgute des Grafen Rasumowsky gebracht wurde, wo einer der Verschworenen, Orlow, ihm Gift beibrachte. Als der Barbar merkte, daß der Kaiser sich zu erbrechen versuchte, erstickte er ihn zwischen zwei Matratzen150-3. So tragisch endete dieser Fürst, der wohl Bürgertugenden besaß, aber nicht alle Eigenschaften eines Monarchen.
Peters III. Sturz war für den König ein schwerer und schmerzlicher Schlag. Er schätzte seinen bewundernswerten Charakter und hing an ihm mit dankbarer Liebe. Sein Untergang ging ihm um so näher, als er jedermann Gutes getan und ein so jämmerliches Schicksal nicht verdient hatte. Außerdem durfte er bei der Kaiserin nicht auf so günstige Gesinnung rechnen wie bei ihrem Gatten. Im Gegenteil! Alle Nach<151>richten aus Preußen oder Pommern besagten, daß die russischen Truppen sich zur Wiedereröffnung der Feindseligkeiten anschickten. In einem Ukas wurde der König als unversöhnlicher Erbfeind Rußlands erklärt151-1. Schon bemächtigten sich die russischen Kommissare wiederum der Einkünfte der Provinz Preußen. Kurz, allem Anschein nach stand man am Vorabend eines neuen Bruches. Aber wie so oft, trog der Schein auch hier. Die Maßregeln der Kaiserin beruhten auf falschen Voraussetzungen. Sie fürchtete, der König möchte auf die Nachricht von Peters III. Gefangensetzung das Tschernyschewsche Korps zwingen, sich für den Zaren zu erklären oder, falls es sich weigerte, es entwaffnen. Um für alle Fälle gesichert zu sein und ein Pfand für das Benehmen des Königs in der Hand zu haben, bemächtigte sie sich Ostpreußens und gab den Heerführern Befehl, sich zur Eröffnung der Feindseligkeiten bereit zu halten, sobald sie es für gut hielte. Aber ihre Voraussetzungen waren aus folgendem Grunde falsch. Hätte der König die Partei des Zaren ergriffen, während seine grausamste Feindin ihn gefangen hielt, so beschleunigte er nur dessen Tod. Aber noch schwerer fiel der Umstand ins Gewicht, daß das Verbrechen bereits geschehen, der Zar schon tot war. Ihm konnte daher nicht mehr geholfen werden. Der König widersetzte sich dem Abmarsch Tschernyschews also nicht und bat ihn nur um die Gefälligkeit, ihn um drei Tage zu verschieben. Darauf ging der russische General gern ein.
Die drei Tage waren kostbar. Sie mußten zu einem entscheidenden Schlage benutzt werden. Die Anwesenheit der Russen machte den Österreichern Eindruck, und von dem Staatsstreich hatten sie noch keine Nachricht. Entweder mußte man Schweidnitz zurückerobern oder sich damit begnügen, die Winterquartiere wie im letzten Jahre längs der Oder zu beziehen. Verlief der Feldzug erfolglos, so waren die Anstrengungen zur Wiedereroberung von halb Schlesien vergebens gewesen und die Friedensaussichten zerrannen vollkommen. Diese Gründe bestimmten den König zu einem Wagnis. Er wollte kühner und verwegener handeln, als er es unter günstigeren Umständen getan hätte.
Alles, was die Preußen unternehmen konnten, beschränkte sich auf den Angriff der beiden furchtgebietenden und schwer zu erobernden Stellungen von Burkersdorf und Leutmannsdorf. Die erstere deckte einen Gebirgspaß, der von Königsberg kommt und nach Ohmsdorf in die Ebene führt. Zu beiden Seiten des Defilees ragen steile und schroffe Felsen, die durch Schanzen mit eingebauten Kasematten und einem Kranz von Palisaden und Verhauen befestigt waren. Die drei nächsten bei Hohengiersdorf waren durch Befestigungslinien verbunden. Dort begann eine andere Verschanzung, die den Paß in der Tiefe abschloß und sich weiter bis auf einen Berg<152>gipfel bei Leutmannsdorf zog. Diese Stellung verteidigte O'Kelly mit 4 000 Mann. Die zweite, bei Leutmannsdorf, war weniger kunstvoll befestigt, aber in der Front schwer zugänglich, von lauter Schluchten und Hohlwegen durchschnitten und mit allen Hindernissen versehen, durch die ein Gelände von Natur aus verteidigungsfähig ist. Auch sie wurde von 4 000 Österreichern verteidigt.
Damit die Preußen diese Stellung angreifen konnten, bedurfte es zuvor großer Truppenverschiebungen. Gablentz bezog ein Lager bei Trautliebersdorf, um Wieds Rückmarsch aus Böhmen zu verschleiern. Möllendorff152-1 räumte das Lager von Seitendorf und marschierte hinter Wied her. Beide stiegen aus den Bergen herab in die Ebene von Freiburg und umgingen Schweidnitz, das von der preußischen Kavallerie blockiert wurde. Nachts rückte Wied nach Faulbrück, wo er Kantonnementsquartiere bezog. Ihn deckte Roëll152-2, den der König während des ganzen Feldzuges mit 1 000 Pferden zur Beobachtung des Feindes in dieser Gegend aufgestellt hatte. Die Österreicher konnten den Anmarsch der Preußen also in keiner Weise gewahr werden. Möllendorff rückte in der Nacht durch Bunzelwitz und Kreisau und am nächsten Morgen früh bis links von Polnisch-Weistritz, indes Knobloch mit seiner Brigade und 10 Schwadronen den Fuß der Berge von Hohengiersdorf verließ und sich rechts von Polnisch-Weistritz aufstellte. Durch die Vereinigung der beiden Generale schnitt der König den Österreichern in Burkersdorf und folglich ihrer ganzen Armee die Verbindung mit Schweidnitz ab. Wied sollte Leutmannsdorf angreifen, während Knobloch und Möllendorff zum Angriff auf Burkersdorf bestimmt waren.
Um keine der zu dieser Unternehmung getroffenen Maßregeln unerwähnt zu lassen, sei noch bemerkt, daß Manteuffel im voraus Stellung auf dem Plateau von Hohengiersdorf genommen hatte, und daß die dort errichteten Batterien die nächsten Verschanzungen der Stellung O'Kellys im Rücken faßten. Zur größeren Sicherheit war außerdem der Prinz von Württemberg mit 20 Schwadronen abgeschickt worden, um während der Schlacht die österreichischen Stellungen in Silberberg und Martha zu beobachten und zu verhindern, daß Wied bei seinem Sturm auf die Stellung von Leutmannsdorf im Rücken angegriffen wurde. Auch Feldmarschall Daun verdiente Aufmerksamkeit. Er mußte während des Angriffs in Schach gehalten werden, damit er den angegriffenen Stellungen keine Hilfe schicken konnte. Zu dem Zweck sollte Gablentz einige Demonstrationen auf Braunau machen, um die Aufmerksamkeit des Feindes abzulenken, und Ramin sollte mit den Kaiserlichen in den Stellungen bei Tannhausen herumplänkeln. Die Hauptarmee sollte ihre Zelte abbrechen und sich in Schlachtordnung aufstellen, während Manteuffel Befehl erhielt, die Panduren zwischen seinem Lager und dem rechten österreichischen Flügel zu beunruhigen. Diese verschiedenen Aufmerksamkeiten, die man Daun erwies, verhüllten ihm das Vorhaben der Preußen und erleichterten ihnen die Ausführung.<153> Was die Angriffe selbst betraf, so mußte Wied den seinen eher beginnen als Möllendorff, weil dieser beim Umgehen der Stellung von Burkersdorf den Österreichern in Leutmannsdorf seine Flanke Notwendig darbieten mußte und sich völliger Vernichtung ausgesetzt hätte, wenn Wied das Unglück hatte, zurückgeschlagen zu werden.
In der Nacht vom 20. zum 21. Juli bemächtigte sich Möllendorff des Schlosses von Ohmsdorf, wo er 50 Feinde gefangen nahm. Der Besitz des Schlosses war nötig, um dem Fuß der Berge näher zu sein. Noch am selben Abend wurden dort die Laufgräben eröffnet und Batterien für 40 Haubitzen und 12 Zwölfpfünder errichtet. Mit den Haubitzen sollten die Schanzen beschossen werden, während die Kanonen zur Bestreichung der Bergschlucht bestimmt waren, durch die O'Kelly Verstärkungen von der österreichischen Hauptarmee erhalten konnte. O'Kelly hielt sich in seiner Stellung für unangreifbar und fühlte sich völlig sicher. In den Bewegungen der Preußen sah er nur Vorbereitungen zur Belagerung von Schweidnitz und betrachtete alle ihre Operationen aus diesem Gesichtspunkt.
Am 21. bei Tagesanbruch nahm Wied Stellung auf einem Hügel dicht gegenüber von Leutmannsdorf und errichtete dort eine Batterie von 30 schweren Geschützen, die von einem Treffen von 14 Bataillonen gedeckt wurde. Im Schutze dieses Feuers zog sich Lottum153-1 mit seiner Brigade unvermerkt nach rechts durch einen Hohlweg, der in den Rücken des Feindes führte. Sein Vorgehen wurde durch eine entsprechende Bewegung vom linken Flügel unterstützt: durch Schluchten und Gesträuch gedeckt, ging der Prinz von Bernburg153-2 gegen die rechte Flanke der Kaiserlichen vor. Derart im Rücken und in der Flanke umfaßt, leistete der Feind nur schwachen Widerstand. Zugleich drang Wied gegen seine Front vor, und die Verschanzung wurde beim ersten Anlauf genommen. Dann drängten die Preußen die besiegten Feinde bis nach Heinrichau, Heidelberg und Hausdorf zurück. Allerdings hatte Daun, trotz aller Ablenkungsversuche, Brentano nach der angegriffenen Stellung zu Hilfe geschickt, aber der kam zu spät und wurde von den bei Leutmannsdorf geschlagenen Truppen mit in die Flucht fortgerissen.
Sobald Wied im Besitz der Höhen war, eröffneten die preußischen Batterien bei Ohmsdorf ihr Feuer auf den Feind. O'Kelly hatte 1 500 Pferde vor seine Infanterie in einen Talgrund gestellt. Sie waren auf keinen Angriff gefaßt und daher abgesessen. Nun wurden sie überraschend von Batterien, die sie garnicht sehen konnten, mit Feuer überschüttet, warfen sich Hals über Kopf auf ihre eigene Infanterie, brachten sie in Verwirrung und rissen sie in wildem Getümmel mit sich fort bis zur Daunschen Armee. Infolge ihrer Flucht blieb in den dortigen Verschanzungen nur eine schwache Besatzung zurück. Sofort warf Möllendorff sich linkerhand in den Wald, der mit dem Walde bei Leutmannsdorf in Verbindung steht, umging O'Kelly in den Bergen und vertrieb den Feind nach mäßigem Widerstand. Die preußische Infanterie legte Feuer<154> an die Palisaden einer Schanze, in der die Österreicher sich noch behaupteten, und zwang sie so endlich zum Rückzug. Ungeachtet dieser Angriffe hielt sich O'Kelly noch auf der Hochfläche rechts von der Straße von Polnisch-Weistritz nach Königsberg. Um ihn zum völligen Verlassen seiner Stellung zu zwingen, errichtete Möllendorff auf dem von ihm eroberten Berg eine Batterie und rückte die 40 Haubitzen an den Fuß des Berges, auf dem der Feind sich noch behauptete. Zugleich beschoß Manteuffel die seiner Stellung bei Hohengiersdorf zunächst liegenden Verschanzungen im Rücken. So waren die Österreicher dem feindlichen Feuer in der Front, in der Flanke und im Rücken ausgesetzt und mußten sich schließlich zurückziehen. All diese Angriffe brachten den Preußen 2 000 Gefangene ein. Zwar machte die Besatzung von Schweidnitz einen Ausfall, aber die ihr entgegengestellte Kavallerie und einige Kanonenschüsse trieben sie ziemlich rasch in die Festung zurück.
Durch Wieds Vorstoß bis Heidelberg war die kaiserliche Armee von der Grafschaft Glatz so gut wie abgeschnitten. Feldmarschall Daun sah die Notwendigkeit ein, seine<155> Stellung zu ändern, und brach noch am selben Abend auf. Er lehnte seinen rechten Flügel an die Hohe Eule, den höchsten Berg in der Gegend, von wo seine Front sich über Wüstewaltersdorf und Tannhausen bis Jauernick ausdehnte. Die Reserve unter Laudon deckte die linke Flanke der Armee in einer Stellung zwischen Wüstegiersdorf und Braunau.
Wied lagerte sich gegenüber dem rechten Flügel der Österreicher und besetzte die Bergkette von Taschendorf bis Heidelberg. Manteuffel wurde mit seinem Korps bis Bärsdorf vorgeschoben, sodaß er links an Wied und rechts an Ramin stieß. Der letztere blieb mit seiner Brigade noch immer auf dem Berge bei Seitendorf stehen. Außer diesen verschiedenen Lagern behielt die Armee Stellungen bei Gottesberg und Waldenburg, und Salenmon deckte mit einer vorgeschobenen Abteilung die Landeshuter Pässe und beobachtete von dort die etwaigen Bewegungen des Feindes in jener Gegend. Obwohl alle diese Abteilungen auf steilen Höhen lagerten, erhielten sie Befehl, sich zu verschanzen. Feldwerke wurden angelegt und mit Palisaden umgeben. An geeigneten Stellen wurden Verhaue errichtet; kurz, alle befestigten sich so stark, daß keine einen feindlichen Angriff oder Überfall zu befürchten hatte. Solche Vorsichtsmaßregeln wären unter anderen Umständen überflüssig gewesen. Jetzt aber waren sie nötig, da der König sich um 24 Bataillone schwächen mußte, um Schweidnitz belagern zu können, und außerdem die Absendung zahlreicher Detachements notwendig werden konnte. Das aber wäre mit Gefahr für die Armee verknüpft gewesen, hätte man ihre Stellung nicht unangreifbar gemacht.
Bemerkenswert ist bei all diesen Ereignissen, daß die Russen am selben Tage aufbrachen und nach Polen marschierten, wo Feldmarschall Daun sein Lager bei Dittmannsdorf räumte und zwischen der Hohen Eule und Wüstewaltersdorf Stellung nahm (22. Juli). Auf diese Weise erfuhren die Österreicher nicht das geringste vom Aufbruch der Russen.
Inzwischen versammelten sich die zur Belagerung von Schweidnitz bestimmten 24 Bataillone und 30 Schwadronen am Fuße der Kunzendorfer Höhen. Der größte Teil der Kavallerie, die man in den Bergen und bei der Belagerung doch nicht verwenden konnte, wurde zum Prinzen von Württemberg geschickt, der noch auf dem Kleutschberg stand. Dann traf man ernstliche Vorbereitungen zur Belagerung der Festung, die von 11 000 Mann und einem der ersten Ingenieure Europas155-1 verteidigt wurde.
Auf die Diversion der Tartaren war nun nicht mehr zu hoffen. Allerdings streifte der Khan der Krim mit 5 000 bis 6 000 Mann an der polnischen Grenze; allein die plötzlichen Umwälzungen in Rußland hatten die Tartaren und Türken derart außer Fassung gebracht, daß sie nicht wußten, wozu sie sich entschließen sollten. Diese Gründe bewogen den König vollends zur Rückberufung des Herzogs von Bevern aus Mähren.<156> Um bei der Eroberung von Schweidnitz einigermaßen sicher zu gehen, mußten alle Anstrengungen sich darauf konzentrieren. Der König hatte für dies Unternehmen nicht einen Mann zuviel. Sobald aber Schweidnitz erobert war, konnte er seine Truppen nach Gutdünken anderweitig verwenden. Um sich von der Notwendigkeit einer Zusammenziehung der Armee zu überzeugen, braucht man nur die Zahl der verschiedenen feindlichen Korps zu berechnen, gegen die die Preußen zu kämpfen hatten. Da findet man die Armee des Feldmarschalls Daun, die Korps von Laudon, Hadik, Brentano, Beck und Elrichshausen, außerdem die Detachements in Silberberg und Martha, insgesamt 70 000 Mann. Die Armee des Königs war zwar ebenso stark, man mußte aber die Belagerungstruppen von Schweidnitz abrechnen und vor allem die bedeutend größere Ausdehnung des von den Preußen besetzten Geländes bedenken. Außerdem mußte der König sich auf Entsatzversuche von Schweidnitz durch die Kaiserlichen gefaßt machen und imstande sein, sie rasch abzuweisen. Infolgedessen mußte Werner trotz seiner zahlreichen Erfolge über Beck aus Mähren abrücken. Er traf am 1. August im Lager von Peterswaldau beim Prinzen von Württemberg ein. Gleichzeitig kam der Herzog von Bevern, der ihm folgte, in Neiße an und deckte von dort aus den Munitionstransport, der zur Belagerung von Schweidnitz abging.
