<123> ihn auf die ihm gestellten Fallen hinweisen. Hätte man nicht stets ein Auge auf ihn gehabt, Fürst Kaunitz hätte nach Belieben sein Spiel mit ihm getrieben.

Die Schwäche des Versailler Ministeriums einerseits und die Unwissenheit des Petersburger andrerseits brachten den König in große Verlegenheit und vermehrten seine Besorgnis. Da indes die französische Klugheit der russischen Dummheit weit voraus war, mußte man von jener den glücklichen Ausgang der Unterhandlungen erhoffen.

Der Marquis von Breteuil, Frankreichs Gesandter am Kaiserhofe, fühlte sich geschmeichelt, den Friedensstifter in Deutschland zu spielen. Er wiegte sich in der Hoffnung, wenn er in die Spuren von Claude d'Avaux, dem Bevollmächtigten beim Westfälischen Frieden, träte, würde er sich dadurch den Weg zu den höchsten Würden seines Landes bahnen, insbesondere zum Ministerium des Auswärtigen, nach dem er brennend begehrte. Er bot alle seine Tatkraft auf und arbeitete so beharrlich, daß er Ende Januar an den Fürsten Nepnin nach Breslau den Plan des allgemeinen Friedens senden konnte, so wie der König ihn entworfen und wie die KaiserinKönigin ihn gutgeheißen hatte. Die Bedingungen waren die gleichen wie die schon genannten1, mit Ausnahme eines einzigen Artikels, den der König bewilligt hatte, nämlich, daß er seinen Ansprüchen auf die Herzogtümer Jülich und Berg zugunsten des Herzogs von Zweibrücken entsagte. Das war weiter nichts als eine Erneuerung des 1741 mit Frankreich abgeschlossenen Vertrages2, der dem König die Garantie für ganz Schlesien von selten Frankreichs verschaffte.

Dies Friedensprojekt wurde Preußens Verbündeten mitgeteilt. Die Sachsen zeterten gewaltig, schraubten ihre Ansprüche auf den bayrischen Allodialbesitz auf 7O Millionen Gulden herauf und sahen mit Schmerz voraus, daß es viel wäre, wenn sie 6 Millionen bekämen. Ferner verlangten sie vom Kaiser den Verzicht auf die Oberlehnshoheit, die er als König von Böhmen für Sachsen und die Lausitz in Anspruch nahm. Besonders aber hatten sie auf einige Gebietsentschädigungen zur Abrundung ihres Länderbesitzes gerechnet. Der Herzog von Zweibrücken bestand seinerseits hartnäckig darauf, daß Bayern kein Stück seines Territoriums verlieren dürfe, und erbot sich zur Abtretung eines Teiles der Oberpfalz, um das Rentamt Burg-Hausen zu behalten. Außerdem willigte er nur mit größtem Widerstreben in die Entschädigungen, die der Kurfürst von Sachsen zu beanspruchen hatte.

Um den Wünschen seiner Verbündeten nachzukommen, machte der König von Preußen einen neuen Versuch, der sich lediglich auf Bayern und das Rentamt Burg-Hausen bezog, um für sie womöglich günstigere Bedingungen beim Wiener Hofe herauszuschlagen. Statt aber darauf einzugehen, erklärte Fürst Kaunitz, über die neuen Forderungen der Preußen empört, mit dem ganzen österreichischen Hochmut: das Friedensprojekt, das der französische Botschafter dem Fürsten Repnin mitgeteilt


1 Vgl. S. 110 f.

2 Vgl. Bd. II, S. 79 f.