12. Kapitel Wie man seine Stellung beurteilt
Zum besseren Verständnis der eben entwickelten Grundsätze füge ich hier den Plan der Höhen von Bornim1 hinzu. Er soll die Grundlage der Prüfung bilden, was ich an diesem Gelände vorteilhaft und nachteilig finde und wie man die Truppen darin aufstellen muß. Das kann zum Muster dienen, wie man seine Stellung beurteilen soll. Plan 6 zeigt Euch alles, was man über dies Gelände sagen kann.
Da aber das Gelände unendlich abwechselt, so vermag ich nicht alle möglichen Situationen zu prüfen, sondern es ist Sache eines jeden, die Gegend, in die die Verhältnisse ihn führen, richtig zu beurteilen.
Erläuterungen zu Plan 6 (umstehend)
Beurteilung der Höhen von Bornim
Die Höhen von Bornim zeigen mir sofort ein Lager, das mir vorteilhaft erscheint. Ich frage dabei nicht, ob es ein Gelände deckt oder nicht. Ich frage nur: wie muß ich meine Truppen aufstellen? Dort die Höhe A — soll ich sie besetzen oder nicht? Wie weit ist sie von den andren entfernt? 3 000 Schritt. Ich brauche sie also nicht; denn der Feind kann sie beim Angriff auf mich nicht benutzen. Welche Stellung ist nun am vorteilhaftesten? Die Höhe A, B oder C? Ohne Zweifel verdienen B und C den Vorzug vor A wegen ihrer Hihe, ihrer Ausdehnung und Lage. Ich werde A also nicht besetzen; denn griffe der Feind einen dort aufgestellten Teil meiner Truppen an, so müßte ich die guten Stellungen B und C verlassen, um mich ohne jeden Vorteil in der Ebene zu schlagen. Es handelt sich also nur noch darum, wie ich diese Stellung besetzen soll. Ich sehe, der Hügel B ist von keiner Seite beherrscht, folglich stelle ich mein erstes Treffen nebst meinen Batterien auf das Glacis D und errichte eine Batterie bei E, um das Dorf zu beherrschen. Das zweite Treffen stelle ich auf den Höhenkamm F, die Kavallerie dahinter bei G und ein paar Freibataillone in das Gehölz H. Meine Reserve stelle ich auf einer Hihe hinter mir bei J auf, um meine rechte Flanke zu decken; denn diese Höhe liegt nur 1 300 Schritte zurück. Dann besetze ich die Höhe C, aber vorsichtshalber nur die Kuppe des Weinbergs und den Abhang bei K, das zweite Treffen bei L und die Kavallerie bei M. Das Dorf Bornim besehe ich mit Freibataillonen, und die Höhe A benutze ich für die Vorposten der Kavallerie,
Nun zu meinem Verteidigungsplan. Der Feind kann mein Zentrum nicht angreifen. Er muß sich unbedingt für meinen rechten oder linken Flügel entscheiden. Greift er mich bei H an, wo ich meine Freibataillone habe, so sieht meine Reserve bei J, deren Flankenfeuer er aushalten muß. Wenn er mich auch vom Glacis D verdrängt, so wird er doch nie die Höhe B gewinnen. Greift er mich in meiner linken an, so habe ich dort eine starke Flanke, eine Ebene vor mir und meine Kavallerie, die dort fechten kann. Außerdem habe ich meine Reserve, die ich nach N werfen kann, um ihn dort anzugreifen. Ich kann sogar Truppen aus meinem Treffen D nehmen, mich damit begnügen, das zweite Treffen F intakt zu lassen, und mit dieser Infanterie und der Kavallerie G meinem linken Flügel zu Hilfe eilen. Schlimmstenfalls wird mich der Feind dann bei N zurückwerfen, aber niemals meine Stellung beim Weinberg K erobern.
Dies ist nur ein Beispiel für die Prüfung des Geländes. Gewöhnt Ihr Euch aber nicht daran, Eure lager in dieser Weise zu beurteilen, so werdet Ihr nie methodisch und regelrecht aufgestellt sein.
1 Bei Potsdam.