Auch Tauentzien, dem die Leitung der Belagerung übertragen wurde, rückte mit einem Munitionstransport von Breslau in die Gegend von Schweidnitz. Er schloß die Festung am 4. August ein und eröffnete die Laufgräben am 7. Sie begannen an der Ziegelei und zogen sich gegen Würben, um das Fort Jauernick, auf das er seinen Angriff richtete, einzuschließen. Am selben Tage machte der Kommandant156-1 einen Ausfall, der aber seinen Erwartungen nicht entsprach. Reitzenstein attackierte die feindliche Infanterie mit seinen Dragonern und trieb sie bis an die Wälle von Schweidnitz zurück. Der König glaubte nun, wenn Feldmarschall Daun der Festung zu Hilfe kommen wollte, so werde er bestimmt über Silberberg, Martha und Langenbielau vordringen. Das war die bequemste Straße. Der Marsch über Landeshut wäre mit allerlei Schwierigkeiten verbunden gewesen. Da das Magazin aus Braunau fortgeschafft war, wäre der Transport der Lebensmittel auf dieser Seite schwierig gewesen. Außerdem war die Landeshuter Straße der größte Umweg, sodaß der König dem Gegner leicht zuvorkommen konnte. Rückte aber Daun über Silberberg, so deckte er zugleich Glatz, konnte die an den Pässen stehenden Detachements benutzen und war stets seines Rückzuges gewiß, da er zwei wohlbefestigte Stellungen im Rücken hatte. Diese Schlußfolgerung schien dem König so einleuchtend, daß er sein Hauptquartier nach Peterswaldau verlegte, wo Möllendorff mit seiner Brigade zu ihm stieß.
Das Lager, das der König bezog (12. August), stieß sozusagen an Wieds linken Flügel. Die Brigade Nymschöfsky wurde auf einem Berge bei den Schluchten von Steinseifersdorf aufgestellt und deckte von dort die Brigade Knobloch, die am<157> äußersten Ende des Lagers von Taschendorf stand. Die Infanterie des Königs dehnte sich hinter der Schlucht von Peterswaldau aus, und die Kavallerie besetzte das Gelände von Peiskersdorf bis nach Faulbrück. Am folgenden Tage traf der Herzog von Bevern in Eilmärschen von Neiße her ein. Sein Lager wurde ihm jenseits von Reichenbach auf den Höhen von Mittel-Peilau unweit Gnadenfrei angewiesen.
Die Stellung dieser kleinen Armee bildete einen Winkel, dessen einer Schenkel von Steinseifersdorf in der Richtung auf Reichenbach verlief. Dort begann der andere Schenkel, der sich über die Hügel von Peilau bis zu einer ziemlich steilen Höhe erstreckte. Reichenbach selbst lag zwischen beiden Lagern und bildete genau die Spitze des Winkels. Die Stellung bot alle wünschenswerten Vorteile. Durch das Lager von Peterswaldau deckte sie Wied, den der Feind sonst hätte umgehen können, und das Korps des Herzogs von Bevern verlegte den Österreichern, wenn sie aus den Bergen hervortraten, den Weg nach dem Zobten. Denn von diesem Berg aus hätten sie Schweidnitz unterstützen und die Aufhebung der Belagerung erzwingen können. Nun aber mußte der Feind auf dieser Seite entweder einen Umweg über Nimptsch machen, was den Preußen Zeit gab, ihm bei Költschen zuvorzukommen, oder er mußte die gute Stellung bei Peilau angreifen, wo der Herzog von Bevern sich mit Ehren behaupten konnte. Außerdem konnten die Österreicher, wenn sie der Festung wirklich auf dem Wege über Landeshut zu Hilfe kommen wollten, erst nach zwei starken Tagesmärschen in die Ebene gelangen, während die Preußen in sechs Stunden von Peterswaldau nach Freiburg zu marschieren vermochten, wo man ein Lager angelegt hatte, um die Belagerung von Schweidnitz im Notfall auch von dieser Seite zu decken. Den Hutberg und Kleutschberg besetzte der König nicht, weil diese beiden Punkte nicht seiner doppelten Absicht entsprachen, Wieds Flanke und die Belagerung zu decken. Der Hutberg und Kleutschberg liegen vor der Bielauer Schlucht, wo der Feind eine befestigte Stellung hatte, die bis zur Hohen Ecke reichte. Von dort aus hätte er leicht mit der ganzen Armee hinter den beiden Bergen hervortreten können, und das hätte, wenn sie von den Preußen besetzt waren, die schlimmsten Folgen haben können. Außerdem lagen die Berge von der Stellung der Preußen zu weit entfernt, um ihnen schaden zu können, und so gewannen die Österreicher bei ihrer Besetzung nichts.
Kaum war der Herzog von Bevern zum König gestoßen, so besetzte Beck, der ihm zur Beobachtung nachzog, den Kleutschberg, fand aber ein längeres Verweilen dort nicht ratsam und zog sich auf Silberberg zurück. Die Möhring-Husaren griffen seine Nachhut an und nahmen ihm einen Oberstleutnant, einige Leute und Gepäck ab. Wie schon gesagt, hatten die Österreicher eine befestigte Stellung in der Bergschlucht, die sich nach Langenbielau öffnet. Das Dorf war zu zwei Dritteln im Besitz der Preußen und von dem Freiregiment Hordt besetzt. Es diente als Beobachtungsposten. Von dort aus waren noch Husarenabteilungen auf den Hutberg und Spitzberg vorgeschoben. Indes war vorauszusehen, daß der Feind beim Hervortreten aus<158> den Bergen dort sein Lager aufschlagen würde. Da man ihm jedoch das Gelände überlassen wollte, so hatte man nur leichte Detachements dort hingestellt, die bereit waren, sich beim ersten Zeichen zurückzuziehen.
Diesmal traf alles ein, wie man es vorausgesehen hatte. Am 16. August trat Feldmarschall Daun in verschiedenen Kolonnen in die Ebene heraus. Seine Avantgarde plänkelte mit dem Detachement bei Langenbielau, das sich in guter Ordnung auf die Hauptarmee zurückzog. Daun bezog mit 40 Bataillonen und 40 Schwadronen ein Lager vom Hutberg bis nach Heidersdorf. Zugleich besetzte Beck den Kleutschberg mit 12 Bataillonen und 20 Schwadronen. Um diese Armee zusammenzubringen, hatten die Kaiserlichen ihre Stellungen in den Bergen sehr schwächen müssen. Die Preußen liefen also keine Gefahr, wenn sie es ebenso machten. Infolgedessen zog der König die Brigaden Ramin und Saldern an sich, sodaß seine Armee einschließlich des Herzogs von Bevern 28 Bataillone und 80 Schwadronen betrug. Doch erfordert die Wahrheit, hinzuzufügen, daß die beiden Brigaden erst am Abend nach Beendigung des Treffens anlangten.
Der König hatte seine Dispositionen zur gegenseitigen Verteidigung der beiden Lager im voraus getroffen und mit dem Herzog von Bevern verabredet, einander zu unterstützen. Die Wege waren verbreitert, andere angelegt worden. Dem Plane zufolge sollte sich das zuerst angegriffene Korps auf Verteidigung seines Lagers beschränken, während das andere ihm zu Hilfe eilen und offensiv vorgehen sollte. Dazu war das Gelände wie geschaffen. Denn wurde das Korps in Peterswaldau angegriffen, so fiel natürlich der Herzog von Bevern dem Feind in die rechte Flanke und in den Rücken. Erfolgte aber der Angriff auf Peilau, so konnte der König den linken Flügel der Österreicher umfassen. Gegen Mittag wurde es klar, daß Daun den Herzog von Bevern angreifen wollte. Alle seine Kräfte rückten nach rechts gegenüber dem Lager von Peilau, wogegen er bei einem Angriff auf die Stellung bei Peterswaldau seinen linken Flügel hätte verstärken und sich nach den Gebirgspässen ausdehnen müssen. Aber dort stand gar keine Infanterie. Am rechten Flügel der Preußen zeigten sich nur einige Husarenschwadronen, die keinerlei Beachtung verdienten.
Der König war sicher, daß es noch am selben Tage oder in der folgenden Nacht zum Gefecht kommen würde. Die Infanterie blieb unter Gewehr, die Kavalleriepferde gezäumt und gesattelt und die leichte Artillerie neben der Reiterei. Er selbst ritt zur Rekognoszierung nach den Vorposten. Kaum war er da, so sah er beim Herzog von Bevern die Zelte abbrechen und hörte Kanonendonner. Der König schickte Oberstleutnant Owstien158-1, der mit 500 Husaren gerade bei der Hand war, sofort zum Korps bei Peilau, und der Prinz von Württemberg setzte sich an die Spitze von 5 Kavallerieregimentern mit der leichten Artilleriebrigade. Möllendorff erhielt<159> Befehl, mit seiner Brigade aufs Schlachtfeld zu rücken. Der König selbst nahm das Regiment Werner mit, um schneller dorthin zu gelangen. Inzwischen übernahm Zieten den Befehl über das Korps bei Peterswaldau, damit auf dieser Seite kein Unglück geschähe.
Als der König durch Reichenbach gekommen war, übersah er die ganze Anlage des feindlichen Angriffs auf den Herzog von Bevern159-1. Lacy war mit 6 Bataillonen an Peilau vorbeigerückt und hielt sie hinter einem Hügel gedeckt, auf dem er eine Batterie von 20 Geschützen errichtet hatte. 10 andere Bataillone zeigten sich bei Gnadenfrei; auch sie hatten eine große Batterie vor sich errichtet. Sie sollten die Aufmerksamkeit des Herzogs von Bevern von Becks Vorgehen ablenken, der sich durch den Wald zog, um ihm in den Rücken zu fallen. Gleichzeitig war O'Donell mit 46 Schwadronen aus Peilau hervorgetreten, um Lacys linke Flanke zu decken. Dort hatte die Lentulussche Kavallerie, die zum Korps des Herzogs von Bevern gehörte, im Verein mit den Owstienschen Husaren schon dreimal die österreichischen Kürassiere zurückgeworfen. Inzwischen kam der Prinz von Württemberg an und formierte sich sofort gegen die feindliche Flanke. O'Donell konnte keine günstige Stellung finden. Machte er gegen den Herzog von Bevern Front, so bot er seine Flanke dem Prinzen von Württemberg dar. Trat er aber diesem entgegen, so setzte er seine rechte Flanke dem Angriff von Lentulus aus und hatte noch dazu das Feuer der Bevernschen Geschütze im Rücken. In dieser Verlegenheit, die O'Donell ergriff und die seine Kürassiere mitempfanden, bekam er eine Ladung von 15 Sechspfündern der leichten Artillerie, die in aller Eile aufgefahren waren. Dadurch wurde die Verwirrung allgemein. Zugleich attackierte das Regiment Werner, von den Czettritz-Dragonern unterstützt, die österreichische Kavallerie und warf sie nach kräftigem Anlauf über Peilau hinaus. Durch ihre Flucht wurde Lacys Flanke entblößt. Er fürchtete für seine Infanterie und zog sich schleunig zurück. Auch Beck, der schon mit dem Herzog von Bevern ins Gefecht geraten war, ließ ab. Nun traf die Brigade Möllendorff ein, aber zu spät; denn der Feind war schon überall im Rückmarsch.
Das Treffen kostete den Österreichern 1 500 Reiter. Die Preußen verloren nur 400 Mann vom Regiment Markgraf Heinrich, das sich im Kampfe besonders auszeichnete, da es allein dem ganzen Beckschen Korps die Spitze bot. Über den mißlungenen Anschlag verdrossen, hielt Daun ein längeres Verweilen auf dem Hutberg nicht für zweckmäßig, vielleicht weil er um seine entblößten Gebirgsstellungen besorgt war. Er zog sich am nächsten Abend (17. August) über Martha und Glatz nach Scharfeneck zurück, wo er bis zum Schluß des Feldzuges verblieb, ohne ein weiteres Lebenszeichen von sich zu geben.
Der König zog den Österreichern nach. Da sich aber das Bergland mit seinen Schluchten und Bachläufen zur Verfolgung nicht eignet, so tat man dem Feinde bei<160> seinem Rückzug keinen Abbruch. Nur Werner wurde bis Habendorf vorgeschoben, um die Stellungen von Silberberg und Martha zu beobachten. All diese Truppenbewegungen hatten der Belagerung von Schweidnitz geschadet. Sie war nicht in erwünschtem Maße vorgeschritten. Indes begann der Kommandant Guasco seit der Niederlage des Feldmarschalls Daun sich von seiner Verteidigung nichts Gutes zu versprechen. Er machte also den Versuch, eine vorteilhafte Kapitulation mit freiem Abzug der Besatzung zu erlangen. Während der Unterhandlungen spielte Laudon geschickt Boten mit Briefen an den Kommandanten in die Hände der Preußen. In allen diesen Briefen war von großen Plänen der Österreicher zum Entsatz der Festung die Rede. Dem König lag zwar viel an der baldigen Eroberung von Schweidnitz, er konnte aber aus zwei Gründen die von Guasco angebotene Kapitulation nicht annehmen. Der erste bezog sich auf Laudons letztjährige Korrespondenz mit Markgraf Karl über die Ausführung des Kartells. Damals hatte Laudon ausdrücklich geschrieben, der Wiener Hof glaube sich nicht verpflichtet, dem König von Preußen gegenüber sein Wort zu halten, sei es in betreff der Auswechslung der Gefangenen oder in anderer Hinsicht160-1. Diese Antwort machte man gegen Guasco geltend und erklärte sein Versprechen, er und seine Besatzung werde ein Jahr lang nicht gegen Preußen fechten, nach der formellen Erklärung des Wiener Hofes für unannehmbar. Der wahre Grund, den man nicht aussprach, war der, daß es ein großer Fehler gewesen wäre, 10 000 Mann aus einer Festung abziehen zu lassen, die sich mit einiger Geduld wohl erobern ließ. Kehrte diese Besatzung zu den Österreichern zurück, so wurde ihre Armee um 10 000 Mann verstärkt, die Preußen aber um mindestens 4 000 Mann geschwächt, die man als Besatzung nach Schweidnitz hätte legen müssen. Auf diese Weise wäre die preußische Armee um 14 000 Mann schwächer geworden als die feindliche. Die Unterhandlung wurde also abgebrochen und die Belagerung fortgesetzt.
Der König begab sich am 20. September persönlich nach Schweidnitz, um den Belagerungsarbeiten mehr Nachdruck zu geben. Sie wurden auf preußischer Seite von Lefebvre160-2 geleitet. Ihm stand einer der ersten Ingenieure der Zeit, Gribeauval, als Verteidiger gegenüber. Lefebvre wollte die Minen der Belagerten mit Hilfe der neuerfundenen Druckkugeln sprengen, aber Gribeauval blies ihm zwei Minen aus. Darüber verlor er den Kopf. Der König mußte sich persönlich mit den Einzelheiten der Belagerung befassen und die Arbeiten selbst leiten. Sofort wurde die dritte Parallele verlängert, eine Breschbatterie eingebaut und Rikoschettbatterien an der Ziegelei errichtet. Auch auf dem Kuhberg wurde eine Batterie angelegt, die die angegriffenen Werke von hinten beschoß. Einige Minenäste der Belagerten wurden gesprengt. Die Besatzung machte zwei Ausfälle und vertrieb die Preußen von einem befestigten Minentrichter, aus dem sie mit neuen Minen vordringen wollten. Diese Verdrießlichkeiten zogen<161> die Belagerung in die Länge, da man einen unterirdischen Krieg führen mußte. Doch waren die meisten Geschütze der Verteidiger ausgeschossen oder zum Schweigen gebracht. Auch die Lebensmittel gingen auf die Neige, und der Feind hätte sich schon aus Erschöpfung ergeben, hätte nicht noch eine Bombe, die vor dem Pulvermagazin des Forts Jauernick einschlug, als die Tür zufällig aufstand, das Pulver entzündet, einen Teil des Forts zerstört und 300 österreichische Grenadiere getötet. Dieser Unfall öffnete die Festung, und der Kommandant mußte Schamade schlagen. Schweidnitz kapitulierte am 9. Oktober. Guasco ergab sich mit seiner Besatzung von 9 000 Mann kriegsgefangen. Sie wurde nach Preußen abgeführt. Knobloch wurde zum Kommandanten der Festung eingesetzt, und Wied rückte mit einem großen Detachement zur Verstärkung des Prinzen Heinrich nach Sachsen.
So endigte der schlesische Feldzug minder gut, als man anfangs erwartet hatte, aber noch besser, als man nach der letzten Umwälzung in Rußland hoffen durfte. Der König übergab dem Herzog von Bevern den Oberbefehl über die schlesischen Truppen und schickte Ramin, Möllendorff und Lentulus mit ihren Brigaden nach der Lausitz, um die Umgegend von Görlitz zu besetzen, die Österreicher um Zittau und Böhmen besorgt zu machen und die Operationen des Prinzen Heinrich zu erleichtern. Die schlesische Armee bezog Kantonnementsquartiere bei dem verschanzten Lager, das sie während des ganzen Feldzuges innegehabt hatte und das nun im Winter von Detachements mit achttägiger Ablösung bewacht wurde. Dann ging der König selbst nach Sachsen. Inzwischen lassen wir Wied durch die Lausitz ziehen und nehmen den Faden des sächsischen Feldzuges wieder auf, um ihn bis zur Ankunft dieser Hilfstruppen zu verfolgen.
Wir verließen Prinz Heinrich, als er sich Serbellonis Pläne zu durchkreuzen bemühte, während Seydlitz die Reichstruppen vom Vogtland bis in die Markgrafschaft Bayreuth trieb. Prinz Heinrich wollte die Feinde für ihre Angriffe auf seine Stellungen strafen. Da er aber gegen ihre festen und furchtgebietenden Verschanzungen nichts ausrichten konnte, so gedachte er sich durch Diversionen nach Böhmen schadlos zu halten. Zu dem Zweck ging Kleist über Sebastiansberg und verbreitete Schrecken im Saazer Kreise. Bald erfuhr Serbelloni von dieser Beunruhigung und schickte Blonquet mit 4 000 Mann zur Hilfe nach Böhmen. Blonquet ließ die Straße nach Einsiedel verschanzen, stellte dort einige Truppen auf und rückte mit seiner Hauptmacht nach Dux. Andrerseits hatte die Reichsarmee sich Ölsnitz genähert. Von da wollte sie die Straße nach Schneeberg einschlagen und an der sächsischen Grenze entlang ziehen, um sich mit Blonquet zu vereinigen. Kaum war Kleist aus Böhmen zurück, so mußte er wieder dorthin, um diesen Plan zu vereiteln. Er zog das ihm unterstellte Detachement bei Purschenstein zusammen, eroberte die Schanze bei Einsiedel und nahm 400 Mann und eine Kanone weg (18. Juli). Von da warf er sich auf die Batthyanyi-Dragoner, die dem eben geschlagenen Feinde zu Hilfe eilten, und<162> warf sie in die Flucht. Dann verfolgte er Blonquet, der sich bei seinem Anmarsch von Dux auf Teplitz zurückzog. Dort ließ er ihn, eilte nach Sebastiansberg und kam den Reichstruppen in die Flanke. Sie zogen sich sofort auf Annaberg, dann auf Hof und schließlich auf Bayreuth zurück.
