2. Instruktion für Prinz Heinrich von Preußen188-1
(Juli 1759)
Ich lasse die Armee hier in einem starken Lager. Die Freibataillone sind im Walde postiert, damit sich die Panduren nicht darin einnisten; denn das würde uns arg behindern und unseren Patrouillen die Wege verlegen. Rückt der Feind zum Angriff auf das Lager vor, so müssen die Freibataillone, deren Soutiens und die Dragoner und Husaren zurückgezogen und sämtlich nach der linken Seite des Lagers geworfen werden. Das Lager ist in der Front und in der rechten Flanke unangreifbar; nur auf die linke könnte ein ernster Angriff geschehen, aber der Feind kann keinen Kanonenschuß gegen uns tun.
Im Fall eines Angriffs empfiehlt sich folgende Anordnung: Die Brigade Mosel nebst Batterien wird auf die halbe Höhe des Berges vorgeschoben und vom ganzen ersten Infanterietreffen unterstützt. Auch ist stets Kavallerie bei der Hand zu halten, um die Verwirrung des Feindes zu benutzen. Formiert sich der Feind jenseits von Liebenthal zum Angriff, so ist ihm das zweite Treffen entgegenzusetzen und durch eine Linksschwenkung längs der Höhen aufzustellen. Ein Bataillon nebst den Freikompagnien und Jägern ist auf den Berg jenseits Görisseifen zu stellen. Im Notfalle können auch Bataillone aus der Mitte, z. B. Prinz von Preußen und Itzenplitz, zur Verstärkung dieses Flügels herangezogen werden. Ich glaube nicht, daß die Stellung zu erstürmen ist, aber ich gebe die Dispositionen zur Verteidigung so an, wie ich sie getroffen habe.<189> NB. Will der Feind das Lager angreifen, so ist Mosel aus Hirschberg zurück zuziehen.
Der Feind kann sich nach rechts oder nach links wenden. Marschiert er nach rechts, dann tut er es, um Landeshut zu nehmen. Rückt er auf Friedeberg am Queis, so muß die Armee das Lager bei Hirschberg beziehen und vor allem nicht dulden, daß er Landeshut vor uns erreicht. Folglich muß sie stündlich Tag und Nacht bereit sein, zu marschieren. Rückt der Feind auf Lauban, so braucht die Armee sich nicht zu rühren. Geht er nach Naumburg189-1 und will von da nach Bunzlau vordringen, so muß die Armee sich bei Ottendorf lagern und ihm seine Lebensmittel abschneiden.
Das sind die allgemeinen Gesichtspunkte für Deine Stellung. Wege sind nach allen Seiten angelegt, Du brauchst also nur zu befehlen.
Was Landeshut betrifft, so ist de Ville im Anmarsch von Freiburg her, Fouqué in Gottesberg, und da noch ein feindliches Korps in Trautenau steht, ist Krockow189-2 mit 7 Bataillonen in Landeshut geblieben. De Villes Absichten gehen nicht auf Schweidnitz, sondern auf Neiße. Die österreichische Bäckerei wird in Weidenau errichtet, und die Belagerungsartillerie wartet in Olmütz auf Befehl zum Aufbruch mit einer Bedeckung von 7 Bataillonen. Es ist also darauf zu achten, daß Fouqué rechtzeitig ein Infanterieregiment nach Neiße wirft.
Das Hauptaugenmerk ist hier aber darauf zu richten, daß die Armee nicht von Landeshut abgeschnitten wird. Damit sich die Armee und Fouqué im Notfalle gegenseitig die Hand reichen können, hast Du Dir vor allem klarzumachen, daß der Feind, solange wir Landeshut halten, unmöglich nach Niederschlesien vordringen und sich da behaupten kann.
Unsre Feldbäckerei ist in Merzdorf. Die Armee hat Brot bis zum 3. August und Mehl bis zum 15. August. Muß das Lager bei Ottendorf bezogen werden, so sollen die Bäckerei und die Mehlwagen der Armee folgen. Marschiert sie links ab, so können die Bäckerei und die Mehlwagen über den Bober in die Gegend von Hirschberg geschickt und gleichfalls mitgenommen werden, wohin die Armee rückt.
Da die Artillerie zu einem der wichtigsten Kriegsmittel geworden ist, so glaube ich etwas darüber sagen zu müssen. Zwanzig leichte Zwölfpfünder sind ins erste Treffen zu stellen, sodaß auf jedes Bataillon einer kommt. Ferner sind besondre Batterien zu errichten, und zwanzig oder mehr Geschütze sind für das zweite Treffen aufzusparen, für den Fall, daß ein Teil des ersten Treffens geworfen wird, damit das zweite Treffen einspringen und dem Feind von neuem mit Geschützfeuer zusetzen kann. Das gilt nicht nur für das Lager, sondern für alle Gelegenheiten, wo eine Schlacht zu liefern ist.
188-1 Als der König Ende Juli 1759 gegen die Russen aufbrach, übertrug er dem Prinzen Heinrich den Befehl über seine im Lager bei Schmottseiffen stehende Armee (vgl. S. 13). Die obige Instruktion, die er ihm wahrscheinlich persönlich am 29. Juli in Sagan zustellte, regelt das Verhalten des Prinzen.
189-1 Am Queis.
189-2 Generalmajor Hans Kaspar von Krockow, Chef eines Kürassierregiments.