3. Kapitel Stellungen auf hohen Bergen
Für Stellungen im Gebirge gelten andre Regeln als für lager auf Anhöhen. Denn die hohen Berge haben in ihrer Nachbarschaft andre, die oft nur durch Täler von 1 500 bis 2 000 Schritt Breite getrennt sind. Kann der Feind Artillerie auf diese Höhen bringen, so dürft Ihr Euer erstes Treffen nicht auf die Mitte des AbHangs stellen; denn sonst würden die feindlichen Kanonen die dort stehenden Truppen vernichten. Man muß sich also mit Besetzung des Bergkammes begnügen, wie wir es in den Lagern von Bärsdorf und Steinseifersdorf taten1. Solche Stellungen erfordern verdoppelte Aufmerksamkeit auf die Sicherung der Flanken und ebensoviel Wachsamkeit im Rücken wie in der Front. Man muß alle Straßen hinter dem Berge genau kennen, sowohl um seine Stellung ungehindert verlassen zu können, wie vor allem auch, um sich zu versichern, ob der Feind Euch nicht in den Rücken zu kommen sucht. Liegt eine bedrohliche Anhöhe hinter Euch, die Eure Stellung beherrscht oder Euch den Abzug streitig macht, so müßt Ihr sie unbedingt besetzen, und sei es nur mit einem Bataillon, das die Bergkuppe krönt. Ferner müßt Ihr je nach der Beschaffenheit der Gegend Streifkorps von Infanterie oder Kavallerie ausschicken, die Tag und Nacht alle Straßen abpatrouillieren, auf denen der Feind anrücken könnte.
Was die Besetzung der Stellung selbst betrifft, so müßt Ihr die von mir gegebenen Grundregeln befolgen und das erste Treffen stets so aufstellen, daß sein Feuer bis ins Tal reicht. Die Batterien müssen am Rande des Abhangs errichtet werden, und zwar soviel wie möglich derart, daß ihr Feuer sich kreuzt. Da es in den Bergen aber oft ausgeschlossen ist, die Talgründe mit Artillerie zu beschießen, so würde ich an den angreifbarsten Stellen meiner Front in gewissen Abständen Haufen fertig geladener Granaten bereitlegen lassen. Ist der Feind dann so verwegen, den Angriff zu unternehmen, so werden sie angezündet und auf seine Truppen herabgerollt. So steil Euer Berg auch sei, Ihr müßt stets leichte Truppen in den Talgrund oder auf die halbe Höhe des Berges stellen, um Euch vor Überfällen zu sichern, desgleichen auch in Euren Rücken.
Eine Stellung wie die oben beschriebene ist durch gewaltsame Angriffe nicht zu erobern. Man hat in ihr nichts als Überfälle, besonders bei Nacht, zu befürchten. Die leichten Truppen verhindern jeden Überfall; denn der Feind muß sie erst aus ihrem Posten vertreiben, bevor er sich Eurem Lager nähern kann. Ihr Feuer alarmiert Euch und läßt Euch Zeit genug, die Zelte abzubrechen und unter Gewehr zu treten. Bei Nacht laßt Ihr dann Leuchtkugeln steigen, um die Umgegend zu beleuchten. Ferner laßt
1 Das Lager von Bärsdorf, südlich von Schweidnitz, bezog der König am 18. September 1760 nach der Schlacht von Liegnitz (vgl. Bd. IV, S, 60f.). Das von Steinseifersdorf, ebenfalls bei Schweidnitz, wurde mehrfach besetzt, zuletzt 1762 während der Belagerung von Lchweidnitz (vgl. Bd. IV, S. 156f.).