Nun beschloß Prinz Heinrich, ein stärkeres Korps nach Böhmen zu senden und die Abwesenheit der Reichstruppen zur Ausführung eines glänzenden Streichs zu benutzen. Er wollte den Feind von Teplitz vertreiben, Altenberg besetzen und die Kaiserlichen aus ihrer Stellung von Dippoldiswalde durch Umgehung verdrängen. Seydlitz wurde mit der Ausführung des Planes beauftragt, ließ aber nach seinem Abmarsch nur Schulenburg162-1 mit 500 Pferden zur Beobachtung des Prinzen Stolberg und der Reichsarmee zurück. Er selbst fiel mit seinem Detachement in Böhmen ein und langte nach einem Eilmarsch am 31. Juli in Komotau an. Kleist drang am 1. August über Göhren in Böhmen ein. Alle feindlichen Beobachtungsposten wurden zurückgeworfen. Am selben Tage erkundete Seydlitz das Lager bei Teplitz und traf seine Vorbereitungen zum Angriff. Am nächsten Tage wollte er sich einer Höhe bemächtigen, die die Kaiserlichen zu besetzen versäumt hatten. Ein merkwürdiger Zufall fügte es, daß die Preußen den Hügel von der einen und die Feinde von der anderen Seite erstiegen. Die Österreicher erreichten die Höhe zuerst und hatten damit das Gelände für sich. Löwenstein, der sie befehligte, erhielt während des Treffens Verstärkung, und die Preußen wurden mit einem Verlust von 400 Mann und 2 Kanonen zurückgeworfen. Seydlitz hatte zum Angriff nur 4 Bataillone verwandt, die Feinde aber hatten 12, und so mußte er der Überzahl weichen. Nachdem dies Korps seinen Zweck verfehlt hatte, kehrte es nach Sachsen zurück und verschanzte sich bei Purschenstein. Obwohl die Erwartung des Prinzen Heinrich nicht in Erfüllung ging und der Anschlag mißglückte, wurde durch jene Folge von Unternehmungen doch die Verbindung der Reichstruppen mit den Kaiserlichen während des ganzen August verhindert.
Prinz Stolberg, der nur 500 Pferde vor sich hatte und sich durch nichts mehr gehindert sah, marschierte mit seiner Armee von Bayreuth nach Kaaden, wo Oberst Török sich mit ihm vereinigte. Auf preußischer Seite war Belling eben zur sächsischen Armee gestoßen. Er wurde sogleich verwandt und ins Vogtland geschickt, von wo er, die Abwesenheit des Prinzen Stolberg benutzend, einen Einfall nach Böhmen machte, um den Prinzen wieder zurückzulocken. Unvermutet erscheint er vor Eger, läßt einige Kanonenschüsse gegen die Festung abfeuern, und die schwache Besatzung ergibt sich auf ein Haar seinen Husaren. Indes hatte Prinz Heinrich sein Korps bald anderswo nötig. Belling mußte nach der Lausitz rücken und Luszinsky entgegentreten, der bei Elsterwerda und Senftenberg umherstreifte und dem man die schlimmsten Absichten zutraute.<163> So gering auch die Fortschritte der Preußen bisher gewesen waren, so hatten sie den Wiener Hof doch schon gereizt. Man war dort über die Einfälle in Böhmen äußerst aufgebracht und schob alle Schuld auf die Generale. Besonders erzürnt war die Kaiserin auf Serbelloni, weil er mit seiner großen Armee nichts unternahm. Ihm wurde Mangel an Geschicklichkeit und Wachsamkeit bei der Deckung Böhmens vorgeworfen. Aus Unzufriedenheit über sein Verhalten wurde er also abberufen und vom Hofe auf Dauns Empfehlung durch Hadik abgelöst.
Prinz Stolberg setzte unterdes seinen Marsch fort, ging über Teplitz und Berggießhübel und vereinigte sich bei Dresden mit der kaiserlichen Armee, ungefähr zur selben Zeit, als Hadik deren Oberbefehl übernahm. Der neue Heerführer wollte sein Eintreffen durch einen glänzenden Schlag kundtun und befahl für den 27. September einen allgemeinen Angriff auf alle Vorposten des Lagers bei Pretzschendorf. Wirklich gelang Buttler die Einnahme einiger von Freibataillonen verteidigten Schanzen im Tharandter Walde. Ebenso zwang Löwenstein, der eben mit seinem Korps aus Böhmen eintraf, Kleist zum Rückzug auf Sayda. Doch am folgenden Tage ließ Prinz Heinrich Buttler wieder aus der eben eroberten Stellung vertreiben, und Seydlitz zwang 3 000 Österreicher zum Verlassen des tags zuvor eingenommenen Frauensteiner Grundes.
Ungeachtet der hier errungenen Vorteile trieb Löwenstein Kleist noch weiter zurück und setzte sich bei Sayda fest. Dadurch war die preußische Bäckerei in Freiberg gefährdet, und Prinz Heinrich hatte zugleich ein feindliches Korps im Rücken. Außerdem hatte der Prinz ein so ausgedehntes Gelände zu verteidigen, daß ein kräftiger feindlicher Angriff an jeder beliebigen Stelle erfolgreich gewesen wäre. Daher verließ er die Gegend von Pretzschendorf und wählte am 30. September sein Lager bei Freiberg hinter der Mulde. Am gleichen Tage bezogen Forcade und Hülsen wieder die Lager bei Meißen und den Katzenhäusern. Belling, der aus der Lausitz herbeigerufen war, wurde mit Mist nach Groß-Hartmannsdorf detachiert. Von dort drangen beide bis Groß-Schirma vor, um die Furt gegen Löwenstein zu verteidigen, der hinter der Mulde und Dorf Chemnitz stand.
Aber das Lager bei Freiberg erwies sich als zu ausgedehnt, oder, besser gesagt, die Armee des Prinzen Heinrich war zu seiner Besetzung nicht stark genug. Ferner mußten auch alle Muldefurten und besonders die rechte, gegen Brand und den Ratswald gerichtete Flanke verteidigt werden. Schließlich war nicht nur die lange Verteidigungslinie, sondern auch die Verbindung mit den Lagern bei Meißen und den Katzenhäusern durch Besetzung der Stellung bei Vossen zu sichern. Zur Behauptung der Triebischufer hatten Hülsen und Forcade zusammen nur 14 Bataillone. Sie durften also nicht einen einzigen Mann detachieren, ohne sich völlig zu schwächen. Der Prinz entschloß sich zur Verschanzung seines Lagers. Aber er konnte weder Arbeiter noch Werkzeuge genug zur Ausführung einer so ausgedehnten Arbeit auftreiben. So waren denn die geplanten Werke kaum erst angefangen.<164> So standen die Dinge, als am 14. Oktober morgens Ried mit 18 Bataillonen auf den Seligstädter Höhen gegenüber von Hülsen erschien. Gleichzeitig rückte das Zentrum der Hadikschen Armee auf Niederschöne. Die Reichstruppen lagerten bei Dorf Chemnitz, und Campitelli stellte sich bei Weißenborn am äußersten rechten Flügel des Prinzen Heinrich auf. Außerdem rückte Kleefeld mit 5 000 Pferden gegen Belling, um ihn aus Groß-Hartmannsdorf zu vertreiben. Belling machte Miene, sich zurückzuziehen. Aber plötzlich schwenkte er um, griff den Feind ungestüm an, schlug ihn in die Flucht und nahm seine Stellung wieder ein. Beide Armeen brachten die Nacht im Biwak zu.
Am nächsten Tage griff der Feind ernsthaft alle Muldeübergänge an, wurde aber überall von den Preußen zurückgeworfen. Unmittelbar nach dem Rückzug der Angreifer begab sich Prinz Heinrich auf den rechten Flügel. Es war Abend und schon sehr dunkel, dennoch gewahrte er mit Erstaunen die dort herrschende Verwirrung. Belling war von seinem Posten vertrieben worden, und Bandemer, der ihm beistehen sollte, hatte ihn mangelhaft unterstützt. Prinz Stolberg hatte den Augenblick zur Besetzung des Ratswalds benutzt und stand dort den Preußen in der Flanke und im Rücken. Der schlimme Zwischenfall nötigte Prinz Heinrich zur Aufgabe seiner Stellung, die unter den obwaltenden Umständen nicht länger zu halten war. Um Mitternacht brach er mit der Armee in drei Kolonnen auf und erreichte den Zelleschen Wald, ohne daß der Feind etwas merkte oder Miene machte, ihn zu beunruhigen. Die Truppen schlugen im Walde Baracken zum Schutz gegen die Kälte auf und besetzten am folgenden Tage eine vorteilhaftere Stellung zwischen Riechberg und Voigtsberg. Hadik blieb mit dem Gros seiner Armee auf dem Landsberg, und die durch Campitelli verstärkten Reichstruppen verschanzten sich rings um Freiberg. Dort sollte auch Macquire in kurzem zu ihnen stoßen.
Von der anderen Seite war Wied in vollem Anmarsch. Er näherte sich Bautzen und sollte die Höhen von Weißig besetzen, um bis auf den Weißen Hirsch vorzugehen. Dort befand er sich im Rücken der Stellung von Boxdorf und konnte die Dresdener Neustadt bombardieren. Diese Diversion war ihm vom König vorgeschrieben worden, um Hadik zur Absendung eines starken Detachements über die Elbe zu nötigen. Dann hätte Prinz Heinrich Luft schöpfen und die Dinge wieder in Ordnung bringen können. Daun jedoch durchschaute die Absicht des Königs und wollte Hadik das dauernde Übergewicht in Sachsen sichern. Er ließ also Prinz Albert von Sachsen164-1 mit einem Detachement von 12 Bataillonen und 15 Schwadronen Wied stets zur Seite bleiben. Der Prinz marschierte durchZittau und erreichte die Höhen bei Weißig vor den Preußen. Wied sah seine Absicht vereitelt und zog sich nach Radeburg zurück. Von dort wandte er sich nach Großdobritz, um an die Elbe zu gelangen und sich nach überschreiten des Flusses mit der Armee des Prinzen Heinrich zu vereinigen.<165> Während dieser Ereignisse in der Lausitz sann der Prinz auf einen Streich, um sich an den Feinden zu rächen. Er mußte die Kaiserlichen und die Reichstruppen von den sächsischen Bergen vertreiben, teils um seinen Truppen während des Winters Unterhalt zu verschaffen, teils um bei dem nahenden Friedensschluß kein Terrain zu verlieren. Mußte er außerdem nicht die Ehre der preußischen Waffen rächen und mit Recht fürchten, daß Prinz Stolberg, wenn man ihm Zeit ließ, Verstärkungen abzuwarten, selbst etwas gegen die Preußen unternahm? Klugheit, Ehre, Nutzen und politische Rücksichten zwangen den Prinzen also, den Feinden zuvorzukommen.
Prinz Heinrich zögerte nicht mit der Ausführung seines Planes und setzte sich am 28. Oktober in Marsch. Sein rechter Flügel ging über Bräunsdorf und Lang-Hennersdorf, der linke zog durch das Defilee von Gruna und teilte sich dann in zwei Korps, deren eines bei Lang-Hennersdorf, das andere bei Groß-Schirma stehen blieb. Am 29. setzten sich die Truppen wieder in Bewegung. Der äußerste linke Flügel sollte die feindliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen und wurde von Forcade auf den Höhen von Groß-Schirma aufgestellt. Belling vertrieb die Kaiserlichen aus dem sogenannten Struth-Walde und setzte sich dort mit 2 Bataillonen und 10 Schwadronen fest. Diese Stellung erleichterte Alt-Stutterheim165-1 die Errichtung von Batterien gegen die Schanzen der Reichstruppen bei Waltersdorf. Der rechte Flügel des Prinzen setzte seinen Marsch fort und ließ die erwähnte Batterie und den Struth-Wald links liegen. Kleist mußte mit seiner Avantgarde zwei von Kroaten verteidigte Verhaue wegräumen, um den Weg für die Kolonne des Prinzen zu bahnen. Inzwischen hatten sich Stolberg und Campitelli um Freiberg in Schlachtordnung gestellt. Ihr rechter Flügel lehnte sich an Tuttendorf, der linke zog sich hinter dem Defilee von Waltersdorf bis zum Spittelwald. Außerdem hatten die Gegner auf dem Kuhberg Schanzen errichtet und mit Verhauen umgeben. Prinz Heinrich marschierte gerade im Rücken dieser Stellung heran. Sobald Prinz Stolberg das bemerkte, füllte er den leeren Raum zwischen seinem linken Flügel und der Höhe Drei-Kreuze mit dem zweiten Treffen aus. Dreitausend Schritt von seiner Armee, zwischen Brand und Erbisdorf, erschien noch ein Korps von etwa 6 000 Mann unter General Meyer165-2 auf den Höhen.
Die Preußen hatten bereits den Spittelwald erreicht. Sie griffen ihn herzhaft an und nahmen ein ganzes Bataillon des kaiserlichen Regiments Wied gefangen. In dem Gehölz zwischen dem Dorfe St. Michael und dem Spittelwald wurden Diringshofen165-3 und Manstein165-4 mit 4 Bataillonen und 6 Schwadronen aufgestellt, um das Korps des Generals Meyer in Schach zu halten. Nach diesen Vorsichtsmaßregeln zogen die preußischen Grenadiere durch den St. Michael zunächst liegenden Teil des Waldes und stellten sich gegenüber der Höhe Drei-Kreuze in Schlachtordnung.<166> Dann gingen sie, von Kürassieren und Dragonern unterstützt, zum Angriff vor und errangen nach anderthalbstündigem Feuer den Sieg. Nun warf sich Seydlitz mit seiner Kavallerie auf die Fliehenden und machte noch bis vor die Tore von Freiberg Gefangene. Daraufhin verließen die Reichstruppen die Schanzen bei Waltersdorf. Alt-Stutterheim benutzte den Augenblick zum Durchschreiten des Defilees und eilte mit seiner Kavallerie hinter den Flüchtigen her, was die Verwirrung und die Niederlage der Besiegten noch vermehrte. Buttler, der bisher noch nicht über die Mulde gegangen war und dem Gefecht nur als Zuschauer beigewohnt hatte, wollte nun auch etwas leisten. Er schickte den Reichstruppen das Regiment Nikolaus Esterhazy zu Hilfe, aber zu spät. Das ganze Regiment wurde gefangen genommen. Kurz, Prinz Stolberg, Campitelli, Meyer, selbst Buttler, alle flohen bis nach Frauenstein und hielten sich selbst da kaum für sicher.
Die Feinde verloren bei Freiberg 30 Kanonen, 66 Offiziere und fast 8 000 Mann, darunter 4 000 Gefangene. Der Verlust der Preußen betrug keine tausend Mann, weil sie auf keinen sehr hartnäckigen Widerstand stießen. Sie waren nur 29 Bataillone und 60 Schwadronen stark. Der Feind, den sie zu bekämpfen hatten, besaß 49 Bataillone und 78 Schwadronen. Außerdem hatte er das Gelände für sich, wenn er es zu verteidigen gewußt hätte. Allein der Erfolg im Felde hängt mehr von der Geschicklichkeit des Führers als von der Truppenzahl ab. Eine Lobrede auf Prinz Heinrich wäre hier überflüssig. Das schönste Lob, das man ihm spenden kann, ist die Erzählung seiner Taten. Kenner werden darin leicht die glückliche Mischung von Klugheit und Kühnheit finden, die so selten und doch so wünschenswert ist. Denn in dieser Vereinigung liegt eben der höchste Grad von Vollkommenheit, den die Natur bei Erschaffung eines großen Kriegshelden erreichen kann.
Nach dem Siege bei Freiberg ließ Prinz Heinrich die Ufer der Wilden Weißeritz von den wenigen sich noch zeigenden Feinden säubern. Das erschreckte Hadik so sehr, daß er die Truppen des Prinzen Albert über die Elbe gehen ließ und dem Prinzen von Stolberg beträchtliche Verstärkungen schickte, damit er sich in seiner Stellung bei Frauenstein halten konnte.
