<212> Betrachtungen über die Feldzugspläne

Prüfen wir aufmerksam, wodurch die Hoffnungen vernichtet wurden, die Frankreich 1741 auf die Demütigung des Hauses Österreich setzte, so finden wir die Ursache zumeist in den falschen Maßregeln, die Frankreich zur Ausführung eines so weitschauenden Planes ergriff. Die Franzosen wollten die österreichische Monarchie zerstückeln. Sie wollten Niederösterreich, Böhmen und Mähren von ihr lostrennen, desgleichen Schlesien, dessen sich eben die Preußen bemächtigt hatten. Sie rechneten auf den Beistand von 12 000 Bayern und 25 000 Sachsen, ohne der preußischen Armee zu gedenken, die mit den Hauptkräften des Hauses Österreich im Kampfe lag. Je größer die Pläne sind, um so mehr müssen ihnen die Mittel zur Ausführung entsprechen. Es hätte in Frankreichs Interesse gelegen, ein Heer von 80 000 Mann zum Kurfürsten von Bayern stoßen zu lassen, sowohl um den Krieg in einem Feldzuge zu beenden, wie auch, um durch diese zahlreichen Streitkräfte ein Übergewicht über seine Verbündeten zu haben. Anstatt aber solche weisen Maßregeln zu treffen, schickte Frankreich nur 30 000 Mann, um die Königin von Ungarn in ihren Staaten anzugreifen und das mächtige Kaiserhaus zu stürzen. Und selbst das wäre gelungen, wären die Franzosen und Bayern nach der Einnahme von Linz stracks auf Wien gerückt1. Die fast unverteidigte Hauptstadt hätte ihnen nicht lange Widerstand geleistet. Der König von Preußen hätte sich wohl eiligst der Donau genähert, und nach aller Wahrscheinlichkeit hätte Frankreich die Friedensbedingungen diktiert. Doch entweder erkannten die Franzosen diese Vorteile nicht oder sie zogen falsche Schlüsse, was leicht möglich ist; denn nach der Einnahme von Linz wandten sie sich ohne triftigen Grund nach Böhmen. Dieser nicht wieder gutzumachende Fehler vernichtete ihre großen Hoffnungen und verursachte all das Mißgeschick, das nachher über sie hereinbrach.

Möge man daraus lernen, wie verderblich im Kriegshandwerk falsche Logik und wie nötig es ist, richtig zu urteilen. Auch bei dieser Gelegenheit zeigt sich, daß Kriege, die ein Fürst weit von seinen Grenzen unternimmt, selten gelingen; denn die große Entfernung von der Heimat macht den rechtzeitigen Ersatz der Mannschaften, den Nachschub an Remonten, Munition und andrem Armeebedarf unmöglich, und da die Verbindung öfters unterbrochen wird, so können die notwendigen Verstärkungen nicht durchkommen. In Offensivkriegen muß man also entweder alles aufbringen, was zu großen Unternehmungen erforderlich ist, oder, wenn es daran fehlt, auf so weitschauende Pläne verzichten.

Ganz anders als bei dem eben dargestellten verhält es sich bei einem Kriege mit gleichen Kräften. Hier muß man seine Pläne nach seinen Kräften richten und sich hüten, etwas zu unternehmen, zu dessen Ausführung die Mittel fehlen. Der Hof kann dem Heerführer zwar befehlen, alles aufzubieten, um den und den Fluß zu erreichen, die und die Stadt zu erobern, aber er kann ihm die Einzelheiten seiner


1 Vgl. Bd. II, S, 84 93. 101 f.