<214> Besitz der Franzosen war, einen Artilleriepark zusammenstellen. Auf diese Nachricht hin schickt der Prinz von Oranien den Truppen im Lager bei Lüttich eine neue Verstärkung und lagert selbst an der Geete zwischen den Dörfern Landen und Neerwinden. Das genügte Luxemburg noch nicht. Er wollte, daß sein Gegner sich noch mehr schwächte, und schickte von seiner Armee ein starkes Detachement ab, angeblich, um die Vogtei von Courtrai zu besetzen. Er hatte den Generalen jedoch geheime Weisungen gegeben, wie sie ihren Marsch einrichten sollten. Sobald der Prinz von Oranien von dieser Detachierung Wind bekam, schickte er den Prinzen von Württemberg1 mit einem beträchtlichen Korps ab, um den Unternehmungen der Franzosen entgegenzutreten. Daraufhin setzte sich Luxemburg in Marsch; unterwegs stieß das Detachement zu ihm, und er schlug den Prinzen von Oranien bei Neerwinden2. Diesen Sieg und die Überlegenheit, die er dadurch über die Alliierten erlangte, verdankte er nur seinem Genie. Durch die Absendung der Truppen, die der König nach Deutschland schickte, war er sogar schwächer an Zahl als der Prinz von Oranien. Aber seine Geschicklichkeit verschaffte ihm die Überlegenheit über seinen Gegner, und er beendigte den Feldzug mit der Belagerung und Eroberung von Charleroi. Dies Beispiel muß jedem General, der gegen eine gleich starke Armee operiert, stets vor Augen stehen. Er soll sich nicht etwa der gleichen List bedienen, wohl aber ähnliche anwenden oder einige der Mittel benutzen, die ich im Anfang erwähnte.

Wäre es nötig, die Beispiele dieser Art zu vermehren, so würde ich den Feldzug des österreichischen Generals Khevenhüller in Bayern (1743) erwähnen. Er focht dort gegen die Franzosen und Bayern, überfiel und schlug sie bei Vilshofen und Deggendorf, zwang die Franzosen, über den Lech zurückzugehen, und die Bayern, eine Art von Neutralität anzunehmen3.

Durch solche Mittel kann man sich die Überlegenheit über den Feind verschaffen. Der Leser wird aber leicht einsehen, daß dazu eine fruchtbare Phantasie gehört, die an Hilfsmitteln und Auswegen reich ist, und daß man über das Kriegshandwerk nachdenken und es studieren muß. Sonst wird man in solchen Dingen nie Erfolg haben.

Ich komme nun zum Defensivkriege, der, soll er gut geführt werden, noch mehr Kunst verlangt als die beiden eben behandelten Kriegsarten. Ein Defensivkrieg kann drei Ursachen haben:

1. Wenn Eure Truppen nicht zahlreich genug sind, um nachdrücklich gegen den Feind zu operieren;

2. Wenn Eure Truppen durch einen Mißerfolg geschwächt und entmutigt sind, und 3. Wenn Ihr Hilfe erwartet.


1 Prinz Ferdinand Wilhelm von Württemberg-Neustadt.

2 Vgl. S. 38 und 109,

3 Vgl. Bd. II, S. 138 f.