Wied kam am 1. November im Lager bei Schlettau an und löste Hülsen ab, dessen Korps zum Prinzen Heinrich stieß. Platen wurde vorgeschoben und ging mit 9 000 Mann über die Mulde. Belling rückte zwischen Sasselbach und Burkersdorf vor und unterhielt nachts so viele Lagerfeuer wie bei einer großen Armee. Zugleich sandte Wied ein Detachement nach Neukirch zur Beunruhigung des Lagers von Plauen. Diese zweckmäßigen Maßnahmen hatten den gewünschten Erfolg; denn Prinz Stolberg zog sich noch in der Nacht auf Altenberg gegen die böhmische Grenze zurück. Nun besetzte Belling die Gegend bei Frauenstein, und Platen lagerte sich bei Purschenstein zur Deckung des Kleistschen Korps, das über Einsiedel in Böhmen einrückte. Kleist zerstörte das ansehnliche österreichische Magazin in Saaz, machte Streifzüge bis nach Leitmeritz und kehrte über Sebastiansberg nach Sachsen zurück. Um diese Zeit traf<167> der König in Meißen ein167-1 und schob Wied nach Kesselsdorf vor. Der stieß dort auf einen Beobachtungsposten Rieds auf dem Landsberg. Anhalt und Prittwitz griffen ihn an, machten 500 Gefangene und erbeuteten 4 Kanonen (7. November). Derselbe Anhalt hatte sich schon im Treffen bei Langensalza und beim Angriff auf Leutmannsdorf hervorgetan167-2. Mit dieser schönen Waffentat schloß der Feldzug ab. Die sehr rauhe Witterung nötigte zum Beziehen von Kantonnementsquartieren.
Um diese Zeit wurden zu Versailles die Friedenspräliminarien zwischen Frankreich und England unterzeichnet167-3. Im Laufe der Unterhandlungen hatten die Engländer die Interessen des Königs völlig preisgegeben. Seit Bute die Geschäfte leitete, war ihr Benehmen schmachvoll. Sie willigten sogar ein, daß die Franzosen im Besitz von Kleve und Geldern blieben.
Dieser feige Abfall zwang den König, auf Mittel zu sinnen, um den Wiener Hof zu einem billigen Frieden zu bestimmen. Die Reichsfürsten waren des Krieges müde, und die französische Armee schickte sich zum Rückmarsch über den Rhein an. Das schien der rechte Augenblick, um die deutschen Fürsten zur Neutralität zu bewegen und dadurch die Kaiserin-Königin völlig zu isolieren. Zu dem Zweck wurde Kleist mit seinem Korps ins Reich geschickt. Er bemächtigte sich Bambergs. Dann rückte er auf Nürnberg, das er zur Kapitulation zwang. Seine Husaren streiften bis unter die Tore von Regensburg und störten den Reichstag in seinen Beratungen. Mehrere Reichsdeputierte ergriffen vor Schreck die Flucht. Der Herzog von Württemberg, obwohl noch weit vom Schuß, war im Begriff, sich ins Elsaß zu retten. Kurz, der Einfall tat solche Wirkung, daß die Kurfürsten von Bayern und Mainz167-4, der Bischof von Bamberg und von Würzburg167-5 um Frieden baten und sofortige Zurückziehung ihrer Kontingente bei der Reichsarmee versprachen. Das einzige Mittel zur Erstickung der Feuersbrunst in Deutschland bestand in der Beseitigung alles Zündstoffes. Nach diesem schönen Zuge kehrte Kleist Anfang Januar nach Sachsen zurück. Dort wurde längs der Triebisch und Mulde eine Postenkette von Sayda bis Meißen gezogen. Andere Korps wurden längs der böhmischen Grenze bei Chemnitz, Zwickau und Gera aufgestellt und die Hauptarmee von Sorau bis tief nach Thüringen verteilt.
Wir haben in der Darstellung dieses Feldzuges wohl keine erwähnenswerte Operation fortgelassen. Allerdings haben wir nichts vom Kriege in Portugal167-6 gesagt, aber ein Historiker ist stets in Verlegenheit, wenn er nichts zu berichten hat. Die portugiesischen Bauern hatten von allem, was geschah, die Ehre. Ihre Tatkraft<168> siegte über die bedächtige Langsamkeit der Spanier, die mit allen ihren Kräften keine Fortschritte machten. Der Friede zwischen Frankreich und England, für Europa so nötig und nützlich, brachte jedenfalls den portugiesischen und spanischen Generalen mehr Vorteil als manchen Ländern. Denn er ließ der Phantasie freien Spielraum zur Annahme von Heldentaten, die die Feldherren bei längerer Dauer des Krieges hätten vollbringen können.
<169>Letztes Kapitel
Der Friede.
Kaum hatten die Truppen Kantonnementsquartiere bezogen, als Fritsch169-1, Geheimer Rat des Königs von Polen, nach Meißen kam, wo der König sein Hauptquartier hatte. Da Fritsch Güter in der Umgegend besaß, so erschien seine Ankunft nicht auffällig. Er erbat und erhielt eine Audienz beim König (29. November). Nach einigen Gemeinplätzen über das Unheil des Krieges und die Segnungen des Friedens kam er mit der Sprache heraus und sagte, der Friede sei vielleicht nicht so fern, wie man glaube. Er selbst habe sogar einige Aufträge, mit deren Ausrichtung er nur gezögert habe, da er nicht wisse, ob sie nicht ungünstig aufgenommen würden.
Der König erwiderte, seine Feinde hätten ihn zum Kriege gezwungen, sich bisher dem Frieden widersetzt oder ihn unter allerlei Vorwänden abgelehnt. Wenn man also die Unruhen in Deutschland zu beenden wünsche, so möge man sich nicht an ihn wenden, sondern an die, die die Wirren erregt und unterhalten, ja deren Feindseligkeit und Erbitterung in dem Maße zugenommen hätten, als sie bei der Ausführung ihrer verderblichen Pläne auf Widerstand und Hindernisse gestoßen wären. Hierauf überreichte Fritsch dem König einen Brief des Kurprinzen169-2, worin es hieß, dem Kurprinzen läge die Ruhe Europas am Herzen, und er hätte sich alle Mühe zu ihrer Wiederherstellung gegeben. Zu dem Zweck hätte er die Gesinnung der Kaiserin-Königin erforschen lassen und sie vollkommen zum Frieden geneigt gefunden. Da es also nur noch auf die Zustimmung des Königs von Preußen ankäme, um die Zwistigkeiten der kriegführenden Mächte beizulegen, so bäte er Seine Majestät, sich über diesen Gegenstand zu äußern.
Nachdem der König den Brief gelesen hatte, rief er Fritsch das ganze Betragen des Wiener Hofes während des Krieges in Erinnerung und sagte, es sei eine alte Gepflogenheit dieses Hofes, erst nach seinen Verbündeten Frieden zu schließen, wie so<170> viele Beispiele aus der Geschichte lehrten. Deshalb schiene ihm die Friedensneigung der Kaiserin jetzt auch nicht aufrichtig. Lediglich um sich keine Vorwürfe machen zu müssen, daß er Eröffnungen zurückgewiesen habe, die vielleicht zur Beendigung dieses verhängnisvollen Krieges führen könnten, erkläre er, der König: obwohl er mit gutem Recht Entschädigung für die in seinen Ländern begangenen Greueltaten und Verwüstungen fordern könne, so wolle er doch aus Friedensliebe davon absehen, aber nur unter der Bedingung, daß keiner seiner Feinde solche Entschädigung von ihm fordere; denn er sei fest entschlossen, das, was er bisher mit dem Schwerte verteidigt hätte und noch weiter zu verteidigen sehr wohl imstande sei, nicht durch einen Federstrich zu verlieren. „Hat also das Haus Österreich“, so schloß er, „ernstlich die Absicht, mit mir zu unterhandeln, so ist es zur Vermeidung aller Mißverständnisse und zweideutigen Auslegungen nötig, daß wir uns zuvor über die Grundlagen der Verhandlung einigen. Ich sehe nur drei, die zum erwünschten Ziel führen können, nämlich: ein billiger Friede, der keine der kontrahierenden Mächte beeinträchtigt, zweitens ehrenvolle Bedingungen für beide Teile und drittens dauerhafte Befestigung des Friedens durch wohlbedachte Maßregeln.“
Aus der Antwort des Königs ersah Fritsch, daß er vor allem sein Mißtrauen gegen die ehrlichen Absichten des Wiener Hofes zerstreuen müsse. Um ihn vollends von der Geneigtheit der Kaiserin zum Frieden zu überzeugen, teilte er ihm einen Bericht aus Wien mit, den Gaul, der dortige sächsische Geschäftsträger, eben an den Kurprinzen geschickt hatte170-1. Nach diesem Bericht hatte Graf Kaunitz Gaul bestimmte Versicherungen gegeben, daß die Kaiserin den Krieg schnell zu beenden wünsche. Aber es standen auch grobe Unwahrheiten darin. So versicherte Graf Kaunitz dem sächsischen Geschäftsträger, die Kaiserin habe dem König von Preußen zweimal den Frieden angeboten, erst durch Frankreich, dann durch England170-2, und die Ablehnung des Königs rechtfertige die von ihr getroffenen Maßregeln zur Weiterführung des Krieges. Die Behauptung war notorisch falsch und erfunden. Nie hatte der Wiener Hof dem König derartige Anerbietungen gemacht, weder durch Frankreich noch auch durch England. Dieser Anfang versprach nichts Gutes. Denn was war von einer Unterhandlung zu hoffen, die mit Falschheiten und Lügen begann? Da aber Kleinigkeiten oft den größten Dingen schaden, so mußte der König über die Mitteilungen des Grafen Kaunitz an den sächsischen Geschäftsträger hinweggehen und nur die Gründe prüfen, aus denen die Kaiserin wohl den Frieden wünschen konnte. Er mußte sich<171> überzeugen, ob diese Gründe so gewichtig und stichhaltig waren, daß sie ihr einigen Eindruck gemacht hatten.
In der Tat waren 100 000 Türken an der ungarischen Grenze171-1 sehr geeignet, auch dem kriegswütigsten Staatsrat friedliche Gesinnungen einzuflößen. Dazu kam der Abfall der Russen und Schweden, von denen die ersteren sogar eine Weile mit den Preußen gefochten hatten. Auch wenn man in ihnen keinen neuen Feind zu befürchten hatte, blieben sie doch alte Freunde des Königs, und damit fielen immerhin einige Diversionen gegen Preußen weg. Mußte man in Wien nicht auch in Betracht ziehen, daß die größten deutschen Fürsten eben ihren Separatfrieden mit Preußen schlossen171-2? Denn woraus bestand die Reichsarmee, wenn nicht aus deren Truppen? Andrerseits waren die Präliminarien zwischen Frankreich und England unterzeichnet171-3, und die Franzosen hatten sich zur sofortigen Zurückziehung ihrer Truppen aus Deutschland verpflichtet. Auf dem großen Kampfplatze waren also nur noch die Kaiserin und der König verblieben, wie zwei auf Leben und Tod miteinander Ringende, die von ihren Mitstreitern verlassen worden sind. Soviel von den politischen Gründen.
Auch die inneren Zustände im Staatswesen boten nicht minder starke Gründe: die Entmutigung durch die Mißerfolge des letzten Feldzuges, die unendlichen Schwierigkeiten, das zur Kriegführung erforderliche Geld aufzutreiben, die Uneinigkeit unter den Generalen, die Zwistigkeiten unter den Ministern, die Zerwürfnisse in der kaiserlichen Familie, die schwankende Gesundheit des Kaisers und vielleicht auch die Unwahrscheinlichkeit, allein und ohne Beistand mit Preußen fertig zu werden, nachdem es mit Hilfe so vieler Bundesgenossen nicht gelungen war, den Gegner zu demütigen und zugrunde zu richten.
Die militärischen Gründe waren ebenso triftig wie die oben angeführten. Dresden war schlecht verproviantiert. Die böhmischen Magazine waren teils leer, teils durch den Kleistschen Einfall171-4 zerstört. Das alles erregte natürlich in Warschau und Wien die Befürchtung, Dresden möchte bei Beginn des nächsten Feldzuges von den Preußen erobert werden. Wenn Böhmen dann auch nicht den Kriegsschauplatz abgab, so war es doch den Einfällen der preußischen Truppen ausgesetzt.
Alle diese Gründe überzeugten den König von der Ehrlichkeit der Friedenswünsche des Wiener Hofes. Nach reiflicher Erwägung erteilte er Fritsch eine günstige Antwort und übergab ihm zugleich ein Schreiben an den Kurprinzen171-5, worin er diesem für die Mühe dankte, die er sich zur Versöhnung der Gemüter gegeben hätte, und ihm<172> versicherte, er werde seinerseits gern zur Wiederherstellung des Friedens beitragen, soweit es ihm seine Ehre gestatte.
Bald darauf verließ der König Meißen und besichtigte die Kette der Winterquartiere an der böhmischen und Reichsgrenze. Dann begab er sich nach Leipzig, wo er für den Winter sein Hauptquartier aufschlug. Einige Tage nach der Ankunft des Königs erschien Fritsch abermals bei ihm mit der Antwort des Wiener Hofes über die Grundsätze, die bei der Unterhandlung maßgebend sein sollten172-1. Die Denkschrift war voll schwülstiger, rätselhafter, dunkler und für jeden andern als Kaunitz unverständlicher Ausdrücke. Zum Glück hatte Graf Flemming, der sächsische Gesandte in Wien, diesen Text durch einen langen Brief kommentiert, worin er die Dunkelheiten des österreichischen Kanzleistils erklärte. Er verbürgte sich für die Aufrichtigkeit der Gesinnung der Kaiserin und für ihre volle Zustimmung zu allen etwa von ihr geforderten Entschädigungen für das durch den Krieg zerrüttete Sachsen. Immerhin bereitete er den König vorsichtshalber auf einige Umstände und äußerliche Umschweife von seiten der Österreicher vor; denn die kaiserliche Würde verlange, daß man alles nur gezwungen tue und die Sache durch unnütze Schwierigkeiten in die Länge ziehe, bevor der Wiener Hof endgültig auf die Bedingungen eingehe, die er schon jetzt stillschweigend annehme. Nach dieser Antwort waren die Parteien über die Grundlage einig, und der Friede konnte in der vom König gewünschten Weise geschlossen werden.
Was den König betraf, so zog er aus vielerlei Gründen bescheidene und maßvolle Friedensbedingungen größerem Gewinn vor. Ein Heraufschrauben der Forderungen war in der jetzigen Lage um so weniger ratsam, als man Entschädigungen nur durch Siege hätte erkämpfen können und die Armee zu zerrüttet und heruntergekommen war, um noch glänzende Taten mit ihr zu vollbringen. An guten Generalen und tüchtigen Detachementsführern herrschte Mangel. Die alten Offiziere waren in vielen mörderischen Schlachten für das Vaterland gefallen. Der Nachwuchs war noch blutjung und so unreif, daß man keine großen Erwartungen darauf setzen konnte. Die alten, verdienten Soldaten und Vorkämpfer waren gefallen, und ihr Ersatz waren großenteils Überläufer oder schwächliche junge Leute unter achtzehn Jahren, unfähig zum Ertragen der Beschwerden eines harten Feldzuges. Viele Regimenter waren während des Krieges mehrfach vernichtet und dreimal neuformiert worden. In solchem Zustande konnten die Truppen den Führern kein Vertrauen einflößen.
Auf welchen Beistand konnte der König bei Fortsetzung des Krieges rechnen? Er stand völlig allein und ohne Bundesgenossen da. Die Gesinnung der Kaiserin von Rußland gegen ihn war zweifelhaft. Die Engländer benahmen sich weniger als<173> Freunde wie als erklärte Feinde. Die Türken waren durch die zahlreichen Umwälzungen in Rußland verblüfft und wußten nicht, was sie tun sollten. Sie lehnten das ihnen seit Jahren vorgeschlagene Defensivbündnis ab, und selbst der Tartaren-Khan nötigte in diesem Augenblicke den preußischen Residenten an seinem Hofe173-1 zur Abreise. Außer all diesen widrigen Umständen war sehr zu befürchten, daß bei der Fortsetzung des Krieges die Pest in Sachsen, Schlesien und Brandenburg aufträte; denn die meisten Felder lagen brach, die Lebensmittel waren rar und unerschwinglich und das flache Land von Menschen und Vieh entblößt. In all diesen Ländern sah man nur die furchtbaren Spuren des Krieges und die Vorboten größeren Elends für die Zukunft. Unter so schrecklichen Umständen war bei der Fortsetzung des Krieges alles zu befürchten. Hätte man auch den bevorstehenden Feldzug begonnen, so hätte man dadurch keine besseren Bedingungen erlangt. Nach vergeblichem Widerstande hätte man sich doch nur im Kreise herumgedreht und zu denselben Bedingungen zurückkehren müssen, über die man sich bereits einig war.
Die Österreicher schlugen einen Kongreß vor, was der König sogleich annahm. Sie schickten als Bevollmächtigten Collenbach173-2 und der König seinen Legationsrat Hertzberg173-3. Man kam überein, die Verhandlungen in Hubertusburg zu führen. Ort und Umgebung wurden öffentlich für neutral erklärt. Nach den üblichen Formalitäten begannen die Unterhandlungen am 30. Dezember.
