<7> worden1. Viele Punkte, die einer klaren Fassung bedurft hätten, waren nur obenhin erledigt worden, so der den Franzosen bewilligte Fischfang in Neufundland, das Lösegeld für Manila, das England von den Spaniern forderte, und andere in Wahrheit geringfügige Dinge, die aber unruhigen Köpfen, die Zwist stiften wollen, den gewünschten Vorwand hätten liefern können.

Diese gegenseitigen Vorteile waren nicht die einzigen Gründe, die die beiden Zweige des Hauses Bourbon mit öem neuen Hause Österreich verbanden. Auch Charakter und Denkart der Versailler und Wiener Minister trugen das ihre dazu bei. Fürst Kaunitz2, ein Mann von hochmütigem, anmaßlichem und herrischem Wesen, betrachtete den Versailler Vertrag als das Meisterstück seiner Politik. Er rühmte sich, den Erbfeind des Hauses Österreich entwaffnet und ihn so weit gebracht zu haben, dem Kaiser gegen Preußen beizustehen. Der Herzog von Choiseul war ein geborener Lothringer; sein Vater; Graf Stainville, war österreichischer Gesandter in Paris gewesen. Choiseul fühlte sich also noch als Vasallen des Kaisers und hing im Herzensgrunde mehr an Österreich als an Frankreich. Es ist daher nicht verwunderlich, daß der Versailler Vertrag durch die Parteilichkeit der beiden Premierminister aufrechterhalten blieb. Er wird so lange dauern, als seine Urheber ihren Einfluß auf ihre Gebieter bewahren.

Werfen wir andrerseits einen Blick auf Preußen, so finden wir es gleichsam isoliert und ohne jeglichen Bundesgenossen. Der Grund ist dieser. Als Pitt aus dem englischen Ministerium ausschied, trat der Schotte Bute an seine Stelle. Dieser brach sofort alle Beziehungen zwischen beiden Höfen ab. Bei seinem Friedensschluß mit Frankreich opferte England, wie berichtet, schamlos die Interessen Preußens. Dann beging es eine noch unerhörtere Treulosigkeit. Es bot dem Hause Österreich die Eroberung Schlesiens an; für diesen Liebesdienst sollte der Wiener Hof seine alten Beziehungen zu England wieder aufnehmen. Ja, als ob der Niedertrachten noch-nicht genug wären, setzte Bute in Petersburg alles in Bewegung, um den König von Preußen mit dem Zaren Peter III. zu verfeinden3. Das aber sollte ihm nicht gelingen! Durch soviel Übelwollen im Verein mit so offenbaren Verrätereien waren alle Bands zwischen Preußen und England zerrissen, und auf das Bündnis, das gemeinsame Interessen geknüpft hatten, folgte die erbittertste Feindschaft und der glühendste Haß. Der König blieb also allein auf dem Kampffelde, zwar ohne daß ihn jemand angriff, aber auch ohne daß jemand zu seiner Verteidigung auftrat. Diese Situation, die nur vorübergehend zu ertragen war, änderte sich glücklicherweise bald.

Gegen Ende des Jahres 1763 begannen die Unterhandlungen mit Rußland über ein Defensivbündnis4. In Petersburg war damals nur Graf Panin für Preußen. Der alte Feind des Königs, Kanzler Bestushew, der Urheber all des Haders, der


1 Vgl. Bd. III. S. 19 f.

2 Kaunitz war am 4. April 1764 in den Reichsfürstenstand erhoben.

3 Vgl. S. 4.

4 Schon Anfang August 1763 erfolgte die Übersendung des preußischen Entwurfs.