<112> machen, ist eine Kriegslist, um dem Feinde seinen Aufbruch zu verbergen. Alle Scheinangriffe sind Kriegslisten, z. B. wenn man ein Korps abschickt, das Scheinbewegungen macht, als wollte es die feindliche Armee angreifen, sich aber auf kein Gefecht einläßt, während man ein schlecht aufgestelltes Detachement des Feindes angreift und vernichtet. Hat der Feind Respekt vor Euch, Ihr aber haltet es für gut, eine Schlacht zu liefern, so wiegt Ihr ihn in Sicherheit, stellt Euch, als ob Ihr ihn fürchtet, laßt Wege nach rückwärts anlegen: so wird seine Eigenliebe Euch bessere Dienste leisten als Eure Stärke. Ist er zu verwegen, so stellt Ihr Euch, als wolltet Ihr es auf eine Schlacht ankommen lassen, versucht, ein kleines Detachement zu schlagen, ihn zu belästigen, und Ihr werdet leichteres Spiel mit ihm haben. Ist er stärker und zahlreicher als Ihr, so wendet alle Eure List an, um ihn zu Detachierungen zu verleiten, und ist dies geschehen, so nehmt den Augenblick wahr, um ihn zu schlagen.

Es gibt Kriegslisten zum Überfall auf Festungen, zum Beispiel die Überrumpelung Cremonas durch Prinz Eugen1. Es gibt Listen, um dem Feind Eure Absicht zu verbergen. So hat der, der im Winter seine Truppen zuerst versammelt und über die feindlichen Quartiere herfällt, allemal gewonnenes Spiel. Hier gilt es, dem Feinde die Versammlung Eurer Truppen zu verbergen oder sie anders zu motivieren. Solche Vorwände sind Ablösung der Postenkette der Winterquartiere oder Quartierwechsel einiger Regimenter. Die genaue Marschdisposition der Truppen nach ihrem Sammelpunkt wird Euer Unternehmen entscheiden.

Auch die Verschanzungen können unter die Kriegslisten gerechnet werden, wenn man sie zu dem Zweck anlegt. Das darf indes nur dazu dienen, den Feind verwegner zu machen und ihn zu verleiten, angesichts Eurer Armee gewagte Manöver auszuführen, z. B. ihr die Flanke darzubieten, seine Märsche nicht zu sichern oder in Eurer Nähe über einen Fluß zu gehen. Dann ist es Zeit, die Verschanzung zu verlassen, um den Feind für seine Torheit zu strafen. Um nun alle Eure Maßnahmen nach dem vorgesetzten Ziele zu richten, müßt Ihr zahlreiche Öffnungen in der Verschanzung anbringen lassen, damit Ihr ungehindert daraus hervorbrechen könnt. Man macht Scheindetachements, die man kurz danach zurückzieht, ordnet Fouragierungen an, um den Feind zu verleiten, daß er seine Kavallerie auf Fouragierung schickt. Dann gibt man Gegenbefehl und fällt über seine Armee her, die durch die Abwesenheit der Fourageure geschwächt ist. Auf dem Marsche läßt man in der Nähe des Feindes falsche Kolonnenspitzen erscheinen, um ihn irrezuführen. Kurz, ich fände kein Ende, wollte ich all die Kniffe aufzählen, zu denen sich Gelegenheit bietet und die man im Kriege zur Täuschung des Feindes benutzt.

Ich komme nun zu den Listen bei den Schlacht- und Marschdispositionen. Unser Marsch in geschlossenen Kolonnen, die dem Feinde die Front bieten und sich plötzlich


1 Vgl. S. 108.