In diesen glücklichen Tagen beruhigten sich die erhitzten und durch den Krieg aufgebrachten Geister plötzlich vom einen Ende Europas bis zum andern. Wie schon gesagt, waren die Präliminarien zwischen Frankreich und England unterzeichnet173-4. Das Versailler Ministerium hatte sich nach den Mißerfolgen seiner Waffen in Indien und Europa dazu bereit gefunden; denn im letzten Frühjahr hatten die Engländer Martinique erobert und im Sommer den Spaniern Havanna fortgenommen und ihre Flotte ganz vernichtet. Diese Unglücksfälle, die ungeheuren Ausgaben Frankreichs und die Unmöglichkeit, neue Geldquellen zu erschließen, hatten den Staatsrat endlich zum Frieden bewogen. Die Engländer konnten ihren Feinden die Friedensbedingungen diktieren und einen ruhmvollen Frieden schließen. Statt dessen gaben sie auf Butes Antrieb die Interessen ihrer Bundesgenossen preis. Sie gestatteten den Franzosen, nach dem Friedensschluß im Besitz von Wesel und Geldern und der umliegenden Gebiete zu bleiben173-5. Aber nicht zufrieden, ihre Verpflichtungen und die Heiligkeit der Verträge mit Füßen zu treten, intrigierte Bute auch noch am Petersburger Hofe und streute Mißtrauen und Argwohn gegen den König aus, sodaß dieser auf keine europäische Macht rechnen konnte, ja neue Zwistigkeiten mit Rußland befürchten mußte.<174> Mitten in dieser allgemeinen Unruhe, wo oft unbedachte Entschlüsse gefaßt wurden, traf es sich, daß das englische Ministerium, gewiß wider Willen, Preußen einen wichtigen Dienst leistete, und zwar folgendermaßen. Kaum waren die Präliminarien unterzeichnet, so entließ das Ministerium aus Sparsamkeitsrücksichten alle leichten Truppen bei der Armee des Prinzen Ferdinand, unter anderm auch die britische Legion174-1. Dies 3 000 Mann starke Korps übernahm der König von Preußen nebst den 800 preußischen Husaren des Regiments Baur174-2 und dem braunschweigischen Freikorps, das ebensoviel Leute zählte. Das zwischen 5 000 und 6 000 Mann starke Detachement erhielt Befehl, sofort nach der Kleveschen Grenze zu rücken. Das jagte den Franzosen einen großen Schreck ein. Sie wähnten, der König beabsichtige eine Diversion nach Flandern oder Brabant, und teilten ihren Argwohn den Österreichern mit, die sofort 10 000 Mann an den Rhein schickten. Das hannöversche Ministerium seinerseits glaubte, der König wolle, über die Treulosigkeit der Engländer erbittert, sich an Hannover rächen. In England glaubte man, er plane einen Anschlag auf das Bistum Münster, um dadurch ein Pfand für die Rückgabe von Kleve und Geldern in der Hand zu haben. Da Bute gewohnt war, seine feindliche Gesinnung gegen Preußen bei jeder Gelegenheit zu bekunden, so ließ er die Besatzung von Münster verdoppeln und befahl, keinen Preußen in die Stadt zu lassen. So erhitzte ein einfaches und natürliches Ereignis plötzlich die Einbildungskraft der Minister und brachte halb Europa außer Fassung.
Dieser Unsinn schlug indessen zum Vorteil des Königs aus. Er hatte an keine jener Diversionen, auch nicht an Münster gedacht. Sein einziger Plan war die Überrumpelung der Besatzung von Wesel, um die Festung wieder in Besitz zu nehmen. Unterdes ließen die Franzosen, sehr betroffen über die Möglichkeit eines neuen Krieges in Flandern, in den sie verwickelt werden konnten, durch den Herzog von Nivernais174-3 dem preußischen Gesandten in London einen Neutralitätsvertrag für Flandern antragen und erboten sich dafür zur Rückgabe der weggenommenen preußischen Provinzen. Der Vorschlag ward, kaum gemacht, auch schon angenommen. Allein bei der großen Entfernung und der schwierigen Schiffsverbindung mit England während der rauhen Jahreszeit kam der Hubertusburger Friede eher zustande, als der andere Vertrag perfekt wurde.
Wir kommen also wieder zur Unterhandlung in Sachsen, bei der in der Tat alle strittigen Interessen Preußens geregelt wurden.
Sobald die Bevollmächtigten in Hubertusburg versammelt waren, diktierte Collenbach eine Denkschrift174-4 ungefähr folgenden Inhalts: „Der Bevollmächtigte, Herr von<175> Collenbach, erklärt, daß Ihre Majestät die Kaiserin-Königin ohne Zaubern die ersten Vorschläge macht, um alle Welt von der Ehrlichkeit ihrer Friedenswünsche zu überzeugen. Da man beiderseits übereingekommen ist, den Frieden auf billigen, ehrenvollen und dauerhaften Grundlagen aufzubauen, damit keine der kontrahierenden Parteien wirkliche Verluste erleide, sind folgende Bedingungen erforderlich:
1. Der sächsische Hof soll auf eine für beide Teile angemessene und billige Weise in den Frieden einbegriffen werden.
2. Die Reichsstände, insbesondere in Franken, sowie auch der Herzog von Mecklenburg175-1 und der Fürst von Zerbst175-2, sollen in billiger Weise berücksichtigt werden.
3. Beide Teile sollen für Herstellung des Friedens im Reich auf eine für den Kaiser ehrenvolle Weise Sorge tragen.
4. Eine allgemeine Amnestie soll stattfinden, worin das Römische Reich einbegriffen wird.
5. Der Vertrag zwischen dem König von Preußen und dem Kurfürsten von der Pfalz über die Erbfolge in Jülich und Berg175-3 soll nach Abschluß des Friedens wieder in Kraft treten und im alten Umfange erneuert werden.
6. Zur Befestigung des Friedens soll die Grafschaft Glatz, die durch ihre Lage Böhmen deckt, der Kaiserin-Königin verbleiben. Dagegen verpflichtet sich die Kaiserin zur Tilgung eines Teils der auf Schlesien ruhenden Hypothekenschulden, dem Werte der Grafschaft entsprechend, zum Verzicht auf den Titel Herzogin von Schlesien und zur Vereinigung der Fürstentümer Troppau und Jägerndorf mit Mähren.
7. Um allen Vergrößerungsgelüsten und neuen ehrgeizigen Plänen vorzubeugen, verpflichtet sich die Kaiserin, den Kaiser zum Ausschluß des Großherzogtums Toskana von der Erbfolge der Primogenitur zu bestimmen, jedoch nur unter der Bedingung, daß der König dieselbe Verbindlichkeit für die Nachfolge in den Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth übernimmt, die bisher Sekundogenituren bildeten.
8. Die Handelsverhältnisse sollen auf dem derzeitigen Fuß verbleiben.
9. Dafür, daß die Kaiserin dem König seine Provinzen zurückgibt, verspricht dieser seine Stimme dem Erzherzog Josef für die Wahl zum römischen König.
10. Desgleichen für die Anwartschaft auf die Lehnsfolge im Herzogtum Modena für denjenigen unter den jüngeren Erzherzögen, der die Erbin von Modena heiraten wird175-4.
11. Der König gewährt der Kaiserin freie Schiffahrt auf der Elbe.
<176>12. Erneuert werden die Bestimmungen des Breslauer und Dresdener Friedens, betreffend die Aufrechterhaltung der römisch-katholischen Kirche, die Tilgung der schlesischen Schulden und die gegenseitigen Garantien, die der König über die Grenzen des Dresdener Friedensvertrages hinaus ausdehnen möge176-1. Ferner Auswechslung aller Kriegsgefangenen und Verzicht auf alle rückständigen Kriegskontributionen.“
Diese Vorschläge, von denen mehrere verfänglich waren, wurden der Bedeutung des Gegenstandes entsprechend aufmerksam geprüft. Ausgemerzt wurden alle Artikel, deren Sinn oder Wortlaut den für den Frieden aufgestellten Grundsätzen widersprach. Vor allem war es leicht, nachzuweisen, daß die Abtretung einer Provinz, unter welchem Vorwande sie auch erfolge, doch immer einen wirklichen Verlust bedeute, und daß alle gewaltsame Verdrehung oder sophistische Auslegung am ursprünglichen Wesen einer Sache nichts ändern könne. An Stelle des sechsten Artikels wurde daher bestimmt, daß die völlige Rückerstattung der den kriegführenden Mächten gehörenden Staaten als Grundlage des Vertrages dienen sollte. Infolgedessen sollte der König von Polen sein Kurfürstentum Sachsen und die zugehörigen Provinzen wiedererhalten, sobald den Preußen die vom Feinde besetzten Provinzen zurückerstattet wären.
Ferner wurde Aufschluß über verschiedene Unklarheiten in der österreichischen Denkschrift gefordert, die ohne nähere Bestimmung nicht zu verstehen waren. Was bedeuteten z. B. die „billigen Rücksichten“, die der König den Reichsfürsten bezeigen sollte? Diese Wendung konnte willkürlich ausgelegt werden. Sie bedurfte also notwendig einer klaren und deutlichen Formulierung. Zugleich machte man den Österreichern begreiflich, daß alle Zwistigkeiten zwischen dem König und den Reichsfürsten durch den Frieden abgetan seien, und daß es somit keiner besonderen Bestimmung darüber bedürfe, es sei denn, daß die Kaiserin-Königin ihrerseits im selben Artikel ganz die gleichen Verpflichtungen gegenüber den Verbündeten des Königs übernähme, nämlich gegenüber der Kaiserin von Rußland, dem König von England als Kurfürsten von Hannover, dem Landgrafen von Hessen-Kassel und dem Herzog von Braunschweig.
Statt des dritten Artikels schlug man Amnestie für das Geschehene und Erneuerung des Westfälischen Friedens vor. Das geschah nur, um die Verbündeten des Wiener Hofes lächerlich zu machen, da ja Frankreich und Schweden jenen Frieden zum Vorwand für ihre Parteinahme gegen den König von Preußen benutzt hatten. Durch seine Erneuerung entlockte man der Kaiserin also das stillschweigende Eingeständnis der Ungerechtigkeit jenes Vorwands. Der sechste Artikel, die Abtretung der Grafschaft Glatz betreffend, wurde rundweg verworfen, da er den vereinbarten Grundlagen widersprach. Auch der siebente Artikel wurde mit der Begründung abgelehnt, es sei unschicklich, daß eine fremde Macht sich in die von einer anderen Macht<177> erlassenen oder abgeschafften Hausgesetze und Anordnungen mische. Um dieser Weigerung eine anständige Wendung zu geben, wurde hinzugefügt: da der König sich keinen Einfluß auf die Bestimmungen des Kaisers über die Erbfolge in seiner Familie anmaße, so hoffe er auch umgekehrt, daß weder der Kaiser noch die Kaiserin sich Verfügungen über die Erbschaften erlauben würden, die gesetz- und rechtmäßig an die ältere Linie des Hauses Brandenburg heimfielen. Was den Artikel über den Handel anging, so erwiderte der König: der Verzicht auf Rechte, die durch die Verträge von Breslau und Dresden erworben wären, sei allerdings hart; jedoch sei er nicht abgeneigt, in einigen Punkten nachzugeben, um seine Willfährigkeit zur Förderung des Friedens zu bezeigen. Die Wahl des Erzherzogs Josef zum römischen König und die Lehnsfolge im Herzogtum Modena konnte der König nicht hindern und beschloß daher, seine Stimme bereitwillig zu geben, um sich ein Verdienst daraus zu machen. So blieben diese Artikel ganz unverändert. Dagegen wurde der Anspruch der Österreicher auf die freie Elbschiffahrt abgewiesen, weil er das uralte Stapelrecht der Stadt Magdeburg verletzte. Über die anderen Artikel einigte man sich bald, mit Ausnahme der österreichischen Forderung größerer und weniger beschränkter Garantien als der im Dresdener Frieden festgesetzten. Dieser Antrag wurde dadurch umgangen, daß man die Österreicher bei ihrer schwachen Seite nahm und ihrer ungeheuren Eitelkeit schmeichelte, die sie zwar manchmal verbergen, die aber doch immer wieder durchbricht. Man übertrieb also die große Ausdehnung ihres Kaiserreiches und die Menge seiner Königreiche und Provinzen im Vergleich zu dem geringen Umfang und den kleinen Provinzen des preußischen Staates. Hiernach, sagte man, hätte ja der König doppelt soviel Garantien zu übernehmen als die Kaiserin-Königin und käme dadurch in Nachteil bei einem Vertrage, der gleiche Rechte und Pflichten verlange. Der wahre Grund zur Verwerfung jener Garantien war die Befürchtung des Königs, sich wegen der Türken die Hände zu binden, und das wäre unfehlbar geschehen, wenn Ungarn in die Zahl der Provinzen eingeschlossen wurde, die er der Kaiserin-Königin garantierte. Dagegen wurde ein neuer Artikel über die Auswechslung der kriegsgefangenen Landeskinder aufgenommen, die während des Krieges zum Dienst im feindlichen Heere gepreßt worden waren.
Der Gegenentwurf wurde von Collenbach nach Wien geschickt. Die Antwort kam ziemlich schnell zurück. Die Österreicher gaben in den meisten Artikeln nach. Fest blieben sie eigentlich nur in zwei Punkten: sie bestanden auf der Abtretung der Grafschaft Glatz und auf der Abschließung eines vorläufigen Vertrages über die Erbfolge in Ansbach und Bayreuth. Man hatte also zwei schon halb widerlegte Argumente zu bekämpfen. Die Österreicher behaupteten, die Festung Glatz diene in ihren Händen nur zur Verteidigung, in denen des Königs von Preußen aber zum Angriff. Auch wollten sie den König durch den Teil des Fürstentums Neiße, der in ihrem Besitz war, entschädigen und das übrige bar bezahlen, um die auf Schlesien ruhenden Schulden zu tilgen. Man begnügte sich damit, dieselben Gründe wieder ins Feld zu führen, und<178> bewies ihnen aus der Lage der Örter, daß es an der Grenze Böhmens mehrere Stellungen gäbe, die dem Besitzer von Glatz das Einrücken in Böhmen verwehren, als da sind: Birkicht, Politz, Opotzno, Nachod, Wisoka, Neustadt und besonders Königgrätz, deren jede, wenn sie gut besetzt ist, ein Heer wie das des Xerxes aufhalten könne; denn es wären lauter Thermopylen, wogegen in Schlesien diesseits von Glatz in den Ebenen von Frankenstein und Reichenbach gar keine Stellung vorhanden sei, wo eine Armee dem Feinde das Eindringen verwehren könne. Daraus gehe deutlich hervor, daß Glatz in den Händen der Österreicher zum Angriff geeignet sei; denn es sichere ihnen drei bequeme Eingänge in Niederschlesien, bei Johannesberg, Martha und Silberberg. Von dort könnten sie, sobald ein Krieg ausbräche, ihn ins Herz der Provinz tragen. In den Händen der Preußen dagegen könne Glatz nur zur Verteidigung dienen, weil es kein Schlüssel für die böhmischen Pässe sei. Da dieser Streit rein militärisch war, so berief sich der König auf die Einsicht Dauns, der die Richtigkeit seiner Behauptung nicht abstreiten werde. Zur Versüßung der Pille fügte der König noch das höfliche Kompliment hinzu: Wenn es nur auf die Abtretung einer Provinz ankäme, um die Freundschaft einer Fürstin von so seltenen Eigenschaften wie die Kaiserin zu gewinnen, so würde er glauben, sie mit solchem Opfer billig erstanden zu haben. Jedoch wäre ein Verzicht auf eine Festung von so großer Bedeutung wie Glatz nur bei völliger Pflichtvergessenheit eines Herrschers gegen seine Nachkommen möglich, zumal der König sich unter den obwaltenden Verhältnissen von den Feinden keine Gesetze diktieren zu lassen brauche, da er ihnen doppelt soviel zurückzugeben habe, als man ihm erstatten könne.
Der andere Artikel, der den Vorschlag der Österreicher zur Regelung der Erbfolge in Ansbach und Bayreuth betraf, war den Interessen des preußischen Königshauses zu entgegengesetzt und daher unannehmbar. Man widerlegte ihn zunächst mit den schon benutzten Gründen und unterstützte diese mit geschichtlichen Beispielen, indem man auf die Zwecklosigkeit solcher im voraus gemachter Verträge hinwies, die ja doch nie erfüllt würden. Das war den Österreichern leicht zu beweisen, da sie ja noch eine frische Erinnerung an den geringen Wert der berühmten Pragmatischen Sanktion besaßen, durch die Kaiser Karl VI. die Erbfolge in seinen Staaten geregelt hatte.
Der Wiener Hof machte gegen die beiden Artikel abermals Einwendungen. Erst nach wiederholten Versuchen ließ er von der Grafschaft Glatz ab und erklärte, Festung und Geschütze im damaligen Zustand herausgeben zu wollen. Auch stand er von dem vorläufigen Vertrag wegen der Erbfolge in Ansbach und Bayreuth ab. Nun blieb nur noch der Handelsvertrag zwischen Preußen und Österreich zu regeln. Aber der König wollte wegen dieses Artikels keine Schwierigkeiten machen und gab um des lieben Friedens willen nach. Man vereinbarte also, daß in dieser Hinsicht jeder bei sich nach Gutdünken verfahren solle.
Die Unterhandlung mit den Sachsen hielt mit der österreichischen gleichen Schritt. Sie bereitete keine großen Schwierigkeiten; denn der König von Polen war froh<179> genug, daß die Preußen ihm sein Kurfürstentum zurückgeben wollten. Nur verlangten die Sachsen, man solle den Kindern des Königs Versorgungen schaffen, insbesondere dem Prinzen Karl, dem die Kaiserin von Rußland eben das Herzogtum Kurland179-1 nahm. Bekanntlich hatte der Prinz eine heimliche Ehe mit einer Gräfin Krasinska aus einer polnischen Magnatenfamilie geschlossen. Zum Scherz schlug der König vor, man solle ihm die Anwartschaft auf die Würde des Hochmeisters des Deutschritterordens verschaffen, die damals Prinz Karl von Lothringen besaß und die kein Verheirateter bekleiden durfte. Am spaßigsten aber war dabei, daß die sächsischen Bevollmächtigten den Spott nicht bemerkten und erst nach vier Tagen, als sie den Vertrag nochmals durchsahen, ihren Schnitzer und den Scherz, den man mit ihnen getrieben, erkannten.
Nachdem alles geregelt war, wurden die Präliminarien am 15. Februar unterzeichnet und die Ratifikationen am 1. März ausgetauscht.
