<40>suchen des Königs von England erhielt sie die Erlaubnis, Dänemark zu verlassen und sich ins Kurfürstentum Hannover zurückzuziehen. Sie ließ sich in Celle nieder, wo sie von ihrem Bruder mit einer Auszeichnung behandelt ward, deren sie sich durch ihre Verbrechen unwürdig gemacht hatte. Der Arzt und Graf Brandt1 wurden, nachdem ihnen der Prozeß gemacht war, enthauptet (28. April). Königin Juliane, ües Königs Stiefmutter, übernahm die Leitung der Staatsgeschäfte.

Zu Anfang dieser Regierung, die eigentlich nur eine Vormundschaft war, ging alles schwach. Die Geistesstörung des Königs war so gut wie eine Unmündigkeit. Die Norweger, die mit Abgaben belastet worden waren, um die Bank vor dem Zusammenbruch zu bewahren, begannen zu verschiedenen Malen ihre Unzufriedenheit ziemlich offen kundzugeben. Die fast gleichzeitige Umwälzung der schwedischen Verfassung erweckte lebhafte Besorgnis am Kopenhagener Hofe; er fürchtete die Unternehmungen eines jungen Nachbarfürsten und geborenen Feindes der Dänen. Um dem zu begegnen und seinen vermutlichen Angriffen vorzubeugen, sandte Königin Juliane General Huth mit einigen Truppen nach Norwegen, um das Land vor jedem fremden Einfall zu schützen.

Auf die Unzufriedenheit der Norweger und ihre Verstimmung gegen ihren Hof gründete der König von Schweden seine Hoffnungen. Einige Abgesandte der norwegischen Bauern, die ihn auf Schloß Ekolsund aussuchten, versicherten ihm, er brauche sich nur mit einigen Truppen an ihrer Grenze zu zeigen, um den norwegischen Bauern Mut zu machen und sie alle auf seine Seite zu bringen. Ohne zu prüfen, ob die Nation durch den Mund dieser Abgesandten zu ihm spräche oder ob sie nur die Wortführer einiger obskurer Mißvergnügter waren, brach der König sofort unter dem Vorwande der sogenannten Eriksgata2 auf (7. November) und bereiste die südlichen Provinzen in Schonen und nach der norwegischen Grenze hin. Er schickte eine in drohenden Ausdrücken abgefaßte Note an den dänischen Hof, worin er Rechenschaft über die außerordentlichen Kriegsrüstungen der Dänen in Norwegen verlangte (1.November). Gleichzeitig traf er seinerseits alleVorbereitungen zum Kriege. Schwedische Truppen, mit Artillerie versehen, rückten an die norwegische Grenze. Seine Sendboten trieben sich haufenweise in Norwegen herum, um das Volk aufzuwiegeln; auch versuchte er, freilich umsonst, die Werft zu Kopenhagen in Brand stecken zu lassen. Kurz, alles bereitete sich auf einen Bruch zwischen beiden Staaten vor, und der wäre wohl auch erfolgt, hätte nicht der Berliner Hof durch die stärksten Vorstellungen beide Mächte dazu vermocht, sich gegenseitig über ihren Argwohn auszusprechen und sich wieder zu versöhnen3. Auf diese Vorstellungen hin kehrte der König von Schweden in seine Hauptstadt zurück, und die Dänen beruhigten sich.


1 Der Kammerherr Graf Enewold Brandt.

2 Huldigungsfahrt der schwedischen Könige nach ihrer Thronbesteigung durch die Provinzen des Reiches.

3 Die entscheidende Wendung führte die Antwort Christians VII. vom 9. November 1772 herbei, der darin alle dänischen Rüstungen lediglich als Sicherungsmaßnahmen für die „eigenen Staaten“ bezeichnete.