So endigte der blutige Krieg, der ganz Europa umzuwälzen drohte und in dem doch keine Macht, mit Ausnahme von Großbritannien, ihr Gebiet um einen Fuß breit erweitert hatte. Der Friede zwischen Frankreich und England wurde nur wenige Tage vor dem Hubertusburger Frieden unterzeichnet179-2. Durch ihn verlor Frankreich seine wichtigsten Besitzungen in Amerika. Die Engländer gaben Martinique, Guadeloupe, das Fort Belle-Isle und Pondichery heraus, und Frankreich erstattete den Engländern die Insel Minorka zurück.
Wir können nicht umhin, an die Darstellung all dieser Ereignisse einige Betrachtungen anzuknüpfen. Scheint es nicht erstaunlich, daß alle List und Macht der Menschen so oft durch unerwartete Ereignisse oder Schicksalsschläge genarrt wird? Scheint nicht eine unbekannte Macht verächtlich mit den Plänen der Menschen zu spielen? Ist es nicht klar, daß jeder vernünftige Mensch bei Beginn der Kriegswirren sich ihren Ausgang anders gedacht hatte? Wer konnte voraussehen oder sich denken, daß Preußen dem Angriff jener furchtbaren Liga von Österreich, Rußland, Frankreich, Schweden und dem ganzen Heiligen Römischen Reiche widerstehen und aus einem Kriege, wo ihm überall Untergang drohte, ohne den geringsten Verlust an Besitzungen hervorgehen würde? Wer konnte ahnen, daß Frankreich mit seinen gewaltigen Hilfsmitteln, seinen starken Bündnissen, seiner inneren Kraft seine wichtigsten Besitzungen in Ostindien verlieren und das Opfer des Krieges sein würde? Alle diese Ereignisse mußten im Jahre 1757 unglaublich erscheinen.
Prüfen wir aber hinterher die Ursachen einer so unerwarteten Wendung der Dinge, so finden wir, daß folgende Ursachen Preußens Untergang verhinderten:
1. Mangel an Übereinstimmung und Eintracht unter den Mächten der großen Allianz; die Verschiedenheit ihrer Interessen, die sie hinderte, sich über manche Ope<180>rationen zu einigen; der geringe Grad von Einigkeit unter den russischen und österreichischen Generalen, die argwöhnisch wurden, gerade wenn die Gelegenheit kraftvolles Handeln zur Vernichtung Preußens erforderte, was ihnen auch hätte gelingen können.
2. Die allzu verschlagene und tückische Staatskunst des Wiener Hofes, der die schwierigsten und gewagtesten Unternehmungen auf seine Verbündeten abwälzte, um am Ende des Krieges sein Heer in besserem Zustand und vollzähliger zu haben als die anderen Mächte. Daher kam es, daß die österreichischen Generale es bei verschiedenen Gelegenheiten aus übertriebener Vorsicht verabsäumten, den Preußen den Gnadenstoß zu geben, als diese in verzweifelter Lage und dem Untergang nahe waren.
3. Der Tod der Kaiserin Elisabeth, die auch das Bündnis mit Österreich mit ins Grab nahm, der Abfall der Russen, das Bündnis der Preußen mit Peter III. und schließlich die Absendung des russischen Hilfskorps nach Schlesien.
Prüfen wir andrerseits die Ursachen für die Verluste der Franzosen, so bemerken wir zunächst den Fehler, sich in die deutschen Wirren einzumischen. Mit England führten sie bisher nur einen Seekrieg. Nun schlugen sie einen verkehrten Weg ein und vernachlässigten die Hauptsache, um etwas anderes zu betreiben, das sie eigentlich garnichts anging. Bisher waren sie den Engländern zur See überlegen gewesen. Sobald aber ihre Aufmerksamkeit durch den Kontinentalkrieg abgelenkt wurde und ihre Heere in Deutschland all die Geldmittel verschlangen, die sie zur Vermehrung ihrer Flotte hätten verwenden sollen, gebrach es ihrer Marine am Nötigsten. So erlangten die Engländer das Übergewicht und blieben Sieger in allen Weltteilen. Überdies gingen die ungeheuren Summen, die Ludwig XV. als Subsidien zahlte, und die Kosten für den Unterhalt der Heere in Deutschland außer Landes. Dadurch wurde der Geldumlauf in Paris wie in den Provinzen um die Hälfte vermindert. Um das Unglück voll zu machen, begingen die Feldherren, die der Hof an die Spitze der Armeen stellte und die sich alle für einen Turenne hielten, Fehler, die man einem Anfänger nicht verziehen hätte.
Mögen solche Beispiele wenigstens die großen Projektenmacher unter den Staatsmännern belehren, daß der menschliche Geist, so umsichtig er auch sei, doch niemals all die feinen Verkettungen so zu durchschauen vermag, um Ereignisse, die von künftigen Zufällen abhängen, vorauszusehen oder herbeizuführen. Wir erklären recht gut das Vergangene, weil dessen Ursachen offen daliegen, aber wir irren stets über das Kommende; denn die Ursachen zweiter Ordnung180-1 entziehen sich unsern verwegenen Blicken.
Es ist keine Besonderheit unsres Jahrhunderts, daß Staatsmänner sich täuschen. So war es in allen Zeiten, wo der menschliche Ehrgeiz große Pläne gebar. Um sich davon zu überzeugen, erinnere man sich nur der Geschichte der berühmten Ligue von Cambrai180-2, des Scheiterns der Armada, der Kriege Philipps II. gegen die Niederlande,<181> der großen Pläne Ferdinands II. bei Beginn des Dreißigjährigen Krieges, der verschiedenen Teilungspläne vor dem Spanischen Erbfolgekrieg und vor diesem letzten Kriege. Alle jene großen Unternehmungen führten fast zum Gegenteil dessen, was ihre Urheber gewollt hatten. Denn alle menschlichen Dinge sind wandelbar, und wir selbst, unsere Pläne und die Ereignisse sind ewigem Wechsel unterworfen. Als die kriegführenden Mächte den Kampfplatz verlassen hatten, auf dem sie mit soviel Haß und Erbitterung gefochten hatten, begannen sie ihre Wunden zu spüren und fühlten das Bedürfnis nach Heilung. Alle litten, obwohl an verschiedenen Übeln. Wir wollen sie hier gleichsam Revue passieren lassen, um ein genaues Bild ihrer Verluste und ihrer jetzigen Lage zu gewinnen.
Preußen berechnete, daß der Krieg ihm 180 000 Mann hingerafft hatte. Seine Heere hatten in 16 Feldschlachten gefochten. Außerdem hatten die Feinde drei preußische Korps fast völlig vernichtet: erstens den Transport nach Olmütz181-1, zweitens das Fincksche Korps bei Maxen und drittens das Fouquésche bei Landeshut181-2. Zudem ging noch eine Besatzung von Breslau181-3, zwei von Schweidnitz181-4, eine von Torgau und Wittenberg181-5 bei der Einnahme dieser Städte verloren. In der Provinz Preußen<182> rechnete man 20 000 Menschen, die durch die Greueltaten und Verheerungen der Russen umgekommen waren, in Pommern 6 000, in der Neumark 4 000, in der Kurmark 3 000.
Die russischen Truppen hatten 4 große Schlachten geschlagen. Sie berechneten ihren Verlust im Kriege auf 120 000 Mann, einschließlich der Rekruten, die auf ihrem Wege von den Grenzen Persiens und Chinas nach Deutschland umkamen. Die Österreicher hatten 10 Schlachten geliefert, zweimal die Besatzung von Schweidnitz182-1 und einmal die von Breslau182-2 verloren; sie bezifferten ihren Verlust auf 140 000 Mann. Die Franzosen gaben ihren Verlust auf 200 000 Mann an, die Engländer und ihre Verbündeten auf 160 000, die Schweden auf 25 000 und die Reichsstände auf 28 000 Mann.
Österreich hatte beim Friedensschluß 100 Millionen Taler Schulden. Die Grenzen Böhmens und Mährens waren verheert worden, doch blieben keine Spuren mehr von Verwüstung und Zerstörung zurück.
Die französische Regierung hatte durch die Räuberei der Finanzleute und die Veruntreuungen der Beamten allen Kredit verloren. Sie sah sich genötigt, die Zinszahlungen für die Anleihen einzustellen, und das wenige, was sie abtrug, wurde unregelmäßig bezahlt. Das Volk seufzte unter der Last der drückenden Abgaben, und obgleich kein hereinbrechender Feind das Land verheerte, litt der Staat doch nicht minder, weil der Handel mit Indien vernichtet war und so die Quellen des Wohlstandes versiegten. Überdies hatten die Staatsschulden eine derartige Höhe erreicht, daß die außerordentlichen Auflagen noch zehn Jahre nach dem Frieden erhoben werden mußten, um die Zinsen zu bezahlen und einen Tilgungsfonds zu schaffen.
Die Engländer, die zu Wasser und zu Lande siegreich gewesen waren, hatten ihre Eroberungen eigentlich nur mit ungeheuren Kriegsanleihen erkauft, und der Staat war dadurch fast bankrott. Dagegen überstieg der Privatreichtum jeden Begriff. Dieser Reichtum und Luxus des Volkes rührte von den großen Prisen her, die so viele Privatleute den Franzosen und Spaniern weggenommen hatten, und von dem fabelhaften Anwachsen des Handels, den sie während des Krieges fast allein in Händen gehabt hatten.
Rußland hatte zwar beträchtliche Summen ausgegeben, aber mehr auf Unkosten Preußens und Polens als auf eigene Rechnung Krieg geführt. Schweden stand vor dem Staatsbankrott. Dort hatte man nicht nur die Gelder der Bank angegriffen, sondern auch durch eine ungeschickte Finanzoperation das Papiergeld zu stark vermehrt. Dies zerstörte das Gleichgewicht, das jeder gutverwaltete Staat zwischen Papiergeld und Münze halten muß.
Preußen hatte durch den Krieg am meisten gelitten. Österreicher, Franzosen, Russen, Schweden, Reichstruppen, ja selbst der Herzog von Württemberg hatten das Land verheert. Zum Unterhalt der Armeen und für anderen Kriegsbedarf hatte der<183> Staat 125 Millionen Taler ausgegeben. Pommern, Schlesien und die Neumark bedurften großer Summen zu ihrer Wiederherstellung. Aber auch andere Provinzen, wie das Herzogtum Krossen, das Fürstentum Halberstadt und die Grafschaft Hohenstein, bedurften sehr der Hilfe. Man mußte viel Fleiß und Mühe anwenden, um sie wieder in den vorigen Zustand zu bringen. Die meisten Felder lagen brach, da es an Saatkorn und Vieh mangelte, und alles, was zur Nahrung eines Volkes dient, fehlte ebenfalls. Zur Linderung all dieses Elends wurden an jene Provinzen 25 000 Wispel Korn und Mehl und 17 000 Wispel Hafer in billiger Weise verteilt. Dem Adel und den Bauern wurden 35 000 Pferde von den Truppenteilen und der Artillerie, sowie Lebensmittel gegeben. Außerdem bezahlte der König an Schlesien 3 Millionen Taler, an Pommern und die Neumark 1 400 000, an die Kurmark 700 000, an das Herzogtum Kleve 100 000 und an die Provinz Preußen 800 000 Taler für ihre Wiederherstellung. Die Steuern im Herzogtum Krossen, in Hohenstein und Halberstadt wurden auf die Hälfte herabgesetzt, kurz, das Volk schöpfte wieder so viel Mut, um nicht an seiner Lage zu verzweifeln, und begann durch Tatkraft und Fleiß den erlittenen Schaden wieder gutzumachen.
Aus dieser allgemeinen Übersicht ergibt sich, daß die österreichische, französische und selbst die englische Regierung tief in Schulden steckten und fast keinen Kredit hatten, während die Völker, die nicht unmittelbar unter dem Kriege gelitten hatten, ihn nur an den ungeheuren Abgaben spürten, die ihnen auferlegt wurden. In Preußen dagegen besaß die Regierung Geld und Kredit, aber die Provinzen waren durch die Raubgier und Barbarei der Feinde verheert und zugrunde gerichtet. Nächst Pommern hatte von allen deutschen Ländern Sachsen am meisten gelitten, aber sein guter Boden und der Gewerbfleiß seiner Einwohner waren Hilfsquellen, die der preußische Staat nur in Schlesien hatte. Die Zeit, die alle Übel heilt und tilgt, wird gewiß auch bald den preußischen Provinzen ihren Wohlstand, ihr Gedeihen und ihren ersten Glanz wiedergeben. Auch die andern Mächte werden sich wieder erholen. Dann werden andere Ehrgeizige neue Kriege heraufbeschwören und neues Unheil verbreiten. Denn es ist eine Eigenschaft des menschlichen Geistes, daß Beispiele keinen bessern. Die Torheiten der Väter sind für ihre Kinder verloren; jede Generation muß ihre eigenen machen.
Wir wollen dies vielleicht schon zu lange und ausführliche Buch nur noch mit zwei Worten beschließen, um die Neugier der Nachwelt zu befriedigen, die ohne Zweifel wird wissen wollen, wie ein so wenig mächtiger Fürst wie der König von Preußen sieben Jahre lang einen so verderblichen Krieg gegen die mächtigsten Monarchen Europas aushalten konnte. Wenn der zeitweilige Verlust so vieler Provinzen ihn in große Bedrängnis brachte und die hohen Ausgaben beständig vermehrt werden mußten, so blieben doch immer einige Hilfsquellen übrig. Der König zog aus den ihm verbliebenen Provinzen, die für die anderen eintreten mußten, 4 Millionen. Die Kriegskontributionen aus Sachsen beliefen sich auf 6 bis 7 Millionen. Aus den<184> englischen Subsidien, die eigentlich nur 4 Millionen betrugen, wurden 8 Millionen geprägt. Die Verpachtung der Münze unter Verminderung der Geldsorten auf den halben Wert erbrachte 7 Millionen. Außerdem wurde die Bezahlung der Zivilgehälter suspendiert, um alle Gelder für den Krieg zu verwenden. Diese verschiedenen Summen ergaben jährlich insgesamt 25 Millionen Taler in schlechter Münze. Das genügte bei guter Wirtschaft zur Besoldung und zum Unterhalt der Armee und für außerordentliche Ausgaben, die bei jedem Feldzug wiederkehrten.
Wenn die Vorsehung auf die menschlichen Armseligkeiten herabblickt, so gebe der Himmel, daß Preußen unveränderlich blühe und in Zukunft vor dem Jammer und Elend bewahrt bleibe, die das Land in diesen Zeiten des Umsturzes und der Verwirrung heimgesucht haben. Mögen seine Herrscher niemals gezwungen werden, zu den gewaltsamen und verhängnisvollen Mitteln zu schreiten, die der König zur Verteidigung des Staates gegen den Haß und den Ehrgeiz der europäischen Fürsten ergreifen mußte, als sie das Haus Brandenburg vernichten und den preußischen Namen für immer austilgen wollten!
10-1 Generalmajor Moritz Franz Kasimir von Wobersnow.
101-1 Treffen bei Gostyn, 15. September 1761.
101-2 Generalmajor Karl Anton Leopold von Zastrow.
104-1 Am 21. September 1761 hatte der König den Markgrafen Karl beauftragt, in diesem Sinne an Laudon zu schreiben. Dieser legte in seiner Antwort vom 5. Oktober dem König eine barbarische, allem Völkerrecht widerstreitende Kriegführung zur Last. Als im Dezember von österreichischer Seite dieser Briefwechsel veröffentlicht wurde, befahl der König am 5. Februar 1762, Markgraf Karl solle eine Abschrift der Antwort Laudons anfertigen und „zugleich jeden darin gegen uns enthaltenen Punkt durch dazu kurz, aber solide gemachte Remarques beantworten“ lassen. Darauf wurde auch preußischerseits der Briefwechsel mit den „Remarques“ zu Laudons Antwort deutsch und französisch publiziert.
104-2 Vgl. S. 83.
104-3 Generalmajor Karl Christoph von Zeuner.
105-1 Primislaus Ulrich von Kleist, Kommandeur eines Grenadierbataillons.
105-2 Vgl. S. 101.
106-1 20. Oktober 1761.
106-2 Vgl. S. 82.
107-1 Kolberg kapitulierte am 16. Dezember 1761.
107-2 Wilhelm Sebastian von Belling, Oberst und Chef eines Husarenregiments.
107-3 Generalmajor Otto Ludwig von Jung-Stutterheim.
108-1 Der Held des gleichnamigen altfranzösischen Ritterromans.
109-1 Vgl. Bd. II, S. 31.
109-2 Vgl. S. 89.
109-3 Vgl. S. 24.
11-1 Karl Theophil Guischard, dem der König nach einer Disputation über die Geschichte der Schlacht bei Pharsalus den Namen Quintus Icilius gegeben und den er unter diesem Namen zum Chef und Kommandeur eines Freibataillons gemacht hatte.
11-2 Zwischen Löwenberg und Greiffenberg.
11-3 Vielmehr schon am 4. Juli 1759 bei Liebenthal.
11-4 Vgl. Bd. III, S. 148.
11-5 Generalmajor Gustav Albrecht von Schlabrendorff, Chef eines Kürassierregiments; Oberst Graf Johann Ludwig Hordt, Chef eines Freiregiments.
11-6 Vielmehr Generalmajor Georg Friedrich von Kleist.
110-1 Christoph Moritz von Roëll, Oberst und Kommandeur des Husarenregiments Malachowski.
110-2 Vgl. S.107.
111-1 Oberstleutnant Balthasar Ernst von Bohlen, Kommandeur des zum Kleistschen Freikorps gehörigen Frei-Dragonerregiments Kleist.
111-2 Vgl. S. 61. 63 ff.
111-3 Friedrich Wilhelm von Podewils, Oberst im Dragonerregiment Schorlemer.
111-4 Nordwestlich von Nossen.
111-5 5. November 1761.
112-1 Peter Heinrich von Stojentin.
113-1 4. Juli 1761.
113-2 Vgl. S. 8.
115-1 Vgl. S. 111.
115-2 Prinz Friedrich, der zweite Sohn Herzog Karls. Er trat 1763 als Generalleutnant in das preußische Heer.
115-3 In der Nacht zum 14. Oktober 1761.
115-4 In der Schlacht bei Chäronea (338 v. Chr.).
118-1 Nachdem Friedrich Ende September 1761 einen Holländer, Karl Adolf Boscamp, nach der Krim geschickt hatte, der die Tartaren zum Kriege gegen Rußland oder Österreich bestimmen sollte, erschien gegen Mitte November Mustapha Aga, der Leibarzt des Groß-Khans der Krimtartaren, Kerim Geray Khan Effendum, im Lager von Strehlen und bot die Unterstützung „mit einem Korps von 60 000 oder 80 000 Tartaren“ an, „wann der König mit der Armee sich etwas gegen Warschau näheren könnte“. Auf Wunsch des Khans begleitete ihn ein Offizier aus Friedrichs Umgebung, der Quartiermeister-Leutnant Freiherr Karl Alexander von der Goltz, zurück nach Bachtschisarai, der Residenz Kerims, um über den Feldzugsplan weitere Abrede zu treffen.
119-1 Vgl. S. 86.
119-2 Raghib Pascha.
119-3 Das Haupt der Geistlichkeit.
119-4 Der Belgrader Friede (1739) war in Form eines Waffenstillstandes auf 20 Jahre geschlossen und 1747 erneuert worden.
119-5 Der Sekretär und Dolmetscher des Khans, Jakub Aga, überbrachte im Dezember 1761 die Versicherung seines Herrn, daß die Tartaren im März 1762 gegen die Russen ins Feld ziehen würden.
12-1 Vgl. Anhang, Nr. 1.
12-2 22. Juli 1759.
12-3 Der Führer der russischen Armee.
120-1 Vgl. G. 85.
120-2 Der englische Unterhändler in Paris.
121-1 Abgeschlossen am 15. August 1761. Gleichzeitig trafen Frankreich und Spanien ein Abkommen, in dem sich Spanien verpflichtete, am 1. Mai 1762 den Krieg zu erklären, falls der Friede nicht zustande käme, und Frankreich versprach, vor Befriedigung der Beschwerden Spaniens gegen England nicht den Frieden zu unterzeichnen.
121-2 König Joseph I. war der Verbündete Englands.
122-1 John Stuart Graf Bute, seit November 1760 Mitglied des Geheimen Rates, seit März 1761 Staatssekretär für die nördlichen Angelegenheiten und seit dem 26. Mai 1762, als Nachfolger des Herzogs von Newcastle, Erster Lord des Schatzes. Am 5. Oktober 1761 nahm Pitt seine Entlassung als Staatssekretär der südlichen Angelegenheiten; ihm folgte Lord Egremont. Grenville folgte Bute als Staatssekretär der nördlichen Angelegenheiten. Der Herzog von Devonshire war 1756/57 Erster Lord des Schatzes, dann bis 1762 Lord-Oberkämmerer. Halifax war Erster Lord der Admiralität.
123-1 Die englische Kriegserklärung an Spanien erfolgte im Januar 1762.
123-2 Bute war zwar zur Weiterbezahlung der Subsidien bereit, lehnte aber die Erneuerung der Konvention ab, die beiden Kontrahenten verbot, einen Sonderfrieden zu schließen.
123-3 Vgl. dafür Bd. III, S. 119.
123-4 Am 6. Februar 1762.
123-5 Fürst Friedrich August, Bruder der Kaiserin Katharina, der Gemahlin Peters III.
124-1 Andreas Gudowitsch, Brigadier und Generaladjutant Peters III., traf am 20. Februar 1762 im Hauptquartier zu Breslau ein und hatte am 21. seine erste Audienz bei König Friedrich.
124-2 D. d. Breslau, 22. Februar 1762.
124-3 Vgl. im Anhang (Nr. 10) die eigenhändige Instruktion des Königs vom 7. Februar 1762 für den Legationsrat und Obersten Freiherrn Bernhard Wilhelm von der Goltz.
124-4 Durch Vertrag vom 1. April 1760 hatte der Wiener Hof den Russen die Erwerbung Ostpreußens bei Friedensschluß verheißen (vgl. Bd. III, S. 155).
124-5 Vgl. S. 101.
125-1 Gemeint sind die dem Hause Holstein-Gottorp von Dänemark vorenthaltenen Ansprüche auf Schleswig.
125-2 Hauptmann Graf Friedrich Wilhelm Karl Schwerin wurde Ende März 1762 mit einem Entwurf des Königs für den Friedensschluß nach Petersburg gesandt.
125-3 Am 13. März 1762 übersandte Goltz den ihm von Peter III. übergebenen Auszug aus einem Berichte Galizins vom 6. Februar. Danach hatte sich Bute gegen die Rückberufung der russischen Truppen erklärt, da König Friedrich dadurch zur Fortsetzung des Krieges ermutigt würde, und hatte von Opfern gesprochen, die Preußen für die Wiederherstellung des Friedens zu bringen habe. England wolle zwar den König von Preußen vor völligem Untergange retten, aber doch zu angemessenen Abtretungen nötigen.
127-1 Schreiben des Königs vom 1. Mai 1762.
127-2 Gemeint ist der Strelitzenaufstand von 1698.
127-3 Am 15. Mai 1762 (alten Stils). Der Wortlaut ist nicht genau.
128-1 Am 5. Mai 1762 wurde der Friede unterzeichnet, am 19. Juni das Bündnis geschlossen.
128-2 Schreiben der Königin Ulrike vom 2. und Antwort König Friedrichs vom 18. April 1762.
128-3 Kaspar von Saldern, holstein-gottorpischer Konferenzrat.
129-1 Friedrich V.
13-1 Vgl. die Instruktion des Königs für den Prinzen Heinrich im Anhang (Nr. 2).
13-2 Überfall bei Markersdorf, 2. August 1759.
130-1 Kerim Gerai forderte die Zerstörung des Forts St. Anna und anderer russischer Festungsbauten an der Grenze.
131-1 Vgl. Bd. VII, S. 104.
132-1 Oberst Georg Ludwig von Dalwig.
132-2 Vgl. S. 124.
132-3 Vgl. S. 128.
133-1 Oberst Hans Christoph von Billerbeck.
133-2 Peter III. hatte Werner sofort aus der Gefangenschaft (vgl. S. 105) entlassen.
133-3 Vielmehr bei Kaschau.
133-4 Vgl. S. 128.
133-5 Generalleutnant Anton von Krockow.
133-6 Ein Korps Bosniaken (Ulanen) war dem Husarenregiment Lossow angegliedert. Es war 1745, eine Schwadron stark, errichtet und im Frühjahr 1762 auf 10 vermehrt worden.
133-7 Vgl. S. 129.
135-1 Vgl. S. 103.
135-2 Der Friede war am 5. Mai 1762 geschlossen. Das Bündnis dagegen wurde erst am 19. Juni unterzeichnet (vgl. S. 128).
136-1 Am 30. Juni 1762 ging Tschernyschew bei Auras über die Oder und stieß zum König.
137-1 Vgl. S. 133.
137-2 Gefecht bei Döbeln, 12. Mai 1762.
138-1 Generalmajor Joachim Christian von Bandemer.
138-2 Oberstleutnant Friedrich Wilhelm von Röder, Kommandeur des Kürassierregiments Schmettau.
139-1 Albrecht Dietrich Gottfried von Egloffstein, Major im Infanterieregiment Goltz.
14-1 Der Friedrich-Wilhelm-Kanal.
14-2 Die Trettiner Höhen.
14-3 Das Hühnerfließ.
14-4 Der König bezeichnet in seiner Darstellung diesen Flügel als den rechten, da er annimmt, daß die Hauptfront der Russen nach der Oderniederung gerichtet war.
14-5 Die Mühlberge.
141-1 Schlacht bei Wilhelmsthal, 24. Juni 1762.
143-1 Am Johannisberg bei Friedberg.
145-1 Gefecht bei Adelsbach, 6. Juli 1762.
146-1 Vgl. S. 61.
146-2 Generalmajor Franz Adolf Prinz von Anhalt-Bernburg-Schaumburg-Hoym, Chef des Infanterieregiments Anhalt-Bernburg.
147-1 Am 18. Juli 1762 zeigte Tschernyschew dem Könige die am 9. erfolgte Absetzung Peters III. an.
147-2 Graf Stanislaus August Poniatowski, der spätere polnische König, hatte von 1755 bis 1759 in Petersburg geweilt, seit 1757 als polnischer Gesandter.
147-3 Prinz Georg Ludwig, bis März 1761 preußischer Generalleutnant, war von Zar Peter III. nach Rußland berufen und zum Generalfeldmarschall und Generalgouverneur von Holstein ernannt worden.
148-1 Graf Nikita Panin war der Oheim der Fürstin Katharina Nomanowna Daschkow, der Staatsdame und Freundin der Kaiserin Katharina.
148-2 Gräfin Elisabeth Nomanowna Woronzow.
148-3 Der Gang der Ereignisse war kurz folgender: Am 19./30. Juni 1762 sah die Kaiserin Katharina den Zaren anläßlich einer Theateraufführung in Oranienbaum zum letzten Male und begab sich von dort nach Peterhof. Am 28. Juni (9. Juli), am Vorabend des Namenstages Peters III., sollte bei ihr eine Festtafel stattfinden. Doch die Verhaftung eines Kapitänleutnants der Preobrashenskischen Garde, eines Freundes der Orlows, wurde der Anlaß, daß Katharina sich in der Frühe des 28. Juni nach Petersburg begab, um sich zur Selbstherrscherin proklamieren zu lassen. Am Tage darauf dankte Peter III. ab.
15-1 Jenseits der preußischen Stellung.
15-2 Die Walkberge, heute Waldberg genannt.
15-3 Die Faule Brücke.
15-4 Der Frankfurter Stadtforst.
15-5 Die Walk- und die Klosterberge.
15-6 Vgl. S. 5.
15-7 Es liegt eine Verwechslung der Judenberge, die das letzte Bollwerk der Russen bildeten, mit dem Großen Spitzberg vor, an dem sich der Angriff der Preußen brach. Auch am Tage der Schlacht selber war der König in diesem Irrtum befangen, der ihn zur Fortsetzung des Kampfes bestimmte.
150-1 Vielmehr in der Nacht zum 29. Juni (10. Juli) 1762.
150-2 Generalmajor Gustav Nummers.
150-3 Zar Peter III. starb am 17. Juli 1762 auf dem Krongut Nopscha. Die Behauptung, daß er vergiftet worden sei, ist nicht erwiesen. Er wurde vielmehr ohne Vorwissen Katharinas beim Gelage, als es nach einem Wortstreit zu Tätlichkeiten kam, von Alexej Orlow und Fürst Feodor Baratinski in der Trunkenheit erwürgt.
151-1 Tatsächlich steht nur in dem gedruckten Manifest Katharinas II., das am Morgen des 9. Juli 1762 unter das Volk verteilt wurde, der Ausdruck „Todfeind“. Aber schon in dem am Abend desselben Tages den fremden Gesandten zugestellten Text war nur von den „Feinden Rußlands“ die Rede. Ebensowenig findet sich im Konzept des Manifestes jene gehässige Wendung. So bestätigte Katharina II. denn auch den Friedensschluß mit Preußen vom 5. Mai, lehnte jedoch ab, das von Peter III. geschlossene Bündnis vom 19. Juni (vgl. S. 128) zu ratifizieren.
152-1 Vgl. S. 53.
152-2 Vgl. S. 110.
153-1 Oberst Reichsgraf Friedrich Wilhelm von Wylich und Lottum.
153-2 Vgl. S. 146.
155-1 Generalfeldwachtmeister Johann Baptista Vaquette de Gribeauval.
156-1 Feldmarschalleutnant Graf Franz Guasco.
158-1 Karl Christoph von Owstien, Kommandeur des Husarenregiments Werner.
159-1 Gefecht bei Reichenbach, 16. August 1762.
16-1 Vgl. S. 15 Anm. 7.
16-2 Das Füsilierregiment Diericke.
160-1 Vgl. S. 103 f.
160-2 Simon Deobat Lefebvre, Major im Ingenieurkorps.
162-1 August Ferdinand von der Schulenburg, Major und Kommandeur des Husarenregiments Belling.
164-1 Prinz Albert, der vierte Sohn König Augusts III., war österreichischer Feldmarschalleutnant.
165-1 Generalmajor Johann Friedrich von Alt-Stutterheim.
165-2 Feldmarschalleutnant Graf Johann Friedrich Meyer.
165-3 Oberst Bernhard Alexander von Diringshofen.
165-4 Oberst Leopold Sebastian von Manstein, Chef eines Kürassierregiments.
167-1 9. November 1762.
167-2 Für das Treffen bei Langensalza vgl. S. 82; bezüglich des Angriffs auf Leutmannsdorf (vgl. S. 153 f.) scheint eine Verwechslung mit dem Prinzen Franz von Anhalt-Bernburg vorzuliegen.
167-3 Die Zeichnung der Friedenspräliminarien erfolgte am 3. November 1762 in Fontainebleau.
167-4 Maximilian Joseph und Johann Friedrich Karl.
167-5 Adam Friedrich.
167-6 Vgl. S. 121.
169-1 Freiherr Thomas von Fritsch.
169-2 In dem Schreiben vom 28. November 1762 bat Kurprinz Friedrich Christian um Gehör für die Eröffnungen, die Fritsch in seinem, des Kurprinzen, Namen machen werde. Diese bezogen sich eben auf Verhandlungen zwischen Wien und Dresden über die Wiederherstellung des Friedens.
17-1 Joachim Bernhard von Prittwitz und Gaffron, Rittmeister im Husarenregiment Zieten.
17-2 Generalmajor Johann Jakob von Wunsch, Chef und Kommandeur eines Freiregiments.
17-3 Vgl. im Anhang (Nr. 3) Vollmacht und Instruktion für General Finck dem der König nach der Schlacht am Abend des 12. August 1759 infolge höchster seelischer und körperlicher Erschöpfung den Oberbefehl übertrug. Am 16. übernahm Friedrich das Kommando wieder.
170-1 Der sächsische Geheimrat Gaul war nach Paris und Wien gesandt worden, um über die Anbahnung des Friedens zu verhandeln. Darauf bezogen sich die beiden von Fritsch am 29. abschriftlich überreichten Denkschriften, ein Antrag des sächsischen Gesandten Graf Flemming vom 8. auf Einleitung der Verhandlungen mit Preußen und die Antwort des Grafen Kaunitz vom 9. November 1762.
170-2 Kaunitz erwähnte in seiner Antwort an Flemming (vgl. Anm. 1), daß Maria Theresia „schon seit einiger Zeit“ dem französischen und englischen Hofe versichert habe, sie sei bereit, sofort den Frieden oder einen Waffenstillstand zu schließen. Diese Erklärungen bezogen sich auf ihren Wunsch nach Fortsetzung des Augsburger Friedenskongresses (vgl. S. 85 f.).
171-1 Vgl. S. 119.
171-2 Gemeint sind die Neutralitätskonventionen, über die der König nach dem Einfall von Kleist in das Reich (vgl. S. 167) mit den Kurfürsten von Bayern und von Mainz, mit dem Bischof von Bamberg und von Würzburg und anderen Reichsfürsten verhandelte.
171-3 Vgl. S. 167.
171-4 Vgl. S. 166.
171-5 In der Antwort vom 30. November 1762 beschränkte sich der König auf die Erklärung, er hoffe, auf die Eröffnungen von Fritsch so geantwortet zu haben, daß der Kurprinz davon befriedigt sein werde.
172-1 In der schriftlichen Antwort, die Kaunitz am 9. Dezember 1762 auf Flemmings Mitteilung vom 7. über den bisherigen Verlauf der Verhandlungen mit Preußen gab, sowie in der Audienz von Fritsch am 19. handelte es sich hauptsächlich um die Bestimmung von Ort und Beginn der Friedensverhandlungen und um die Ernennung der Bevollmächtigten. Die Erwähnung eines Begleitbriefes von Flemming zur Kaunitzschen Antwort scheint auf einem Irrtum des Königs zu beruhen.
173-1 Boscamp (vgl. S. 118 f.).
173-2 Heinrich Gabriel von Collenbach.
173-3 Ewald Friedrich von Hertzberg, seit 5. April 1763 Staats- und Kabinettsminister.
173-4 Vgl. S. 167.
173-5 Zwar mußte Frankreich die preußischen Rheinlande räumen, bot aber ihre Besetzung dem Wiener Hofe an.
174-1 Vgl. S. 78.
174-2 Das Husarenregiment Baur, Ende 1759 auf Kosten Englands errichtet, war Ende 1761 in preußischen Dienst getreten und bei der alliierten Armee gewesen.
174-3 Der französische Bevollmächtigte in London.
174-4 „Übersicht der Bedingungen für den Frieden zwischen der Kaiserin, Königin von Ungarn und Böhmen, und dem König von Preußen“.
175-1 Vgl. Bd. III, S. 26 ff.
175-2 Vgl. S. 123.
175-3 Durch den Vertrag vom 24. Dezember 1741 mit dem Kurfürsten Karl Philipp hatte der König seinen Erbansprüchen auf Jülich und Berg (vgl. Bd. II, S. 3. 54 ff. 79) entsagt.
175-4 Bereits 1753 war zwischen den Höfen von Wien und Modena die Vermählung der Enkelin Herzog Franz' III., Marie Beatrix, der künftigen Erbin des Herzogtums, mit Erzherzog Leopold und dessen Erbfolge in Modena vertragsmäßig festgesetzt worden. Jedoch trat 1763 Erzherzog Ferdinand an die Stelle seines älteren Bruders Leopold, und 1771 erfolgte die Vermählung Ferdinands mit der Prinzessin.
176-1 Im Dresdener Frieden hatte König Friedrich die Bürgschaft für den Besitz Maria Theresias in Deutschland übernommen. Sie wollte jetzt die preußische Garantie auf Ungarn ausgedehnt wissen.
179-1 Vgl. Bd. III, S. 156.
179-2 Friede zu Paris, 10. Februar 1763.
18-1 Am 14. und 21. August 1759.
180-1 Darunter versteht der König die Ursachen, „deren Spiel man erst nachträglich bemerkt, deren Wirkungen aber in der allgemeinen Ordnung der Dinge einbegriffen sind“.
180-2 Vgl. Bd. IIl, S. 187.
181-1 Vgl. Bd. III, S. 131 f.
181-2 Vgl. S. 24 f. und 39 f
181-3 Vgl. Bd. III, S. 104.
181-4 Vgl. S. 102 und Bd. III, S. 102 f.
181-5 Vgl. S. 63.
182-1 Vgl. S. 161 und Bd. III, S. 128 f.
182-2 Vgl. Bd. III, S. 110 f.
19-1 Am 28. August 1759 hatte Wunsch auch Wittenberg wiedergenommen.
20-1 Der Verdacht des Königs ist nicht begründet, doch ist auch die Eile, mit der Schmettau die Kapitulation abschloß, in keiner Weise gerechtfertigt. Unter dem Eindruck der Niederlage bei Kunersdorf hatte ihn Friedrich am 14. August 1759 zur Übergabe von Dresden ermächtigt, wenn er sich nicht halten und eine „günstige Kapitulation“ erlangen könnte. Das zweite Schreiben vom 25. August, in dem er ihm baldige Hilfe in Aussicht stellte und befahl, mit Aufbietung aller Mittel Dresden zu behaupten, traf erst am Tage nach der Übergabe ein.
21-1 November 1704 (vgl. Bd. II, S. 41).
22-1 Der erkrankte König hatte dem General Hülsen das Kommando übertragen.
23-1 Generalmajor Kaspar Christoph von Diericke.
24-1 Gefecht bei Oberheßlich, 16. November 1759.
24-2 Friedrich Wilhelm Gottfried Arnd von Kleist, Chef eines Husarenregiments.
24-3 Stadtteil von Dresden auf dem linken Elbufer.
25-1 30. November 1759.
27-1 Vielmehr Kleist (vgl. S. 11).
28-1 Am 21. August 1759.
28-2 Am 2. September 1759.
28-3 Am 16. September 1759.
30-1 König Ferdinand VI. starb am 10. August 1759; ihm folgte sein Bruder Don Carlos als Karl III.
30-2 Vgl. Bd. III, S. 19.
30-3 Philipp Anton.
30-4 Karl.
30-5 Ferdinand.
30-6 Am 6. Oktober 1760 erfolgte die Vermählung Erzherzog Josefs mit der Prinzessin Maria Isabella von Parma.
31-1 Die Entsendung des Hauptmanns Freiherr Johann Friedrich von Cocceji an König Karl Emanuel III. erfolgte schon im März 1759.
31-2 Vgl. Bd. III, S. 122 und 157.
31-3 Um einem Sonderfrieden Englands mit Frankreich vorzubeugen, hatte König Friedrich, einer Anregung seines Gesandten in London, Baron Knyphausen, folgend, am 20. Juni 1759 dem König von England den Vorschlag zur Berufung eines Friedenskongresses gemacht. Nach Übereinkunft erfolgte am 25. November die Eröffnung durch Prinz Ludwig an die Vertreter der Kaiserhöfe und Frankreichs. Vgl. dazu auch im Anhang (Nr. 4 und 5) das Schreiben Friedrichs an Knyphausen vom 12. Oktober 1759 über den künftigen Friedensschluß und die „Gedanken über den Frieden“ vom Januar 1760.
32-1 Seesieg der Engländer bei Lagos am 17. August und bei Quiberon am 20. November 1759.
32-2 Die Kaiserhöfe und Frankreich hatten am 3. April 1760 auf die englisch-preußiche Eröffnung vom 25. November 1759 ablehnend geantwortet. Erst im März 1761 schlugen sie vor, einen Kongreß nach Augsburg zu berufen.
32-3 Die Anknüpfung mit Frankreich erfolgte auf Pitts Rat. Im Februar 1760 reiste der erst neunzehnjährige Freiherr Georg Ludwig von Edelsheim nach Paris. Froullay war dem König von einem früheren Besuch in Potsdam persönlich bekannt.
33-1 Der angebliche Graf St. Germain erschien im März 1760 zuerst im Haag, wo er sich für einen Freund von England und Preußen und für einen Vertrauensmann des französischen Hofes ausgab, in dessen Auftrag er, wie er erklärte, den englischen Gesandten Yorke über die Bedingungen Englands für einen Friedensschluß mit Frankreich sondierte. Von Choiseul desavouiert, ging er im April nach London.
33-2 Frankreich hatte sich bereit erklärt, seinen Zwist mit England durch einen Sondervergleich zu schlichten.
34-1 Freiherr Pechlin von Löwenbach, früherer Offizier des Großfürsten Peter.
34-2 Graf Iwan Schuwalow, vgl. Bd. III, S. 118.
34-3 Vgl. Bd. III, S. 155.
35-1 Vgl. Bd. III, S. 119.
35-2 Die dänischen Anerbietungen, die im April 1760 auf dem Wege über Hannover erfolgten, betrafen vielmehr die Rückeroberung Ostpreußens.
35-3 Prinz Friedrich Eugen, der Schwiegersohn des Markgrafen Friedrich Wilhelm von Schwedt.
35-4 Durch Lösegeld kaufte Prinz Friedrich Eugen sich wieder frei.
35-5 Generalmajor Freiherr Ernst Heinrich von Czettritz.
36-1 Vgl. S. 28.
37-1 Vgl. Bd. III, S. 115.
37-2 Vgl. S. 25 und 26.
38-1 Vgl. dazu im Anhang (Nr. 6 und 7) die Denkschriften des Königs, „Militärische Betrachtungen“ vom Februar und „Gedanken über die feindlichen Pläne und unsere Operationen“ vom April 1760.
38-2 Bei Meißen.
38-3 Generalleutnant Freiherr Karl Christoph von der Goltz befehligte in Oberschlesien.
38-4 Generalleutnant Friedrich Wilhelm Quérin de Forcade.
38-5 Generalleutnant Dubislav Friedrich von Platen und die Generalmajors Christoph Heinrich von Grabow und Georg Karl Gottlob von der Gablentz.
38-6 Generalmajor Johann Ernst von Schmettau.
39-1 Meist Leuschner Berg genannt.
39-2 Generalmajor Christian Wilhelm von Zieten, Chef eines Infanterieregiments.
39-3 Fouqué lag unter seinem zusammengebrochenen Pferde, wo ihn sein Diener Trautschke mit seinem Leibe deckte.
4-1 Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig.
4-2 1. April 1759.
4-3 13. April 1759.
41-1 Generalmajor Anton von Krockow.
41-2 König Friedrich, von Lacy begleitet, am 2., Daun selbst erst am 3. Juli 1760.
41-3 In der Nacht auf den 4. Juli 1760.
42-1 Hier liegt ein Versehen des Königs vor. Dieses Arrieregardengefecht ist identisch mit dem im folgenden Absatz geschilderten Gefecht bei Göda am 7. Juli 1760.
42-2 Christoph von Zedmar, Major im Regiment Zieten-Husaren.
44-1 Vor der Südfront der Altstadt gelegen.
45-1 Das I. und II. Bataillon des Regiments Anhalt-Bernburg, das einst der Alte Dessauer geführt hatte, wurden von dieser Strafe betroffen. Die Rückgabe der verlorenen Ehrenzeichen findet jedoch bei der Schilderung der Schlacht bei Liegnitz keine Erwähnung.
45-2 Glatz fiel am 26. Juli 1760.
46-1 Oberstleutnant Bartholomäus d'O.
46-2 Nach dem Belagerungsjournal war der Reboute der Name zur Erinnerung an einen in der Nacht vom 25. zum 26. Juni 1760 durch die Wachsamkeit der Besatzung vereitelten Anschlag gegeben worden.
47-1 Die Preußen überschritten den Röderfluß bei Nieder-Rödern und lagerten bei Koitzsch; ebenso liegt Radibor, wo sie am 4. August 1760 das Lager aufschlugen, noch eine Meile von der Spree entfernt.
47-2 Es handelt sich um ein Schreiben Dauns vom 5. August 1760.
48-1 Generalmajor Bogislav Friedrich von Tauentzien.
48-2 Vgl. S. 38.
48-3 Oberst Georg Reinhold von Thadden.
5-1 Generalmajor Friedrich August von Schenckendorff.
5-2 Gefecht bei Aue, 27. Mai 1759.
50-1 12. August 1760.
51-1 Vielmehr schon in der Nacht zum 11. August.
51-2 Der Oderübergang der Russen erfolgte in der Nacht zum 14. August 1760.
52-1 In der Morgenfrühe des 15. August 1760.
52-2 Hermann Joachim Gottlieb von Hundt.
53-1 Major Wichard Joachim Heinrich von Möllendorff.
55-1 Das aus Parchwitz vom 15. August datierte eigenhändige Schreiben des Königs an Prinz Heinrich lautet: „Lieber Bruder! Soeben haben meine Truppen einen großen Sieg über die Österreicher erfochten. Diese haben 15 000 Mann verloren. Wir haben 6 000 Gefangene, 3 Generale, 102 Kanonen, 30 Fahnen usw. Laudon ist tödlich verwundet. Ich werde diesen Vorteil ausnutzen, um die Oder zu überschreiten und über die Russen herzufallen, die wir, so es dem Himmel gefällt, vernichten werden. Ich habe keine Zeit, Dir mehr zu sagen. Ich wünsche allein, daß dieser Brief geschwind in Deine Hände gelangt. Dein treuer Bruder Friderich.“ Nachschrift: „Daun und seine ganze Armee flüchten auf Jauer zu.“
56-1 Auf die Meldung von der Ankunft des Königs bei Parchwitz hatte Tschernyschew sofort Befehl zur Rückkehr erhalten und war noch am 15. August über die Ober zurückgegangen.
57-1 Vgl. S. 38.
6-1 Prinz Ferdinand war bereits am 8. Juli 1759 nach Osnabrück marschiert.
60-1 Nach dem Tode des Prinzen August Wilhelm war sein zweiter Sohn, Prinz Heinrich, zum Chef des Kürassierregiments Prinz von Preußen ernannt worden.
60-2 Gefecht bei Hohengiersdorf, 17. September 1760.
62-1 Prinz Christian Karl von Stolberg-Geldern, Reichsgeneralfeldmarschalleutnant.
62-2 Gefecht bei Strehla, 20. August 1760.
62-3 Generalmajor August Wilhelm von Braun.
62-4 Vgl. S. 9.
62-5 Sanhedrin ober Synedrium, der Hohe Rat zu Jerusalem.
63-1 Vielmehr am 27. September 1760.
63-2 Generalmajor Konstantin Nathanael von Salenmon, Chef eines Freiregiments.
64-1 Heinrich Sigismund von der Heyde (vgl. Bd. III, S. 149).
64-2 18. September 1760.
65-1 Die Angabe ist nicht genau. Die Kontribution betrug 1 1/2 Millionen, zu denen noch 200 000 Taler „Douceurgelder“ an Stelle der Verpflegung der Truppen kamen. Der König ersetzte davon eine Million der Stadt wieder.
65-2 In einem Schreiben vom 22. Oktober 1760 dankte der König dem Gesandten Dietrich Hubert Verelst für seine „Mühen und vermittelnden Dienste“, um den Bürgern zu helfen und die „Härten und Greuel, die der Feind gegen sie vorhatte, zu erleichtern“; er fühle sich ihm für die bewiesene „edle Menschlichkeit“ auf das höchste verpflichtet.
67-1 Generalmajor Gustav Adolf von Sydow
67-2 Vgl. S. 11.
69-1 Die Dommitzscher Heide.
72-1 Generalleutnant Johann Albrecht von Bülow.
72-2 Vgl. S. 52.
72-3 Karl Erdmann von Reitzenstein, Major im Regiment Zieten-Husaren.
72-4 Vgl. S. 17.
72-5 Generalmajor Christoph Karl von Bülow, Kommandeur en chef der Bayreuther Dragoner.
73-1 Johann Sigismund von Lestwitz, Major im Infanterieregiment Alt-Braunschweig.
74-1 Generalleutnant Friedrich Ludwig Graf Finck von Finckenstein, Chef eines Dragonerregiments.
75-1 Generalleutnant Christoph Friedrich von Lattorff.
76-1 Karl Wilhelm Ferdinand.
76-2 Prinz Xaver, der zweite Sohn König Augusts III. Vgl. Bd. III, S. 126.
76-3 Gefecht bei Corbach, 10. Juli 1760.
77-1 Vielmehr bei Emsdorf, 16. Juli 1760.
77-2 Prinz Friedrich Erdmann von Anhalt-Köthen, französischer Brigadier.
77-3 Gefecht bei Marburg, 31. Juli 1760.
78-1 Major Freiherr August Christian von Bülow befehligte die „Britische Legion“, die aus 5 Freibataillonen und 5 Dragonerschwadronen bestand.
8-1 Prinz Ferdinand rückte über Herford, Bielefeld nach Paderborn; die gesamte französische Bagage wurde am 6. August 1759 in Detmold erbeutet.
8-2 Die Angabe trifft nicht zu. Oberstleutnant von Freytag nahm am 23. August 1759 mit den hannöverschen Jägern, wie im folgenden erwähnt wird, lediglich 300 Franzosen in Ziegenhain, östlich von Marburg, gefangen.
8-3 Prinz Georg Ludwig von Holstein-Gottorp (vgl. Bd. III, S. 123).
8-4 Prinz Karl von Bevern (vgl. Bd. III, S. 141) hatte die preußische Armee verlassen, um am Feldzug der Alliierten teilzunehmen.
8-5 11. September 1759.
82-1 Graf Friedrich Christoph Solms-Wildenfels, kursächsischer Generalleutnant.
82-2 Oberst Friedrich Wilhelm von Lölhöffel; Major Wilhelm Heinrich von Anhalt, Flügeladjutant des Königs.
82-3 Vgl. S. 17.
82-4 Gefecht bei Langensalza, 15. Februar 1761.
82-5 Wilhelm Graf zu Lippe-Schaumburg-Bückeburg.
83-1 21. März 1761.
83-2 Generalmajor Balthasar Rudolf von Schenckendorff.
83-3 Gewöhnlich Gefecht bei Saalfeld genannt.
84-1 Es handelt sich um die Mitteilung des Entwurfs einer Denkschrift mit Vorschlägen zur Wiederherstellung des allgemeinen Friedens, die Österreich und Frankreich mit ihren Verbündeten, Rußland, Schweden und Kursachsen, an England und Preußen richten sollten. Vgl. dafür im Anhang (Nr. 8) die Aufzeichnung des Königs „Betrachtungen über die Vorschläge der Franzosen und ihrer Verbündeten“.
85-1 Galizin überreichte am 31. März 1761 die gleichlautende Erklärung Frankreichs, Österreichs und ihrer Verbündeten vom 26. mit dem Vorschlag der Berufung eines Friedenskongresses nach Augsburg und mit der Aufforderung an England und Preußen, Bevollmächtigte für den Kongreß zu ernennen.
85-2 Vgl. S. 31 f.
85-3 In einem Schreiben Choiseuls an Pitt vom 26. März 1761, das von einer Denkschrift begleitet war, wurden der englischen Regierung Vorschläge zu einem Sonderfrieden mit Frankreich gemacht.
86-1 Vgl. S. 31.
86-2 Raghib Pascha.
86-3 Graf Gottlob Kurt Heinrich Tottleben, russischer Generalleutnant.
88-1 Vgl. S. 75.
88-2 Der Führer der russischen Hauptarmee.
89-1 Vgl. im Anhang (Nr. 9) die Instruktion für Prinz Heinrich vom 21. April 1761.
89-2 Generalleutnant Johann Albrecht von Bülow.
89-3 Generalleutnant Karl Christoph von der Goltz († 30. Juni 1761).
9-1 Herzog Karl Eugen.
90-1 Vgl. S. 10 und Bd. III, S. 136.
90-2 Unweit der Mündung der Obra in die Warthe.
92-1 Oberst Daniel Friedrich von Lossow, Kommandeur des Husarenregiments Nuesch.
93-1 Vgl. S. 48.
93-2 Vielmehr am 12. August 1761.
93-3 Die Russen überschritten am 12. August 1761 die Oder bei Kloster Leubus.
93-4 Vgl. S. 38.
94-1 15. August1761.
94-2 Bei Würchwitz.
94-3 Reitzenstein (vgl. S.72) war im Dezember 1760 ins Dragonerregiment Finckenstein versetzt worden.
95-1 Am 12. August 1761.
95-2 In der Nacht zum 19. August 1761.
97-1 Die Polsnitz, die in das Striegauer Wasser fließt.
98-1 Franz Andreas Jaquin de Berney von Favrat stand im Freibataillon Salenmon.
99-1 Die „Disposition in allen Fällen, wie die Armee in diesem Lager attaquieret werden könnte.“
99-2 Generalmajor Friedrich Ehrentreich von Ramin.